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Jakobus, Kapitel 4

Jakobus, Kapitel 4

4:1 Woher kommt Streit und Krieg unter euch? Kommt's nicht daher: aus euren Wollüsten, die da streiten in euren Gliedern?

4:2 Ihr seid begierig, und erlanget's damit nicht; ihr hasset und neidet, und gewinnt damit nichts; ihr streitet und krieget. Ihr habt nicht, darum daß ihr nicht bittet;

4:3 ihr bittet, und nehmet nicht, darum daß ihr übel bittet, nämlich dahin, daß ihr's mit euren Wollüsten verzehrt.

4:4 Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wisset ihr nicht, daß der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein.
Kann man wirklich Jesum beliebt machen? Kann man sich selbst durch Jesus in der Welt beliebt machen? Früher habe ich das geglaubt und manche schmerzliche Enttäuschung erlitten. Was uns zeitweise bei der Welt beliebt machte, war unsere Eigenart: Begabung, Witz, Leidenschaftlichkeit und Begeisterungsfähigkeit. Sobald Jesus an irgend einer Stelle mit seiner Eigenart in unserm Leben zum Durchbruch kam, gab es lange Gesichter oder man machte kurzen Prozeß und schloß die Herzen zu. Bei vielen Unterhaltungen in der Eisenbahn oder in der Gesellschaft konnte ich ganz genau die Grenze bestimmen, bis wohin die Welt mich liebte und lobte und wo die Verstimmung anfing. Für schwache Herzen, die gern ihrer Umgebung nach dem Munde reden, liegt hier eine große Gefahr vor: einen gefälschten Jesus zum Vorzeigen bei sich zu tragen. Der echte Jesus stößt die Unbußfertigen heute noch wie damals vor den Kopf. Daher kommt man allmählich dahin, auf die Freundschaft der Welt zu verzichten. Wenn wir nur nicht zu gleicher Zeit diese feindselige Welt lieben müßten, um sie retten zu können. Da sind Grenzen, die man fühlen, aber nicht bestimmen kann.
Herr, mach uns frei von aller Welt, damit wir ihr recht dienen können als scharfes Salz und süßes Lieht! Entschädige du uns durch deine Liebe für alles, was wir durch die Feindschaft der Welt verloren haben. Wir sind dein. Amen. (Samuel Keller)

4:5 Oder lasset ihr euch dünken, die Schrift sage umsonst: Der Geist, der in euch wohnt, begehrt und eifert?

4:6 Er gibt aber desto reichlicher Gnade. Darum sagt sie: „Gott widersteht den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.“
Demütige Herzen suchen Gnade und erhalten sie deshalb. Demütige Herzen geben sich den lieblichen Einflüssen der Gnade hin, und deshalb wird sie ihnen immer reichlicher verliehen. Demütige Herzen liegen in den Tälern, wo die Ströme der Gnade fließen, und darum trinken sie daraus. Demütige Herzen sind dankbar für Gnade und geben dem Herrn die Ehre dafür, deshalb verträgt es sich mit Seiner Ehre, sie ihnen zu geben.
Komm, lieber Leser, nimm einen niedrigen Platz ein. Sei klein in deiner eignen Achtung, damit der Herr viel aus dir mache. Vielleicht bricht der Seufzer hervor: „Ich fürchte, ich bin nicht demütig.“ Es mag sein, daß dies die Sprache wahrer Demut ist. Einige sind stolz darauf, daß sie demütig sind, und dies ist eine der schlimmsten Arten des Stolzes. Wir sind bedürftige, hilflose, unwürdige, Hölle verdienende Geschöpfe, und wenn wir nicht demütig sind, so sollten wir es doch sein. Wir wollen uns demütigen um unsrer Sünden gegen die Demut willen, und dann wird der Herr uns Seine Huld empfinden lassen. Es ist die Gnade, die uns demütig macht und die Gnade findet in dieser Demut einen Anlaß, noch mehr Gnade einzugießen. Laßt uns hinuntergehen, damit wir hinaufsteigen! Laßt uns arm im Geist sein, damit Gott uns reich mache. Laßt uns demütig sein, damit wir nicht nötig haben, gedemütigt zu werden, sondern durch die Gnade Gottes erhoben werden mögen. (Charles Haddon Spurgeon)

4:7 So seid nun Gott untertänig. Widerstehet dem Teufel, so flieht er von euch;1)
Gott geweihte Seelen können in sehr unglückliche Lagen geraten. Du denkst an die ersten Gnadentage; o, wie überaus selig warst du dazumal! Aber jetzt ist es dir, als sei der Herr dir ferne, als hätte Er Sein Angesicht vor dir verborgen. Das sind Zeiten der Dunkelheiten und der Angst. Alles, alles scheint dir weggenommen! Die früheren Erfahrungen gelten nichts mehr, erloschen ist die Gebetsfreudigkeit, kraftlos scheint das Wort des Lebens zu sein. „Es ist doch alles nicht wahr!“ schreit eine Stimme in dir. Selbst an Gottes Dasein magst du zweifeln. Da ist die Not groß. Liebe Seele, du kommst dir vielleicht jetzt sehr gottlos vor, du fürchtest dich, mit irgend jemand über deinen Zustand zu reden, und wie ein Schatten gehst du dahin. Weiß es der Herr, wie es um mich steht? Freilich weiß Er das! Aber wird Er mich nicht im Zorne verstoßen, kann Er mich in solchem Zustande noch lieben? Warum sollte er das nicht können? Jetzt gerade wacht Er am sorgfältigsten über dir. Der Heiland und du gehören zusammen. Du hast Ihm die Treue nicht gebrochen, und Er hat dir Seine Liebe nicht entzogen. Sein Herz hängt an dir, und du schreist nach Ihm wie ein Hirsch nach frischem Wasser. Überwinde jetzt; davon hängt alles ab. Du kannst des Teufels Gedanken und Gesinnung abweisen, du kannst sie aber auch in dir bewegen, ihnen Raum geben, sie ansehen und annehmen, kannst die fremde Ware zu deinem Eigentum machen. Von deiner Entscheidung hängt deine Zukunft ab. Gehst du ein auf den Betrug des Teufels, so sinkst du tiefer und tiefer; überwindest du aber im Glauben, so treten die Engel herzu, um dir zu dienen. Jesus harret deiner; so suche Sein Heil. (Markus Hauser)


Der Teufel hat mit seiner Versuchung nur solange ein Interesse an uns, als wir ihm im Sichgehenlassen, im Auslebenwollen unserer Sinnlichkeit oder in hochmütiger Verblendung eine bequeme Angriffsfläche bieten. Solange wir gar nicht an einen wirklichen Widerstand denken, sondern uns mit der Möglichkeit der betreffenden Sünde beschäftigen, hat er die besten Hoffnungen. Sobald wir aber das drohende Unrecht als solches anerkennen, und Angst vor unserer Schwachheit uns überkommt und wir uns nur eine Sekunde an den gegenwärtigen Jesus wenden, wird sein Sieg zweifelhaft. Vielleicht versucht er jetzt noch einen letzten Sturmangriff, eine Überrumpelung durch den Betrug der Sünde. Sind wir aber im Gebetszusammenhang mit Jesus, so fangen dessen Lichtkräfte an zu wirken. Jetzt ist der Augenblick der Entscheidung gekommen, von dem ein Dichter sagt: ,,Nur heute laß dich nicht fangen, so bist du hundertmal entgangen.„ Jetzt merkt der Böse, daß ihm heute gerade entschlossener Widerstand entgegengesetzt wird, und alsbald flieht er. Treue im Zusammenschluß mit Jesus verscheucht das Böse, wie der Morgenwind die Nebelfetzen zerreißt.
Darum bitten wir dich, du Meister unseres Lebens, Herr Jesus, bleib du bei uns und laß uns in solchen gefährlichen Augenblicken nicht allein. Dann wird der eine erfahrene Sieg die Bahn ebnen dem nächsten, und aus den Siegen wachsen heilige Gewohnheiten hervor. Amen. (Samuel Keller)

4:8 nahet euch zu Gott, so naht er sich zu euch. Reiniget die Hände, ihr Sünder, und macht eure Herzen keusch, ihr Wankelmütigen.
Je näher wir Gott kommen, desto gnädiger will Er sich uns offenbaren. Wenn der verlorne Sohn zu seinem Vater kommt, läuft sein Vater ihm entgegen. Wenn die wandernde Taube zur Arche zurückkehrt, tut Noah seine Hand heraus und nimmt sie zu sich. Wenn das zärtliche Weib ihres Gatten Gesellschaft sucht, kommt er auf den Flügeln der Liebe zu ihr. Komm also, lieber Freund, wir wollen uns zu Gott nahen, der uns so gnädig erwartet, ja, uns entgegenkommt.
Beachtetet ihr je die Stelle in Jesaja 58,9? Da scheint sich der Herr zur Verfügung seines Volkes zu stellen, indem Er zu ihnen spricht: „Hier bin ich.“ Als wollte Er sagen: „Was habt ihr mir zu sagen? Was kann ich für euch tun? Ich warte darauf, euch zu segnen.“ Wie können wir zaudern, uns zu nahen? Gott ist nahe, um zu vergeben, zu segnen, zu trösten, zu helfen, zu beleben, zu befreien. Laßt es für uns die Hauptsache sein, Gott nahe zu kommen. Dies getan, alles getan. Wenn wir uns andren nahen, so mögen sie binnen kurzem unsrer müde werden und uns verlassen; aber wenn wir den Herrn allein suchen, über den wird keine Veränderung kommen, sondern Er wird fortfahren uns näher und immer näher zu kommen durch immer völligere und freudigere Gemeinschaft. (Charles Haddon Spurgeon)


Wir wissen es, dass Gott mit uns sein will; wer nun auch mit Ihm sein will, der lasse seine Absicht kund werden in herzlichem Gebet. Er drängt sich dir nicht auf, Er will erbeten sein. Bittest du aufrichtig, beharrlich, so machst du eine große, selige Erfahrung, der Heiland naht sich dir, Er offenbart sich, durchströmt dich mit Seinem Lebensgeiste. Gott will mit uns sein als unser Führer. Dann werden wir keine Irrwege einschlagen und keine Dinge unternehmen, die zu unserm Unheil ausschlagen müssten. Der Gott, der mit uns ist, steht über dem Staube, Er durchschaut alle Dinge und weiß in allen Sachen Rat. Die feindlichen Gewalten kennt Er, Er weiß wohl, wie Er uns durchbringen kann. Wir sind eigentlich noch gar keine Christen, wenn wir sorgen und uns selber durchschlagen. Ach, es sind noch so viele Hüllen zwischen Gott und uns! Die Hüllen müssen hinweg, Gott ist uns nah, wir dürfen uns an Ihn halten; der Mut entsinkt uns dann nie. „Herr, öffne dem Knaben die Augen, dass er sehe!“ Im Angesichte Christi zu wandeln, das müssen wir lernen. Wer von Ihm sich leiten lässt, der ehrt Ihn. Ach, wie viele verführte Fromme gibt es doch! Das kommt daher, sie vertrauen auf sich selbst, sind ihre eigenen Führer, bis sie im Schmutz und Schlamm drin liegen, bis ihre heuchlerische Heiligkeit in Stücke zerreißt. Glaubst du, dass Jesus lebt? Glaubst du, dass Er um dich sich bekümmert, dass Er deiner gedenkt? Glaubst du, dass Er alles kann und alles vermag? O, so übergib dich Ihm und lass Ihn deinen Herrn sein. Du bist von Gnaden ganz umflossen, öffne doch deine Seele! (Markus Hauser)

4:9 Seid elend und traget Leid und weinet; euer Lachen verkehre sich in Weinen und eure Freude in Traurigkeit.

4:10 Demütiget euch vor Gott, so wir er euch erhöhen.
Liebe Christen, merkt es recht, wenn Jakobus sagt: „So seid nun Gott untertänig!“ Achtet auf seinen Wink und Willen, ruhet in demselben, und widerstrebet nicht seinem Licht! Dagegen widerstehet mit gläubigem, demütigem Eindringen in Gott und sein Licht, mit kindlichem, herzlichem Gebet dem Satan, dem Teufel, dem Verhinderer und Feind des Lichtreichs Jesu! Dann werdet ihr mit Seele und Sinn, mit ganzem Herzensverlangen aus aller Finsternis ausgehen und mit der lautersten Lichtsbegierde in Gott eindringen. Geschieht das, so flieht der Teufel von euch, und Gott, zu dem ihr euch nahet, kehrt sich als Geist und Liebe zu euch. Ihr werdet im Geist mit ihm zusammenfließen und ein Geist mit ihm werden.
Kann eine Seele gedeihen, wenn sie nicht aus dem Geräusch der Eitelkeit ausgeht? Wer Gott nicht lauter, rein und allein als Licht und Leben verlangt und gerne je bälder je lieber aus aller Finsternis ausgeht, der kann nicht in Gott eindringen, kann also unmöglich genesen. Warum fragen doch manche Herzen so oft, was schuld sei, daß es in ihrem Christentum nicht recht gehen wolle, warum sie nicht auch geistlicher und göttlicher gesinnt werden, wie sie doch gerne möchten? Sie sollten darauf kommen, daß bei ihrem geteilten Herzen und ihrem boshaften, zweiseelischen Wesen ein rechtes Wachstum am innern Menschen nicht möglich sei. Es kann bei ihnen nicht recht gehen, weil Gott selbst ihr Widerstand ist; er handelt ihnen überall entgegen, damit sie doch klug werden möchten. Hilft das aber auch nichts, und läßt er es ihnen endlich im Zeitlichen gelingen, dann sind sie erst übel daran; denn jetzt wird ihnen vermutlich das irdische Glück zum Strick werden.
Darum, liebe Freunde, verstehet doch Jakobus auch recht! Er will in seinem ganzen Brief nichts andres sagen als: Suchet Gott und sein Licht lauter und ganz, so werdet ihr im Leiden geduldig und im Blick auf jene Welt, den euch, so ihr treu seid, die göttliche Weisheit nicht versagen wird, auch zum Verleugnen willig sein. Werdet ihr euch aber betören lassen und allerlei Nebenabsichten hegen, so werdet ihr zwischen zwei Stühlen niedersitzen und nichts erlangen. Mit unlautern Tinkturen und Geistern fließt Gott nicht zusammen. Auch kann er es nicht dulden, wenn Seelen aus zeitlichen Absichten sich in allerlei Umtriebe einlassen. Daher heißt es in Vers 8: „Reiniget die Hände, ihr Sünder“, von allen Unsauberkeiten fleischlicher Art und unlautrer Geschäfte! Treibet im Gewerbfleiß nichts dem Lichte Zuwiderlaufendes; es greife ja keine Hand eines Lichtskindes nach verbotenen Dingen und lasse sich auch nicht nach solchen gelüsten! Trachtet nicht nur danach, keine gesetzwidrigen, wirklichen Verbrechen zu begehen, sondern bestrebet euch, durch die Kraft und Gnade Gottes von allem Erbübel frei zu werden! Hütet euch vor Geistes- und Fleischesbefleckungen, und „machet eure Herzen keusch, ihr Wankelmütigen“ und doppelherzigen Seelen! Das Herz ist die Quelle aller Verdorbenheit; hier ist das Verderben aufzusuchen. Wer es da nicht angreift und sich nicht von innen heraus kurieren läßt, der wird gewiß nicht gedeihen. Aber Herzenskeuschheit ist eine Wirkung des heiligen Geistes. Diese erlangt nur der, welcher Gott und seine Weisheit und Herrlichkeit ganz und stets rein und allein sucht.
Nur keine Gleichgültigkeit, wo noch so viel Verderben im Herzen wütet, wo noch allerlei Weltliebe, Kreaturenliebe, Sünden- und Finsternisliebe wechselweise sich u fühlen geben. Nicht Gleichgültigkeit, nicht eitle Fröhlichkeit und Munterkeit, wie es heutzutage vielfach der Fall ist, soll herrschen. Jakobus sagt in Vers 9: Habt wegen dieses Herzensverderbens Bedenklichkeit und Sorge, „seid elend und traget leid!“ Wie gefahrvoll ist doch der Lebensgang durch diese versuchungsvolle Welt! Wer je noch betrogen und hintergangen wird, der fühle sich wie einer, der ins Elend verwiesen ist, und trage großes Herzeleid. Er weine bei dem so großen Jammer und der vielen Not. Ja, „euer Lachen verkehre sich in Weinen“, und eure elende Weltfreude, die ihr bei leichtsinnigen Gesellschaften habt, in Traurigkeit über euren bejammernswerten Zustand! Das heißt erst wahre Sinnesänderung; dies heißt rechte Buße.
Wer diese Reue nicht hat und bezeugt, bei dem ist nicht viel Hoffnung auf wahre Besserung oder gründliche Bekehrung. Ein solcher kommt zu leicht dazu, an die Reinigung seiner Sünden zu glauben, so daß das, was er für Glauben hält, auch nur Meinung sein könnte. Wo nicht tief gegraben und ein fester Grund gelegt wird, da geht es viel zu oberflächlich her. Denn der Fels, auf den wir das geistliche Gebäude gründen sollen, liegt nicht so oben drauf. Man muß den ungeheuren Abgrund des Verderbens im Herzen durchwandern und durchgraben, ja wie mit Gewalt durchbrechen. Dabei geht es aber nicht an, im Jubel jauchzend einherzugehen. Solche Freude nimmt das Verderben nicht aus dem Herzen hinweg, ob es schon einige Zeit sich ruhig verhält. Der Satan lacht solcher ruhmredigen, kühnen Helden; denn er findet sie gerade so, wie er es gern hat, nämlich stolz, in sich selbst verliebt, frech und kühn. Er hat deshalb auch vor ihrem Freudengeschrei und Viktorialsingen keine Angst; denn er weiß wohl, daß es nur geistliche Luftbewegungen sind und alles im Grunde nicht so ernstlich gemeint ist, wie es klingt. Das Obenhinfahren und immer weitere Abkommen vom Herzen läßt ihm genug Hoffnung übrig, daß es ihm einst bei solchen nicht fehlen werde. Wie ist er dagegen in Sorge, wenn stille, demütige Seelen in großen Bedenklichkeiten sitzen und über ihr tiefes Herzensverderben, das sie immer bemerken, kläglich seufzen und bei jeder Gelegenheit sich bitter beklagen! Hier, denkt er, ist für mich alle Hoffnung verloren. Darum „demütiget euch vor Gott, so wird er euch erhöhen!“ Es geht mit solchen Seelen bei all ihrem in die Demut Heruntersinken stets weiter hinauf, näher hin zu Gott. Darum höret doch gerne das Klagen solch bußfertiger Seelen, wenn es nicht Gewohnheitssache oder bloße Nachäffung ist, sondern aus gründlicher Selbsterkenntnis und aus wahrem Finsternishaß kommt! Es ist viel erquicklicher zu hören als das Glaubensprahlen aller derer, die keine Sünder mehr sein wollen. O, wie tut es den angefochtenen Herzen so wohl, wenn sie hören, daß auch Leute, die sie höher als sich selbst schätzen, über Anfechtungen zu klagen haben!
Wer nun aus dem bisherigen den Sinn Gottes nicht zu erkennen vermag, der hat noch kein geistliches Erkenntnisvermögen, und sein Riechen ist nicht in der Furcht des Herrn. (Johann Michael Hahn)

4:11 Afterredet nicht untereinander, liebe Brüder. Wer seinem Bruder afterredet und richtet seinen Bruder, der afterredet dem Gesetz und richtet das Gesetz. Richtest du aber das Gesetz, so bist du nicht ein Täter des Gesetzes, sondern ein Richter.

4:12 Es ist ein einiger Gesetzgeber, der kann selig machen und verdammen. Wer bist du, der du einen andern richtest?
Gott ist der Selige, weil Er Gott ist. Er bedarf keines Dinges zu Seiner Seligkeit außer Sich. Er hat das Leben in Sich selber. Niemand ist gut als Er. Das Sein kann man im höchsten Verstand nur von Ihm sagen, weßwegen Er auch Jehovah heißt, das ist ein Gott, der ist und der war und der sein wird. Er ist unbegreiflich, unermeßlich und unendlich über Alles erhaben; damit wir aber aufgeweckt werden, Ihn zu suchen, zu lieben und zu verehren, so nennt Ihn die Bibel Licht, Leben, Liebe, Vater, HErr u.s.w., und redet Vieles von Seinen Eigenschaften, von Seinem Sinn und Willen. Wir können Ihn empfinden, wir können Ihn in uns wohnend haben und Seine heilsamen Wirkungen erfahren, aber unsere Erkenntniß bleibt dabei doch immer ein Stückwerk und kindisch, wird aber zu einer gewissen Vollkommenheit gelangen, wenn wir Ihn von Angesicht zu Angesicht sehen werden. Paulus nennt Gott 1 Tim. 6,15. den Seligen. Auch diesen Namen werden wir nie vollkommen verstehen; dieses aber wissen wir, daß wenn Gott Seine Knechte auf’s Höchste beglücken werde, Er sie in ihres HErrn Freude und Ruhe werde eingehen heißen, und die Verheißung: Ich bin euer Gott, an ihnen ganz erfüllen werde. Der große Gott lebt also selber in einer ewigen und unermeßlichen Freude und Ruhe, und Er ist nach Seinem Wesen so gut, daß Menschen zu ihrer höchsten Glückseligkeit nichts Weiteres als Ihn nöthig haben. Er kann allein selig machen, wie Jakobus sagt, gleichwie Er auch allein verdammen kann, Jak. 4,12. Wenn Er den Ausspruch thut: gehet hin, weichet von Mir, folglich Sich den Menschen, die doch zur Vereinigung mit Ihm geschaffen und gebildet sind, nicht mittheilt, sondern ihre Seelen peinlich hungern und dürsten läßt, und sie überdieß quälenden Werkzeugen Seines heiligen Zorns, dergleichen das Feuer und der Schwefel in der Hölle sind, übergibt, so verdammt Er.
Ist aber Gott der Selige und derjenige, der allein selig machen und verdammen kann, warum sehen sich die Menschen nach anderen Stützen ihres Vertrauens um? Warum graben sie Brunnen, die löcherig sind und kein Wasser geben? Warum fürchten sie sich, da nichts zu fürchten ist? Warum fallen sie mit ihrer Begierde auf vergängliche Dinge hinein, die ihnen wenigstens der Tod entziehen wird? Menschen, die von Gott abgewichen sind, sollen geradezu durch Christum wieder zu Gott umkehren, Ihn suchen, nach Ihm dürsten, wie ein Hirsch nach frischem Wasser, und in Seiner Gnade, Liebe und Gemeinschaft allein ruhen. Je mehr man der göttlichen Natur durch Christum theilhaftig wird, wie Petrus 2 Petr. 1,4. redet, das ist, je inniger man mit Gott vereinigt wird, je völliger man Seine Inwohnung genießt, desto völliger wird man auch Seiner Seligkeit, Seines Lichts, Seines Lebens und Seiner Heiligkeit theilhaftig. Man bedarf alsdann der rauschenden Ergötzlichkeiten, die ohnehin zerstreuen und beflecken, gar nicht. Man ist ohne dieselben vergnügt, und hofft dabei, daß der selige Gott alle Begierden der Seele in jener Welt durch Sich selbst vollkommen sättigen werde. Ach Gott! mache auch mich und die Meinigen selig, und ziehe uns Alle zu Dir! (Magnus Friedrich Roos)

4:13 Wohlan nun, die ihr sagt: Heute oder morgen wollen wir gehen in die oder die Stadt und wollen ein Jahr da liegen und Handel treiben und gewinnen;

4:14 die ihr nicht wisset, was morgen sein wird. Denn was ist euer Leben? Ein Dampf ist's, der eine kleine Zeit währt, danach aber verschwindet er.

4:15 Dafür ihr sagen solltet: So der HERR will und wir leben, wollen wir dies und das tun.

4:16 Nun aber rühmet ihr euch in eurem Hochmut. Aller solcher Ruhm ist böse.

4:17 Denn wer da weiß Gutes zu tun, und tut's nicht, dem ist's Sünde.2)
Ach mein Herr Jesu Christe, Du demüthiges, einfältiges und niedriges Herz, Du begehrest keine Ehre, Du fliehest alle Hoheit, Dein ganzes Leben ist nichts als Verachtung, Armuth und Schmerzen; dagegen ich, ach welch ein aufgeblasener Wurm bin ich. Stolze Augen, hoffärtige Gebärden, prächtige Worte, das ist meine Begierde und Lust. Verachtung kann ich nicht leiden, ich halte dieselbe für eine große Schmach, da ich doch nichts anders werth bin. ich halte mich viel zu köstlich, viel zu herrlich, Schmach und Verachtung zu leiden. Ach, vergieb mir diese meine Thorheit, und nimm die Strafe von mir. Tilge aus allen Ehrgeiz in mir, daß ich nicht gleich werde dem Satan, der immer hoch sein, auf Gottes Stuhl sitzen und angebetet sein will. Dies sein Bild hat er mir auch eingehauchet. Ach, mein Gott, lehre mich doch mein Ende erkennen! Ist doch der Mensch ein Nichts, so lange er noch lebet. Ist doch Alles Dein, und nicht mein, was ich habe. Bin ich reich, wie blad kannst Du mich arm machen? Bin ich weise und verständig, wie bald kannst Du mich zu einem Thoren machen und das vernünftige Herz wegnehmen? Bin ich in großen Würden, wie blad kannst Du Verachtung auf mich schütten? Stehe ich jetzt, ach wie blad kann ich fallen? Bin ich stark, wie bald kann ich krank werden und sterben? Bin ich glücklich, wie bald kann sich das Glück wenden? Es ist nichts Beständiges, das ich habe; ich habe nichts, darauf ich mich ungezweifelt verlassen könnte, denn Dich allein. Mein Herr und Gott, gieb mir, daß ich mein Herz von mir selbst und zu allem Zeitlichen abwende, zu Dir allein. Ach, ich habe mich mir selbst zum Abgott gemacht; ich schmeichle mir, ich liebkose, ich ehre immer mich selbst. Mein Gott, erlöse mich davon; gieb, daß ich mich selbst hasse, verläugne, absage allem dem, das ich habe, sonst kann ich Dein Jünger nicht sein. Hilf, daß ich folge in Deinen demüthigen Fußtapfen, auf daß ich in Dir Ruhe finde für meine Seele. O du schmaler Weg des Kreuzes und der Niedrigkeit, wie bist du so wenigen bekannt, da doch unser Herr Christus diesen Weg gegangen ist in seine Herrlichkeit! O Gott, behüte mich, und leite mich auf ewigem Wege. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Das Wort des Jakobus, das den jüdischen Händler beschreibt, zeigt uns unsere „Kultur“ in ihren Anfängen. Fern von seiner Heimat war der Jude beweglich geworden und nirgends mehr an die Scholle gebunden. Der jüdische Kaufmann war nirgends fest angesessen. Den Entschluss, mit dem er über seinen Wohnort verfügt, zieht er aus den Möglichkeiten des Gewinns und braucht für seine Unternehmungen nicht nur kurze Fristen, sondern rechnet mit Jahren. Dieser Methode, das Leben einzurichten, hält Jakobus zuerst das Missverhältnis vor, in dem sie zur Flüchtigkeit unseres Lebens steht. Aus der Leidenschaftlichkeit des Erwerbens entsteht die Überspannung der Pläne, die die menschliche Gebrechlichkeit vergisst. Das ergibt den aufgedunsenen Menschen, der die natürlichen Bedingungen seines Lebens abzustreifen versucht, und diesen Versuch kann er nur deshalb machen, weil er gottlos geworden ist und sich die Allgewalt des göttlichen Willens verbirgt. Es entsteht aber aus dieser Betriebsamkeit noch ein tieferer Schaden. Wäre es nur das, dass diese kühnen Pläne an der menschlichen Vergänglichkeit scheitern! Es steht aber neben jener Rüstigkeit, die zum Erwerben auch die lange Wanderung nicht scheut, die träge Lässigkeit, das Gute zu tun, obwohl es von uns getan werden kann, und dieses Versagen ist Sünde, und ist es umso mehr, wenn neben ihr die kraftvolle Anstrengung steht, zu der der Gewinn uns munter macht. Dem, der nicht weiß, was das Gute ist und wie er es tun kann, weil es ihm an Weisheit fehlt, sagt Jakobus: er bitte Gott, der ihm zeigen wird, was das Gute ist. Ist es uns aber sichtbar und in unser Vermögen hineingerückt, so sind wir verpflichtet, und wenn es dennoch ungetan bleibt, so ist es Schuld. Nun wurde ein großes Geschenk Gottes, eben dies, dass er uns das Gute zeigte, von uns abgelehnt.
Wenn Du willst, Herr, lebe ich, und wenn Du willst, trägt meine Arbeit Frucht. In den natürlichen Dingen muss ich oft warten, bis sich Dein Wille zeigt. Wenn Du mir aber Gutes darreichst, das ich tun kann, dann weiß ich, was Du willst, und habe ein großes Geschenk Deiner Gnade empfangen. Ich will es gern empfangen. Amen. (Adolf Schlatter)

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