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Matthäus, Kapitel 3

Matthäus, Kapitel 3

3:1 Zu der Zeit kam Johannes der Täufer und predigte in der Wüste des jüdischen Landes

3:2 und sprach: Tut Buße, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!

3:3 Und er ist der, von dem der Prophet Jesaja gesagt hat und gesprochen: „Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem HERRN den Weg und macht richtig seine Steige!“
In dem, was Johannes sagte, leuchtet Gottes Verheißung im hellsten Glanz, nicht weniger hell als in der Weihnachtsgeschichte. Gottes königliches Handeln steht bevor und bringt uns die Gaben seiner alles vollendenden Gnade. Die Verheißung bewegt unser Verlangen. So war es auch damals in Israel. Er, der dem Volke sagte: „Ihr steht unmittelbar vor dem Himmelreich!“ wird von den Scharen umdrängt, die aus vielen orten zu ihm zogen. Aus der Verheißung erwächst als das erste, was sie uns gibt: die Hoffnung. Sie ist mit Freude umkränzt. Bald endet alle Pein; soll ich mich nicht freuen? Bald erscheint Gottes uns selig machender Reichtum; soll ich nicht den Psalm anstimmen? Wird nicht aus der Schar, der Johannes predigt, eine jubelnde Gemeinde, die gemeinsam mit jauchzendem Lied den nahenden Tag des Heils begrüßt? So war es und so muss es sein; denn die Verheißung wirkt Freude und erzeugt die Danksagung. Johannes deutet aber den Anspruch, den die Verheißung an uns richtet, noch mit einem anderen Wort: tut Buße, kehrt um! Dass das Unrecht verschwinde und die Gottlosigkeit ende, dass wir wegtun, was Gott hasst und richtet, das macht Johannes zur Folge, die aus der Verheißung entstehen soll. Die Verheißung erfreut, aber nicht allein, sondern sie reinigt auch. Die Verheißung erweckt mein seliges Empfinden, aber nicht allein, sondern sie schafft auch Willen. Die Verheißung heftet meinen Blick auf Gottes Tat, aber nicht allein, sondern sie beruft auch mich zum Handeln. Kann denn ich irgend etwas dazu tun, dass Gottes Reich komme? Es kommt durch Gott selbst. Es kommt aber, um abzutun, was Gott widersteht. Tue ab, was dich mit Gott entzweit und aus ihm deinen Widersacher macht. Muss ich deshalb klagen, Gottes Reich sei für mich verschlossen? Kommt es auch zu mir, wenn es nicht für Sünder kommt? Gott, sagt mir Johannes, tut weg, was dich von seinem Reiche trennt. Gott vergibt, Du wirst getauft und in Gottes Vergebung hineingesetzt. Die Vergebung empfängst du aber nicht, damit du das Böse tust und ein Sünder bleibst, sondern damit du es nicht mehr seiest. Wird mir die Taufe dazu gegeben, damit ich Buße tue, ist dadurch die Verheißung und ihre Freude getrübt? Vollendet ist sie nun. Ich darf mein Böses lassen, darf verwerfen, was Gott verwirft, darf selber hassen, was Gott an mir hasst, und darf dies tun, weil Gott mir vergibt und mich in sein Reich einführt. So bleibt Gottes Reich Gottes Werk und Eigentum und wird nicht zum Reich des Menschen, der für sich und seinen sündlichen Willen Glück und Ewigkeit begehrt.
Ich labe mich, Herr Gott, an Deinen Verheißungen und mache meine Seele mit ihr froh, damit ich nicht ermüde im Streit mit dem, was unrecht ist. Deine Verheißung beruft mich in meinen Kampf, damit ich ihn freudig vollbringe. Amen. (Adolf Schlatter)

3:4 Er aber, Johannes, hatte ein Kleid von Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Lenden; seine Speise aber war Heuschrecken und wilder Honig.

3:5 Da ging zu ihm hinaus die Stadt Jerusalem und das ganze jüdische Land und alle Länder an dem Jordan

3:6 und ließen sich taufen von ihm im Jordan und bekannten ihre Sünden.

3:7 Als er nun viele Pharisäer und Sadduzäer sah zu seiner Taufe kommen, sprach er zu ihnen: Ihr Otterngezüchte, wer hat denn euch gewiesen, daß ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet?
Lieblich ist‘s, eine Gegend zu durchwandern, nachdem ein Gewitter vorübergezogen ist, das frische Grün der Matten zu genießen, wenn der Regen aufgehört hat, und die Tropfen zu bewundern, die gleich den reinsten Diamanten im Sonnenlichte funkeln. Solcher Genuss wird dem Christen zuteil. Er zieht durch ein Land, wo das Gewitter sich über seines Heilandes Haupt entladen hat, und wenn etwa noch etliche Sorgentropfen niederfallen, so entquellen sie den Wolken der Gnade, und der Herr Jesus erquickt ihn durch die Zusicherung, dass sie ihm nicht sollen zum Verderben gereichen. Aber wie schrecklich ist die Gewissheit von der Annäherung eines Gewittersturmes: man empfindet die Schwüle der drückenden Luft: furchtbare Windstöße erfüllen das Gemüt mit Bangen; die Vögel kämpfen vergeblich gegen die reißende Wucht des Sturmwindes; das Vieh senkt entsetzt die schnaubenden Nüstern; der Himmel verhüllt sein Antlitz in Nachtgewölk; vergeblich späht das Auge nach der Sonne, nach dem offenen Blau des Himmels; die Sonne scheint nicht, und die Feste des Himmels ist finster und zornig! - Und nun ein banges Harren, bis der Orkan mit alles zerstörender Wut losbricht, wie er zuweilen in den Ländern der heißen Zone einherstürmt; ein Warten voll marternder Ungewissheit, bis die Windsbraut heult mit unbändigem Toben, Bäume mit den Wurzeln aus dem Boden reißt, Felsen von ihrem festen Fußgestell stürzt, und alle Wohnstätten der Menschen zerwühlt und verwüstet! Und siehe, Sünder, das ist deine Lage. Noch ist kein einziger heißer Tropfen gefallen, aber ein Feuerstrom rast daher. Kein wütender Wind umheult dich, aber Gottes Wetter sammeln ihre furchtbaren Feuerschlünde. Noch dämmt die Gnade die Wasserfluten ein, aber bald öffnen sich ihre Schleusen: noch ruhen des Ewigen Donnerkeile in seinem Zeughause, aber siehe, der Sturm braust daher, und welch ein entsetzlicher Anblick wird‘s sein, wenn Gott im Zornesgewand zur Rache erscheint! Wo, wo, wo, o Sünder, willst du dein Haupt verbergen, wohin willst du fliehen vor Ihm? O, dass dich doch die Hand der Gnade zu Christo leitete! Er ist dir frei angeboten im Evangelium: seine geöffnete Seite ist der Fels des Heils. Du weißt, wie nötig du Ihn hast; glaube an Ihn, klammre dich in Ihn, so ist der Zorn vorübergegangen für alle Zeiten. (Charles Haddon Spurgeon)

3:8 Sehet zu, tut rechtschaffene Frucht der Buße!

3:9 Denket nur nicht, daß ihr bei euch wollt sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Ich sage euch: Gott vermag dem Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken.

3:10 Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt. Darum, welcher Baum nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.
Zur Umkehr berief der Täufer das Volk und Jesus tat es ebenso. Umkehr, die den boshaften Willen wegstößt und das verwerfliche Verhalten preisgibt, führt in Gottes Reich hinein. Worin gesteht denn unsere Sünde? Der Ruf zur Buße beschrieb sie nicht; denn er gesteht uns nicht zu, daß wir das Sündliche nicht kennen. Jeder kennt seine Not; jeder weiß, was ihn verdirbt. Wir brauchen alle nicht Aufklärung, sondern Entschluß, nicht Beschreibung und Betrachtung unserer Sünde, sondern ihr Ende. Wenn aber das göttliche Urteil uns verkündet wird, das aus unserer Sünde den Ausschluß und aus unserer Buße den Eingang in Gottes Reich macht, dann bedürfen wir die klare Erkenntnis, wie die Sünde von uns geschieht. Darum kam der Täufer dem Gewissen des Volks mit seinem Gleichnis zu Hilfe, das auch Jesus in derselben Weise verwendet hat. Den Fruchtbaum macht er zum Gleichnis des Menschen; wann verfällt er der Axt? Wenn die Frucht ausbleibt. Wie vor der Unfruchtbarkeit die zur Fruchtbarkeit geschaffene Art des Baumes steht, so steht vor unserer Sünde Gottes gnädige Gabe, doch so, daß sie von uns entkräftet wird. Gottes Wort wird empfangen, bleibt aber unwirksam. Gottes Wahrheit spricht zu mir, wird aber von mir verdrängt. Gottes Gnade bewegt meinen Willen; aber meine Eigensucht widersetzt sich ihr. Das ist die Sünde. Da Jesus den Ruf des Täufers zur Buße fortgesetzt hat, zeigt er uns in derselben Weise, wie wir schuldig werden. Unsere Schuld entsteht nicht an dem, was uns fehlt, sondern an dem, was wir empfingen. Welcher Feigenbaum ist in Gefahr, daß er umgehauen werde? Der, der nur Blätter trägt. Was tut ihm der Gärtner? Er beschenkt ihn mit seiner Pflege und reicht ihm seine Hilfe dar, damit er endlich Frucht bringe. Welches Salz wird zertreten? Das, das nicth salzt. Welche Rebe wird entfernt? Die, die nicht Frucht bringt. Welches Talent bringt den, der es hat, ins Gefängnis? Das, welches unnütz blieb. Jesu Urteil fragt mich nach dem, was aus Gottes Gabe durch mich geworden ist. Darum wurde aus der Botschaft des Täufers und Jesu nicht ein doppeltes, zwiespältiges Wort, bald die Verkündigung des göttlichen Reichs und bald die Verkündigung des göttlichen Zorns, sondern ihr Evangelium machte Gottes einträchtigen Willen offenbar. Daß der Feigenbaum in Gottes Garten steht, das ist Gottes Gnade; daß er umgehauen wird, das ist Gottes Gericht. Dieses geschieht, weil jene geschah. Der göttliche Zorn schützt Gottes Gabe gegen ihren Mißbrauch und sein Gericht verdirbt den, der die empfangene Gnade verdarb. Im göttlichen Zorn offenbart sich der wahrhaftige Ernst seiner Gnade und darum gibt es auch nur einen Weg, auf dem wir dem göttlichen Zorn entrinnen, den der Täufer mit dem Wort beschrieben aht: Bringt der Buße würdige Frucht.
Ich bleibe, lieber Herr, oft an dem hängen, was ich gern hätte und nicht habe, und plage mich mit dem, was mir fehlt. Allein nicht das macht, daß du wider mich bist. Meine Schwachheit und Not trennt dich nicht von mir, sondern führt dich zu mir. Allein deine heilige und herrliche Gnade muß ich bewahren. Hier werde ich schuldig und daher bist du deshalb mein Heil, weil ich in deinem Namen bitten darf: vergib uns unsere Schulden. Amen. (Adolf Schlatter)

3:11 Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; der aber nach mir kommt, ist stärker denn ich, dem ich nicht genugsam bin, seine Schuhe zu tragen; der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
Johannes hat's versprochen - Jesus hat's erfüllt. Die für solche Gabe innerlich Zugerüsteten empfingen sie damals zu Pfingsten als eine erschütternde, belebende, sie erfüllende Kraft. Merkwürdig, daß heute so viel Christen verlegen schweigen, wenn man sie fragt, ob sie den Heiligen Geist haben. Brennt denn in ihren Seelen nicht das Feuer, das sie scheiden will von der Sünde? Wirkt denn in ihnen nicht der Geist den Glauben an Jesus, den Sohn Gottes und ihren Heiland? Aber es mag daran liegen, daß man irgendwas für außerordentliche Erscheinungen und Kräfte vermißt und meint, so müsse der Geist sein Kommen bekunden, wie beim ersten Pfingsten. Das ist falsch. Man kann ihm, wie Gott, nur nachsehen: an seinen Wirkungen offenbart es sich, ob er da ist. Aber diese Wirkungen müssen heute sittlicher und religiöser Art sein - nicht in sinnfälligen Zeichen. Niemand kann Jesus einen Herrn heißen ohne durch den Heiligen Geist. Das ist die Hauptsache, daß der Geist unsere Stellung zu Jesus neu und lebendig und wirksam macht. Mehr will er nicht, als daß Jesus recht erkannt und geliebt und angesehen werde. Und das kannst du doch freudig bejahen, der du Jesum liebst und keinen Tag mehr leben kannst ohne ihn.
Wir danken dir, Herr Jesu, daß dein Feuer brennt, daß dein Geist wirkt, daß wir an dich glauben dürfen und dich lieben können. Werde du uns immer mehr und erfülle uns mit deiner Art zu deiner Ehre. Amen. (Samuel Keller)

3:12 Und er hat seine Wurfschaufel in der Hand: er wird seine Tenne fegen und den Weizen in seine Scheune sammeln; aber die Spreu wird er verbrennen mit ewigem Feuer.

3:13 Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, daß er sich von ihm taufen ließe.

3:14 Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf wohl, daß ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?

3:15 Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Laß es jetzt also sein! also gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er's ihm zu.

3:16 Und da Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser; und siehe, da tat sich der Himmel auf Über ihm. Und er sah den Geist Gottes gleich als eine Taube herabfahren und über ihn kommen.
Gleichwie der Geist Gottes herabfuhr auf den Herrn Jesum, das Haupt, so fährt Er herab auf die Glieder des Leibes der Gemeinde, nach dem Werk eines jeglichen Gliedes in seinem Maße. Seine Herabkunft zu uns erfolgt in ähnlicher Weise, wie Er herabkam auf den Herrn. Es geschieht dies oft mit auffallender Schnelligkeit; kaum sind wir es gewahr geworden, so werden wir aufwärts und himmelwärts geführt über alle Erwartung. Und doch ist nichts betäubend Unruhiges dabei, wie bei irdischer Eile, denn die Flügel der Taube sind ebenso sanft als schnell. Ruhe scheint bei manchen Wirkungen des Geistes eine wesentliche Eigenschaft zu sein; der Herr spricht noch immer sanft und freundlich, und wie der Tau trieft seine Gnade still hernieder. Die Taube war stets das auserwählte Vorbild der Reinheit, und der Heilige Geist ist die Heiligkeit selber. Wo Er hinkommt, ist alles, was rein und lieblich und löblich ist, überschwänglich vorhanden, und Sünde und Unreinigkeit müssen weichen. Friede herrscht gleicherweise, wo die heilige Taube mit Macht einkehrt; sie trägt den Ölzweig, zum Zeichen, dass die Fluten des göttlichen Zornes sich verlaufen haben. Sanftmut ist eine gewisse Wirkung der umwandelnden Macht der heiligen Taube; Herzen, die von ihrem segensreichen Einfluss berührt wurden, sind fortan und allezeit sanft und demütig. Harmlosigkeit ist die notwendige Folge davon; Adler und Raben verfolgen ihre Beute, die Turteltaube dagegen kann wohl Unrecht ertragen, aber sie fügt kein Unrecht zu. Wir müssen harmlos sein wie die Tauben. Die Taube ist ein treffliches Bild der Liebe; die Stimme der Turteltaube ist voller Zärtlichkeit; und so überströmt eine Seele, die vom göttlichen Geist heimgesucht wird, von Liebe zu Gott, von Liebe zu den Brüdern und von Liebe zu den Sündern, vor allem aber von Liebe zu Jesu. Das Schweben und Weben des Geistes Gottes über den Wassern der Tiefe rief zuerst Ordnung und Leben hervor, und in unsern Herzen erweckt und pflegt Er das neue Licht und Leben. O hochgelobter Heiliger Geist, gleichwie Du ruhtest auf unserem teuren Heiland und Erlöser, so ruhe nun auch auf uns, und stärke in uns durch Dein Licht das neue Leben von nun an bis in Ewigkeit. (Charles Haddon Spurgeon)

3:17 Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe. 1); 2)
Durch die Taufe ward unser Herr Christus eingesegnet zu seinem Amt, welches Er in seinem dreißigsten Jahr öffentlich antrat, wie auch die Leviten bei ihrem Eingange in’s Amt so viele Jahre haben mußten. In der Taufe, „da fähet Christus an, ein Christus zu sein,“ sagt Luther; und unsere lieben Väter haben wohl recht gesagt: „Unsere Sünden liegen im Jordan, darin sind sie versenket. Wenn der böse Geist von deiner Sünde viel Gerede macht, so weise ihn in den Grund des Jordans, da mag er sie suchen und darüber ersaufen.“ Ja, Ambrosius saget sein: „Für uns ist Christus abgewaschen, ja, Er hat uns an seinem eignen Leibe gewaschen und gebadet.“ Das ist schon ungemein tröstlich und beruhigend für arme Sünder, wie wir sind, die wir alle Tage der Abwaschung bedürfen. – Nicht minder tröstlich ist, daß beim zweiten Adam sich der Himmel wieder geöffnet hat, der beim ersten Adam verschlossen wurde, da wir alle Nachkommen des ersten Adam sind und durch ihn einen verschlossenen Himmel von Natur über uns haben. – Vollends eine Quelle voll Trost und Friedens ist der Gottesruf: „Das ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe.“ Mit den Worten macht Gott aller Welt Herz lachend und fröhlich, und durchgießt alle Creatur mit eitel göttlicher Süßigkeit und Trost. Wie so? Ei, wenn ich das weiß und gewiß bin, daß der Mensch Christus Gottes Sohn ist und dem Vater wohlgefällt, so bin ich auch gewiß, daß alles, was dieser Mensch redet und thut, das ist eitel liebes Sohnes Wort und Werk, welches auf das Allerbeste Gott muß gefallen. Wohlan, das will ich denn merken und wohl fassen. Wo ich denn nun hinfürder Christum höre reden oder sehe etwas thun, daß Er’s mir zu gute thut, wie Er denn allenthalben thut, da Er spricht: Er thue und leide Alles um meinetwillen, - so will ich an dieser Worte des Vaters gedenken, daß Er der liebe Sohn ist und daß solch Reden, Thun und Leiden Christi, das für mich geschieht, müsse Gott herzlich wohlgefallen. Ach, fühlte ich das immer und recht, mein Herz müßte vor Freuden in hunderttausend Stücken zerspringen! Um Deiner Taufe willen im Jordan und am Kreuz, Herr Jesu, hilf uns ererben, was Du uns erworben hast. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Dieses Kapitel handelt erstlich von der großen Wohlthat, welche Gott der HErr dem jüdischen Voll erzeiget, da Er den eifrigen Bußprediger Johannes gesendet, daß durch seine weit und breit erschollene Bußstimme die Menschen, so in großer Menge sich einfanden, um ihn zu hören - und von ihm sich taufen zu lassen, aus dem tiefen Schlaf der bisherigen Sicherheit erwecket - und tüchtig gemachet würden, dem ankommenden Heiland der Welt den Weg zu bereiten, das ist, Ihn mit Demuth und Büßfertigkeit für den, der Er war, im Glauben anzusehen - und zu empfangen.
Gleichwie nun des Johannes Predigtamt an vielen gesegnet gewesen, so daß eine große Anzahl ihre Sünden bekannten - und durch den Empfang der heiligen Taufe der Vergebung derselben versichert wurden, - ebenso meldet der Evangelist Matthäus, mit was für Freudigkeit und unerschrockenem Muth Johannes den Pharisäern und Sadducäern begegnet, welche Heuchler waren - und sowohl ihm, als Christo selber sich am meisten widersetzten.
Er stehet es nämlich als etwas gar schweres an, daß sie von Herzen bekehret werden - und dem zukünftigen Zorn entrinnen sollten, und ermahnet sie demnach, rechtschaffene Früchte der Buße zu bringen, das ist, eine ungeheuchelte Lebensänderung und Besserung zu beweisen. Er stellet ihnen sodann vor, daß sie sich der fleischlichen Herkunft von Abraham vergeblich rühmen, solange sie nicht als Kinder Gottes und im Glauben Abrahams leben. Er verkündiget ihnen endlich, wie die Art schon dem Baum an die Wurzel gelegt, oder Gottes Strafgericht bereits im Anzug sey, und welcher Menschenbaum nicht gute Glaubens- und Lebensfrüchte bringe, der werde in's Feuer geworfen, das ist, ewiglich verdammt werden.
Weil es aber das vornehmste Werk eines evangelischen Predigers ist, auf Jesum Christum zu weisen, so erhebet Johannes die Hoheit und Würde dessen, der nach ihm kommen - und der Juden viele, welche nämlich Seine Jünger seyn und werden sollten, mit dem heiligen Geist und Feuer taufen werde; wie denn solches am ersten Pfingstfest nach Christi Himmelfahrt erfolget, während hingegen den Ungläubigen aus diesem Volk ihre verdiente und angedrohete Strafe endlich doch zu Theil geworden ist.
So sehr indessen des Johannes Demuth zu bewundern ist, da er bekennet, er sey nicht genugsam oder würdig, Jesu die Schuhe nachzutragen, so große Ehre ist ihm hinwiederum damit widerfahren, daß der HErr Jesus zu ihm gekommen - und Sich von ihm, wie ein anderer gemeiner Jude, im Jordan hat taufen lassen, nicht als wenn Er solches Wassertaufen für Sich bedurft hätte, sondern um unsertwillen und zur Lehre, wie Er alle Gerechtigkeit zu erfüllen in dieser Welt erschienen sey. Denn Er hat die Beschneidung und die Taufe angenommen, dieweil Er der Juden und Heiden, der Beschnittenen und Unbeschnittenen Heiland seyn sollte.
Bei solcher Taufe hat sich ferner das sonderbare Wunder ereignet, daß die ganze heilige Dreieinigkeit ihre Gegenwart sichtbarlich und deutlich zu erkennen gegeben, - Gott der Vater durch die Stimme vom Himmel: „Dies ist Mein lieber Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen habe,“ - Gott der Sohn, welcher eben die Taufe empfängt - und Sich in angenommener zarter Menschheit hier darstellet, - Gott der heilige Geist aber, der gleich als eine Taube herabfähret - und über Jesum kommt.
Daher haben sich die frommen Alten zum Beweis der hochwichtigen christlichen Lehre und des Artikels von den drei Personen in der Gottheit auf diese Taufgeschichte im Jordan bezogen, und der heilige Apostel Paulus hat in dem 3. Kap. seines Briefes an den Titus allen getauften Christen zum großen Trost angezeigt, daß auch bei ihrer Taufe Vater, Sohn und heiliger Geist gegenwärtig, mithin der Himmel offen sey.
Deßhalb sollen wir das heilige Sakrament mit großer Andacht und Ehrerbietung halten - und unsers mit Gott dem Dreieinigen geschlossenen Taufbundes zu unserer täglichen Bußerweckung und Lebenserneuerung beständig eingedenk seyn; wozu uns denn der dreieinige Gott selbst Kraft und Gnade verleihen wolle. Amen. (Veit Dieterich)


Der Herr Christus kam, bevor er sein heiliges Mittleramt antrat, an den Jordan zu Johannes dem Täufer, daß er sich taufen ließe. Johannes erschrak, als er den heiligen Gottessohn, der kein Sündenbekenntniß ablegen konnte, und darum keiner Reinigung bedurfte, unter die Sünder treten und sich seiner Taufe nahen sah. Er wehrete dem Herrn; dieser aber, der als Bruder aller Menschen gekommen ist, daß er sich zu ihnen herablasse, um sie hernach zu seiner Herrlichkeit zu erhöhen, weist den Täufer auf den Rathschluß Gottes hin, dem sie beide Folge leisten müßten. Und kaum hat der Sohn Gottes übernommen alle Gerechtigkeit zu erfüllen, so thut sich der Himmel auf über ihm, der heilige Geist kommt herab auf ihn in sichtbarer Gestalt und der Vater selbst hält die Taufrede, in der er hinweis't auf das Ziel und Ende der Laufbahn seines lieben Sohnes. - Durch Christi Taufe wird unsere Taufe verherrlicht. Alles, was er gethan, hat er für uns, uns zu gut gethan. Fleisch vom Fleische, in Sünden empfangen und geboren, der Sünde, dem Tode und der Verdammniß unterworfen, bedürfen wir der Vergebung der Sünden und der Wiedergeburt durch den heiligen Geist. Beides ist an die Taufe geknüpft; beides empfangen wir, wenn wir in die Gemeinschaft mit Jesu treten. Durch die Taufe sind wir ihm, der uns durch sein Leben, Leiden und Sterben erlöset, erworben und gewonnen hat, einverleibt, in ihn gepflanzet und eingesetzt zu Erben seiner Gnade und seines heiligen Verdienstes, oder wie unser Luther sagt: „Ich bin getauft, das heißt nichts anderes, als der Himmel ist mein, ist mir umsonst geschenkt und ich habe Brief und Siegel darüber.“ In der Taufe empfangen wir den Geist der Wahrheit, der Kraft und des Trostes. Durch Alles, was wir auf Erden thun und leiden, lieben, glauben und hoffen, können wir nicht mehr erreichen, als daß wir behalten, was uns der dreieinige Gott an unserem Tauftage aus Gnaden zugesagt und bescheeret hat. Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden. Wer aber des Herrn Stimme verachtet, seiner Führung eigenwillig widerstrebt, und von der Sünde nicht lassen mag, wer in Unglauben und Unbußfertigkeit dahin lebt, der verliert die empfangene Gnade, streicht seinen Namen, der im Buche des Lebens bereits stand, wieder aus, verschleudert das ewige Erbtheil und schließt sich selbst den Himmel zu. Einem solchen Menschen hilft es nicht, daß er getauft ist, sondern seine Verdammniß wird um so größer. Den Willen seines Herrn hat er gewußt, aber nicht darnach gethan. Den Centner hat er empfangen, aber er hat ihn in die Erde vergraben. Davor behüte uns, Herr unser Gott, in Gnaden!(Christian Wilhelm Spieker)

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