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Hosea, Kapitel 11

Hosea, Kapitel 11

11:1 Da Israel jung war, hatte ich ihn lieb und rief ihn, meinen Sohn, aus Ägypten.

11:2 Aber wenn man sie jetzt ruft, so wenden sie sich davon und opfern den Baalim und räuchern den Bildern.

11:3 Ich nahm Ephraim bei seinen Armen und leitete ihn; aber sie merkten es nicht, wie ich ihnen half.

11:4 Ich ließ sie ein menschlich Joch ziehen und in Seilen der Liebe gehen und half ihnen das Joch an ihrem Hals tragen und gab ihnen Futter.
Unser himmlischer Vater lässt uns oft in Seilen der Liebe gehen; aber ach! wie gehen wir Ihm so ungern entgegen! Wie zögernd gehorchen wir seinen liebevollen Aufmunterungen! Er zieht uns Ihm nach, um in uns einen einfältigeren Glauben an Ihn zu wecken; aber wir sind noch weit entfernt von Abrahams Vertrauen; wir werfen unsre irdischen Sorgen noch immer nicht auf Gott, sondern machen uns wie Martha viele Sorge und Mühe. Unser magerer Glaube macht auch unsre Seelen elend; wir machen unsern Mund nicht weit auf, trotz seiner Verheißungen, dass Er ihn füllen wolle. Zieht Er uns diesen Abend nicht zu sich, damit wir auf Ihn trauen möchten? Können wir seine Stimme nicht vernehmen, die zu uns spricht: „Komm, liebes Kind, vertraue mir. Der Vorhang ist zerrissen; komm herein zu mir, und nahe dich kühn dem Thron meiner Gnade. Ich bin deines vollsten Vertrauens wert, wirf alle deine Sorgen auf mich. Schüttle den Staub deines Kummers von dir ab, und ziehe deine herrlichen Freudenkleider an?“ Aber ach! Wenn wir schon mit liebevollem Tone eingeladen werden, uns des köstlichen Genusses dieser herrlichen Gnade teilhaftig zu machen, so kommen wir doch nicht. Ein andermal sucht Er uns in eine innigere Gemeinschaft mit Ihm zu ziehen. Wir sitzen an den Türstufen des Hauses unsers Gottes; da heißt Er uns hineingehen in seinen Saal und das Abendmahl mit Ihm halten, aber wir lehnen die Ehre ab. O, unsre kalten Herzen! Was sind wir doch für armselige Liebhaber unsers teuren Herrn Jesu, nicht wert, seine Knechte zu sein, noch weniger, Ihn zum Bräutigam zu haben; und doch hat Er uns vorgezogen und erhöht, mit Ihm vertraut zu werden durch einen herrlichen Ehebund, in Gerechtigkeit und Gnade. Hier ist wahrlich Liebe! Aber es ist eine Liebe, die keine Weigerung annimmt. Sind wir nicht den sanften Gnadenzügen seiner Liebe gehorsam, so sendet Er uns Trübsal, damit wir zu innigerer Anhänglichkeit an Ihn getrieben werden. Näher will Er uns haben. Was sind wir doch für törichte Kinder, dass wir diese Liebesseile zurückweisen und so unserem Rücken jene Zuchtrute zuziehen, die der Herr Jesus wohl zu gebrauchen weiß! (Charles Haddon Spurgeon)

11:5 Sie sollen nicht wieder nach Ägyptenland kommen, sondern Assur soll nun ihr König sein; denn sie wollen sich nicht bekehren.

11:6 Darum soll das Schwert über ihre Städte kommen und soll ihre Riegel aufreiben und fressen um ihres Vornehmens willen.

11:7 Mein Volk ist müde, sich zu mir zu kehren; und wenn man ihnen predigt, so richtet sich keiner auf.
Die Zerstreuung des Volks Israel ist ein Bild aller zerstreuten Seelen, die, aus dem gelobten Lande des Friedens verstoßen, ohne Tempel und Heiligthum, ohne den Hohenpriester und Opfer, ohne ihren König, außer sich selbst umher irren, suchen Ruhe und finden sie nicht. Kehren sie aber zurück von ihrer Zerstreuung in ihr Herz und suchen sie den Heiland im Heiligthume, so wird alles erfüllt und geschehen, was ihnen verheißen ist; der Herr wird in ihnen wohnen und wandeln. Ihr Zeitenforscher, übersehet dieses Zeichen nicht, und verrechnet euch nicht mit vielen Zahlen. Nur Eins ist noth. Bringet alle Zahlen in Eins, und bleibt bei dem Einen gesammelt, so ist das Reich Gottes in euch schon angebrochen, und was noch kommen soll, wird euch dann auch nicht entgehen. Wer aber im Gegenwärtigen nicht treu ist, wer wird dem das Zukünftige geben? Wer das, was er hat, oder schon haben könnte, nicht brauchet, nicht so ganz darin ist, wer wird ihm geben, was kommen soll? Genommen wird ihm, was er hat. Zerstreuung, Gerede ohne Herz, wenn es auch von heiligen Dingen geschieht, vertreibt den Geist der Gnade, der sich allemal zurückzieht, wenn wir nicht heilig mit dem Heiligen umgehen, wenn wir nur von dem schwatzen, was wir thun sollen, wenn uns der Herr nur im Sprechen von ihm, nicht in seinem Werke antrifft. (Johannes Goßner)

11:8 Was soll ich aus dir machen, Ephraim? Soll ich dich schützen, Israel? Soll ich nicht billig ein Adama aus dir machen und dich wie Zeboim zurichten? Aber mein Herz ist andern Sinnes, meine Barmherzigkeit ist zu brünstig,

11:9 daß ich nicht tun will nach meinem grimmigen Zorn, noch mich kehren, Ephraim gar zu verderben. Denn ich bin Gott und nicht ein Mensch und bin der Heilige unter dir; ich will aber nicht in die Stadt kommen.
DIe Propheten verkündigen straff und trost. Unsere mancherley grosse sünde / haben wol verdienet / das Gott alle Land vertilget / wie er Sodoma und die andern Stedte dabey / Gomorrha / Adama / und Zeboim vertilget.
Aber da gegen tröstet uns Gott mit diesen gnedigen worten / Seine Barmhertzigkeit sey nicht schwach oder kalt / Sondern sey ein hertzliche brennende Liebe gegen uns. Darumb wil er gnade erzeigen / allen / die sich bekeren / und nicht straffen nach unserm verdienst / und uns nicht gantz verstossen und vertilgen / Denn er sey Gott / und nicht ein Mensch.
Menschen und Gott zürnen nicht gleich. Menschen wöllen ire Feinde im zorn gantz auffreumen. Aber Gott zürnet also / das er furnemlich bekerung suchet. Denn er liebet sein Werck / und wil es erhalten / so es sich widerumb zu im wendet. Er ist nicht ein Gott zur verderbung / sondern zu helfen.
Dazu spricht er / Er sey der Heilige bey inen / das ist / er sey bekand bey inen / (Si omnes perderet, non posset sanctificari) Inen hab er seine Lere gegeben / und grosse zeugnis dazu gegeben / Das man wissen sol / das kein ander der wahrhafftige Gott sey / denn allein dieser / der der Propheten lere in diesem Volck gegeben hat. Darumb spricht er / wil Ich euch nicht gantz vertilgen lassen / das meine Lere bleibe / und das nicht Gottes erkentnis gantz verlessche in menschlichem Geschlecht. (Philipp Melanchthon)


Der Herr macht so Seine verschonende Güte kund. Es mag sein, daß der Leser eben jetzt unter schwerem Mißfallen Gottes ist, und daß alles ihm mit schleunigem Gerichte droht. Möge dieser Spruch ihn vor Verzweiflung abhalten. Der Herr fordert dich auf, an deine Wege zu gedenken und deine Sünden zu bekennen. Wenn Er ein Mensch gewesen wäre, so würde Er dich längst ausgestoßen haben. Wenn Er jetzt nach Menschenweise handeln wollte, so würde es „ein Wort und ein Schlag“ sein, und dann hätte es ein Ende mit dir: aber es ist nicht so, denn „so viel der Himmel höher ist, denn die Erde, so sind auch Seine Wege höher, als eure Wege.“
Du nimmst mit Recht an, daß Er zornig ist, aber Er will nicht ewiglich zürnen: wenn du dich von der Sünde zu Jesu kehrst, so will Gott sich von Seinem Zorn abkehren. Weil Gott Gott ist, und nicht ein Mensch, ist noch Vergebung für dich da, obwohl du bis an den Hals in Missetaten stecken magst. Du hast es mit einem Gott zu tun., und nicht mit einem harten Menschen, nicht einmal mit einem bloß gerechten Menschen. Kein menschliches Wesen könnte Geduld mit dir haben; du würdest die Geduld eines Engels erschöpfen, wie du die deines trauernden Vaters erschöpft hast; aber Gott ist langmütig. Komm und stelle Ihn sogleich auf die Probe. Bekenne, glaube und kehre um von deinem bösen Wege, so wirst du errettet werden. (Charles Haddon Spurgeon)

11:10 Alsdann wird man dem HERRN nachfolgen, und er wird brüllen wie ein Löwe; und wenn er wird brüllen, so werden erschrocken kommen die Kinder, so gegen Abend sind.

11:11 Und die in Ägypten werden auch erschrocken kommen wie die Vögel, und die im Lande Assur wie Tauben; und ich will sie in ihre Häuser setzen, spricht der HERR.

11:12 (-) In Ephraim ist allenthalben Lügen wider mich und im Hause Israel falscher Gottesdienst. Aber auch Juda hält nicht fest an Gott und an dem Heiligen, der treu ist.
Hier ist eine schöne Predigt, in welcher Gott auf's erste erzählet, wie Er aus Gnaden Sein Volk aus Egypten erlöset - und in ein besser Land gebracht habe, da ihnen nichts gemangelt, und wie Er sie, obwohl Er von ihnen dafür begehret, daß sie Ihm dienen sollten, doch nicht etwa mit allzuhartem Dienst beschweret, sondern „Ich ließ sie ein menschlich Joch ziehen“, spricht Er, „und sie in Seilen der Liebe gehen - und half ihnen das Joch an ihrem Halse tragen.“
Denn ohne Hilfe und Beistand Seiner Gnade können wir Menschen solches Sein Joch nicht tragen, das heißt, nach Seinen Geboten nicht leben, dieweil alles Dichten und Trachten unseres Herzens seit dem leidigen Fall des menschlichen Geschlechts zu nichts anderm, als nur zu lauter Bösem geneigt, zu allem Guten aber so todt und erstorben ist, daß wir von uns selber, als von uns selber, nicht tüchtig sind, dessen etwas nur zu denken, viel weniger zu vollbringen.
Drum kann und will sich denn unser Hals unter des HErrn Joch nicht beugen, sondern möchte solches Joch nur immer gern von sich abschütteln - und seines eigenen Gefallens leben; wie deßwegen auch dorten im 2. Kap. des Proph. Jerem. von dem Volk Israel stehet: „Du hast immerdar dein Joch zerbrochen - und deine Bande zerrissen - und gesagt: Ich will nicht so unterworfen seyn.“
Soll es aber anders bei uns gehen, und Sein Joch von uns gebührend getragen, das heißt, Seinen heiligen Geboten, wie Er, der HErr, es haben will, von uns nachgelebet werden, so muß Er uns solch Joch allerdings selber tragen helfen - und durch Seine Gnade bei und in uns beide das Wollen und das Vollbringen dazu schaffen.
Und an solcher Seiner Hilfe,' sagt der HErr in unserem Kapitel, habe Er es demnach auch den damaligen Israeliten nicht fehlen lassen, klaget aber dabei, daß Er dessenungeachtet wenig Gehorsam bei ihnen finde, sondern sehen müsse, daß sie, anstatt Ihm, dem HErrn, zu dienen, sich von Ihm wenden - und hingegen den Baalim opfern - und den heidnischen Götzenbildern räuchern, und das mit solcher Hartnäckigkeit und Verstocktheit, daß dawider kein Predigen, kein Warnen und Vermahnen, bei ihnen helfen wolle. Denn, spricht Er, „Mein Volk ist müde, sich zu Mir zu kehren, und wie man ihnen prediget, so richtet sich (doch) keiner auf.“
Dafür, sagt Er weiter, hätte Er zwar schon längst das Recht gehabt, mit ihnen umzugehen, wie mit Adama und Zeboim, über die Er vorzeiten, gleichwie auch über Sodom und Gomorra, Feuer und Schwefel vom Himmel hatte regnen lassen. Allein Er bezeuget anbei, wie Ihn Seine Barmherzigkeit bisher noch immer davon abgehalten habe. Denn Er spricht: „Aber Mein Herz ist anderes Sinnes; Meine Barmherzigkeit ist zu brünstig, daß Ich nicht thun will nach Meinem grimmigen Zorn - noch Mich kehren, Ephraim gar zu verderben; denn ich bin Gott - und nicht ein Mensch.“
Damit nun will Er sagen, Menschen seyen zwar so geartet, daß sie wider diejenigen, die ihnen Leids thun, im Zorn geschwind zufahren - und solchen ihren Zorn auch nie wieder versöhnen lassen wollen; aber Er, der HErr, nicht also, sondern Er sey hingegen desto langsamer zum Zorn und desto versöhnlicher. Daher wenn wir Menschen wider Ihn sündigen, so setze es darüber zwischen Seiner Barmherzigkeit und zwischen Seiner Gerechtigkeit gleichsam einen Wettstreit. Denn Seine Gerechtigkeit wolle haben, es solle den Sündern stracks ergehen, wie Adama und Zeboim; aber dagegen stehe Seine Barmherzigkeit und sage: Er solle nicht thun nach Seinem grimmigen Zorn, das heißt, mit den armen Menschen nicht handeln nach ihren Sünden - und ihnen nicht vergelten nach ihrer Missethat. Und in diesem Streit behalte die Barmherzigkeit lange die Oberhand, bis sie endlich durch gar zu lange Unbußfertigkeit der Sünder des Erbarmens müde gemacht werde, und Er, der HErr, sodann Seiner Gerechtigkeit ihren Lauf lassen müsse.
Dieses letztere erfuhren daher auch die Israeliten, als an denen, wie ungern auch Gott den HErrn Seine Barmherzigkeit daran kommen ließ, wegen ihrer Unbußfertigkeit endlich doch noch wahr wurde, was in unserem Kapitel stehet, daß das Schwert über ihre Städte kam - und ihre Riegel aufrieb - und ihre Inwohner fraß.
Wie aber dies den Unbußfertigen unter ihnen widerfährt, also verheißet hingegen der HErr den Bußfertigen, welche Ihm nachfolgen würden, die Barmherzigkeit, daß Er ihnen zu Seiner Zeit Christum, den Löwen vom Stamm Juda, senden wolle, der durch Sein Brüllen auch die Heiden wie die Vögel erschrecken, das ist, durch die gewaltige Stimme Seines Evangelii neben ihnen, den Israeliten, auch solche Heiden zu Seinem Reich berufen würde.
Wenn nämlich das Evangelium erschallet - und die Herzen recht trifft, da fähret man, wo zuvor jedermann still gesessen - und sich fromm hat dünken lassen, auf, wie die geschreckten Vögel, läßt alles liegen und stehen, was man vorher für heilig und gut gehalten hat, und ergiebt sich Christo und Seinem Verdienst; denn da weiß sich jedermann vor Sünden und dem Tode sicher. Demselben sey deßwegen - sammt dem Vater und dem heiligen Geist - Preis und Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. (Veit Dieterich)

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