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Psalm 42

Psalm 42

42:1 Eine Unterweisung der Kinder Korah, vorzusingen. Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.

42:2 Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, daß ich Gottes Angesicht schaue?
Findest du den Heiland nicht in deiner Seele, fühlst du seine heilige Nähe nicht, so ruhe nicht, bis du ihn wieder findest. Suche nicht anderswo, außer ihm, Trost. Schande wäre es, wenn du den so leicht entbehren könntest, ohne den du nicht selig sein kannst; und Verbrechen wäre es, ihn missen und sich nach einem Andern umsehen. Werde daher nicht müde, ihn, wenn er sich dir zuweilen verbirgt, mit Treue, wie die Heiligen des A. B. , zu suchen. Er entzieht sich dir nicht, er hat sich nur verborgen, um deine Sehnsucht, dein Verlangen nach ihm zu vermehren. Wirst du müde, läßt du nach, ihn zu suchen, nach ihm dich zu sehnen, so beleidigst du ihn so, daß er sich noch weiter von dir entfernt, und du seine freundliche Gegenwart noch länger entbehren mußt. Wo ist dein Verlangen, wo die Sehnsucht nach ihm? Sieht dein inneres Auge stets nach ihm? Dürstet deine Seele immer nach ihm, nach dem lebendigen Gott? Bist du nicht mit einem bloßen Gedanken, oder einem kalten Begriffe von Gott und Christus zufrieden? Suchst du das Leben, die Kraft Gottes und Christi in deinem Herzen zu spüren? Trachtest du, dahin zu kommen, in die Stille und Ruhe des Gemüthes, in das Allerheiligste deiner Seele, um Gottes Angesicht zu schauen, so weit man es hier schauen kann? Dürste, sehne dich, verlange nach ihm wie David, wie Assaph, und du wirst den lebendigen Gott erfahren wie sie - und mehr noch. (Johannes Goßner)


Der Herr kann den Seinen auf herrliche Weise nahetreten. Es ist meistens ein wunderbares Ziehen. Indem Er sich offenbart, wird die Seele verlangend, Ihn mehr erfassen, kräftiger anziehen zu können. Sie hört des Herrn Stimme wie ein Schaf die des Hirten. Sie horcht auf: Er ist es, wahrhaftig, es ist der Herr! O süßer Trost! Aber nun vorwärts! „Dir nach, Herr Jesus, Dir nach eile ich.“ Gleichgültige Christen wissen nichts von der Tragweite jenes Wortes Pauli an die eifrigen Philipper: „Schaffet eure Seligkeit mit Furcht und mit Zittern!“ Im heißen Ringen, Gott tiefer zu erkennen, verstehen wir solche Ermahnungen. Ginge nicht vom Herrn eine Kraft aus, würden wir nicht von Ihm angezogen, so könnten wir leicht in fleischliche Sicherheit geraten. Manche reden ja viel vom Heiland, aber leider geht keine Kraft von ihnen aus. Wir werden flach im Glaubensleben, dürr und leer am inwendigen Menschen, wenn der Herr uns nicht veranlasst, nach lebendigmachender Erkenntnis zu ringen. Die geistliche Herztätigkeit ist ein sicheres Zeichen der Geburt aus Gott. Wer nicht aus Gott ist, kann nicht hungern und dürsten nach Geistesnahrung. Er verdaut nicht. Sie aber, die den Geist empfangen haben, müssen durchaus aus Gott genährt werden. Gesunden Kindern gleich schreien sie, wenn sie Hunger und Durst plagt. Kinder Gottes sind zu ihrem himmlischen Vater in ein wunderbares Verhältnis gestellt, sie dürfen Ihm ähnlich werden. Ziehen sie seine Art nicht an, so verderben sie. Im Herrn liegt ihr Heil. (Markus Hauser)


Gott ist nicht nur das höchste Wesen, das wir verehren, und der HErr, dem wir dienen sollen: sondern Er ist auch das einige wahre Gut, das unsere Seele gründlich vergnügen, das reinste Licht, das uns aufheitern und fröhlich machen, und der Lebendige, der uns beleben will. Wir sollen Ihn suchen, damit wir Ihn fühlen und finden mögen, weil Er nicht fern von einem Jeglichen unter uns ist. Wir sollen schmecken und sehen, wie freundlich der HErr sei. Er will Sich uns offenbaren und in uns wohnen, und in Ihm und mit Ihm sollen wir Friede haben. Das höchste Ziel der Geschöpfe ist dieses, daß Gott Alles in Allem sei, oder daß Er Alles mit Sich selbst ganz erfülle.
David sagte, seine Seele dürste nach dem lebendigen Gott. Er suchte also Gott nicht nur mit der Anwendung seines Verstandes, sondern auch und vornämlich mit seinen Begierden, welche aus dem Gefühl eines innerlichen Mangels entstanden; und solche Begierden werden oft in der heiligen Schrift ein Hunger und Durst genannt. Er war damals auf der Flucht und mußte des öffentlichen Gottesdienstes entbehren. Seine Feinde spotteten seiner, und sagten zu ihm: wo ist nun dein Gott? Seine Seele war traurig und unruhig, und sagte zu Gott: Deine Fluthen rauschen daher, daß hier eine Tiefe und da eine Tiefe brausen. Alle Deine Wasserwogen und Wellen gehen über mich. Warum hast Du mein vergessen? Warum muß ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget? Bei diesem Zustand nun sagte er: meine Seele schreiet zu Gott! Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Es war ihm also nicht zuerst um die äußerliche Hülfe, sondern um die innerliche Beruhigung seiner Seele zu thun. Er wollte innerlich Gott zu seiner Erquickung genießen, wie ein Hirsch nach seinem Durst frisches Wasser genießt. Er bekam auch, indem er diesen Psalmen schrieb, schon den Anfang eines solchen erquickenden Genusses, und konnte deßwegen am Ende seiner Seele zusprechen: was betrübst du dich meine Seele, und bist so unruhig in mir? harre auf Gott: denn ich werde Ihm noch danken, daß Er meines Angesichts Hülfe und mein Gott ist.
Auch ich wünsche, heut und täglich Gott zu genießen; denn ohne diesen Genuß ist die ganze Erde eine Wüste, das ganze Leben eine Kette von Mißvergnügen, und der Gottesdienst selber etwas Lästiges und Trockenes: ich weiß aber, daß der gütige Gott sich den durstigen Seelen gern mittheilt, und den Geist der Gedemüthigten gern erquickt. Er ist der Lebendige im höchsten Verstand. Ein geübter Christ merket den Unterschied zwischen Gott und den Geschöpfen, zwischen natürlichen und geistlichen Empfindungen, und zwischen leerer Einbildung und Wahrheit sehr deutlich, und, ob er gleich diesen Unterschied mit Worten nicht genugsam ausdrücken kann, so empfindet er ihn doch mit solcher Klarheit, daß er dabei über allen Zweifel erhaben ist, und kann hernach in eitlen Dingen sein höchstes Vergnügen nicht mehr suchen. Wer von Dir, o höchstes Gut, gegessen hat, den hungert immer nach Dir, und wer von Dir getrunken hat, den dürstet immer nach Dir. Sir. 24,28.29. Auf Erden hat Gott Sein Wort und die heiligen Sakramente als Gnadenmittel verordnet, durch welche Er Sich zu genießen gibt. In der seligen Ewigkeit aber wird es unmittelbar und vollkommen geschehen, wenn der Mensch Sein göttliches Angesicht sehen wird. Man wird satt werden, wenn man erwachen wird nach Seinem Bilde.(Magnus Friedrich Roos)

42:3 Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: Wo ist nun dein Gott?

42:4 Wenn ich des innewerde, so schütte ich mein Herz aus bei mir selbst; denn ich wollte gerne hingehen mit dem Haufen und mit ihnen wallen zum Hause Gottes mit Frohlocken und Danken unter dem Haufen derer, die da feiern.

42:5 Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott! denn ich werde ihm noch danken, daß er mir hilft mit seinem Angesicht.
„ Hoffe auf Gott, denn ich werde Ihm noch danken wegen des Heils Seines Angesichtes!“ Das ist die rechte Sprache in banger, dunkler Zeit. Unsere Gebete sind oft so gehaltlos, so kümmerlich, so mager und ach so lau und schläfrig! Aber wenn Gottes Hand schwer auf uns liegt, wenn Er unsere eigene Gerechtigkeit in Fetten zerreißt und sie uns vor die Füße wirft, dann geht das Herz auf, das Gebet klingt nicht mehr so matt, es wird zum Flehen und Schreien! Jetzt. weißt du, was du nötig hast, du erkennst deine Bedürfnisse und kannst sie klar, bestimmt, verständlich und eindringlich Gott darlegen. Unsere Erziehung liegt Gott sehr am Herzen. Ins Vaterhaus will Er uns aufnehmen. Seine Güte konzentriert sich auf unser Wesen, Er will uns selig und herrlich wissen. O, dass wir dies recht einsehen, erkennen und erfassen könnten! Erst wenn du ein Kind Gottes geworden, und eben weil du ein solches bist, kann Er dich nun auch erziehen. Kinder sollen und können sich entwickeln, Leben ist in ihnen, darum soll etwas aus ihnen werden zum Lobe Gottes. Wie sollten wir fähig sein, Ihn zu schauen und in Seinem herrlichen Hause zu wohnen, wenn wir nicht für Ihn erzogen und nach Seinem Herzen gebildet wären? Erkenne Seine väterliche Liebe, halte Ihm stille, lerne treu und fleißig in Seiner Schule. Er wird dich in Bälde heilig und unsträflich vor Sein Angesicht stellen. Selige Trostestiefen und herrliche Trosteshöhen birgt diese Wahrheit in sich. Wir erkennen, ein unzerreißbares Band verknüpft Gott mit uns und uns mit Gott. (Markus Hauser)

42:6 Mein Gott, betrübt ist meine Seele in mir; darum gedenke ich an dich im Lande am Jordan und Hermonim, auf dem kleinen Berg.

42:7 Deine Fluten rauschen daher, daß hier eine Tiefe und da eine Tiefe brausen; alle deine Wasserwogen und Wellen gehen über mich.

42:8 Der HERR hat des Tages verheißen seine Güte, und des Nachts singe ich ihm und bete zu dem Gott meines Lebens.

42:9 Ich sage zu Gott, meinem Fels: Warum hast du mein vergessen? Warum muß ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich drängt?
Kannst du eine Antwort hierauf geben, gläubige Seele? Kannst du irgend einen Grund finden, warum du so oft voller Traurigkeit und nicht voller Freude bist? Warum gibst du traurigen Vermutungen Raum? Wer sagt dir, daß die Nacht sich nie wieder in einen Tagesanbruch enden werde? Wer sagt dir, daß das Meer der Führungen Gottes vertrocknen werde, bis daß nichts mehr übrig bleibe als trübe Sümpfe schrecklicher Armut? Wer sagt dir, daß der Winter deiner Widerwärtigkeiten fortgehen werde von Frost zu Frost, von Schnee und Eis und Hagel zu tieferem Schnee, ja, zum furchtbaren Sturm der Verzweiflung? Weißt du nicht, daß auf die Nacht ein Tag folgt, daß nach der Ebbe wieder Flut eintritt, daß der Winter dem Frühling und dem Sommer weichen muß? Darum hoffe! hoffe immerfort! denn Gott verläßt dich nicht. Weißt du nicht, daß Gott dich mitten in all diesen Stürmen lieb hat? Die Bergriesen sind wohl in dunklen Wolken verborgen, aber sie sind dennoch da, und Gottes Liebe trägt dich jetzt so gewiß, als in den schönsten Augenblicken deines Lebens. Ein Vater züchtigt nicht immerfort; der Herr haßt die Zuchtrute so gut wie du selber; Er braucht sie nur darum, weil sie dein ewiges Heil wirken soll, und darum solltest du sie willig und freudig ertragen. Du sollst ja dennoch mit den Engeln über Jakobs Leiter hinauf steigen und Den schauen, der oben darauf sitzt, deinen Bundesgott. Du sollst dennoch, inmitten der Herrlichkeiten der Ewigkeit, der Trübsale dieser Zeit vergessen, oder dich ihrer nur erinnern, damit du Gott preisen mögest, der dich durch sie hindurchgeleitet, und dein ewiges Heil durch sie gewirkt hat. Komm, singe inmitten deiner Leiden. Freue dich, während du durch den Feuerofen gehst. Laß die Wüste sprossen wie eine Rose! Laß die weite Ebene wiederhallen vom Gesang deiner Freude, denn diese Trübsal, die zeitlich und leicht ist, geht bald vorüber, und dann wirst du „bei dem Herrn sein ewiglich,“ deine Wonne wird nie wieder erblassen. (Charles Haddon Spurgeon)

42:10 Es ist als ein Mord in meinen Gebeinen, daß mich meine Feinde schmähen, wenn sie täglich zu mir sagen: Wo ist nun dein Gott?

42:11 Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott! denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.
Herr Jesu, richte die Augen meines Herzens in dieser Abendstunde und allezeit auf Dein innerliches Leiden, das Du im Garten Gethsemane unter so unaussprechlichen Aengsten über meine Sünde ausgestanden hast. Laß doch Deine blutigen Schweißtropfen, die Du daselbst vergossen, so kräftig in meine Seele fließen, daß sie mir sowohl im ganzen Leben einen Eindruck Deiner ewigen Liebe, als auch vornämlich im Sterben alle nöthige Kraft geben, Dir getreu zu bleiben bis in den Tod. Vereinige mich mit Dir im Glauben, und nimm meinen Willen in den Deinigen ein, damit ich mich Deinem himmlischen Vater in Dir opfere und willig in alles Leiden mit Dir neige und ergebe, was Du über mich beschlossen hast. Laß Dein Blut mich durchdringen zur wahren Reinigung von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes. Und wie Du zu Deinem Vater so demüthig auf Deinen Knieen flehetest, also wirf mich durch Deines Geistes Kraft tief vor Dir nieder von aller meiner Hoffahrt und Eigenwilligkeit. Mache mich Dir ganz und gar überlassen, daß nicht mein, sondern Dein Wille an mir vollbracht werde. Hilf mir wachen und beten, daß ich nicht in Anfechtung falle, und muntre mich immer von neuem auf, wenn ich mit den Jüngern sicher werden möchte. Mache nur meinen Geist willig, wenn je das Fleisch schwach wird. Und sollte mir in meinen Nöthen oder in der letzten Todesstunde der Angstschweiß ausbrechen, so mache Du mich Dir dennoch getreu bis in den Tod. O getreuer Heiland, sie Du bei mir in allen Anfechtungen, wie Dich der Engel in Deiner Schwachheit stärkte. Ach, bitte für mich allezeit als mein getreuer Hoherpriester, der Du mit starkem Geschrei und Thränen Dich selbst dem Vater für mich geopfert hast. Denn Du bist und bleibst ja barmherzig, und hast Mitleiden mit meiner Schwachheit, weil Du versuchet bist allenthalten, obwohl ohne Sünde. Darum hilf mir auf durch Deine Angst und Noth in allem meinem Elend, das mir jetzt oder künftig begegnen möchte. Lehre mich aber im Wachen und Beten bleiben, und laß mich nicht schläfrig werden im Kampf; sondern wecke mich allezeit auf und weise mich wiederum zurechte, damit ich nicht in Anfechtung falle, sondern endlich gewinne und den Sieg behalte: Alles kraft Deiner bittern Angst und großen Schmerzen! Amen.(Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Weil du warten musst, Seele, wirst du ungeduldig, nennst das Warten ein peinliches, schweres Geschäft und kannst es doch nicht lassen. Denn was gegenwärtig ist, erfüllt dein Verlangen nicht. In dem, was du bist und hast, kannst du nicht ruhen, nicht in dem, wozu die Natur dich macht, und wenn sie dich noch so gütig beschenkt, und auch nicht in dem, was dir Gottes Gnade gewährt, auch wenn du dich täglich an der seligen Freude nährst, die aus der Nähe Jesu in dich strömt. Du musst warten; denn du bist für die Zukunft geboren und stehst im Werden und nicht am Ziel. Warten ohne Schwanken und Ungewissheit, ruhig warten, wie kann ich dies? Sieh auf Gott! Wenn ich den Blick nicht zu ihm erhebe, wird mein Warten ungeduldig. Ob es kommt, ob es nicht kommt, das, wonach ich mich sehne, darüber gibt es im menschlichen Bereich keine Gewissheit, und wenn die Seele von der Erwartung zum Verzicht und von der Hoffnung zur Furcht hinüberschwankt, dann stöhnt sie und findet ihren Zustand hart. Darum bedarf sie der Mahnung: harre auf Gott! Von dem, was kommt, weißt du eines ganz gewiss: es kommt von Gott und zeigt dir ihn und zeigt dir, wie Er hilft. Darum entsteht das heftigste Schwanken und peinliches Bangen dann, wenn das, was gegenwärtig ist, uns Gott verbirgt und den Blick auf ihn uns verwehrt. Aber auch im tiefsten Dunkel, Seele, ist dies dein Amt und Werk, auf deinen Gott zu warten. Er ist der deine, weil er dich schuf und weil er dich rief. Darum weißt du, was Er ist, Anfänger und Vollender, der Gegenwärtige und der Kommende, das A und das O. Etwas anderes brauchst du nicht als die eine Gewissheit: du wirst sehen, was Er tun wird, und empfangen, was Er dir geben wird. Dann wirst du danken; dann gibt es kein dunkles Schicksal mehr und du hast nicht mehr dich quälende Wünsche in dir und bist nicht mehr eine unruhige Seele. Zeigt dir Gott, was Er tun wird, dann, Seele, bist du satt.
Ich werde Dir danken, Herr, heiliger Gott, und will Dir auch heute schon danken, aus all meiner Unruhe heraus unter allem Druck, der auf mir liegt. Dir, meinem Gott, danke ich. Deinem teueren Wort gehorsam heiße ich Dich meinen Gott, unseren Gott, meinen Vater, unseren Vater. Dass ich so sprechen darf, das ist der erste und letzte, der allermächtigste Grund zum Dank, der mich in Ewigkeit dazu bringen wird, dass ich Dir danken darf. Amen.(Adolf Schlatter)


Was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben; folglich auch dieses, daß ein Christ, wie David, betrübt werden könne wegen der Leiden, die auf ihm liegen, und unruhig wegen der Dinge, die er wünscht, und zur selbigen Zeit nicht haben kann. David sagte Ps. 42,4.: meine Thränen sind meine Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: wo ist nun dein Gott? und V. 10.11.: ich sage zu Gott, meinem Fels: warum hast Du mein vergessen? Warum muß ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget? Es ist als ein Mord in meinen Gebeinen, daß mich meine Feinde schmähen, wenn sie täglich zu mir sagen: wo ist nun dein Gott? Es mögen aber diese oder andere Ursachen der Betrübniß und Thränen bei einem Christen entstehen, so darf er sich derselben nicht schämen, weil auch Christus betrübt gewesen ist und geweint hat, und weil nicht die Betrübniß, sondern die Furcht dem Glauben zuwider ist. David war ferner wegen des Orts seines Aufenthaltes unruhig; denn er mußte sich wegen des Aufruhrs, den sein leiblicher Sohn Absalom wider ihn erweckt hatte, am Jordan, am Berg Hermon und Misar aufhalten, und hatte ein unruhiges Verlangen, dem erquicklichen Gottesdienst auf dem heiligen Berg Zion, wo die Bundeslade war, beizuwohnen. So wünscht oft ein Christ, da oder dort zu sein, diese oder jene Veränderung seiner Umstände zu erleben, diesen oder jenen Genuß zu erreichen; aber indem er es wünscht, hat er es nicht, es steht auch nicht in seiner Macht, seinen Wunsch zu erfüllen, und er sieht vielleicht auch kein Mittel vor sich, wodurch er erfüllt werden könnte. Was ist nun da zu thun? Die Welt spottet und sagt: wo ist nun dein Gott? Auch kann der Versucher sprechen: hältst du noch fest an deiner Frömmigkeit? Ja, segne Gott und stirb, oder: hilf dir selber, oder: dieses und jenes will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest. Ein redlicher Christ aber sagt durch den Beistand des Heiligen Geistes zu sich selber: was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott, denn ich werde Ihm noch danken, daß Er meines Angesichtes Hülfe und mein Gott ist. Die Frage: was betrübst du dich? ist gleichsam ein Verweis, den man sich selber gibt, wie denn freilich keine Betrübniß und Unruhe bei dem Sünder ohne Tadel ist. Auch verwundert sich der Mensch, der diese Frage an seine eigene Seele tut, daß sie der Betrübniß und Unruhe so lange nachgehängt habe, da doch ein Ausweg vorhanden sei, auf welchem sie jener und dieser entgehen könne. Welches ist aber dieser Ausweg? Das Harren auf Gott, oder das Warten mit einer auf Gott gesetzten Zuversicht. Was man nicht hat, soll man hoffen, und auf das, was nicht ist, warten, und sich dabei auf Gottes Güte, Treue, Allmacht, und auf die Wahrheit Seiner Verheißungen, die in Christo Jesu Ja und Amen sind, verlassen. Man sagt also zu sich selber mit einer ruhigen Gewißheit: ich werde Gott noch danken, daß Er meines Angesichtes Hülfe und mein Gott ist. V. 6. sagt David: ich werde Ihm noch danken, daß Er mit hilft mit Seinem Angesicht, welches Er über mir wird leuchten lassen, und welches auf meine Feinde sehen wird, 1 Petr. 3,12. Hier aber sagt er: ich werde Ihm noch danken, daß Er meines Angesichtes Hülfe und mein Gott ist, Er wird mir also helfen, daß ich es sehen werde, und mein trauriges Angesicht dadurch heiter werden wird, und ich werde erfahren, daß mein Gott, wegen dessen die Welt spöttisch fragt, wo Er sei, wahrhaftig mein Gott sei. (Magnus Friedrich Roos)

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