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Psalm 85

Psalm 85

85:1 Ein Psalm der Kinder Korah, vorzusingen. HERR, der du bist vormals gnädig gewesen deinem Lande und hast die Gefangenen Jakobs erlöst;

85:2 der du die Missetat vormals vergeben hast deinem Volk und alle ihre Sünde bedeckt (sela);

85:3 der du vormals hast allen deinen Zorn aufgehoben und dich gewendet von dem Grimm deines Zorns:

85:4 tröste uns, Gott, unser Heiland, und laß ab von deiner Ungnade über uns!

85:5 Willst du denn ewiglich über uns zürnen und deinen Zorn gehen lassen für und für?

85:6 Willst du uns denn nicht wieder erquicken, daß sich dein Volk über dich freuen möge?

85:7 HERR, erzeige uns deine Gnade und hilf uns!

85:8 Ach, daß ich hören sollte, was Gott der HERR redet; daß er Frieden zusagte seinem Volk und seinen Heiligen, auf daß sie nicht auf eine Torheit geraten!

85:9 Doch ist ja seine Hilfe nahe denen, die ihn fürchten, daß in unserm Lande Ehre wohne;

85:10 daß Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen;

85:11 daß Treue auf der Erde wachse und Gerechtigkeit vom Himmel schaue;

85:12 daß uns auch der HERR Gutes tue und unser Land sein Gewächs gebe;

85:13 daß Gerechtigkeit weiter vor ihm bleibe und im Schwange gehe.
Ein Klage- und Trostpsalm zugleich! Er zeigt uns, was es für ein großer Vortheil ist, wenn wir uns mit den Beispielen der heiligen Schrift recht bekannt machen und daraus einen Schatz und Vorrath solcher Geschichten sammeln, in denen Gott ehemals seine Gnade und Barmherzigkeit erwiesen hat an den Seinigen. Sie gereichen nicht nur Gott zu Ehren, sondern auch uns selbst zu Nutzen. Durch sie wird die Allmacht, Weisheit und Barmherzigkeit Gottes, die Er vormals erwiesen hat, in frischem Gedächtniß erhalten und verehrt; wir aber können unser Herz daraus in seiner Hoffnung und seinem Vertrauen zu Gott stärken, daß es den Schluß machen lernt: wenn Gott ehemals so gnädig und so herrlich sich hat erwiesen gegen die Seinigen, so kann und wird Er’s auch noch jetzt thun. Denn Er bleibt ja, wie Er ist. Bei Ihm ist keine Veränderung. Seine Hand ist inzwischen nicht zu kurz geworden, daß Er nicht noch helfen könnte, und seine Ohren sind unterdeß nicht dicke worden, daß Er nicht hören sollte. In welche Umstände wir dann auch kommen mögen, so wird es uns, wenn wir anders glauben, daß das wahr ist, was in Gottes Wort steht, niemals an Beispielen solcher Leute fehlen, die vielleicht in eben solchen oder noch größeren Verlegenheiten als wir gesteckt haben, von Gott aber auf eine augenscheinliche Weise dennoch sind herausgerissen und erhalten worden. Wenn wir diese stummen und doch so beredten Prediger mit Aufmerksamkeit anhören, so werden sie gewiß unserm Glauben mehr Stärke und Kraft geben, als der allerbeste menschliche Zuspruch. Daher auch Jesus Matth. 16,9. seine Jünger, als es ihnen an Brod gebrach, an das Wunderwerk, welches Er nicht lange vorher gethan, gemahnt hat. Ja, das giebt im Gebet den allerkräftigsten Beweggrund, Gott um Hülfe anzurufen. Darum hat sich desselben auch die Kirche Gottes zu allen Zeiten bedient, und in ihr bis auf diesen Tag viele fromme Herzen. Besonders ist es wirksam, wenn uns unsere Sündennoth ängstigt. Die alten Beispiele begnadigter Sünder können noch bis auf diese Stunde den besten Muth machen, den erzürnten Gott zum Erbarmen und Schonen zu bewegen.
O barmherziger und getreuer Vater, der Du von Anbeginn Dich Deines Volks so gnädig angenommen hast und, ob es Dich gleich oft erzürnt, doch immer wieder Deiner ewigen Gnade eingedenk gewesen bist, siehe, dessen erinnern wir uns billig, Dir zum Preise und zur Stärkung unserer Zuversicht. Zu solcher Zuversicht berufen wir uns denn auf Deine theure Gnade, und bitten Dich demüthig, Du wollest uns derselben auch jetzt noch täglich und reichlich genießen lassen. Wir können doch ohne Deine Gnade nicht eine Stunde froh sein. Siehe, unsere Herzen sehnen sich nach der seligen Botschaft Deines Friedens, die lasse uns doch fort und fort hören und versiegle sie durch Deinen Geist in unseren Herzen. Wir wollen uns alsdann nicht bange sein lassen, wie es uns weiter gehen möchte in der Welt; Güte und Treue, Gerechtigkeit und Friede sammt allem andern Segen wird zu unseren Hütten und Herzen sich nahen, und unseres Lebens Mühseligkeit so lange versüßen, bis wir in Kraft der uns geschenkten Gerechtigkeit zum ewigen Frieden gelangen, um unseres Friedensfürsten Jesu Christi willen. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Dies ist ein Betpsalm, worin Gott um Abwendung der schweren Strafgerichte und sodann um Zuwendung der erneuerten Gnade flehentlich angerufen wird. Die Strafgerichte aber sind damals, wie es scheint, diese gewesen, daß es gemangelt hat an Gottes Wort und treuen Predigern, dazu auch an gutem Regiment und frommer Obrigkeit, endlich auch an Friede, an Früchten und guter Zeit; - wie denn solche Plagen gemeiniglich an einander hängen. Darum bitten hier die Frommen, daß Gott wiederum reden wolle, damit die Seinen nicht auf eine Thorheit verfallen und vor Ungeduld lästern oder andere Götter suchen möchten, - ingleichen, daß unter den Leuten Friede, Einigkeit, Wahrheit und Liebe wachsen und das Land fruchtbar werden möge, auf daß sie in gottseligem Wesen ein feines, ehrbares Leben führen und in Ruhe des Friedens genießen könnten, wie St. Paulus 2. Tim. 2. beten lehrt.
Es kann demnach dieser Psalm dann gebraucht werden, wann Gott das Land oder eine Stadt und Gemeine mit allgemeinen Plagen und Strafen um der Sünde willen heimsuchet. Auch können und sollen wir aus diesem Gebet der Kinder Korah lernen, wie wir uns bei einbrechenden Stadt- und Landplagen zu bezeigen haben. Wir sollen uns nämlich alsdann in wahrer Buße zum Gebet wenden und Gott demüthig anflehen, daß Er solche Strafen wegnehmen, dafür aber wieder gute und glückliche Zeiten in Gnaden beschehren und durch Seinen heiligen Geist die Herzen der Menschen zum wahren Glauben und heiligen Leben oder zur nöthigen Besserung bringen wolle, wie er wohl öfters in den vorigen Zeiten gethan hat. Denn das ist der Inhalt dieses Psalms, daß erstlich als Grund der Bitte die vorigen Wohlthaten Gottes erwähnt werden, - daß ferner die Bitte selbst bei Gott vorgebracht wird mit beigefügten Ursachen der Erhörung, - und daß zuletzt das gläubige Vertrauen zu Gott auch an den Tag gelegt wird.
Nun, o gnädiger Gott, wende auch von uns um Christi willen alle - sowohl gemeine als besondere - Strafen gnädiglich ab, - oder nimm sie von uns wieder hinweg, wenn Du uns damit gezüchtiget hast, - und thue uns gutes, wie wir auf dich hoffen, - so wollen wir Dich dafür loben allezeit. Amen. (Veit Dieterich)

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