Zuletzt angesehen: Römer, Kapitel 9

Römer, Kapitel 9

Römer, Kapitel 9

9:1 Ich sage die Wahrheit in Christus und lüge nicht, wie mir Zeugnis gibt mein Gewissen in dem Heiligen Geist,

9:2 daß ich große Traurigkeit und Schmerzen ohne Unterlaß in meinem Herzen habe.

9:3 Ich habe gewünscht, verbannt zu sein von Christo für meine Brüder, die meine Gefreundeten sind nach dem Fleisch;1)
Das edle Wort bringt einen heißen Hunger, und unsättigen Durst mit sich, daß man nicht kan satt werden, ob auch viel tausend Menschen daran gläubeten; Solcher Durst ringet und ruhet nicht, sondern treibet uns zu reden, wie David spricht: Ich glaube, darum rede ich. Wer nun einen solchen Durst nach brüderlicher Seeligkeit empfangen, der hat ein gewisses Zeichen eines Grund-guten Glaubens. Ist aber nichts mehr hinterstellig, denn daß er gewarte der Galle und des Eßigs, das ist der Verlästerung, Schmach und Verfolgung um dieser durstigen Rede willen. Es thut nicht anders, wo Christus ist, da muß seyn Judas, Pilatus, Herodes, Caiphas, Annas, darzu auch sein Creutz, oder ist nicht der rechte Christus. (Martin Luther)

9:4 die da sind von Israel, welchen gehört die Kindschaft und die Herrlichkeit und der Bund und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen;

9:5 welcher auch sind die Väter, und aus welchen Christus herkommt nach dem Fleisch, der da ist Gott über alles, gelobt in Ewigkeit. Amen.

9:6 Aber nicht sage ich solches, als ob Gottes Wort darum aus sei. Denn es sind nicht alle Israeliter, die von Israel sind;

9:7 auch nicht alle, die Abrahams Same sind, sind darum auch Kinder. Sondern „in Isaak soll dir der Same genannt sein “.

9:8 Das ist: nicht sind das Gottes Kinder, die nach dem Fleisch Kinder sind; sondern die Kinder der Verheißung werden für Samen gerechnet.

9:9 Denn dies ist ein Wort der Verheißung, da er spricht: „Um diese Zeit will ich kommen, und Sara soll einen Sohn haben.“

9:10 Nicht allein aber ist's mit dem also, sondern auch, da Rebekka von dem einen, unserm Vater Isaak, schwanger ward:

9:11 ehe die Kinder geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten, auf daß der Vorsatz Gottes bestünde nach der Wahl,

9:12 nicht aus Verdienst der Werke, sondern aus Gnade des Berufers, ward zu ihr gesagt: „Der Ältere soll dienstbar werden dem Jüngeren “,

9:13 wie denn geschrieben steht: „Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehaßt.“

9:14 Was wollen wir denn hier sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das sei ferne!

9:15 Denn er spricht zu Mose: „Welchem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und welches ich mich erbarme, des erbarme ich mich.“
In diesen Worten macht der Herr in offenster Weise seinen Anspruch geltend auf das Recht, seine Gnade zu gewähren oder zurückzuhalten nach seinem unumschränkten Wohlgefallen. Wie das Recht über Leben und Tod dem Herrscher allein zusteht, so hat der Richter über den ganzen Erdkreis das Recht, des Schuldigen zu schonen, oder ihn zu verdammen, wie es Ihm gut dünkt. Die Menschen haben durch ihre Sünde allen Anspruch auf Gott verscherzt; es geschieht ihnen völlig recht, wenn sie um ihrer Sünde willen umkommen, und wenn es geschieht, so haben sie nicht die mindeste Ursache, sich zu beklagen. Wenn der Herr einschreitet, irgend jemanden zu erretten, so kann Er es tun, wenn die Gerechtigkeit dadurch nicht verletzt wird; wenn es Ihn aber recht deucht, den Sünder die verdiente Strafe erleiden zu lassen, so kann Ihn niemand darum verklagen. Töricht und anmaßend sind alle Reden darüber, dass allen Menschen gleiches Recht widerfahren müsse; unwissend und noch schlimmer sind alle Einwendungen gegen die erlösende Gnade, und nichts anderes, als empörerischer Widerstand der hochfahrenden menschlichen Natur gegen Krone und Zepter Jehovahs. Wenn wir einmal unser äußerstes Verderben und unsere arge Verirrung und die Gerechtigkeit des göttlichen Urteilsspruches gegen die Sünde einsehen lernen, dann werden wir nicht mehr die Wahrheit bestreiten, dass der Herr nicht verpflichtet ist, uns zu erretten; dann murren wir nicht mehr, wenn es Ihm gefällt, andre zu erlösen, als ob Er uns Unrecht täte, sondern dann fühlen wir, dass wenn Er uns ansehen will, es eine freie Tat seiner unverdienten Güte ist, um derentwillen wir seinen Namen ewig preisen müssen. Wie sollten alle, die die göttliche Gnade erwählt hat, die Treue ihres Gottes bewundernd anbeten! Sie haben keine Ursache zum Ruhm, denn die unumschränkte Allmacht schließt alles Rühmen aus. Dem Willen des Herrn allein gebührt Ruhm und Preis, auch der bloße Gedanke an ein menschliches Verdienst ist verbannt. Es gibt keine demütigendere Lehre in der Heiligen Schrift, als die Lehre von der Gnadenwahl, keine, die zu mehr Dank auffordert, keine von größerer Heiligungskraft. (Charles Haddon Spurgeon)

9:16 So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen.

9:17 Denn die Schrift sagt zum Pharao: „Ebendarum habe ich dich erweckt, daß ich an dir meine Macht erzeige, auf daß mein Name verkündigt werde in allen Landen.“

9:18 So erbarmt er sich nun, welches er will, und verstockt, welchen er will.

9:19 So sagst du zu mir: Was beschuldigt er uns denn? Wer kann seinem Willen widerstehen?

9:20 Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, daß du mit Gott rechten willst? Spricht auch ein Werk zu seinem Meister: Warum machst du mich also?

9:21 Hat nicht ein Töpfer Macht, aus einem Klumpen zu machen ein Gefäß zu Ehren und das andere zu Unehren?

9:22 Derhalben, da Gott wollte Zorn erzeigen und kundtun seine Macht, hat er mit großer Geduld getragen die Gefäße des Zorns, die da zugerichtet sind zur Verdammnis;

9:23 auf daß er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die er bereitet hat zur Herrlichkeit,

9:24 welche er berufen hat, nämlich uns, nicht allein aus den Juden sondern auch aus den Heiden.

9:25 Wie er denn auch durch Hosea spricht: „Ich will das mein Volk heißen, daß nicht mein Volk war, und meine Liebe, die nicht meine Liebe war.“

9:26 „Und soll geschehen: An dem Ort, da zu ihnen gesagt ward: 'Ihr seid nicht mein Volk ', sollen sie Kinder des lebendigen Gottes genannt werden.“

9:27 Jesaja aber schreit für Israel: „Wenn die Zahl der Kinder Israel würde sein wie der Sand am Meer, so wird doch nur der Überrest selig werden;

9:28 denn es wird ein Verderben und Steuern geschehen zur Gerechtigkeit, und der HERR wird das Steuern tun auf Erden.“

9:29 Und wie Jesaja zuvorsagte: „Wenn uns nicht der HERR Zebaoth hätte lassen Samen übrig bleiben, so wären wir wie Sodom und Gomorra.“2)

9:30 Was wollen wir nun hier sagen? Das wollen wir sagen: Die Heiden, die nicht haben nach der Gerechtigkeit getrachtet, haben Gerechtigkeit erlangt; ich sage aber von der Gerechtigkeit, die aus dem Glauben kommt.

9:31 Israel aber hat dem Gesetz der Gerechtigkeit nachgetrachtet, und hat das Gesetz der Gerechtigkeit nicht erreicht.

9:32 Warum das? Darum daß sie es nicht aus dem Glauben, sondern aus den Werken des Gesetzes suchen. Denn sie haben sich gestoßen an den Stein des Anlaufens,

9:33 wie geschrieben steht: „Siehe da, ich lege in Zion einen Stein des Anlaufens und einen Fels des Ärgernisses; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zu Schanden werden.“3); 4)
Ein oft mißverstandenes Kapitel! Paulus redet hier nicht von der Prädestination oder Vorherbestimmung einiger Menschen zur Seligkeit und anderer zur Verdammniß, sondern von der früheren Bevorzugung Israels vor allen Völkern der Erde und der nunmehrigen Verwerfung seines Volks um seines Unglaubens willen, und wie bei dieser Führung Alles Gnade und nichts Verdienst sei. Es konnte scheinen, als ob Gott durch Israels Verstoßung seine diesem Volke gegebene Verheißungen gebrochen hätte; darauf antwortet der Apostel: 1) nie habe Gott die Heilsverheißung an die leibliche Abstammung von Abraham geknüpft, an jüdische Volksgemeinschaft V. 6-9. 2) auch nicht an Werkverdienst und Werkgerechtigkeit, so wenig wie an Geburtsrecht V. 10-13; nicht Werke seien Bedingung von Gottes Beschluß, es sei ein freier Gnadenrathschluß. 3) daraus folge aber nicht, daß Gott willkührlich handle und ungerecht sei: es ist bei Gott Alles Gnade und bei uns nichts Rechtsanspruch. Diesen Einwurf bringt Paulus zum Schweigen zuerst durch eine göttliche Autorität, wonach im alten Testament Gott sich selbst das Recht beilegt zu begnadigen und zu verstocken oder zu verwerfen V. 14. 15. Es ist also keine Ungerechtigkeit, wenn Er von diesem Rechte Gebrauch macht. Dann durch Pharaos Beispiel V. 16-18, den ER wahrhaftig lange genug mit Langmuth getragen, ehe Er das Strafgericht an ihm vollzogen habe. Gott lasse sich nicht die Hände binden, weder im Gutesthun noch im Strafen, wenn die lange geschonten Sünder nicht aufhören wollen, vielmehr durch seine Geduld sich noch mehr verstocken. 4) Auch sei es nicht ungerecht, wenn Gott den Verstockten beschuldige; denn Gott ist unbedingt allmächtig, und es gebührt nicht der Creatur, den Schöpfer zur Rede zu stellen V. 19-24. Um so weniger, als Gott von seinem unbedingten Rechte nicht einmal unbedingten Gebrauch macht, sondern die Verworfenen lange genug in Geduld trägt, ehe Er sie seinem Zorngerichte Preis giebt, und zugleich Alles thut, um an den Erwählten den Reichthum seiner Herrlichkeit zu offenbaren. So tritt nicht nur seine Gnade in’s hellste Licht, sondern auch seine Strafgerechtigkeit selbst erscheint noch durch Langmuth gemildert. 5) Zum Schluß kehrt Paulus zum Ausgangspunkt des Kapitels zurück, nämlich zur Thatsache des Ausschlusses Israels vom Heil in Christo und Annahme der Heidenwelt an seiner Statt. Diese Thatsache widerspricht so wenig den Verheißungen des alten Testaments, daß sie im Gegentheil durch die Propheten bereits vorherverkündigt ist, V. 25-29. Darauf bezeichnet Paulus den Grund der Verwerfung Israels V. 30-33, nämlich Israels Werkgerechtigkeit und Abneigung, sich der göttlichen Forderung des Glaubens zu unterwerfen. Die Schuld liegt also auf Israels Seite allein.
Dasselbe gilt auch von uns. Sind wir erwählet, so ist der Grund nicht irgend eine Würdigkeit noch ein Verdienst von uns, das Gott angesehen hat, sondern nur in Christo hat Er uns angesehen. Gehen wir verloren, so liegt die Schuld allein, wie bei Israel, an unserm Unglauben, der das dargebotene Heil verwirft. In Gott ist keine Willkühr, kein Handeln nach Gunst oder Laune, sondern eitel Licht und keine Finsterniß, kein Widerspruch; und es ist eine Keckheit der menschlichen Vernunft, wenn sie weiter in das Geheimniß der göttlichen Gnade zur menschlichen Freiheit eindringen und es sich beliebig zurecht legen will. Halte daran fest, daß in deinem Leben wie in deinem Christenthum Alles Gnade ist, und du bleibst bewahrt vor allen nachtheiligen Folgen der Lehre von der Gnadenwahl. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
bibel/nt/06_rom/rom_kapitel_9.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain