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Philipper, Kapitel 3

Philipper, Kapitel 3

3:1 Weiter, liebe Brüder, freuet euch in dem HERRN! Daß ich euch immer einerlei schreibe, verdrießt mich nicht und macht euch desto gewisser.

3:2 Sehet auf die Hunde, sehet auf die bösen Arbeiter, sehet auf die Zerschneidung!

3:3 Denn wir sind die Beschneidung, die wir Gott im Geiste dienen und rühmen uns von Christo Jesu und verlassen uns nicht auf Fleisch,

3:4 wiewohl ich auch habe, daß ich mich Fleisches rühmen könnte. So ein anderer sich dünken läßt, er könnte sich Fleisches rühmen, ich könnte es viel mehr:

3:5 der ich am achten Tag beschnitten bin, einer aus dem Volk von Israel, des Geschlechts Benjamin, ein Hebräer von Hebräern und nach dem Gesetz ein Pharisäer,

3:6 nach dem Eifer ein Verfolger der Gemeinde, nach der Gerechtigkeit im Gesetz gewesen unsträflich.

3:7 Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden geachtet.
Der Apostel Paulus war ein gelehrter Mann, ein hochangesehener Mann vor seiner Bekehrung, der großen Einfluß hatte, und wo er hinkam, als etwas Bedeutendes galt. Das konnte er in seinem natürlichen Stand für einen Gewinn halten, für einen Vorzug, für einen Reichtum; aber jetzt im neuen Stand dünkts ihm alles nur Schaden zu seyn. So weit er nemlich sich daran halten, und darauf hinsehen wollte, als wäre es etwas, so weit war es ihm innerlich ein Schaden, weil es ihn kitzelte und mit Eigenliebe erfüllte, auch sein Anderes von Gott verderbte. Denken wir's uns nur so, daß der Theil des Herzens und Geistes, der von solchen Dingen angefüllt ist und sich einnehmen laßt, der göttlichen Durchleuchtung entbehrt. Wenn ich in einen Schrank viel Gold thun will, und fülle es zur Hälfte mit Blei, so bringe ich nur noch für die Hälfte des Raumes Gold hinein. Der Schrank wird bald voll; und das übrige Gold, das hinein sollte, hat nicht Platz, muß also draußen bleiben. So kann viel Gold des Geistes in Mancher Herz nicht hinein, weil viel andrer Wust drin liegt, vor dem es nicht Platz hat, oder mit dem sich's nicht verschmelzen kann. Also ist dieser Wust, wie man alles, was nicht von Gott kommt und zu Gott führt, nennen kann, ein Schaden und kein Gewinn, besonders wenn derselbe noch der Art ist, daß er die Anschauungen des Geistes verdreht oder verkehrt. Alles, was in dieser Welt groß und reich macht, und hoch, ist, wenn man ihm unrechten Wert beilegt, ein Schaden, weil es gewisse Räume des Herzens ausfüllt, die mit göttlichen Schatzen ausgefüllt seyn sollten. Das hat Paulus gemerkt, weswegen er alles wegwarf, um lauter göttliche Schätze in sein Herz zu bekommen, wodurch allein er der rechte Apostel geworden ist, der er war.
Wollen wir denn auch auspumpen und auswerfen, sofern wir wenigstens den Sachen nicht mehr die große Bedeutung beilegen, welche die Welt ihnen giebt, bis nichts Fremdes mehr da ist, damit nachrücken kann die göttliche Gnade und der göttliche Reichtum. Wir können alle Tage reicher werden, wenn wir nur recht wegwerfen, weil dafür immer mehr Göttliches in uns kommt.
Der HErr gebe, daß wir's klüglich zu machen wissen, wie es unser wahrhaftiges Wohl erfordert. (Christoph Blumhardt)

3:8 Ja, ich achte es noch alles für Schaden gegen die überschwengliche Erkenntnis Christi Jesu, meines HERRN, um welches willen ich alles habe für Schaden gerechnet, und achte es für Kot, auf daß ich Christum gewinne
Der Stolz, welcher ein namhafter Theil der Erbsünde ist, bringt es immer mit sich, daß der Mensch den Grund seiner Zufriedenheit gern in sich selbst sucht, und seine eigene Gerechtigkeit vor Gott aufrichten will. Es geschieht aber dieses unter mancherlei Formen, je nachdem der Mensch eine Auferziehung gehabt hat. Ein Jude beruft sich auf seine Abstammung von Abraham, dem Patriarchen, auf seine Beschneidung, und auf die Haltung des Ceremonialgesetzes: ein Christ aber gemeiniglich auf seine Tugend, Wissenschaft und rühmlichen Werke. Es mag aber nun ein Mensch aufbringen, was er will, so ist’s nicht Christus Jesus, welcher uns von Gott zur Weisheit, und zur Gerechtigkeit, und zur Heiligung, und zur Erlösung gemacht ist. Es ist nicht der Gehorsam, den Christus Seinem Vater als unser Stellvertreter geleistet hat, es ist nicht Sein Leiden, Sein Tod, Seine Auferweckung, Seine Fürsprache bei dem Vater. Wer Trost finden, wer vor Gott bestehen, wer selig werden will, muß auf Christum Jesum sehen, und auf Ihn sein Vertrauen setzen. Es ist der unwiderrufliche Rathschluß des Vaters, daß kein Mensch vor Ihm gerecht sein könne, als in Seinem Sohn, und Niemand zu Ihm nahen dürfe, als durch Seinen Sohn, und daß auch Niemand die wahre Heiligung und endlich der Seelen Seligkeit erlangen könne, als durch diesen Seinen Sohn. Der Heilige Geist lehre uns dieses aus dem Evangelio gründlich und klar erkennen, und zwar so, daß diese Erkenntniß in uns überschwänglich werde, oder unsere Herzen kräftig neige, und von alle falschen Gerechtigkeit so abziehe, daß wir dieselbe sogar für einen Schaden achten, wenn wir nämlich einsehen, daß wir dadurch zu unserm ewigen Schaden betrogen werden könnten. Wie arm, wie bloß muß eine Seele sein, wenn sie Christum Jesum erkennen, und an Ihn glauben soll, weil sie Alles, was nicht Er selber ist, fahren lassen, ja für Schaden achten soll! Daß dieses nicht ohne innerliche Schmerzen geschehe, ist leichtlich zu erachten, allein der Gewinn, den man durch den Glauben erlangt, ersetzt Alles. Ich soll Christum Jesum als meinen HErrn erkennen; ich soll Ihn gewinnen; ich soll in Ihm erfunden werden, nicht habend meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz, sondern die durch den Glauben an Ihn kommt, nämlich die von Gott dem Glauben zugerechnet wird. So verliert man Alles, damit man Alles gewinne. So achtet man seinen alten Gewinn für Schaden, damit man durch den neuen Gewinn auf’s Beste berathen und auf die Ewigkeit hinein wohl versorgt werde. Viele zerstreuen sich in allerhand Wissenschaften, wenn aber ihre Sinnen nicht in der Einfältigkeit auf Christum oder in der überschwänglichen Erkenntniß Seiner zusammengefaßt werden, so haben sie keine Kraft und keinen Frieden in ihren Herzen, und gehen mit ihren Wissenschaften verloren. Die Erkenntniß Jesu entscheidet alle Religionsstreitigkeiten. Niemand hätte Paulo seine jüdischen Vorurtheile benehmen können, da er aber Christum durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes erkannte, so verschwanden sie. (Magnus Friedrich Roos)


Ich will kurtzum anders nichts sehen noch wissen, denn diesen CHristum, der soll mir ein solcher lieber werther SChatz seyn, daß ich um seinet willen mir nicht allein nichts anders will gefallen lassen, sondern auch für Dreck und Unrat halten. Der soll mir ein solches Licht und Morgenstern seyn, daß wenn ich ihn durch den Glauben ergriffen, und gefasset habe, ich nicht wissen, auch ungern darnach fragen will, ob in der gantzen Welt irgend ein Gesetz, einige Sünde, Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit mehr vorhanden sey. Denn wenn gleich alles auf einem Hauffen läge, was im Himmel und auf Erden ist, was wäre es doch gegen JEsu CHristo, GOttes Sohn, meinen lieben HErrn gerechnet, welcher mich also geliebet, und sich selbst für mich dargegeben hat? (Martin Luther)


Geistliche Erkenntnis Jesu Christi ist eine persönliche Erkenntnis. Ich kann den Herrn Jesum nicht durch einen andern kennen lernen, der Ihn kennt; nein, ich muss selber mit Ihm bekannt werden; ich muss Ihn von Angesicht und persönlich kennen lernen. Es muss eine bewusste Erkenntnis sein: ich muss Ihn erkennen, nicht wie der Träumende Ihn in seinen Träumen erblickt, sondern wie Ihn das Wort uns offenbaret. Ich muss seine beiden Naturen erkennen, seine menschliche und seine göttliche Natur. Ich muss seine Ämter erkennen, seine Eigenschaften, seine Werke, seine Schmach, seine Herrlichkeit. Ich muss über Ihn nachsinnen und forschen, bis dass „ich begreife mit allen Heiligen, welches da sei die Breite, und die Länge, und die Tiefe, und die Höhe, auch erkenne, dass Christum lieb haben viel besser ist, denn alles Wissen.“ Es muss eine liebende Erkenntnis Christi sein; denn wenn ich Ihn überhaupt erkannt habe, so muss ich Ihn lieb gewinnen. Ein Stäublein Herzens-Erkenntnis seines Wesens ist mehr wert als eine Schiffsladung voll Kopf-Wissenschaft. Unsre Erkenntnis seiner Person ist eine Erkenntnis, die alle unsre Wünsche befriedigt. Wenn ich meinen Heiland erkenne, so wird mein Gemüt erfüllt bis zum Rand, ich fühle, dass ich in Ihm das besitze, wonach meine Seele schmachtet. Er ist „das Brot Gottes, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. Er ist das Brot des Lebens, wer zu Ihm kommt, den wird nicht hungern.“ Zugleich ist‘s eine anregende Erkenntnis; je mehr ich meinen Freund erkenne, umso mehr möchte ich immer wieder von Ihm erfahren. Je höher ich steige, umso mehr sehnt sich mein Blick nach den Gipfeln, die über mein Haupt in die Wolken ragen, und umso mächtiger werden meine Schritte zur höchsten Höhe emporgezogen. Je mehr ich empfange, umso mehr möchte ich noch haben. Wie der Schatz des Geizigen, macht mich mein Gold nur immer goldgieriger. Diese Erkenntnis Jesu Christi ist eine über alles seligmachende Erkenntnis; wahrlich, so erhebend, dass sie mich manchmal weit über alle Trübsale und Zweifel und Leiden hinweghebt; denn sie umschlingt mich mit der Unsterblichkeit des ewig-lebendigen Heilandes, und umgürtet mich mit dem goldenen Gürtel seiner ewigen Freude. Komm, liebe Seele, setze dich zu Jesu Füßen, und lerne heute von Ihm. (Charles Haddon Spurgeon)

3:9 und in ihm erfunden werde, daß ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz, sondern die durch den Glauben an Christum kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird,

3:10 zu erkennen ihn und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden, daß ich seinem Tode ähnlich werde,1)
Die Lehre von einem auferstandenen Heiland ist ganz außerordentlich köstlich. Die Auferstehung ist der Eckstein des ganzen Gebäudes der Christenheit. Sie ist der Schlussstein im Tempel unsrer Seligkeit. Es würde ein Buch füllen, wollte man alle die Ströme lebendigen Wassers darlegen, die aus dieser einen heiligen Quelle fließen, aus der Auferstehung unsres teuern Herrn und Heilandes Jesu Christi; aber dass wir wissen: Er ist auferstanden, wir haben mit Ihm, dem Lebendigen, Gemeinschaft, wir werden unsres auferstandenen Heilandes teilhaftig in einem ewigen Leben, das uns geschenkt ist, wir sehen Ihn sein Grab verlassen, indem wir selber das Grab der Weltliebe verlassen: das ist noch viel köstlicher. Die Lehre ist die Grundlage der Erfahrung; gleichwie aber die Blüte lieblicher ist als die Wurzel, so ist die innere Erfahrung der Gemeinschaft mit dem auferstandenen Heiland lieblicher als die Lehre. Wie wollte ich so gern, ihr glaubtet so lebendig, dass Christus von den Toten auferstanden ist, dass ihr darüber jauchzen könntet und allen Trost darin fändet, der euch aus dieser sicheren und wohlbezeugten Tatsache zu schöpfen möglich ist; aber ich beschwöre euch, begnügt euch hiermit noch nicht. Obgleich ihr Ihn nicht, wie seine Jünger, lieblich sehen könnt, so trachtet dennoch danach, dass ihr Jesum Christum mit dem Auge des Glaubens schaut; und ob ihr Ihn gleich nicht, wie Maria Magdalena, „anrühren“ könnt, so dürft ihr dennoch seines Umgangs froh werden und erfahren, dass Er auferstanden ist; denn ihr seid in Ihm auferstanden zur Erneuerung eures Lebens. Wissen, dass ein gekreuzigter Heiland alle meine Sünden gekreuzigt hat, ist eine hohe Stufe der Erkenntnis; aber wissen, dass ein auferstandener Heiland mich gerecht gemacht hat, und dessen gewiss werden, dass Er mir ein neues Leben geschenkt hat und mich zu einer neuen Kreatur gemacht hat durch die erneuernde Kraft seines Lebens, das ist eine köstliche Erfahrung: wer weniger erlangt, sollte sich nimmermehr zufrieden geben. Möge euch beides geschenkt werden, „zu erkennen Ihn und die Kraft seiner Auferstehung.“ Das ist ein seliger Anfang eines neuen Tages und ein seliges Ende dazu, wenn wir es lebendig bewahren. Gott sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unseren Herrn Jesum Christum. (Charles Haddon Spurgeon)


Die Gemeinschaft Christi ist eine Gemeinschaft Seiner Leiden. Wer Sein Eigentum ist, weiß es, dass er als Hirte gestorben ist für seine Herde. Vergebung, Gerechtigkeit, Friede und ewiges Heil liegt in Jesu stellvertretendem Leiden. Und eben diese Beziehung zu Ihm bringt es mit sich, dass die Seinen auch mit Ihm leiden. Die Rettung der Welt ist nun auch Sache der Glieder Christi. Sie schicken sich an zum Tragen der großen Not; die Last der Seelen liegt auf ihnen, sie ringen um des vergossenen Blutes Christi willen darum, dass doch bald Satans Herrschaft auf Erden ein Ende gemacht und die Sünder zu Jesu Füßen gebracht werden möchten. Solange nicht Jesus Christus als König der Könige mit Seinen Verklärten herrscht und regiert, solange ist unsere Gemeinschaft mit Ihm eine Gemeinschaft Seiner Leiden. Je inniger eine Seele mit Christus verbunden ist, desto mehr nimmt sie teil an diesen Leiden. Das eben ist die rechte Gemeinschaft, dass wir Christi Sache zu der unsrigen machen und uns von Ihm zur Rettung und Beseligung der Verlorenen gebrauchen lassen. Diese Leidensarbeit ist wieder eine Ursache neuer Leiden. Jesus ist verkannt und gehasst worden. Sein reiner heiliger Wandel, Seine hingebende Liebe und Sein ausschließliches Suchen der Ehre des Vaters hat Ihm die Verachtung und den Spott der Welt zugezogen. Wer nun Seines Sinnes und Geistes ist, der wird um Jesu willen auch geschmäht, gehasst und verfolgt. Aber diese Leiden sind selige Trübsale, Leiden, die wahrhaft trösten und erquicken. (Markus Hauser)


Ist auch dein Verlangen auf ihn gerichtet? Es gibt ein „Christentum“, ein sogenanntes Christentum, wo man sich bei allem möglichen aufhält, in allem möglichen aufhält, in allem möglichen sich bewegt; aber Christus selbst spielt keine eigentliche Rolle im Leben. Und doch ist seine Erkenntnis das ewige Leben. Ihr wißt, daß, wenn man irgend etwas von der natürlichen Schöpfung genauer betrachtet, es etwa unter ein Mikroskop bringt, man immer neue Wunder entdeckt. Das ist mit den Dingen der unsichtbaren Welt noch ganz anders der Fall. Schärft der Heilige Geist das Auge, so entdeckt man in Christo immer neue Reichtümer, und dadurch wird das Herz näher zu ihm hingezogen, enger mit ihm verbunden.
„Zu erkennen ihn und die Kraft seiner Auferstehung.“ Ein herrliches Wort! Jeder arme Sünder, der wahrhaftig zum Glauben kommt, erfährt die Kraft der Auferstehung Christi. Die innere Freimachung von der Herrschaft der Sünde, die Auferstehung durch den Glauben aus dem Sündengrabe, in dem wir alle ohne Unterschied von Natur liegen, ist eine Wirkung der Auferstehungskraft Christi, der als der Auferstandene Israel Buße und Vergebung der Sünden aus Gnaden schenkt.
Aber das ist nur der Anfang. Wie Christus durch seine glorreiche Auferstehung als Sieger über alle seine Feinde aus dem Grabe hervorgegangen ist, wie er gen Himmel gefahren und sich zur Rechten der Kraft gesetzt hat und ihm nun alles untertan ist, alle Herrschaft und Gewalt und Obrigkeit in dieser und der zukünftigen Welt, so will er vermöge dieser seiner Kraft und Herrlichkeit alle seine Glieder nach sich ziehen in die Herrschaft. Vermöge seiner Auferstehung, deren Kraft durch den Glauben in den Herzen seiner Gläubigen sich wirksam erweist, sollen dieselben siegreich gemacht werden über alle Feinde von innen und von außen. Es liegen Überwindungskräfte, ungeahnte Überwindungskräfte in Christo, und wir können sie wahrnehmen an so manchem christlichen Helden, den wir anstaunen, wo wir aber vielleicht zu oft vergessen, daß dieselbe Kraft und Gnade jedem verheißen ist, der an Christum von Herzen glaubt.
Christuserkenntnis ist nicht allerlei kopfmäßiges Wissen über Christus, sondern Nachfolge, Lebens-, Leidens-, Sterbens-, Auferstehungs- und Herrlichkeitsgemeinschaft mit Christus. Weil Christuserkenntnis nur durch Nachfolge des Heilandes erlangt wird, darum strecken sich so wenige danach aus.
Der ganze Gang Christi durch diese Welt war ein Gang der Leiden. Der Gang des Kindes Gottes durch diese Welt nach der Stadt hin, deren Baumeister Gott ist, ist ein ähnlicher. Es ist berufen, mit Christo zu leiden, um dereinst mit ihm zu herrschen. Wurde Christus von der Welt ausgestoßen und gehaßt - seinen Jüngern kann es im Grunde nicht anders gehen. „Denn,“ sagt der Herr, „haben sie mich verfolgt - sie werden auch euch verfolgen.“ Auch sie können nicht anders, als unter dem Widerspruch der Sünder durch diese Welt gehen, wenn sie anders treu sind und ihren Herrn bekennen. Aber nicht nur dies; ihr Weg geht auch unter dem Widerspruch der Sünde, die in ihrem eigenen Herzen wohnt, die allerdings am Kreuze Christi ihr Urteil empfangen hat und gerichtet ist, die aber doch unter innern und äußern Anfechtungen, eben am Kreuze Christi und in der Kraft des Kreuzes Christi sterben soll. So leiden die Kinder Gottes nicht nur unter dem Anschauen der Sünde, die sie umgibt und die sie an andern sehen, sie leiden nicht nur darunter, daß ihr Herr und Meister in der Welt verachtet und gehaßt wird, daß seine Sache oft scheinbare Niederlagen erleidet, sie leiden auch darunter, daß sie selbst noch so wenig den Herrn verherrlichen, der sie erkauft hat.
Alle wahren Kinder Gottes wissen wohl, daß es nur durch Leiden zur Herrlichkeit geht; aber wird nicht aus ihrer aller Herzen mehr oder weniger die Klage laut werden, wie schwach noch der Kreuzessinn und die Leidensfreudigkeit ist, wie stark noch die Neigung, am Kreuze Christi vorbeizugehen? Wie ganz anders würden wir mit unserm Herrn über den Höhen der Erde schweben, wenn wir unser Leben mutiger in die Schanze schlügen, und wenn wir auch im feineren Sinn „die Schmach Christi für größeren Reichtum achteten als die Schätze Ägyptens“. Und doch, gerade die Gemeinschaft der Leiden Christi bringt eine besondere Herrlichkeit schon hienieden mit sich; denn der Geist der Herrlichkeit ruht auf denen, die um Christi willen leiden. Stärke uns der Herr den Glauben und mehre er den Sinn, der alles für Schaden achtet um der überschwenglichen Erkenntnis Christi willen, unseres Herrn! (Heinrich Neviandt)

3:11 damit ich gelange zur Auferstehung der Toten.
Der Apostel will nicht den Leiden und nicht dem Tode entgehen oder enthoben sein; er will vielmehr in der Gemeinschaft der Leiden Jesu stehen und Seinem Tode gleichgestaltet werden. Aus den Toten heraus möchte er auferstehen, gleichwie der Herr nicht bei den Toten als ein Toter blieb, sondern auferstanden ist. Mit Jesu sterben und mit Ihm leben will Paulus. Was willst du, Jünger des Herrn? „Ich will, wenn ich sterbe, nicht bei den Toten als ein Toter bleiben, ich will aus den Toten heraus auferstehen, will der Auferstehung teilhaftig werden.“ Der Tod ist der letzte Feind, der aufgehoben und abgetan wird. Die Vorauferstehung derer, welche in Jesus die Auferstehung erfassen, geht voran. Zuerst aber muss Jesus eine Schar Auferstandener um sich haben, damit der Bräutigam mit Seiner Braut den vernichtenden Schlag wie gegen das Heer der finsteren Tiefe so auch gegen den Tod führe. Ich möchte sagen, die Auferstehung ist das nächste Ziel der christlichen Hoffnung. Die gänzliche Vernichtung des Todes tritt dann in Sicht. Erst wenn der Tod abgetan sein wird, können Engel und Menschen ausrufen: Es ist alles neu geworden! Freuen wir uns, Jesus, der Todesüberwinder, wird den Tod aus der Welt schaffen. Zuerst entreißt Er die Seinen dem Tode, erweist sich als ihr Leben, als ihre Auferstehung; alsdann besiegt Er den Tod gänzlich, bis seine grauenvollen Spuren auf allen Gebieten verschwunden sein werden. Das Leben triumphiert, der Tod nimmt ein Ende, das Leben bleibt ewig. (Markus Hauser)


Nicht Wertloses hielt Paulus für Spreu, sondern das, was ihn früher als höchsten Wert kräftig bewegte und ihn zum Eiferer machte, weil seine ganze Seele daran hing. Nicht Gottlosigkeit vergleicht er mit seinem Christenstand, sondern seine Frömmigkeit stellt er neben das, was er an Jesus sah. Er hatte in seinem früheren Leben Sünde, aber auch aufrichtigen, willensstarken Gottesdienst und beides war untrennbar miteinander verwachsen. Darum verzichtet er jetzt auf alles, was er einst war, und richtet nicht nur reuig seine damalige Feindschaft gegen Jesus, sondern vergräbt seinen ganzen früheren Gottesdienst. So groß wurde für ihn Jesus, so neu und herrlich Gottes Offenbarung in ihm. Durch seinen neuen Weg bekam er nicht viele Ziele, sondern nur eines, das, dass er Christus kennen lerne. Neben diesem Verlangen erstarb in ihm jedes andere Begehren. Man kennt ihn an dem, was er tut. Wenn Paulus von der Erkenntnis Jesu sprach, so dachte er nicht an Theorien über Christus. Er hat seine Frömmigkeit, die ihn zum Täter des Gesetzes machte, nicht deshalb weggeworfen, um ein theologischer Spekulant zu werden. Sein Christus war kein Gegenstand für unsere Theoriebildung, sondern der regierende Herr, der dadurch erkannt wird, dass er seine Herrschaft über und zur Vollendung bringt. Aber auch nicht einzig daran hat Paulus bei seinem Verlangen gedacht, dass Christus die Herrlichkeit des ewigen Lebens hat und gibt, sondern er sah auch in seinem Kreuz einen noch nicht ausgeschöpften Segensquell. Auch dieses hat eine Tiefe in sich, in die Paulus noch nicht eingedrungen ist, weil er noch nicht die ganze Macht des Kreuzes Christi Jesu an sich selber und am Weltbestand vor Augen hat. Der Sünde abgestorben sein, die Unterstellung des Fleisches unter das es beseitigende Urteil Gottes, für die Welt gekreuzigt sein, das waren Worte, die höher waren als der heutige Tag und größer als unsere Erfahrung. Sie sprachen von dem, was die Fülle der göttlichen Gnade zum Ziele Gottes macht. Über dem Sterben erscheint aber an Jesus der Glanz des Lebens; und was es bedeutet, dass er auferstanden ist, und wie er uns die Auferstehung bereitet, das enthüllt erst der kommende Tag. Daher hatte Paulus kein anderes Anliegen als das, dass Christus sich ihm so zeige, wie er in der Macht seines Kreuzes und in der Herrlichkeit seines Lebens Gottes Willen vollbringt.
Was Du, Herr Jesus Christus, uns gabst, ist das Himmelreich mit allen seinen Gütern und Gaben. Wir haben aber das Ganze und Ewige noch nicht in unserer Erfahrung vor unseren Augen. Wir spüren die richtende Macht Deines Todes und danken Dir dafür, tragen aber noch das Bild des irdenen Menschen. Wir spüren die Leben schaffende Kraft Deiner Auferstehung; denn sie gibt uns die lebendige Hoffnung und wir danken Dir dafür. Aber wir stehen noch in der Knechtschaft der Vergänglichkeit. Führe uns, o Jesus, ein in Dein vollendetes Reich. Amen.(Adolf Schlatter)
Was dem Paulus in seinem pharisäischen Zustand ein Gewinn war, achtete er hernach für Schaden um eines höhern Gewinns willen. Als ein echter beschnittener Jude, als ein unsträfliche Pharisäer und Eiferer wider die christliche Religion gefiel er sich, und hatte Gunst bei den Obersten der Juden: diese Selbstgefälligkeit aber, und die dadurch aufgerichtete eigene Gerechtigkeit, wie auch die Gunst der jüdischen Obersten achtete er für Schaden, auf daß er Christum gewinnen möchte. So wird Vieles, das man sonst für recht oder doch für gleichgiltig hält, als Schaden erkannt, wenn man Christum dagegen hält, den man gewinnen soll. Als Mensch und als Bürger kann man Vieles unbestraft thun, das man als ein Christ, der einen höhern Zweck hat, nicht thun darf. Derjenige gewinnt Christum, der von Herzen sagen kann: Er ist mein. Paulus redet hernach besonders von der Gerechtigkeit Christi, die demjenigen, der in Christo ist, zugerechnet wird: und fürwahr, wenn man Christum gewinnt, so gewinnt man auch als ein Glaubiger, der in Ihm erfunden wird, Seine Gerechtigkeit. Er redet hernach ferner von der Erkenntniß Christi, die er noch völliger zu erreichen wünsche, und sagt, er begehre, die Kraft Seiner Darstellung oder Seines Auftritts in der Welt zu erkennen, und die Gemeinschaft Seiner Leiden, nach welcher ein glaubiger Christi bei Allem, was er leidet, dafür halten darf, er leide es mit Christo; und dabei verlange er, Seine Tode ähnlich zu werden: wie aber? So daß er dafür halten könne, er sei mit Christo gestorben, wie er anderswo ausführlich lehret. Christus wurde im Augenblick Seines Todes der Sündenlast, die auf Ihm lag, los, auch hörte Er auf, den Fluch des Gesetzes zu tragen, und trat in ein neues Verhältniß gegen alle Dinge ein. Derjenige wird also dem Tod Jesu ähnlich, der von der Sünde frei und vom Gesetz los wird, und überdieß sagen kann: von nun an kenne ich Niemand nach dem Fleisch; ich bin in Christo eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, es ist Alles in Ansehung meiner neu worden, 2 Kor. 5,16.17. Es ist ganz begreiflich, daß auch ein Apostel, zu geschweigen ein geringerer Christ, an dieser Aehnlichkeit mit dem Tod Jesu bis zu seinem eigenen Tod, der auch dazu gehört, hat wachsen können. Je mehr man aber darin wächst, desto völliger erreicht man die Auferstehung der Todten, oder den Zustand eines Gerechten, der von den Todten auferstanden ist, und nun allein für Gott und im Geist lebt. Christus ist der Erstling unter denen gewesen, die zum ewigen Leben auferstehen, weßwegen Paulus Röm. 6. die Gemeinschaft oder Aehnlichkeit mit Seinem Tod und die Gemeinschaft mit Seiner Auferstehung mit einander verbindet, und auch von dieser sagt, daß man sie schon jetzt durch den Glauben in gewissem Maße erlange, und als ein Mensch, der aus den Todten lebendig worden, Gott in Christo Jesu lebe, Röm. 6,4.5.8.11.13. Eph. 2,5.6. Nun dieses Alles wünsche ich auch durch die Wirkung des Heiligen Geistes immer mehr zu erreichen. Gott helfe dazu! (Magnus Friedrich Roos)

3:12 Nicht, daß ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's auch ergreifen möchte, nachdem ich von Christo Jesu ergriffen bin.
Als Jesus seinen Verfolger rief, begann Paulus einen Lauf, für den er seine ganze Kraft verwendete. Sein Lauf hat ihn weit bis nach Rom geführt, aber auch dort noch nicht an das Ziel gebracht. Er dachte bei diesem Urteil nicht nur an seine Arbeit, dass sie weit hinter dem zurückblieb, was seine Liebe begehrte, sondern auch an seinen eigenen Christenstand. Sein eigener Anteil an der Gnade Jesu war auch jetzt noch am Ende seines Lebens das Ziel, nach dem er sich mit allem, was er ist und kann, verlangend streckt. Denn er hing seine Arbeit nicht nur von außen an sein Christenleben an, als bliebe sie innerlich seinem eigensten Wollen fremd. Sein Werk war ganz eins mit Ihm. Unvollendete Arbeit ist unvollendetes Leben. Ist sein Dienst noch nicht ans Ziel gelangt, so heißt das, er selbst ist noch nicht am Ziel. Es gab für Paulus keinen vollendeten Besitz des Heils, ohne dass der Dienst vollendet wird. Damit gab er die Haltung des Glaubenden nicht auf, im Gegenteil, weil er der Glaubende ist, denkt er so, strebt er so, läuft er so, als der, der noch nicht fertig ist. Denn als Glaubender hat er sein Leben in die Hand seines Herrn gelegt und nicht in sich selbst gesucht. Darum bedarf er zum Eingang in sein Reich das Urteil des Herrn über seinen Dienst und dieses steht noch vor ihm und hängt von der Vollendung seines Werkes ab. Es reicht nicht aus, dass er einst den Glauben gehabt hat. Jetzt muss er ihn haben und morgen und er kann ihn nicht haben, wenn er seinen Lauf einstellt und seinen Dienst preisgibt. Er rechnete darauf, dass sein Verhalten der Christenheit seltsam scheine und unverständlich bleibe. Die entgegengesetzte Betrachtung des Lebens liegt uns so nah. Indem wir zum Glauben gelangten, ist unser Verhältnis zu Gott geklärt und befestigt. Was fehlt uns noch? Es gibt darum für viele nur einen hellen Tag in ihrem Leben, den, an dem sie bekehrt wurden; davon zehren sie ihr Leben lang. Deshalb vermuten sie, Paulus rede hier von seiner Sündhaftigkeit. Wie könnte er noch unfertig sein, wenn ihn nicht seine Sünden demütigten? Wäre er sündlos geworden, so verweilte er statt und ruhig bei sich selbst. So sprechen aber nur die, die nicht wissen, was Glaube ist. Sie bewegen sich freilich nur dann, wenn die Pein und der Fluch der Sünde sie aufscheucht. Paulus aber sah auf den Reichtum Jesu, der alles überragt, was Paulus erlebt und erreicht hat, sah auf Gottes Ziel, das hoch über dem steht, was er im Gehorsam seines treuen Dienstes vollbracht hat. Darum blieb er der, der nicht ruhte, sondern lief, und nicht in sich, sondern vor sich den Grund seines Heils und Lebens sah.
O Vater, Du kannst uns bewegen, dass wir vergessen, was hinter uns liegt, und uns dorthin wenden, wohin Dein Ruf uns leitet und Deine Verheißung uns zieht, weil dort Deine Herrlichkeit leuchtet und Dein Wille herrscht. Amen.(Adolf Schlatter)


In dies Bekenntniß des Apostels müssen wohl Alle mit einstimmen, die von der Herrlichkeit Christi durchdrungen sind und ihm ähnlich zu werden streben. Wir sollen wachsen an Gnade und Weisheit bei Gott und den Menschen. Das können wir aber nur bei dem lebhaften, allezeit regen Eifer, unser ganzes Verhalten dem Willen Gottes und dem Vorbild Jesu gemäß einzurichten. Es ist nicht genug, wenn wir zu gewissen Zeiten, an heiligen Tagen und Orten unser Herz zu Gott erheben, wenn wir uns bei besonderen Veranlassungen die Gebote Gottes vergegenwärtigen. Wir müssen vielmehr davon reden, wie Moses sagt (5. Buch, 6, 7), wenn wir im Hause sitzen, oder auf dem Wege wandeln, wenn wir uns niederlegen oder aufstehen. Wir müssen den Herrn immer vor Augen und im Herzen tragen, alle seine Rechte und Gebote halten, Alles thun in steter Beziehung auf Ihn. Wohl empören sich oft unsere Neigungen wider Gottes Gebote; leicht bethören uns die unordentlichen Lüste unseres Herzens; bald berücket uns der Glanz der Welt und die lockende Stimme der Verführung. Wie wollen wir dem Allen widerstehen, uns gegen den Betrug der Sinne verwahren, vor der Gewalt der Leidenschaft uns schützen, wenn uns nicht allezeit des Höchsten Wille vor Augen sieht, wenn das Gefühl unseres christlichen Berufs nicht immer rege in uns ist?
Wenn wir in die Sünde willigten und vom Wege der Gottseligkeit wichen, so ging allezeit ein leichtsinniges Vergessen der Gebote Gottes oder ein absichtliches Wegwenden von Christo, dem Herzog unserer Seligkeit, vorher. „Wer mich liebet,“ spricht Christus, „der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.“ Joh. 14, 23. Es ist unmöglich, daß wir Uebels thun, wenn wir uns in der Nähe des Ewigen, von seiner Heiligkeit umleuchtet, von seinem Auge durchforscht wissen. Es ist unmöglich, daß wir uns zum Bösen herabwürdigen und mit den Gottlosen in Gemeinschaft treten, wenn wir unseres erhabenen Christenberufes eingedenk sind und nie vergessen, wie theuer wir erkauft sind. Unauflöslich ist das Band, welches Gott zwischen Gerechtigkeit und Frieden, zwischen Frömmigkeit und Freude in dem heiligen Geist geknüpft hat. So sichert uns denn auch der Aufblick zum Herrn vor Unmäßigkeit und Völlerei, vor Mißbrauch unserer Kräfte, vor Vergeudung der Zeit, vor dem Taumel der Leidenschaft. Er macht uns ernst, besonnen, vorsichtig und bedachtsam. Jeder Genuß verknüpft sich mit dem dankbaren Andenken an Gott, und wird dadurch erhöhet, veredelt und geheiligt. So lehre mich auch heute das Gute genießen, was du verleihen wirst, mein Gott, und laß mich stets deiner Gebote und meiner ewigen Bestimmung eingedenk sein. Amen. (Spieker, Christian Wilhelm)


Wir sollten immer eingedenk sein, daß wir das Ziel der himmlischen Berufung noch nicht ergriffen haben, daß wir noch fern sind vom Reiche Gottes und von der Verklärung nach dem Bilde Christi. Wir sollten, vergessend, was dahinter liegt, immer vorwärts streben nach dem uns vorgehaltenen himmlischen Ziele, darauf denken, wie wir immer mehr gereinigt werden von demjenigen, was in unserem Innern mit dem Bilde unseres Erlösers im Widerspruch steht. Wir sollten dabei wissen, daß, wenn nur dies Eine erfolgt, wir auch von selbst auf dem Standpunkte, auf den uns der Herr für die Entwickelung seines Reiches gestellt hat, das wirken werden, was er durch uns als seine Werkzeuge wirken wollte.
Statt dessen richten wir, als wenn wir selbst schon triumphiren könnten gleich vollendeten Mitgliedern des Gottesreichs, unsern Blick nur nach Außen hin, und suchen unsern Ruhm darin, Außerordentliches und Großes zu wirken für die Sache des Herrn, und lassen uns leicht verführen durch glänzende Trugbilder, welche die Selbstsucht uns vormalt. Wir lassen dem Senfkorn nicht Zeit, sich durch seine innere Triebkraft nach dem Gesetze seines Wachsthums zu dem Baume fortzuentwickeln, der daraus zu werden bestimmt ist.
Das Wort des Herrn warnt uns vor dieser eitlen Freude an dem Viel- und Großeswirken, diesem verführerischen Hinstreben nach glänzenden, in die Augen springenden, Aufsehen erregenden Ergebnissen. Dadurch wird so leicht ein menschlicher Geist, wenn er viel lärmt und stürmt, ohne eine das Innere der menschlichen Natur um- und durchbildende Kraft, von dem echten Geiste Christi abgeführt, welcher, demüthig, milde und anspruchslos, mit stillem Wesen das Gute wirkt, desto tiefer und gründlicher, je weniger es sich gleich auf den ersten Augenschein erblicken läßt.
So laß mich leben und wirken, mein Herr und Meister, still, emsig und treu. Das Kleine erscheine mir nicht gering, und das Alltägliche nicht unbedeutend. Ruhig laß mich wirken für deine heilige Sache durch Treue in meinem Beruf, durch Gewissenhaftigkeit in meiner Arbeit, durch anhaltendes Wachen über mich selbst und durch steten Aufblick zu deinem heiligen Bilde. Der Welt mag ich unbekannt bleiben, wenn du mich nur kennst und an meinem Wirken Wohlgefallen hast. Amen! (Christian Wilhelm Spieker)

3:13 Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht, daß ich's ergriffen habe. Eines aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich zu dem, was da vorne ist,2)

3:14 und jage nach dem vorgesteckten Ziel, nach dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu.
Durch das Festhalten an irgendeiner Sünde, an irgendetwas, was unser inneres Wachstum, unsern Gehorsam gegen den Herrn hindert, schaden wir nicht nur uns, sondern werden ein Aergernis für andere. Paulus hat auf die Vorzüge seiner Geburt, ja, auf die Frucht seines ganzen Lebenswerkes vor der Bekehrung ein für allemal verzichtet, ja, es als verunreinigenden Kot angesehen. Warum? Um Christi willen. Christus war ihm mehr als alles. Der Blick auf Christum weckt Zutrauen zu ihm und löst von der Welt, ihrer Ehre und all ihren Reichen. Der Blick auf Christum führt zu immer völligerer, ja überschwenglicher Erkenntnis Christi. Der Glaube an Christum wird bußfertigen Sündern zur Gerechtigkeit gerechnet. Er vermittelt uns Christi Auferstehungs- und Ueberwindungskräfte. So werden wir dann auch willig und fähig, ihm im Leiden treu zu sein und ihm Ehre zu machen. Auf Grund dieser Glaubensgemeinschaft mit ihm haben wir teil an der ersten Auferstehung. Das gibt dann das Gegenstück zu Weihnachten. Einst wurde er uns ähnlich, dann werden wir ihm ähnlich sein. Einst stieg er herab, dann zieht er uns hinauf. (Otto Schopf)


Paulus redet Phil. 3. von einem Kleinod, das er noch nicht empfangen, und von einer Vollendung, die er noch nicht erreicht habe: hingegen gibt er zu verstehen, daß die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu, welche darauf ziele und darauf führe, schon an ihn ergangen sei. Auch bekennt er V. 7. u.ff., es sei schon so weit mit ihm gekommen, daß er Alles, was er vorher thörichter Weise für einen Gewinn gehalten, nunmehr für Schaden und für Koth achte gegen der überschwenglichen Erkenntniß Jesu Christi seines HErrn u.s.w. Bei diesem Sinn nennt er sich und Andere V. 15. vollkommene oder ganze Christen, die Alles haben, was der Zustand eines Gerechten, der noch wallet, erfordere. Doch sagt er, er jage dem Kleinod, das ist dem himmlischen Erbe, nach. Er redet aber auch von einem Ziel, und sagt, er richte sich bei seinem Nachjagen nach diesem Ziel; damit er nicht auf’s Ungewisse oder vergeblich laufe 1 Kor. 9,26. Phil. 2,16. Hiebei muß man an die Wettläufe der Griechen gedenken, bei welchen Viele nach einem vorgesteckten Ziel liefen, und wer zuerst zu diesem Ziel kam, ein Kleinod empfing. Wenn nun Jemand auf’s hurtigste gelaufen wäre, aber im Ring herum, oder neben der Laufbahn in’s weite Feld hinein: so wäre er auf’s Ungewisse oder vergeblich gelaufen, und hätte nichts erlangt. So geht’s aber in der Sache des Christenthums denjenigen, die viel beten, reden, arbeiten, schreiben, lesen, um einen Haufen guter Werke zu sammeln, um sich um die Kirche und den Staat wohl verdient zu machen, um nützliche und fromme Leute zu heißen: dabei aber den echten Zweck nicht vor Augen haben, ihren eigenen Willen thun, und nicht Gottes Willen, ihre eigene Ehre suchen und nicht Gottes Ehre, und bei ihrer ganzen Geschäftigkeit in der Heiligung nicht zunehmen, ja vielleicht keinen Anfang derselben haben, und wenn sie gleich auch Andern nützlich sind, doch für sich nichts erlangen und bei der Austheilung des himmlischen Kleinods leer ausgehen. Diesem unseligen Selbstbetrug soll nun ein Christ entgehen, und deßwegen, wenn er dem Kleinod nachjagen will, das Ziel der vollendeten Heiligung vor Augen haben, und nach demselben richtig und gerade laufen, denn der Weg zu dem Ziel ist in einer Laufbahn ein gerader Weg.
Doch war dem Paulus das Wort Lauf hier nicht genugsam; denn er braucht an dessen Statt das Wort nachjagen. Ich jage dem Kleinod nach, sagt er, und habe dabei immer ein Ziel vor Augen. Das Nachjagen bedeutet ein sehr emsiges Bestreben, einen muntern Fleiß, eine anhaltende und unermüdete Treue, wobei man nach der Regel des Wortes Gottes ein Stück seines Weges nach dem andern zurücklegt, und dem Kleinod immer näher kommt.
Ach, daß dieses Nachjagen bei mir auch recht in den Gang käme! Ich schäme mich, wenn ich auf die vergangene Zeit meines Lebens zurücksehe; denn es dünkt mich, ich sei lange auf dem Markt dieser Welt müßig gestanden und hernach langsam gelaufen. Der Geist Jesu Christi wecke mich und die Meinigen auf, und treibe uns täglich an, dem Kleinod der himmlischen Berufung, welches alle Hoffnung übertreffen und alle Begierden stillen wird, bis an das Ende unseres Lebens lauter, emsig und beständig nachzujagen. (Magnus Friedrich Roos)

3:15 Wie viele nun unser vollkommen sind, die lasset uns also gesinnt sein. Und solltet ihr sonst etwas halten, das lasset euch Gott offenbaren;

3:16 doch soferne, daß wir nach derselben Regel, darin wir gekommen sind, wandeln und gleich gesinnt seien.
So sagt das Wort, und nicht etwa: „gleiche Meinung, gleiche Ansicht in allem haben“. Die Grade der Erkenntnis sind bei den Kindern Gottes verschieden. Unser irdischer Zustand, unsere beschränkte Erkenntnis bringen es mit sich, daß uns die eine oder andere Seite der Wahrheit noch mehr oder weniger verborgen ist. Und deswegen ist es ein törichtes und unfruchtbares Streben, alle Christen unter einem bis ins einzelne gehende christlichen Bekenntnis zu vereinigen. Sobald man es versucht, schließt man notwendig immer eine Anzahl Christen von der Gemeinschaft aus. Das ist der Fehler so mancher Gemeinschaftskreise, sowohl kleinerer als größerer.
Alle Kinder Gottes haben eine Gesinnung, ein Trachten. Und dieses Trachten ist von der Welt ab auf die ewigen und himmlischen Güter gerichtet. Sie alle suchen und begehren nach dem, das droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Je mehr diese Gesinnung bei ihnen durchschlägt, je mehr sie ihr Leben, Tun und Lassen beherrscht, desto mehr treten die Nebensachen in den Hintergrund. Ist es denn nicht so? Warum ist es eine Tatsache, daß wir vielleicht mit einem Christen, der nicht zu der äußeren Gemeinde gehört, zu der wir uns bekennen, uns inniger verbunden fühlen können, als mit einem Mitglied der eigenen Gemeinde? Weil in dem einen das Leben Christi vielleicht mächtig pulsiert, und in dem andern vielleicht nur eine äußere Erkenntnis, die das Herz kalt läßt, sich kundgibt. Seien wir davon überzeugt: Was am meisten die wahre Einigkeit im Geist, die echte Gemeinschaft der Kinder Gottes auch verschiedener Richtungen untereinander noch aufhält, ist das, was von fleischlicher, irdischer, weltlicher Gesinnung noch in ihnen lebt. Je mehr das fällt, je mehr Christus in ihnen lebt und wandelt, desto mehr werden sie sich einander nähern. Wenn Wanderer einen Berg hinansteigen auf verschiedenen Wegen, so werden sie um so ferner voneinander sein, je weiter sie vom Gipfel entfernt sind; aber je näher sie dem Gipfel kommen, desto mehr werden ihre Wege sich einander nähern. Laßt uns den Herrn neu darum angehen, daß er uns und alle seine Kinder mit seinem Sinn mehr erfülle, und wir werden herrlichere Tage noch erleben, auch in Beziehung auf die Darstellung der Einigkeit der Glieder Christi zur Verherrlichung des Herrn und zum Heil der Welt! (Heinrich Neviandt)

3:17 Folget mir, liebe Brüder, und sehet auf die, die also wandeln, wie ihr uns habt zum Vorbilde.

3:18 Denn viele wandeln, von welchen ich euch oft gesagt habe, nun aber sage ich auch mit Weinen, daß sie sind die Feinde des Kreuzes Christi,

3:19 welcher Ende ist die Verdammnis, welchen der Bauch ihr Gott ist, und deren Ehre zu Schanden wird, die irdisch gesinnt sind.

3:20 Unser Wandel aber ist im Himmel, von dannen wir auch warten des Heilands Jesu Christi, des HERRN,
Gottes Haus, Gottes Wohnungen und Vorhöfe sind nicht nur im Himmel unter den vollendeten Gerechten und Engeln, sondern auch hier unten in den gläubigen und begnadigten Seelen, in unserm Allerinnersten des Herzens. Wenn wir da hinein kehren und drinnen bleiben, so sind wir in seinem Hause und in seinen Wohnungen des Friedens; denn wir finden ihn und in ihm den Himmel, wandeln in ihm, wie im Himmel. Finden wir ihn nicht allemal gleich, warten wir aber seiner, und harren wir auf seine Gegenwart, so stehen wir in den Vorhöfen des Herrn, und wenn es da auch manchmal schwer wird auszuhalten, wegen Dürre und Trockenheit, so ist's doch besser als in den Hütten der Gottlosen sich zerstreuen und dem Vergnügen der Sinne und der Welt nachlaufen. Denn wenn wir in seinen Vorhöfen, im Warten auf ihn, verharren, so kommt er gewiß und führt uns bald ein in seine Wohnungen; dann ist alle Mühe des Stunden-, Tage- und Jahrelangen Harrens in einem Augenblick reichlich ersetzt; man lobt den Herrn und singt mit David: Wie lieblich rc. (Johannes Goßner)


Weil unser Wandel oder unser bürgerliches Heimwesen im Himmel ist, so sind wir Fremdlinge und Pilgrime auf der Erde, wie schon Jakob gegen den König Pharao bekannt ist, da er seine Lebenszeit die Zeit seiner Wallfahrt nannte. Es zeigen aber diese Ausdrücke nicht nur dieses an, daß wir auf der Erde keine bleibende Stätte haben, und eine zukünftige und himmlische suchen müssen, sondern auch, daß wir durch die Wiedergeburt recht eigentlich zur Aufnahme in den Himmel, und zum Genuß dessen, was himmlisch ist, gebildet werden. Auch auf Erden fühlt ein Jeder, daß er zu seinem Vaterland einen besondern Hang habe, und da am liebsten sei, gesetzt auch, daß dieses Vaterland eine rauhe und für Andere unangenehme Gegend wäre. Allein der Mensch, der diesen Hang hat ist schon so gebildet, daß ihm die Sitten und Gebräuche seines Vaterlands, und die dinge, die man in demselben sieht und hört, hat und genießt, am besten behagen; da hingegen die Sachen, welche ihm in der Fremde vorkommen, seinem Gemüth leichtlich ungereimt scheinen, und widerlich sein können. Auf diese Weise ist nun auch ein Christ in Ansehung der himmlischen Dinge gebildet und gesinnt, aber freilich nicht nach seiner Natur, die er durch die leibliche Geburt empfangen hat. Es muß durch eine andere Geburt eine Veränderung in dem Menschen vorgehen, und diese ist die Geburt aus Gott, durch welche eine geistliche Natur in dem Menschen entsteht, welche mit den himmlischen Dingen eine Aehnlichkeit hat, und sich allein zu denselben schickt; denn was himmlisch ist, heißt auch geistlich, wie aus 1 Kor. 15,45-49. erhellt. Nach dem Geist, der aus dem ewigen Geist Gottes geboren ist, suchet ein Christ, was droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes, Kol. 3,1. ein geistlicher Mensch hat Lust, außer dem Leibe zu wallen, und daheim zu sein bei dem HErrn, 2 Kor. 5,8. Er hat Lust abzuscheiden, und bei Christo zu sein. Phil. 1,23. Weil er aber auch weiß, daß Fleisch und Blut, das ist der irdische Leib, wie er aus Fleisch und Blut besteht, das himmlische Reich Gottes nicht ererben könne, so legt er diesen Leib gern ab, und gibt ihn gern in die Verwesung hin, damit er als ein geistlicher Leib auferstehen, und als ein solcher die himmlischen Dinge auch genießen möge. Je völliger nun das geistliche Leben in ihm ist, mit einem desto völligern Glauben und mit einer desto gewissern Hoffnung kann er sagen: mein bürgerliches Heimwesen ist im Himmel. Mit dem Wachsthum seines geistlichen Lebens wächst auch sein Verlangen nach diesem Heimwesen und sein Eckel an den irdischen Dingen. Welch‘ ein Unterschied ist zwischen einer Menschen-Seele, die nichts hat, als ihre zu dem irdischen Leben eingerichteten, und von der Sünde überdieß geschwächten, zerrütteten und befleckten Kräfte und Sinne, und zwischen einer wiedergebornen Seele, die geistlich worden ist, und den Geist Dessen, der Jesum von den Todten auferwecket, in sich hat! Wir wollen also den Sinn der Pilgrime und Fremdlinge auf der Erde behaupten, Alles, was unter der Sonne ist, nach Salomo’s Anweisung als eitel ansehen, an nichts, was sichtbar ist, uns vergaffen, unser Gutes nicht begehren in diesem Leben zu empfangen, der Stunde, worin wir alles Irdische verlassen werden, uns oft erinnern, indessen aber nüchtern und mäßig sein, wachen und beten, und dem HErrn leben. Lasset uns bei den Beschwerden des irdischen Lebens, die uns oft lange zu währen scheinen, nicht muthlos werden, denn das himmlische Vaterland wird alle unsere Wünsche nicht nur erfüllen, sondern auch überschwenglich übertreffen. Hallelujah! (Magnus Friedrich Roos)

3:21 welcher unsern nichtigen Leib verklären wird, daß er ähnlich werde seinem verklärten Leibe nach der Wirkung, mit der er kann auch alle Dinge sich untertänig machen.3)
Paulus warnt vor den jüdischen Irrlehrern, entwickelt die Nichtigkeit ihrer irdischen Vorzüge und seine wahre und alleinige Gerechtigkeit in Christo, und ermahnt endlich, ihm nachzufolgen, mit Vorhaltung der großen Hoffnung der dereinstigen völligen Verklärung. Nach dieser Verklärung, nach der Herrlichkeit Deines Hauses sehnt sich auch mein Geist, o Herr, und Dein unwürdiges Kind begehrt zum Anschauen Deiner Klarheit zu gelangen. Wann werde ich kommen vor Dein Angesicht, wann werde ich vollendet werden? – Und werde ich würdig sein, Dein Heiligthum zu betreten? Du allein, o Herr, kannst nur die Pforten öffnen, die mich zu Deinem Lichte führen, und nur Du kannst machen, daß meine Hoffnung nicht zu Schanden wird. O verschmähe mich nicht und erbarme Dich mein, hilf mir durch Deinen mächtigen Arm, und laß mich nicht verloren gehen vor Deinem Angesicht durch meine Sünden! Nach Dir dürstet meine Seele, nach Dir, dem lebendigen Gott! Wann werde ich von der dürren Erde zu den Wassern des ewigen Heils gelangen; wann wirst Du meinen Durst stillen und mich tränken vor Deinem Angesicht, Du Quelle alles Lebens? Herrlicher und schöner Tag, den kein Abend endet; wenn die Stimme des Lobes und des Frohlockens gehört wird; wo Freude ohne Traurigkeit kund wird, Freude der Ewigkeit! Dort ist Alles vollkommen, und nichts dort, was Du nicht willst. Kein Feind, kein Fallstrick drohet mehr, sondern die höchste Ruhe und ungetrübte Seligkeit sind das ewige Erbe aller derer, die in Deinem Anschaun versammelt sind. O wann werde ich eingehen und Dich schauen; wann wird die große Erscheinung Deiner Herrlichkeit mein Theil? Ich warte meines Heilandes Jesu Christi, welcher meinen nichtigen Leib verklären wird, daß er ähnlich werde seinem verklärten Liebe. Komm, Herr Jesu, und führe mich, und mir wird wohl sein. Führe meine Seele aus ihren Banden, daß sie Deines heiligen Namens sich freue. Höre mich, Herr, und leite mich aus den Unruhen des zeitlichen Lebens in den Hafen der ewigen Seligkeit. Selig sind, welche die Gefahren des stürmischen Meeres dieses Lebens überwunden haben, und zu Dir, dem sichern Hafen, zu gelangen gewürdigt wurden! Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Adam hatte im Stand der Unschuld einen schönen, gefunden, und zu einem ewigen leben eingerichteten Leib: durch den Sündenfall aber ist sein und eines jeden andern Menschen Leib ein nichtiger Leib, oder ein Leib, welcher die Seele demüthigen kann, worden, weil er nicht nur viel häßlicher ist als de Leib Adams, sondern auch, weil er durch die darin eingerissene Unordnung die Seele oft in ihren Wirkungen hindert, und sie sogar zum Sündigen reizt. und weil er endlich nach vielen Schmerzen todt, und als ein Waizenkorn in Unehre gesäet wird, und unter der Erde vermodert. Wer sollte nun glauben, daß Gott mit einem solchen Leib etwas Großes vorhabe? Die Heiden haben es freilich nicht gedacht; wie denn die Leute zu Athen darüber gespottet haben, als sie Paulus von der Auferstehung der Todten reden hörten, Ap. Gesch. 17,32. Weil sie aber den Werth und die Bestimmung des menschlichen Leibes nicht erkannten, so haben sie die Unzucht, wozu der Leib reizet, und welche den Leib schändet, nicht für greulich gehalten, aus dem Selbstmord sich kein Gewissen gemacht, und die Ertödtung anderer Menschen, wenn nur ein scheinbarer Vorwand dazu vorhanden war, für etwas Geringes gehalten. Christen sollen sich erinnern, daß der heilige und hochgelobte Sohn Gottes einen Leib gehabt hab, und noch habe, und daraus schließen, daß ein menschlicher Leib etwas Heiliges und Ehrwürdiges sein könne. Sie sollen ferner glauben, was Paulus 1 Kor. 6,19. geschrieben hat, daß nämlich der Leib eines Glaubigen ein Tempel des Heiligen Geistes sei, und daß nach Röm. 6,19. die Glieder auch dadurch heilig werden, wenn man sie zum Dienst der Gerechtigkeit hergibt oder anwendet. Doch ist bei diesem Allem der Leib ein nichtiger oder demüthigender Leib. Ja freilich, aber es steht ihm eine Auferstehung bevor, wenn er in’s Grab kommt, oder eine Verwandlung, wenn ihn die Zukunft des HErrn als lebendig ergreift. Durch jene Auferweckung aber wird er nicht mehr in den vorigen Zustand zurückgesetzt, und durch diese Verwandlung werden seine vorige Gebrechen nicht mit andern verwechselt, sondern er wird zugleich verklärt oder herrlich gemacht, und zwar so, daß er dem verherrlichten Leib Christi ähnlich wird. Ist dieses nicht ein hohes Ziel für den Leib? Wer hätte sich unterstehen dürfen, für den Leib eine solche vortreffliche Herrlichkeit sich auszubitten? Aber der Heiland Christus Jesus hat ihm dieselbe bestimmt und verheißen, und wird sie ihm auch nach der Kraft, womit Er Ihm alle Dinge unterthänig machen kann, geben. Auch wird der himmlische Vater dadurch Seinen Rathschluß ausführen, nach welchem Er die Auserwählten verordnet hat, daß sie dem Ebenbild Seines Sohnes gleich werden sollen, auf daß derselbe der Erstgeborne sei unter vielen Brüdern, Röm. 8,29., folglich ungeachtet Seines unermeßlichen Vorzugs, den Er als der Erstgeborne hat, viele Brüder habe, die Ihm durchaus ähnlich seien. Niemand denke also, daß Gott bei der Auferweckung für irgend einen Menschen einen neuen Leib aus Nichts erschaffen oder aus einer himmlischen Materie bilden werde. Nein, sondern eben derjenige Leib, welcher dem Menschen vorher zur Demüthigung gereicht, wird auferweckt und verherrlichet werden. Bei der Hoffnung dieser Herrlichkeit, welche auch dem Leib bereitet ist, will ich die Schwachheit desselben geduldig ertragen, und den Stand der Verwesung, als etwas Kurzes, das zwischen einem schwachen und herrlichen Leben mitten inne liegt, ohne Grauen betrachten. (Magnus Friedrich Roos)


Oftmals, wenn wir von Schmerz gefoltert und unfähig zum Denken oder Anbeten sind, fühlen wir, daß dies in der That „der Leib unsrer Demütigung“ ist; und wenn wir von den Leidenschaften, die aus dem Fleisch entspringen, versucht werden, so halten wir das Wort „niedrig“ durchaus nicht für eine zu starke Übersetzung. Unser Leib demütigt uns; und dies ist ungefähr das beste, was er für uns tut. O, daß wir recht demütig wären, denn unser Leib verbindet uns mit den Tieren und verkettet uns sogar mit dem Staub!
Aber unser Heiland, der Herr Jesus, wird all dieses wandeln. Wir sollen seinem eignen verklärten Leib ähnlich werden. Dies wird bei allen stattfinden, die an Jesum glauben. Durch den Glauben sind ihre Seelen verwandelt worden, und mit ihren Leibern wird eine Erneuerung vorgehen, um dieselben für ihre wiedergeborenen Geister geeignet zu machen. Wie bald diese große Verwandlung geschehen wird, können wir nicht sagen; aber der Gedanke daran sollte uns helfen, die heutigen Prüfungen und alle Leiden des Fleisches zu ertragen. Über ein kleines sollen wir sein, wie Jesus jetzt ist. Keine schmerzenden Stirnen mehr, keine ermattenden Herzen mehr. Der Greis soll nicht mehr ein Bündel von Gebrechen sein, und der Kranke nicht mehr eine Masse von Qual. „Ähnlich Seinem verklärten Leibe.“ Was für ein Ausdruck! Sogar unser Fleisch soll ruhen in der Hoffnung solcher Auferstehung! (Charles Haddon Spurgeon)


Die Leiber der Glaubigen werden dadurch hochgeehrt, daß sie Tempel des Heiligen Geistes und ihre Glieder Christi Glieder genannt werden. Hingegen heißen sie auch, so lange das irdische Leben währet, nichtige Leiber, oder Leiber der Demüthigung, weil sie bei der Gnade der Wiedergeburt und Heiligung, so den Glaubigen widerfährt, keine Verwandlung erfahren, sondern ihre vorigen Eigenschaften behalten. Es ist demüthigend für einen glaubigen Christen, daß er einen Leib hat, welcher die Seele durch seine Schwachheit und Gebrechen drückt und oft hindert, welcher den Zunder zu bösen Lüsten enthält, welcher Glieder an sich hat, von denen Paulus 1 Kor. 12,23. sagt, daß sie uns dünken die unehrlichsten zu sein, welcher einer mühsamen Nahrung und Pflege bedarf, und durch dieselbe viele Beschäftigungen verursacht, welcher endlich den Tod leiden muß, als todt Jedermann zum Eckel, und durch die Verwesung in Staub verwandelt wird. Aber dieser Leib der Demüthigung ist bei Vielen der Magnet, welcher die ganze Seele an sich zieht: so daß diese den Bauch, den doch Gott bei der Auferstehung abthun wird, zum Gott macht, auf die Pflege und den Putz des Leibes ihre größte Sorgfalt wendet, und die Wollüste, welche sie durch die leiblichen Sinne empfindet, für ihr höchstes Gut hält. Solche Leute sind fleischlich gesinnt, und säen auf das Fleisch, werden aber von demselben ihr Verderben ernten.
Glaubige Christen aber hoffen, daß Christus ihre nichtigen Leiber bei der Auferstehung derselben verklären oder herrlich machen werde. Er wird ihnen also keine neuen Leiber geben, wenn Er sie ganz in Sein himmlisches Reich einführen wird: sondern eines Jeden Leib der Demüthigung, welcher in Unehre gesäet worden, wird alsdann in der Herrlichkeit auferstehen, und ihre Verherrlichung wird so weit reichen, daß sie dem verklärten Leib Christi ähnlich werden. Hier verliert sich nun unser Blick; denn wer kann verstehen, wie herrlich der Leib unsers erhöheten HErrn und Heilandes sei? Solche dinge sagt uns die heilige Schrift, damit sie unsere Hoffnung zu dem, was unbegreiflich und unaussprechlich ist, erhöhe, und dieses ist für einen Pilgrim genug. Ohne Zweifel wird der Mensch durch die Sinne des verklärten Leibes unaussprechlicher Ergötzungen fähig sein; weßwegen Paulus die Hoffnung dieser Verklärung dem irdischen Sinn derjenigen entgegensetzt, welche den Bauch zum Gott machen und ihre Herrlichkeit in ihrer Schande, das ist in ihren schändlichen Wollüsten suchen. Wer also sein Vaterland im Himmel hat, und sich selbst hienieden verleugnet, seines Leibes zwar, weil er das Werkzeug der Seele bei dem Dienst Gottes ist, schonet, doch aber nüchtern und mäßig ist, dem Leib versagt, was ihn geil machen könnte, und ihn betäubt oder hart hält, wo es die Anbetung Gottes und die Ausrichtung Seines Willens erfordert: - wer so gesinnt ist, wird nicht zu kurz kommen, denn wenn die fleischlichen Menschen fühlen werden, daß ihr Ende die Verdammniß sei, so wird hingegen sein Leib bei der Zukunft Christi vom Himmel verherrlicht werden, und von da an unaussprechlich mehr genießen, als ihm auf Erden um Christi willen versagt worden war. Gelobet sei de HErr, der den Seinigen diese Hoffnung gegeben hat, und diese Hoffnung dereinst überschwenglich erfüllen will! (Magnus Friedrich Roos)

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