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Johannes, Kapitel 18

Johannes, Kapitel 18

18:1 Da Jesus solches geredet hatte, ging er hinaus mit seinen Jüngern über den Bach Kidron; da war ein Garten, darein ging Jesus und seine Jünger.

18:2 Judas aber, der ihn verriet, wußte den Ort auch; denn Jesus versammelte sich oft daselbst mit seinen Jüngern.

18:3 Da nun Judas zu sich hatte genommen die Schar und der Hohenpriester und Pharisäer Diener, kommt er dahin mit Fackeln, Lampen und mit Waffen.1)

18:4 Wie nun Jesus wußte alles, was ihm begegnen sollte, ging er hinaus und sprach zu ihnen: Wen suchet ihr?

18:5 Sie antworteten ihm: Jesum von Nazareth. Jesus spricht zu ihnen: Ich bin's! Judas aber, der ihn verriet, stand auch bei ihnen.

18:6 Als nun Jesus zu ihnen sprach: Ich bin's! wichen sie zurück und fielen zu Boden.

18:7 Da fragte er sie abermals: Wen suchet ihr? Sie sprachen: Jesum von Nazareth.

18:8 Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt, daß ich es sei. Suchet ihr denn mich, so lasset diese gehen!
Habe acht, meine Seele, auf die Fürsorge, die der Herr Jesus sogar in dieser Stunde der Versuchung den Schafen seiner Hand bewies! Die waltende Liebe des Leidenden ist stark bis in den Tod. Er ergibt sich dem Feinde, aber Er legt sein Allmachtswort ein, damit seine Jünger freigelassen werden. Für sich selber „tut Er seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführet wird, und wie ein Schaf, das verstummet vor seinem Scherer und seinen Mund nicht auftut;“ aber für seine Jünger redet Er mit mächtiger Kraft. Das ist Liebe, standhafte, selbstverleugnende, treue Liebe! Aber liegt darin nicht noch viel mehr, als ein Blick auf die Oberfläche offenbart? Liegt nicht das innerste Wesen und die Seele des Erlösungswerkes in diesen Worten? Der gute Hirte lässet sein Leben für die Schafe und fordert, dass sie deshalb frei ausgehen. Die Bürgschaft ist anerkannt und angenommen, darum verlangt die Gerechtigkeit, dass die, für die Er einsteht, ihrer Wege gehen dürfen. Mitten aus der ägyptischen Knechtschaft ertönt dies mächtige Wort: „Lasset diese gehen.“ Die Erlöseten sollen aus der Sklaverei der Sünde und des Satans entrinnen. In jeder Kerkerzelle des Abgrunds der Verzweiflung widerhallt das Wort: „Lasset diese gehen,“ und Zaghaft und Furchtsam werden frei. Satan vernimmt die wohl bekannte Stimme, und hebt den Fuß vom Nacken der Gefallenen; und der Tod hört sie, und das Grab öffnet seine ehernen Pforten, und lässt die Toten auferstehen. Ihr Weg ist ein Weg der Vervollkommnung, der Heiligung, des Sieges und der Herrlichkeit, und niemand darf sie aufhalten. Kein Löwe wird sich auf ihrem Wege lagern, noch wird irgendein wildes Tier ihn betreten. „Die Hindin, die frühe gejagt wird,“ hat die grausamen Jäger auf ihre Fährte gelockt; und nun dürfen die furchtsamsten Rehe und Hindinnen des Feldes in völliger Ruhe weiden unter den Rosen seiner Liebe. Die Gewitterwolke ist losgebrochen über dem Kreuz auf Golgatha, und die Zionspilger werden nimmermehr getroffen von den Blitzen des göttlichen Zorns. Komm, mein Herz, freue dich der Freiheit, welche dein Erlöser dir erworben hat, und lobpreise seinen Namen einen Tag um den andern. (Charles Haddon Spurgeon)

18:9 (Auf daß das Wort erfüllet würde, welches er sagte: Ich habe der keinen verloren, die du mir gegeben hast.)

18:10 Da hatte Simon Petrus ein Schwert und zog es aus und schlug nach des Hohenpriesters Knecht und hieb ihm sein rechtes Ohr ab. Und der Knecht hieß Malchus.

18:11 Da sprach Jesus zu Petrus: Stecke dein Schwert in die Scheide! Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat?
Das war keine Frage Jesu, die Petrus ihm beantworten helfen sollte, sondern ein Vorwurf; er hatte ja schon längst den Entschluß gefaßt und soeben erst den letzten Kampf darüber mit der Angst bestanden. Es hatte sein Gehorsam gegen den Vater über die stärksten menschlichen Triebe gesiegt. Dieser Gehorsam soll aber nun nicht nur als ein starkes Vorbild auf uns wirken: nein, er hat Kräfte ausgelöst, die uns angeboten werden, wenn wir mit zitternder Hand den Kelch nehmen, den uns Gottes Führung hinhält. Bei dem einen kann es auch eine Leidensaufgabe sein; beim andern ein Verhältnis voller Last und Not, das jeder andere, der nicht Gottes gehorsames Kind ist, von sich geworfen hätte; oder aber es ist eine schwere Arbeitsstellung, zu der uns weder Geldgewinn noch Ehrgeiz treibt, sondern die innere Überzeugung, nur darin Gottes Willen ganz zu tun. Wappne dich da gegen das falsche Mitleid deiner Freunde. Er beschwört die Gefahr herauf, daß du anfängst, Mitleid mit dir selbst zu haben und dich wegen deiner Treue bewunderst. Dann hast du deinen Lohn dahin! Weil ich aus Liebe sein Kind bleiben muß, und er mein Vater, darum her mit dem Kelch. Kein Wort weiter! Wer mich darin stören will, ist mein schlimmster Feind.
Lieber Vater im Himmel. Ich traue dir zu, daß du mir nicht mehr auflegst als ich brauche. Stärke mich, dein schwaches Kind, daß ich in den schweren Tagen einen Blick in dein Herz voll Liebe tun darf. Dann geht's. Amen. (Samuel Keller)

18:12 Die Schar aber und der Oberhauptmann und die Diener der Juden nahmen Jesum und banden ihn
Um den HErrn Jesum gefangen zu nehmen, wurde von den römischen Soldaten, welche zur zeit des Osterfestes bei dem Tempel die Wache hatten, eine Schaar, die aus einigen hundert Mann bestand, und der ihnen vorgesetzte Oberhauptmann oder römische Oberste abgeschickt, diesem heidnischen Haufen aber die Amtsdiener der jüdischen Hohenpriester und vielleicht auch der Rathsherrn zugestellt. Diese Leuten nun nahmen Jesum und banden Ihn. Es war dem Rath Gottes nicht gemäß, daß Jesus in ein Gefängniß gelegt würde: aber gebunden ist Er worden, entweder mit Stricken, oder, wie es wahrscheinlich ist, mit Ketten. Man sah also den großen Wunderthäter, den Messias, den Sohn Gottes, als einen gefangenen und gebundenen Mann in die Stadt Jerusalem hinein gehen. Zuerst führte man Ihn zu dem abgesetzten Hohenpriester Hannas, der in großem Ansehen stand, und der Schwäher des wirklichen Hohenpriesters war. Jener sandte Ihn gebunden zu dem Kaiphas, welcher Ihn in seinem Palast im Beisein mehrerer Rathsherren zur Nachtzeit verhörte. Früh Morgens wurde Er vor den ganzen versammelten Rath auf dem Tempelberg, wo dessen Rathsstube war, hinaufgeführt, und nach einem kurzen Verhör für todeswürdig erklärt. Als Jesus vor diesem Rath stand, waren Ihm die Bande abgenommen; denn als man Ihn von da aus zu dem Pilatus führte, band man Ihn auf’s Neue. Matth. 27,2.
Ohne Zweifel haben sich Paulus und viele Märtyrer dieser Bande Jesu zu ihrem Trost erinnert, wenn sie auch Bande trugen, und dadurch in eine Aehnlichkeit mit dem gebundenen Jesu gesetzt wurden. Wann uns Todesbande umfangen, Ps. 18,5., wenn Trübsale wie Bande uns bedrängen, Jes. 52,2., ja wenn wir beängstigt sind, es möchte uns gehen, wie von Jenem, der kein hochzeitlich Kleid an hatte, geschrieben steht: bindet ihm die Hände, daß er sich nicht wehren kann, und die Füße, daß er nicht entlaufen kann, und werfet ihn in die äußerste Finsterniß hinaus: so können wir uns des gebundenen Jesu glaubig erinnern, der uns die wahre Freiheit erworben hat, und wenn wir Ihn anhaltend darum bitten, schenken will. Freiheit ist das Gegentheil der Bande. Wen aber der Sohn Gottes frei macht, der ist recht frei. Joh. 8,36. Er hat in den Tagen Seines Fleisches den Gefangenen eine Erledigung und den Gebundenen eine Oeffnung gepredigt, Jes. 61,1., und verschafft sie denjenigen wirklich, welche Sein Evangelium annehmen und glauben, und verhilft ihnen endlich zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes, Röm. 8,21.
Der HErr Jesus trug Seine Bande freiwillig, denn Er hätte sie viel leichter zerreißen können, als Simson die seinigen. Er trug sie aber als ein Zeichen, daß Er nun in der Sünder Hände übergeben, und unter die Uebelthäter gerechnet sei. Uebrigen hatte Er schon in dem Lobgesang, den Er mit Seinen Jüngern nach der Osterlamms-Mahlzeit sprach, in der Anwendung auf Sich selber gesagt: o HErr, Ich bin Dein Knecht; Ich bin Dein Knecht, Deiner Magd Sohn; Du hast Meine Bande zerrissen. Dir will Ich danken, und des HErrn Namen predigen , Ps. 116,16.17. Freilich zerriß der himmlische Vater alle sichtbaren und unsichtbaren Bande des HErrn Jesu, und erhöhete Ihn zu Seiner Rechten; und auch wir haben durch Christum die Hoffnung, als befreiet von allem Uebel mit Ihm zu herrschen. (Magnus Friedrich Roos)

18:13 und führten ihn zuerst zu Hannas; der war des Kaiphas Schwiegervater, welcher des Jahres Hoherpriester war.

18:14 Es war aber Kaiphas, der den Juden riet, es wäre gut, daß EIN Mensch würde umgebracht für das Volk.

18:15 Simon Petrus aber folgte Jesu nach und ein anderer Jünger. Dieser Jünger war den Hohenpriestern bekannt und ging mit Jesu hinein in des Hohenpriesters Palast.

18:16 Petrus aber stand draußen vor der Tür. Da ging der andere Jünger, der dem Hohenpriester bekannt war, hinaus und redete mit der Türhüterin und führte Petrus hinein.

18:17 Da sprach die Magd, die Türhüterin, zu Petrus: Bist du nicht auch dieses Menschen Jünger einer? Er sprach: Ich bin's nicht.

18:18 Es standen aber die Knechte und Diener und hatten ein Kohlenfeuer gemacht, denn es war kalt, und wärmten sich. Petrus aber stand bei ihnen und wärmte sich.

18:19 Aber der Hohepriester fragte Jesum um seine Jünger und um seine Lehre.

18:20 Jesus antwortete ihm: Ich habe frei öffentlich geredet vor der Welt; ich habe allezeit gelehrt in der Schule und in dem Tempel, da alle Juden zusammenkommen, und habe nichts im Verborgenen geredet.

18:21 Was fragst du mich darum? Frage die darum, die gehört haben, was ich zu ihnen geredet habe; siehe, diese wissen, was ich gesagt habe.

18:22 Als er aber solches redete, gab der Diener einer, die dabeistanden, Jesu einen Backenstreich und sprach: Sollst du dem Hohenpriester also antworten?

18:23 Jesus antwortete: Habe ich übel geredet, so beweise es, daß es böse sei; habe ich aber recht geredet, was schlägst du mich?

18:24 Und Hannas sandte ihn gebunden zu dem Hohenpriester Kaiphas.

18:25 Simon Petrus aber stand und wärmte sich. Da sprachen sie zu ihm: Bist du nicht seiner Jünger einer? Er leugnete aber und sprach: Ich bin's nicht!

18:26 Spricht einer von des Hohenpriesters Knechten, ein Gefreunder des, dem Petrus ein Ohr abgehauen hatte: Sah ich dich nicht im Garten bei Ihm?

18:27 Da leugnete Petrus abermals, und alsbald krähte der Hahn.

18:28 Da führten sie Jesum von Kaiphas vor das Richthaus. Und es war früh; und sie gingen nicht in das Richthaus, auf das sie nicht unrein würden, sondern Ostern essen möchten.

18:29 Da ging Pilatus zu ihnen heraus und sprach: Was bringet ihr für Klage wider diesen Menschen?

18:30 Sie antworteten und sprachen zu ihm: Wäre dieser nicht ein Übeltäter, wir hätten dir ihn nicht überantwortet.

18:31 Da sprach Pilatus zu ihnen: So nehmet ihr ihn hin und richtet ihn nach eurem Gesetz. Da sprachen die Juden zu ihm: Wir dürfen niemand töten.

18:32 (Auf das erfüllet würde das Wort Jesu, welches er sagte, da er deutete, welches Todes er sterben würde.)

18:33 Da ging Pilatus wieder hinein ins Richthaus und rief Jesus und sprach zu ihm: Bist du der Juden König?

18:34 Jesus antwortete: Redest du das von dir selbst, oder haben's dir andere von mir gesagt?

18:35 Pilatus antwortete: Bin ich ein Jude? Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir überantwortet. Was hast du getan?

18:36 Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden kämpfen, daß ich den Juden nicht überantwortet würde; aber nun ist mein Reich nicht von dannen.

18:37 Da sprach Pilatus zu ihm: So bist du dennoch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, daß ich für die Wahrheit zeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme.2)

18:38 Spricht Pilatus zu ihm: Was ist Wahrheit? Und da er das gesagt, ging er wieder hinaus zu den Juden und spricht zu ihnen: Ich finde keine Schuld an ihm.
Nur, was umstritten ist, wird durch Zeugnis festgestellt. Was offenkundig ist, bedarf nicht der Zeugen. Braucht denn die Wahrheit einen Zeugen? Leuchtet sie nicht als Sonne in unser aller Auge hinein und macht sie nicht jeden von uns zu ihrem Mund? Die Welt, die Jesus zum Kreuz verurteilte, machte sichtbar, wie weit sie von der Wahrheit entfernt war. Die Priester, diese Reinen, die nicht ins Schloss des Pilatus hineingehen konnten, damit sie nicht unrein wurden, die sich vor Gottes Majestät tief beugen und darum gewiss wissen, dass Gott unter den Menschen keinen Sohn hat, die für Gottes Ehre mit glühendem Eifer streiten und die Gotteslästerung dessen nicht ertragen, der sich auf dem Weg zum Kreuz den König Israels hieß, die es nicht hören können, wenn Pilatus Jesus den König der Juden nennt, weil sie kaisertreu durch und durch so keinen König ertragen als den Kaiser, sie sind der Wahrheit feind. Alles, was sie sagen und tun, ist hohler Schein. Das Volk, das jetzt vergisst, wie es über die Priester denkt und wie es früher über Jesus dachte, und als scheinbar einträchtige Streiterschar für Gottes Gesetz und Ehre kämpft, hat ebensowenig als die Priester in der Wahrheit den Stern, dem es folgt. Und der Römer mit seiner königlichen Gebärde, mit der er sich als den Besitzer der Macht darstellt, während ein Wink des Tiberius bewirkt, dass er im Elend verschwindet, mit seinem feierlichen Zeremoniell der Rechtsprechung, während ihm jede innerliche Bindung an die Gerechtigkeit fehlt, der keine Marter spart, um das Verbrechen zu ahnden, wahrlich ein Hasser des Bösen im Grund seiner Seele, der den Juden verhöhnt und ihn gleichzeitig fürchtet und vor Jesus bangt und ihn gleichzeitig kreuzigt, er zeigte nicht erst durch seine Frage, dass er fern von der Wahrheit war. Und mitten in dieser schauspielernden Schar, in der alles Lüge ist, steht der Zeuge für die Wahrheit, der ans Licht bringt, dass Gott der Wirkliche ist, jetzt, da die Menschen gegen ihn wüten und toben, dass Gott der Gerechte ist, jetzt, da die Sünde vollendet wird, dass Gott die Gnade ist, jetzt, da er in der Verlassenheit von Gott steht, dass Gott der Lebendige ist und das Leben gibt, jetzt, da ihm Gott das Kreuz auferlegt. Dafür zeugte er nicht nur mit seinem Wort, sondern mit seinem Blut. Darum ist das Kreuz Jesu der Ort, von dem aus die Wahrheit in die Welt hinein strahlt.
Wenn wir es lernten, Vater, Dich in Wahrheit anzubeten, wenn wir es lernten, im Licht zu wandeln, wenn wir es lernten, vom Geist der Wahrheit uns strafen und leiten zu lassen, welch ein unbeschreiblich großer Segen wäre das. Rette uns, deine Schar, in der Gnade des Kreuzes, das Du uns geschenkt hast, von allem, was Schein und Falschheit ist. Amen. (Adolf Schlatter)

18:39 Ihr habt aber eine Gewohnheit, daß ich euch einen auf Ostern losgebe; wollt ihr nun, daß ich euch der Juden König losgebe?

18:40 Da schrieen sie wieder allesamt und sprachen: Nicht diesen, sondern Barabbas! Barabbas aber war ein Mörder.

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