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Hebräer, Kapitel 4

Hebräer, Kapitel 4

Heb 4:1 So lasset uns nun fürchten, daß wir die Verheißung, einzukommen zu seiner Ruhe, nicht versäumen und unser keiner dahinten bleibe.
Gleichwie Christus Matth. 25,21.23. sagt, Er werde zu einem frommen und getreuen Knecht am Tage Seiner Zukunft sprechen: gehe ein zu deines HErrn Freude: also sagt der Apostel Hebr. 4,1., diejenigen, die bis an ihr Ende Glauben halten, werden in die Ruhe Gottes eingehen. Der HErr der Knechte freuet Sich als der Allerseligste in Seiner Herrlichkeit, und läßt Seine Knechte auch in diese Freude eingehen oder an derselben Antheil nehmen. Gott ruhete am siebenten Tage von allen Seinen Werken, und ruhet noch immer und wird ewiglich ruhen, ob Er schon immer thätig ist. In diese Ruhe Gottes sollen die glaubigen und treuen Christen einkommen und sie auch genießen, folglich auch von ihren Werken ruhen, wie Gott von den Seinigen. Nicht nur von den Leiden wird man also ruhen, sondern auch von den Werken, folglich keine Welten erschaffen, und überhaupt keine Werke mehr thun, wie sich die Leute einbilden, die in der Geschäftigkeit ihre Glückseligkeit suchen. Ruhen wird man, und das Gute genießen, das da ist, und keines Zuwachses mehr bedarf. Alles Bestreben nach etwas Neuem wird da aufhören. Diese Ruhe Gottes ist verheißen, wie der Apostel aus dem Spruch beweist: heute, so ihr Seine Stimme höret, so verstocket eure Herzen nicht; denn weil Gott vorher gesagt hatte: Ich schwur in Meinem Zorn, daß die Israeliten, die au Aegypten gegangen waren, nicht zu Meiner Ruhe kommen sollen, so schließt der Apostel aus dieser Ermahnung: heute, so ihr Meine Stimme höret u.s.w., daß dem Volk Gottes noch eine Ruhe verheißen sei, um deren willen es die Stimme Gottes hören und die Herzen nicht verstocken soll. Hierauf zielt auch die Ermahnung: lasset uns fürchten, daß wir die Verheißung, in die Ruhe Gottes einzukommen, nicht versäumen. Fürchten sollen wir uns, weil ein Mensch ein arges, unglaubiges Herz haben kann, das von dem lebendigen Gott abtritt, Kap. 3,12. Fürchten sollen wir uns, weil wir nach einem guten Anfang von Gott in den Versuchungen abfallen, und als Abtrünnig niedergeschlagen werden könnten, wie die Israeliten in der Wüste. Fürchten sollen wir uns, weil wir durch Betrug der Sünde, die sich oft unter einer guten Gestalt zeigt, verstockt werden, oder in ein hartnäckiges Widerstreben gegen die Zucht des Geistes hineingerathen könnten: und wenn dieses geschähe, würden wir bei der Erfüllung der Verheißung durchfallen oder zurückstehen müssen. So lange zwar der Mensch lebt, und das Gericht über ihn noch nicht gehalten wird, hofft er gemeiniglich von sich das Beste; auch können andere Menschen, die ihn nicht genau kennen, von ihm noch viel Gutes hoffen; wenn man aber sein arges und unglaubiges Herz, sein Abtreten von dem lebendigen Gott, seinen Rückfall aus einem bessern Zustand, und sein hartnäckiges Widerstreben gegen den Geist Gottes wahrnimmt, so scheint es, er habe die Verheißung fahren lassen, oder sei dahinten geblieben. Und von Vielen wird’s leider am Tag des Gerichts offenbar werden, daß es geschehen sei. So lasset uns denn die Ermahnung des Apostels zu Herzen nehmen, weil der Gewinn oder Verlust so groß ist. Wer nicht in die Ruhe Gottes hineinkommt, wird Gottes Rache und Strafe im Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt, empfinden. (Magnus Friedrich Roos)

Heb 4:2 Denn es ist uns auch verkündigt gleichwie jenen; aber das Wort der Predigt half jenen nichts, da nicht glaubten die, so es hörten.
Das Wort Gottes kann uns nur nützen, wenn es mit unserem Herzen eine Verbindung eingeht. Solange zwei aufeinander angewiesene Naturkräfte säuberlich voneinander getrennt bleiben, geschieht nichts; erst wenn sie sich vereinigen, gibt es etwas Neues oder wirkt sich die Mischung in besonderer Richtung aus. So muß die Kraft des Wortes sich mit dem glaubenden Herzen innerlich vereinigen, damit seine Wirkung im Leben des Menschen an den Tag komme. Wenn uns ein scharfes Bußwort traf, und wir ließen uns unsere Sünde leid sein, dann wurde in Reue und Selbstgericht die Kraft dieses Wortes offenbar. Oder wie mächtig durchflutete uns dieselbe Kraft, wenn das erschrockene Gewissen getröstet wurde von einem Wort der Gnade! Aber immer kommt es auf die lebendige Auffassung und Aufsaugung der im Wort vorhandenen Gotteskraft an. Wir müssen aus dem Wort Gottes die Lebenskräfte herausfinden und in unser Leben hineinleiten, damit etwas Segensreiches zustandekomme. Suchen wir mit Gebet die Stelle, wo das Leben quillt!
Ach, Herr, wir sind träge und tot deinem Wort gegenüber. Hilf uns, daß sich die geheimnisvolle Tür desselben auftue und wir uns mit der Kraft, die daraus hervorgeht, innerlich vermählen und vereinigen. Müde und matt, sehnen wir uns nach Kraft, und deine Kraft sucht nach uns, um sich zu offenbaren. Segne uns! Amen. (Samuel Keller)

Heb 4:3 Denn wir, die wir glauben, gehen in die Ruhe, wie er spricht: „Daß ich schwur in meinem Zorn, sie sollten zu meiner Ruhe nicht kommen.“ Und zwar, da die Werke von Anbeginn der Welt gemacht waren,

Heb 4:4 sprach er an einem Ort von dem siebenten Tag also: „Und Gott ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken;“

Heb 4:5 und hier an diesem Ort abermals: „Sie sollen nicht kommen zu meiner Ruhe.“

Heb 4:6 Nachdem es nun noch vorhanden ist, daß etliche sollen zu ihr kommen, und die, denen es zuerst verkündigt ist, sind nicht dazu gekommen um des Unglaubens willen,

Heb 4:7 bestimmt er abermals einen Tag nach solcher langen Zeit und sagt durch David: „Heute,“ wie gesagt ist, „so ihr seine Stimme hören werdet, so verstocket eure Herzen nicht.“
Für den einzelnen Menschen ist von Seiten des Herrn der Augenblick der Bekehrung dann gekommen, wenn Jesus vor seiner Tür steht und anklopft. Sobald des Herrn Wort zur Buße und Umkehr klar und bestimmt an einen Menschen ergeht, kann und soll er sich auch bekehren. Nicht wir erwählen den Herrn, Er erwählt uns; aber Ihm glauben, Ihm gehorsam sein sollen die Berufenen, und zwar zur Stunde, da Er sie zieht. Gott würde dich nicht rufen, wenn du nicht jetzt gleich Ihm folgen, Ihm dich ergeben und Sein Heil annehmen solltest. Er hat dich zur Kindschaft und zum ewigen Leben bestimmt, darum beruft Er dich, und es liegt an dir, auf Seinen Liebeswillen einzugehen und Seiner Stimme unverzüglich zu folgen. Wenn ein Vater sein Kind ruft, so soll es Antwort geben und auf das hören, was der Vater ihm sagt. Verzug ist Ungehorsam und kann bittere Folgen haben. Wenn an eine Tochter eine Anfrage zur Ehe ergeht, so kann sie dies nicht gleichgültig lassen; offenbar ist sie genötigt, eine klare, bestimmte Antwort zu geben. Und wenn nun der Herr um deine Seele wirbt, wenn Er dich zu einem Gliede Seiner Brautgemeinde machen will, solltest du Ihm dann nicht bald eine entscheidende Antwort zuteil werden lassen? - Wir haben in der Heiligen Schrift köstliche Beispiele von solchen, die dem anerkannten Willen Gottes sofort nachgekommen sind. Christus ist unsere Erlösung, wer an Ihn glaubt, der ist gerecht! O nimm dein „Heute“ wahr, so wirst du die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und fröhlich sein. (Markus Hauser)

Heb 4:8 Denn so Josua hätte sie zur Ruhe gebracht, würde er nicht hernach von einem andern Tage gesagt haben.

Heb 4:9 Darum ist noch eine Ruhe vorhanden dem Volke Gottes.
Als Gott im Anfang die Welt erschaffen hatte, so ruhete Er am siebenten Tag, und wollte die Menschen diese Seine Ruhe ewiglich genießen lassen, allein der Sündenfall trieb sie aus derselben heraus. Als Er hernach das Volk Israel aus Aegypten führte, so versprach Er ihm eine Ruhe im Land Canaan, welche ein Vorbild und Vorschmack der ewigen Ruhe im himmlischen Vaterland hätte sein sollen; allein die Männer, die aus Aegypten gegangen waren, wurden in der Wüste niedergeschlagen, weil Gott wegen ihres halsstarrigen Unglaubens in Seinem Zorn geschworen hatte, daß sie nicht zu Seiner Ruhe im Land Canaan kommen sollen. Hernach sagte aber Gott durch David Ps. 95,7.8.: heute, so ihr Seine Stimme höret, so verstocket euer Herz nicht, wie zu Meriba geschahe, wie zu Massa in der Wüste. Hieraus macht dann der Apostel Hebr. 4. den Schluß, daß noch eine Ruhe für das Volk Gottes vorhanden se, weil die Menschen noch nach der Einführung Israels in’s Land Canaan vor der Verstockung ihrer Herzen gewarnt werden, und zwar durch Anführung des Beispiels der Israeliten, die zu Massa und Meriba Gott versucht hatten. Haben nun diese sich dadurch einer Ruhe verlustig gemacht, so sollen wir dagegen unsere Herzen nicht verstocken, nicht im Grimm wider Gott und sein Wort fest machen, weil wir sonst auch eine verheißene Ruhe verscherzen würden. Wo ist nun diese Ruhe zu finden? Im himmlischen Vaterland. Da kommt eine glaubige Seele zur Ruhe Gottes, und der Leib, wenn er auferweckt wird, auch. Der Weg zu diesem Vaterland geht durch die Wüste dieser Welt, wo dem Pilgrim viele Versuchungen begegnen. Hier muß er die Wege Gottes verstehen lernen, hier muß er Treue und Glauben halten. Aufwallungen des ungeduldigen Unglaubens gibt es mehrmalen. Nur soll er sich darin nicht festsetzen und verhärten, sondern, wenn er müde ist, um eine neue Kraft zum Ueberwinden und Fortschreiten bitten. Endlich wird die beschwerliche und gefährliche Reise zu Ende gehen. Endlich wird er in die Ruhe Gottes eingehen, und alsdann nicht nur von seinem Leiden, sondern auch von seinen Werken ruhen, wie Gott von den Seinen, Hebr. 4,10. Was wird er aber thun, wenn er keine Werke mehr verrichten wird? Er wird Gott sehen von Angesicht zu Angesicht, und in diesem Sehen ruhen. Er wird von den Ausflüssen Seiner Liebe satt sein, und nichts Weiteres begehren. So lasset uns nun fürchten, daß wir die Verheißung, einzukommen in Seine Ruhe, nicht versäumen, und unser Keiner dahinten bleibe. Hebr. 4,1. Am Glauben liegt’s. Wer einmal den himmlischen Beruf Gottes angenommen hat, und nach demselben aus dem Aegypten der argen Welt ausgegangen ist, soll nicht unglaubig murren, wenn er auf seinem Weg Mangel, Ungemach und Feinde antrifft, und wegen dieser Schwierigkeiten nicht in jenes Aegypten umkehren wollen. Auch dieses würde ihm nicht gelingen. Er würde niedergeschlagen werden, und weder die Ruhe Gottes, noch einen vergnüglichen Genuß der Welt erlangen. Lasset uns also Paulo nachahmen, der am Ende seines Lebens sagen konnte: ich habe den guten Kampf gekämpfet, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben gehalten.(Magnus Friedrich Roos)


Gott hat einen Sabbat bereitet, und einige müssen dazu kommen. Die, denen es zuerst verkündigt ist, sind nicht dazu gekommen, um des Unglaubens willen; deshalb ist dieser Sabbat noch vorhanden für das Volk Gottes. David sang davon; aber er mußte einen leisen Ton anstimmen, denn Israel verwarf die Ruhe Gottes. Josua konnte sie nicht geben und Kanaan sie nicht gewähren; sie bleibt für Gläubige.
Kommt also, laßt uns Fleiß tun, einzukommen zu dieser Ruhe. Laßt uns die ermüdende Arbeit der Sünde und des Ichs verlassen. Laßt uns alles Vertrauen aufgeben, sogar auf die Werke von denen es gesagt werden mag: „Sie sind sehr gut.“ Haben wir solche? Laßt uns dennoch aufhören mit unsren eignen Werken, wie Gott mit den seinen. Nun laßt uns Trost in dem vollendeten Werke unsres Herrn Jesus finden. Alles ist völlig getan, die Gerechtigkeit verlangt nicht mehr. Großer Friede ist unser Teil in Jesus Christus.
Und was andre Dinge anbetrifft, das Gnadenwerk in der eignen Seele und das Werk des Herrn in den Seelen andrer, laßt uns diese Bürden auf den Herrn werfen und in Ihm ruhen. Wenn der Herr uns ein Joch zu tragen gibt, so tut Er es so, das wir durch das Aufnehmen desselben Ruhe finden. Durch den Glauben tun wir Fleiß, in die Ruhe Gottes einzukommen, und wir entsagen aller Ruhe in der Selbstzufriedenheit oder der Trägheit. Jesus selber ist vollkommene Ruhe, und wir werden in Ihm bis an den Rand mit Ruhe erfüllt. (Charles Haddon Spurgeon)


Wie ganz anders wird der Zustand der Gläubigen im Himmel sein, als hienieden! Hier wird er zu Leiden und Trübsal geboren, aber im Lande der Ewigkeit kennt man weder Sorge noch Mühe. Will er hienieden dem Meister nachfolgen, so reicht seine Kraft nicht so weit als sein Streben; er muss beständig seufzen: „O, hilf mir, dass ich Dir dienen kann, mein Gott!“ Wenn er recht tätig ist, so wartet sehr viel Arbeit auf ihn; nicht zu viel für seinen Willen, aber mehr als genug für seine Kräfte, so dass er ausrufen muss: „Die Lust zur Arbeit fehlt mir nicht, aber ihre Last ist mir zu groß.“ Ach! lieber Christ, der Tag heißer Mühe währet nicht ewig; die Sonne neigt sich schon; sie steht wieder auf und bringt einen herrlicheren Tag, als du je erlebt hast, in einem Lande, wo man Gott Tag und Nacht dient, und dennoch ruht von der Arbeit. Hienieden ist die Ruhe Stückwerk, dort ist sie vollkommen. Hier wird der Christ beständig beunruhigt; er fühlt, dass er das Ziel noch nicht erreicht hat; dort genießen alle der Ruhe; sie haben die Höhe erstiegen; sie haben Ruhe gefunden an ihres Gottes Herzen. Höher geht‘s nicht. O du Trübsalmüder, denke nur an die ewige Ruhe, eine Ruhe, die bleibet. Hienieden tragen meine besten Freuden die Überschrift „sterblich“; meine schönsten Blumen welken hin; in meinem köstlichsten Becher findet sich die trübe Hefe; meine muntersten und buntesten Vögel rafft des Todes Pfeil hin; meine vergnügtesten Tage verfinstern sich zur Nacht; und die Fluten meiner Wonne verlaufen sich in die Ebbe der Sorgen; dort aber ist alles unsterblich; die Harfen verrosten nicht, die Krone verwelkt nicht, das Auge verdunkelt sich nicht, die Stimme versagt nicht, das Herz verzagt nicht; die unsterbliche Seele ist ganz aufgelöst in unaussprechlicher Wonne. Seliger Tag! Seliger Tag! da die Sterblichkeit verschlungen wird in die Unsterblichkeit, und der ewige Sabbat beginnt! (Charles Haddon Spurgeon)


„Noch vorhanden“, sagt der Apostel, d. h. noch nicht da, sondern zukünftig, immer noch erst zu hoffen ist die Ruhe. Eine Psalmstelle brachte ihn dazu, solches als eine göttliche Verheißung auszusprechen. Es ist, sagt er, diese Ruhe eine andere als die, die das Volk einst im Gelobten Lande fand. Und wie die Israeliten damals, während sie durch die Wüste wandelten, zur Ruhe hingingen, so, sagt der Hebräerbrief, „gehen wir, die wir glauben, der Ruhe zu“ (Hebr. 4,3), d. h. so sind wir hienieden auf dem Wege zur Ruhe Gottes. Auch wie die Israeliten während ihrer Wanderung nie Ruhe, keine bleibende Stätte hatten und mit vielerlei Unannehmlichkeiten, wie sie die Wüste darbot, zu kämpfen hatten, bis sie ins Gelobte Land eingezogen waren: So ist für uns der Gang durchs Erdenleben - als in einer Wüste - lauter Unruhe, er ist voll von Entbehrungen, ist beständigen Wechseln und Widerwärtigkeiten ausgesetzt. bis wir die verheißene Ruhe Gottes haben. Wie ferner die Israeliten während der Wanderung unter einem besondern Schutze standen, wunderbar gespeist und getränkt und erhalten wurden, so hat auch über uns, die wir glauben, der HErr ein wachendes Auge. So stehen wir unter Seinem Schutz; wir werden genährt und gespeist durch Sein Wort und die durch dieses und die Wirkungen des Heiligen Geistes uns dargebotenen Gnadenmittel. Denen, die in Geduld und Glauben ausharren, kann nichts widerfahren, sondern sie kommen sicher zum Ziel. Wie aber endlich die murrenden und ungläubigen Israeliten in der Wüste verfielen und umkamen, ohne in die verheißene Ruhe im Lande Kanaan zu kommen: So haben auch wir während unserer irdischen Wallfahrt uns zu fürchten, daß wir nicht in einen ähnlichen Unglauben verfallen und so die Verheißung, einzukommen zu Seiner Ruhe, versäumen und dahinten bleiben (Hebr. 4,1.11)!
Die Ruhe, die noch vorhanden ist, tritt wohl schon ein für alle, die in Christus entschlafen. Sie wird aber vollständig erst dann eingetreten sein, wenn aller Kampf aus ist, wenn Himmel und Erde neu ist, wenn die Zeit da ist, da Gott sein wird alles in allem; wenn wir bei Ihm - in Seiner Ruhe - das Höchste erreicht haben, was ein Menschenkind hoffen und erwarten mag! Da „wird Gott abwischen alle Tränen von unsern Augen; und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid und Geschrei noch Schmerz wird mehr sein“ (Off. 21, 4). Das wäre dann die Ruhe, die dem Volke Gottes noch vorhanden ist.
Wie wohl wird das tun! (Christoph Blumhardt)


Um uns recht in die Anschauung des Hebräerbriefs und seine Auslegung hineinzuversetzen, stellen wir uns vor Augen, wie es einst mit Israel war.
Dieses war zuerst in Ägypten; und dort war es auf die schon von Abraham her vererbte Verheißung hingewiesen, daß es einst, von allem Druck frei, eine Selbständigkeit in Kanaan bekommen werde. Zunächst mußte es auf einen Führer warten, den der HErr senden würde. Nun kam Mose und fing an, das Werk auszuführen. Der Auszug ging vor sich und die Wanderung begann. Auf dieser Wanderung - die ein Leben voll Unruhe war und mitunter drückender erscheinen konnte als das Leben in Ägypten, dem Lande der Knechtschaft - tröstete es sich mit der Hoffnung, bald ins Land der Ruhe zu kommen. Sie hatten ja den Führer, dem sie trauen konnten, und der HErr selbst bezeigte sich ihnen tausendfach.
In der Wüste aber auf dem Wege zum Lande der Ruhe gab es vielerlei Schweres durchzumachen; und die Israeliten hielten sich übel. Einmal versündigten sie sich so sehr, daß Gott das ältere Geschlecht damit bestrafte, daß es ganz in der Wüste absterben sollte, ohne zum Ziel gekommen zu sein; nur das jüngere Geschlecht sollte in das Land der Ruhe gebracht werden. Das letztere eroberte endlich unter Josua das Land. Und nun hieß es, Gott habe sie zur Ruhe gebracht (Jos. 21, 44; 23, 1). Diese Ruhe war insofern da, als sie wieder feste Wohnungen hatten und ein unabhängiges, unter dem unmittelbaren Schutz Gottes stehendes Volk waren. Deswegen konnte diese Ruhe auch schon „eine Ruhe Gottes“ genannt werden.
Aber die rechte Ruhe, die Gott mit der Erwählung Israels überhaupt bezweckte, war damit noch nicht gekommen. Wohl war jetzt Israel frei von Ägypten; aber das Joch der Sünde und der Finsternis drückte es noch so hart - wie die ganze Welt. Von diesem Joch zu entbinden, lag im Plane Gottes. Und hieran zu denken mußte das Volk allmählich gewöhnt werden: an die Hoffnung, eine Zeit kommen zu sehen, da völlige Freiheit gekommen sein und Gott selbst auch in ihren Herzen wohnen und somit ihre Ruhe eine wirkliche Gottesruhe sein würde.
Um diese eigentliche wahre Ruhe herbeizuführen, mußten neue Verheißungen gegeben werden - wie sie freilich auch schon in der alles zusammenfassenden Verheißung vom „Segen Abrahams über alle Völker“ lag (1. Mose 12,3) - und mußte ein neuer Führer gleich Mose erstehen, dessen Stimme zu hören wichtig würde. Von diesem redet schon der erste Mose, wenn er sagt: „Einen Propheten wie mich wird der HErr erwecken, dem sollt ihr gehorchen“; und schon dort wurde es gesagt, daß es der HErr von dem fordern würde, der diesen Seinen Knecht nicht hören würde (5. Mose 18, 15ff.).
Hieraus bildete sich die Hoffnung eines Messias (Gottgesandten), der Israel und im Anschluß die ganze Menschheit von den inneren Ketten befreien und so zur vollkommenen Gottesruhe führen sollte. Um diese Hoffnung in sich lebendig werden zu lassen, mußte sich das Volk - das schon durch die Propheten zu tieferen Bedürfnissen geleitet worden war - abermals wie in „Ägypten“ fühlen: als in einem Land der Knechtschaft, aus dem sie zu befreien wären, obwohl sie ja äußerlich in der Ruhe waren. Und wie einst Israel in Ägypten nach Befreiung seufzte, so sollte es abermals seufzen lernen nach der vollkommenen Freiheit, wie sie das ganze Wesen des Menschen verlangt. Daher kommt der merkwürdige Seufzer Davids (Ps. 14,7 und 53,7): „Ach, daß die Hilfe aus Zion über Israel käme und der HErr Sein gefangenes Volk erlöste! So würde Jakob fröhlich sein und Israel sich freuen!“ Hier heißt Israel - offenbar mehr geistlich gesehen - ein „gefangenes“ Volk, ohne eigentlich gefangen oder einem fremden Volk unterworfen gewesen zu sein.
Mit Bezug auf diese fernere Hoffnung Israels sagt nun auch David im 95. Psalm: „Heute, so ihr Seine Stimme höret“ - das heißt, wie man sich die Auslegung im Hebräerbrief denken muß: Wenn einmal der HErr, der Verheißene erscheinen und Seine Stimme zum Auszug aus aller Knechtschaft vernehmen lassen wird -, „so verstocket eure Herzen nicht wie vormals!“ Sonst geht es wieder wie unter dem ersten „Mose“ in der Wüste und ihr kommt - um es gleich nach dem Hebräerbrief zu nehmen - um die neu-verheißene Gottesruhe! Ihr kommt abermals in der „Wüste“ doch noch um, auch nachdem ihr schon durch den Glauben an Christus gleichsam „aus Ägypten“ ausgezogen seid! So führt es denn der Hebräerbrief im 3. und 4. Kapitel näher aus.
Derselbe spricht mit Juden, die an den HErrn Jesus, den „Apostel“, wie Mose es war (Hebr. 3,1) gläubig geworden waren und die sich nun wie alle Gläubigen als aus „Ägypten“ ausgewandert, auf dem Wege durch „die Wüste“ zur Ruhe Gottes hin befanden. Viele dieser Juden - durch Trübsale aller Art und durch Verfolgungen gedrängt, welche ihr Bekenntnis nach sich zog - murrten auf dem Wege wie einst Israel, als es ihnen an allerlei gebrach. Und sie sehnten sich namentlich nach den gottesdienstlichen Ordnungen des Judentums zurück, um die Entbehrungen und Trübsale loszuwerden. Sie bezeigten Lust, wieder umzuwenden, und fingen an, wie einst Israel, mit ungläubigem Wesen dem HErrn Mühe zu machen.
Da warnt nun der Apostel. Er hält allen denen, die dem HErrn, wie sich die Psalmstelle ausdrückt, „durch Abfall und Sünden aller Art“ so viele Mühe machten, die bereits im Psalm angekündigte Drohung vor. Er warnt sie mit dem Hinweis darauf, daß es ihnen allen durch Unglauben noch fehlen könnte trotz aller bisher erfahrenen Gnade - wie es jenen fehlte trotz ihres Auszuges aus Ägypten, deren Leiber in der Wüste verfielen, ohne daß sie das Land der Ruhe erreichen durften! Wie einst jenen, so droht auch jetzt wieder den Abfälligen der Verlust der verheißenen Gottesruhe - welcher hier die Bedeutung des Verlustes der ewigen Seligkeit hat! Er ermahnt sie, in der „Wüste“ - d. h. unter allen Stürmen, Verfolgungen und Entbehrungen - im Glauben auszuhalten, weil nur so ihnen die kommende Gottesruhe gewiß sei.
Wollen denn auch wir erwägen, daß wir uns hienieden auf dem Wege durch die „Wüste“ befinden, ohne bleibende Stätte, aller Angst und Anfechtung ausgesetzt! Das hilft uns, daß wir uns nicht daran stoßen, wenn es oft scheint, als ob die Weltkinder - die nicht „aus Ägypten“ ausziehen und behaglich an seinen „Fleischtöpfen“ sitzen - besser gestellt wären als die Gotteskinder! Letztere werden gegen das Ende hin noch hart dran müssen, um es recht innezuwerden, daß sie in einer„ Wüste“ pilgern!
Wer aber ausharrt, für den ist im himmlischen Vaterlande die Ruhe Gottes vorhanden. Sie ist eine sichere Hoffnung! (Christoph Blumhardt)

Heb 4:10 Denn wer zu seiner Ruhe gekommen ist, der ruht auch von seinen Werken gleichwie Gott von seinen.

Heb 4:11 So lasset uns nun Fleiß tun, einzukommen zu dieser Ruhe, auf daß nicht jemand falle in dasselbe Beispiel des Unglaubens.
Wenn ein wahrer Christ den Sonntag Gott wohlgefällig hinbringen soll, so hat er sich dabei zu erinnern, daß ein dreifacher Sabbath zu feiern ist: 1) Ein wöchentlicher Sabbath, wenn er den Sonntag anwendet zur Betrachtung der Wohlthaten, so er von Gott empfangen; ein täglicher oder geistlicher Sabbath, welcher nicht darin bestehet, daß man gar die Arbeit unterlassen solle, sondern durch den täglichen Sabbath wird verstanden, wenn der Mensch feiert von Sünden. Wie er des Sonntags feiert von der Handarbeit, so feiert er alle Tage von Ueppigkeit und Bosheit. Er hütet sich, daß er nichts Böses rede wider Gott und den Nächsten, daß er nichts Böses thue, entweder allein oder in Gesellschaft anderer Leute, daß er sich auch durch andere nicht lasse verführen, sondern seine Seele von der Welt unbefleckt halte. Wie er nun dieses meidet, also befleißiget er sich unter seiner Arbeit, öfters an Gott zu denken, zu Gott zu seufzen, und ihn um seines heiligen Geistes Beistand anzuflehen: und siehe, das ist der geistliche und tägliche Sabbath, den ein Kind Gottes stets feiern soll. Wer nun hat den wöchentlichen andächtig, und diesen täglichen Sabbath eifrig gefeiert, der kann versichert seyn, er werde 3) auch den ewigen Sabbath im ewigen Leben feiern, welcher darin bestehet, daß die glaubigen und auserwählten Kinder Gottes werden von aller leiblichen Arbeit, von allem Kreuz und Trübsal, von aller Sünde befreit, Gott schauen von Angesicht zu Angesicht, ihn loben, und ihm ohne Aufhören dienen. O ein heiliger und herrlicher Sabbath! der niemals wird gestöret werden. Nur dahin werden die gelangen, welche hier im Glauben und in der Liebe Jesu werden verharren bis in den Tod. (Johann Friedrich Stark)

Heb 4:12 Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer denn kein zweischneidig Schwert, und dringt durch, bis daß es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.
Man kann das Wort im Zusammenhang des ganzen Spruches auch anders auslegen; mir kam nur soeben in den Sinn, was es auch bedeuten könnte: die Scheidung zwischen seelischem und geistlichem Leben. Dazu ist allerdings das kräftige Wort Gottes auch die beste Waffe. Es macht uns in seiner schneidenden Schärfe den Unterschied klar, der zwischen dem bloß psychischen Untergrund unseres Innenlebens und dem neuen Wesen besteht, was der Heilige Geist bewirkt hat. Auch beim natürlichen Menschen gibt's im Gemüt eine Resonanz des Wortes Gottes; mancher wird erschüttert und zu Tränen gerührt. Die Scheiben klirren, wenn ein schwerer Wagen dröhnend vorüberfährt. Aber klirrende Scheiben gehören nicht zum Wagen! Das kann alles Fleisch sein - Nerven, und diese werden ja nie bekehrt. Geist ist dagegen die höhere Form des Innenlebens, wo der Geist Gottes zur Wirksamkeit kommen will. Da müssen seine Wirkungen im Willen und Gewissen offenbar werden. Starke Impulse zu neuem Werden und Wachsen müssen sich durchsetzen. Entschlüsse, die nicht aus dem Fleisch stammen, sondern von oben her sich spürbar machen, Selbstverleugnung, Durchkreuzung des Ichlebens, Ansätze der Ewigkeit im Alltagsleben.
Wir kennen das, Herr Jesu, aber wir möchten klagen: der Geist ist schwach gegenüber dem mächtigen Fleisch. Dringe du durch mit der Neuregelung aller Verhältnisse und regiere du in uns. Segne dazu dein Wort in uns. Amen. (Samuel Keller)

Heb 4:13 Und keine Kreatur ist vor ihm unsichtbar, es ist aber alles bloß und entdeckt vor seinen Augen. Von dem reden wir.
Ein schönes Lied singt: „Es ist noch eine Ruh’ vorhanden: auf, müdes Herz, und werde Licht! Du seufzest hier in deinen Banden, und deine Sonne scheinet nicht. Sieh auf das Lamm, das dich mit Freuden dort wird vor seinem Stuhle weiden, wirf hin die Last und eil’ Ihm zu. Bald ist der schwere Kampf vollendet, bald, bald der saure Lauf geendet, so gehst du ein zu deiner Ruh.“ Gottlob, daß eine solche Ruhe vorhanden ist dem Volke Gottes! Denn dies arme, zeitliche Leben ist voll Unruhe. Von einem Gedanken, von einem Wunsche geht es in den andern, und Friede ist ein selten Ding. Unruhe erfüllt die Völker: in dem Jagen nach neuen Ordnungen, nach neuen Künsten und Erfindungen kommen sie uns fluchs wie Fieberkranke vor. Unruhe erfüllt den schwachen Leib; man kann fast sagen: es wird selten ein Gesunder gefunden. Unruhe ist um das Mein und Dein, Unruhe in den Familien, Unruhe um die Gegenwart, Unruhe um die Zukunft, Unruhe im Leben, und wenn’s an’s Sterben geht, erst die größte Unruhe. Ist denn keine Ruhe vorhanden? Ja, ja, aber nur dem Volke Gottes. Zum Volke Gottes gehören diejenigen, welche unter Christi Fahne, unter Christi Kreuz gestanden haben und täglich ihr Fleisch kreuzigen sammt den Lüsten und Begierden. Die haben schon hienieden mitten in der Unruhe Ruhe in dem Herrn, der ihre Schuld bezahlt hat mit seinem Blute und den Brand des Gewissens löscht mit seinem Verdienst und sie sprechen läßt: „Nun wir gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Friede mit Gott durch unsern Herrn Jesum Christum.“ Sie erhalten jenseits Ruhe bei dem Herrn, und ruhen dort von ihren Werken, gleichwie Gott von seinen. Droben ist Sabbath. Die Sünde ist ganz vorbei. Die Strafe ist aus. Die Zeit ist um, wo wir im Schweiß unseres Angesichts unser Brod essen mußten. Versuchung ist unmöglich. Der ewig verklärte Leib hat keinen Schmerz mehr, und die im Leib verklärte Seele hat keine Reue, keine Trauer um die Sünde mehr. Die Seligen ruhen in Gott. – O laßt uns Fleiß thun, einzukommen zu dieser Ruhe! Der Bote des Herrn steht vor der Thür. Er hat die Stunden gezählt, wann er uns abrufen soll. Christum im Leben, Christum im Tode: das allein giebt Ruhe in Zeit und Ewigkeit. Herr, nimm mich auf in Dein Volk, damit ich Ruhe in und bei Dir habe allezeit. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

Heb 4:14 Dieweil wir denn einen großen Hohenpriester haben, Jesum, den Sohn Gottes, der gen Himmel gefahren ist, so lasset uns halten an dem Bekenntnis.

Heb 4:15 Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte Mitleiden haben mit unsern Schwachheiten, sondern der versucht ist allenthalben gleichwie wir, doch ohne Sünde.
Mitleiden ist die nöthige Eigenschaft eines Hohenpriesters, denn Paulus sagt Hebr. 5,1,2,: ein jeglicher Hoherpriester, der aus den Menschen genommen wird, der wird gesetzt für die Menschen gegen Gott, auf daß er opfere Gaben und Opfer für die Sünden, der da könnte mitleiden über die da unwissend sind und irren, nachdem er auch selbst umgeben ist mit Schwachheit. Wer kein Mitleiden hat, taugt auch nicht zum Opfern. Die Menschen, für die er mit Gott handeln sollte, würden ihn zu einem strengen Eifer reizen, folglich unwillig machen, für ihre Sünden dem großen Gott noch Gaben und Opfer darzubringen. Wenn man noch dabei bedenkt, daß der Hohepriester bei diesem Opfern eine schwere Arbeit übernehme, ja daß er gar, wie Christus gethan hat, sein Blut und Leben aufopfere, so wird sehr klar, daß ein großes Mitleiden zur Verwaltung des Hohepriesterthums nöthig sei. Dieses hatte aber der HErr Jesus im höchsten Grad. Er konnte Mitleiden haben mit unserer Schwachheit. In den Büchern des Neuen Testaments wird die Sünde nie Schwachheit genannt; ja das Wort Schwachheit hat eine so unschuldige Bedeutung, daß Paulus 2 Kor. 12,9.10. schreiben konnte: er rühme sich seiner Schwachheit. Schwachheit ist die Reizbarkeit der menschlichen Natur in Ansehung aller Dinge, die ihr vorkommen, oder auf sie andringen. Wenn man Schmerzen fühlt, wenn man betrübt wird, wenn man die Last der Armuth, die Grobheit und den Haß der Menschen, die Kräfte der Finsterniß, den Druck aller Elemente, das Grauen vor dem Tod und Anderes empfindet, so ist man schwach; und in diesem Verstand sagte Christus am Oelberg zu Seinen Jüngern: der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach, und Paulus 2 Kor. 13,4.: Christus sei in der Schwachheit gekreuzigt worden. Er wurde nämlich allenthalben versucht. Er fühlte in Sich selber, wie so viele Dinge auf die menschliche Natur andringen und wie empfindlich sie gegen Alles sei. In der Wüste zeigte Ihm der Teufel das Angenehmste und Prächtigste, und am Oelberg und am Kreuz fühlte Er das Schrecklichste und Bitterste; allein Sein ganzes Leben war eine stete Versuchung, wobei Er erfuhr, was die menschliche Natur für ein Gefühl von Allem habe. Allein Er blieb dabei heilig, unschuldig und unbefleckt, oder mit einem Wort ohne Sünde. Er wurde also nie von Seiner eigenen Lust gereizt und gelockt, weil dieses Sünde gewesen wäre. Die Empfindung der Versuchungen, die von außen auf Ihn andrangen, bewegten Ihn nie zum Weichen oder Nachgeben. Nie wurde Seine heilige Seele auch nur durch die geringste Neigung zum Sündigen befleckt. Wenn Er aber nun andere Menschen um Sich herum sah, die ähnlichen Versuchungen ausgesetzt waren, und doch die Geistesstärke nicht hatten, die Er hatte, so konnte Er Mitleiden mit ihnen haben und nach dem Willen Seines Vaters, der Ihn nicht in die Welt gesandt hatte, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch Ihn selig würde, als Hohepriester Sich selbst für ihre Sünden opfern. Diesen Seinen milden hohepriesterlichen Sinn hat Er noch; weßwegen wir thun sollen, was Hebr. 4,16. geschrieben steht.(Magnus Friedrich Roos)

Heb 4:16 Darum laßt uns hinzutreten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl, auf daß wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden auf die Zeit, wenn uns Hilfe not sein wird.1)
Der Apostel redet weiter von der Sabbathsruhe, die dem Glaubensvolke Gottes verheißen ist und noch bevorsteht, die vorgebildet war durch die Ruhe Gottes am siebenten Tage von seinen Werken und mit dem Gelangen zum Besitz Canaans durch Jesum nicht völlig erfüllt worden war, und ermahnt, sie ja nicht zu versäumen, wie die Ungläubigen thun. Das Wort dieser Verheißung sei wie jede Offenbarung Gottes, 1) ein scharf schneidendes, das Innerste richtendes Gotteswort. Damit bezeichnet er, was noch immer die heilige Schrift jedem Christen sein soll, nämlich sein kräftiges Leben; denn das Wort Gottes heißt nicht nur lebendig, weil es in den Herzen Derer, die es aufnehmen, Leben zu Gott und in Gott hervorbringt, sondern es ist selbst lebendig, es hat selber in sich Leben und ruht nicht eher, bis es die Kerker aller Völker durchbrochen hat und alle Knie sich vor Christo beugen. 2) ein zweischneidiges Schwert, indem es das trotzige und verzagte Herz des Menschen aufdeckt, einen Feuerbrand in dasselbe hineinwirft und die Seele auf die Folter der Bußqual legt, mit ihr zu Bette geht, mit ihr aufsteht und sie nicht eher losläßt, bis sie gefunden hat, was ihr nütze sein soll zur Lehre oder Strafe, zur Bekehrung oder Erziehung in der Gerechtigkeit. 3) ein Richter über alle Zustände des innern Menschen; es richtet, die da schlafen mitten unter den Wachenden, es richtet, die weder warm noch kalt sind; es richtet die Ungläubigen; es richtet alle Menschen, die sich nicht selbst richten mögen. O Herr, laß Dein Wort auch in meinem Hause und Herzen leuchten wie des Himmels Glanz und laß es ein Feuer werden, um das sich alle sammeln, um das todte Herz zu erwärmen an Deiner Liebe, und laß Deine Gnade walten über aller Seelen, die Dich suchen, Dich finden, Dich halten als den Weg, die Wahrheit und das Leben. Erhalt uns in der Wahrheit, gieb ewigliche Freiheit, zu preisen Deinen Namen durch Jesum Christum. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Diese Aufmunterung wird aus dem Hohenpriesterthum Jesu Christi hergeleitet. Der Apostel sagt nämlich V. 5.: wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte Mitleiden haben mit unserer Schwachheit, sondern der versucht ist allenthalben, gleichwie wir, doch ohne Sünde; darum lasset uns hinzutreten mit Freimüthigkeit zu dem Thron der Gnade. Der Hohepriester hat nämlich ein Opfer für uns geopfert, das ewiglich gilt; auch lebet Er immerdar und bittet für uns. Seine Fürbitte aber ist auf unsere Schwachheit und auf unsere Versuchungen eingerichtet. Er kennt unsere Schwachheit nicht nur als Gott, sondern auch als Mensch aus der Erfahrung, denn er ist allenthalben gleichwie wir vom Satan und von der Welt versucht worden; auch haben Ihn nach dem Willen Seines himmlischen Vaters alle beschwerlichen Umstände des menschlichen Lebens betroffen. Er ist freilich nie von Seiner eigenen Lust gereizt und gelockt worden, weil Er eine heilige menschliche natur hatte, auch ist Er bei den Versuchungen, die von außen her auf Ihn drangen, unschuldig und unbefleckt geblieben; doch weiß Er, wie empfindsam und wie schwach die menschliche Natur sei, und wie weh Alles thue, das auf sie dringt. Daraus ist denn im Stand Seiner Erniedrigung ein empfindliches Mitleiden gegen uns entstanden, welches ihm zuweilen Thränen ausgepreßt hat; aber auch im Stand der Herrlichkeit ist ein liebreiches Mitleiden, doch ohne Leiden, in Ihm. Er erinnert Sich Seiner ehemaligen Versuchungen; Er weiß, was für ein Gemächt wir sind, Er denkt daran, daß wir Staub sind. Seine Fürbitte ist also eine barmherzige und mitleidige Fürbitte, und bezieht sich auf unsere Schwachheit. Um Seinetwillen ist der Thron der Majestät im Himmel, auf dem Er selber sitzt (Hebr. 8,1.)=, ein Thron der Gnade, weil immer die Begnadigung Vieler auf demselben geschieht, und von demselben reiche und tägliche Gnadenerweisungen ausgehen. Wir schwachen Leute dürfen uns nun unsere dem HErrn Jesu wohl bekannte Schwachheit nicht zurückschrecken lassen, sondern gläubig betend hinzutreten zu dem Gnadenthron und zwar nicht einmal mit einer blöden Schüchternheit, sondern mit der Freimüthigkeit, die Hebr. 10,22. beschrieben wird, und sich nicht auf unsere eigene Unschuld, Gerechtigkeit und Stärke, sondern auf das Opfer und die Fürbitte des mitleidigen Hohenpriesters Jesu gründet, und wenn wir so hinzutreten, so werden wir anstatt der Strenge Barmherzigkeit finden, und anstatt des Fluchs Gnade finden, auf die Zeit, da uns Hülfe noth sein wird. Diese Zeit ist nun freilich immerdar. Die ganze Frist vor meinem Tod erfordert eine aneinander hängende göttliche Hülfe. Zuweilen entstehen aber Nöthen und Gefahren, da auch eine besondere Hülfe nöthig ist. Bei dem Sterben fällt diese Nothwendigkeit einem Jeden in die Augen. So will ich denn das freimüthige Hinzutreten zu dem Gnadenthron auch heute und täglich üben; der HErr Jesus aber wird mir’s an rechtgelegener Hülfe nie mangeln lassen. Ihm sei Lob und Dank gesagt!(Magnus Friedrich Roos)


Wenn wir Gelegenheit haben, lautere Jünger Christi kennenzulernen, wenn wir in ihr Gebetsleben einen Einblick gewinnen, so gelangen wir zu der Erkenntnis, dass solche Beter um so freudiger werden, je anhaltender sie beten. Inbrunst und Kraft des Geistes nehmen zu, indem wir kindlich beten. Unterbrechungen hemmen den Geistesstrom. Je weniger einer betet, desto mehr nimmt der Zug und Trieb zum Gebet ab, endlich sinkt es zur bloßen Form herab. Bete, bete immer wieder, rede herzlich mit deinem Gott, so wird Beten deine Freude und Wonne werden. Die Offenbarung Gottes in uns während des Betens bringt es mit sich, dass die Freudigkeit nicht ab- sondern zunimmt. Weil wir damit die Gemeinschaft mit Gott pflegen, erfahren wir Seine erwärmende, freudig machende Liebe. Der Umgang mit dem liebsten Freunde, mit Jesus Christus, wird zur unentbehrlichen Seligkeit. Die Nähe Jesu macht das Herz immer weiter, daraus fließt immer neue Gebetsfreudigkeit. Ewige Anbetung Gottes ist der höchste Genuss. Je mehr wir darüber nachdenken, was alles verhindert wird durch das Gebet ohne Unterlass, desto stärker wird das Verlangen nach diesem Seelenzustand. Die Sünde kann nie eine Macht werden, wo ohne Unterlass gebetet wird. Und wenn Menschen wider einen solchen Beter aufstehen, so können sie ihn nicht überwinden; sie müssen mit all ihrer List zuschanden werden, weil ihn eine feurige Mauer umgibt. Auch kann Satan mit seinen Lockungen und Versuchungen nicht aufkommen. Gott ist mit dem Beter, wer will wider ihn etwas ausrichten? (Markus Hauser)


Hebräer 4. Vier Dinge hält uns der Apostel in diesem Kapitel vor Augen, die uns zu dem Sabbat der Seele führen und darin erhalten:
1. Der Glaube. „Denn wir, die wir glauben, gehen in die Ruhe (V. 2). Wir gehen hinein, immer tiefer hinein. Jeder Glaubensschritt wird zugleich ein Schritt in die Ruhe. Wie wir den Herrn haben zwischen uns und unsere Sünden treten lassen und so die Ruhe des Gewissens gefunden haben, so lassen wir ihn auch zwischen uns und unsre Schwierigkeiten treten und finden so die Ruhe des Herzens. Alles muß aus unsern Händen kommen und an ihn übergehen. über alle Dinge muß die Herrschaft auf seine Schulter kommen, dann hat die „Mehrung des Friedens kein Ende“ (Jes. 6, 7). Alles müssen wir aus ihm heraus und für ihn tun - auch die geringste Arbeit. Unsre Arbeit ist für Gott, und unsre Ruhe ist für Gott. In 2. Mose 35, 2 lesen wir, daß der siebente Tag sein soll „ein Sabbat der Ruhe dem Jehova“. Für alles muß , unser Motto sein: „Alles meinem Gott zu Ehren!“ Das hebt all unser Tun höher und bringt auf alles einen göttlichen Hauch und ein göttliches Siegel und macht unser ganzes Leben, Arbeiten und Ruhen, Essen und Trinken zu einem großen Gottesdienst (1. Kor. 10.31). Wir tun alles aus der Ruhe heraus, die wir haben in Gott, und tragen diese Ruhe hinein in unsre ruhelose Umgebung. So bringen wir unsern Mitmenschen den Segen des Evangeliums und den Sieg des Glaubens in der deutlichsten und überzeugendsten Weise. Weil wir alles in seiner Hand wissen, bewahren wir in allen Situationen die Ruhe und das Gleichgewicht der Seele. Wo andre die Fassung verlieren und sich Blößen geben, können wir königlich handeln. Wir sind Könige und können darum auch Priester sein. Die göttliche Reihenfolge ist: erst Könige, dann Priester (Offb.1, 5) - und nicht umgekehrt. Mancher Hausvater kann nicht Hauspriester sein, weil er nicht königlich durchzugehen versteht, sich ärgert, sich vergibt, nicht über den Übungen des täglichen Lebens steht, darum ist sein Priesteramt unmöglich; es fehlt ihm die Autorität, die nötig ist, um vor seiner Familie die Bibel zu lesen und seine Hände zu Gott aufzuheben.
2. Die Ruhe von den eigenen Werken ist ein Weiteres, das uns zur Sabbatruhe führt (V. 10):
a) Gott gegenüber. Mehr als tausend Jahre hat Gott dieser Lektion von „Seiner Ruhe“ bei seinem Volk repetiert; aber Israel hat diese Lektion nicht gelernt. Einmal sind sie ihrem Gott vorausgeeilt, und ein andermal sind sie hinter ihm zurückgeblieben. Sie konnten nicht Schritt halten mit ihm, darum hat Gott es aufgegeben, sie zu seiner Ruhe zu bringen. Und solange auch wir diese Lektion nicht gelernt haben, ist keine Disposition in uns für eine weitere. Gott kann uns nicht weiterführen.
b) Dem Feind gegenüber. Alles, was wir zurückbehalten, behalten wir nicht zurück für uns sondern für den Feind. Da hinein setzt sich der Feind. Was du dir zurückbehalten hast als Freude, das wird früher oder später in der Hand des Feindes eine Waffe, mit welcher er dich quält und dir Niederlagen bereitet. Denn „im Suchen für sich“ und „im Fürchten für sich“ liegen alle Fallstricke des Feindes.
c) Dem Menschen gegenüber. Solange die Menschen merken, daß du eine Same in deiner Hand hast, macht es ihnen fast Freude, mit dir zu streiten und dich deswegen zu beunruhigen. Sobald sie aber merken, daß du es aus deiner Hand in die Hand Gottes gegeben hast, lassen sie dich in Ruhe; denn sie fürchten sich, weil sie fühlen, daß sie es nicht mehr mit dir, sondern mit Gott zu tun haben.
3. Das scheidende und richtende Wort (V. 12, 13), das Gedanken und Gesinnungen des Herzens ins Licht des Angesichtes Gottes hineinstellt, bis alles geradegelegt und geschieden ist bis hinein ins Seelen- und Geistesleben, ist ein Drittes auf dem Weg zur Ruhe in Gott.
4. Jesus selbst, der große und barmherzige Hohepriester (V. 14-16), der wie Joseph auf den Thron gekommen ist, um seinen Brüdern zu helfen und ihre Sache zu führen. (Christlieb)

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