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Psalm 116

Psalm 116

116:1 Das ist mir lieb, daß der HERR meine Stimme und mein Flehen hört.

116:2 Denn er neigte sein Ohr zu mir; darum will ich mein Leben lang ihn anrufen.

116:3 Stricke des Todes hatten mich umfangen, und Ängste der Hölle hatten mich getroffen; ich kam in Jammer und Not.

116:4 Aber ich rief an den Namen des HERRN: O HERR, errette mein Seele!

116:5 Der HERR ist gnädig und gerecht, und unser Gott ist barmherzig.

116:6 Der HERR behütet die Einfältigen; wenn ich unterliege, so hilft er mir.

116:7 Sei nun wieder zufrieden, meine Seele; denn der HERR tut dir Gutes.

116:8 Denn du hast meine Seele aus dem Tode gerissen, meine Augen von den Tränen, meinen Fuß vom Gleiten.1)
Das ist ein Wort nach einer Errettung aus großen Nöten, die David erfahren hat. Er war in Todesnöten gewesen, schien schon dem Tode verfallen zu sein - sei's, daß er gegen verfolgende Feinde keine Hilfe mehr vor sich sah oder daß eine schwere Krankheit ihn an den Rand des Todes gebracht hatte. Nun aber hatte der HErr ihm geholfen, und nun preist seine Seele den HErrn.
Es gehört mit zu der Erziehungsweise unsres Gottes, es auf vielerlei Art mit uns bis an den Tod hinkommen zu lassen, wie um uns zu erinnern, daß wir im Grunde lauter Todeskinder sind. Ohnehin geben wir nicht eher nach, als bis es aufs Äußerste gekommen ist - wie viele Missetäter erst dann sich beugen und schuldig geben, wenn sie das Schwert des Scharfrichters blinken sehen. Mit kleinen Nöten, die Gott über uns verhängt, bringt Er uns nicht weit. Es muß. bis ans Leben gehen, wenn's wirken soll. Kein Wunder, daß so viele arge Sachen über uns kommen, da es recht ausgedacht zu sein scheint, über uns das Ärgste, das nur möglich ist, zu verhängen. Viele müssen lange und unaufhörlich wie am Rand eines abschüssigen Abgrundes hinwandeln, als sollten sie jeden Augenblick in die Tiefe versinken; und anders wird's erst, wenn sie anfangen, sich zu demütigen.
Davids Augen sind auch von den Tränen befreit worden. Wenn nämlich der Mensch das Äußerste vor sich sieht, dann fließen die Tränen reichlich.
Nun' aber kommt es darauf an, was es für Tränen sind: ob es Tränen des bloßen Schmerzes sind, ferner des Stolzes, der Eigenliebe, der Verzweiflung, endlich gar des Zorns und Ärgers - oder ob es Tränen der Demütigung vor dem HErrn sind.
Sind's die letzteren, dann sind sie mit einem Aufblick zum HErrn verbunden, mit einem Seufzen nach Ihm, daß Er dreinsehen und sich erbarmen möge. Und damit ist ein Anfang gemacht zur Hilfe. Große Macht vor dem HErrn haben Tränen, wenn sie Ihm zugewandt fließen, nicht von Ihm abgewandt. Kam es doch selbst dem gottlosen Ahab zugut, als er sich einmal mit Weinen und Flehen vor Gott bückte (1. Kön. 21, 27ff.). So hatte auch David vor dem HErrn geweint, und das brachte ihm Rettung.
David rühmt aber auch das, daß der HErr seinen Fuß vom Gleiten gerissen hätte. Wenn man sich nämlich aussichtslos in Not und Bedrängnis sieht, so kommt der Fuß leicht ans Gleiten. Man verliert die Festigkeit des Gemüts und Glaubens und ist versucht, neben hinaus zukommen in Verzagtheit, Verzweiflung, Murren wider Gott, bis zum Abfall des Herzens vom Glauben an Gott und an Seine Treue und Verheißungen - auch wohl auf falsche sündliche Wege der Selbsthilfe. So kommt der Fuß bis ans Gleiten; und da wird's erst recht gefährlich für den Menschen, weil dieser damit an den Rand des ewigen Todes kommt, sofern er in der Glaubensprobe nicht besteht. Aufrichtige Seelen aber besinnen und fassen und halten sich. Solchen erzeigt sich der HErr freundlich, daß Er die Versuchung nicht zu stark werden läßt, wohl auch zu rechter Zeit das Leid wendet, ehe es mit dem Ausgleiten Ernst geworden ist. So erfuhr's auch David, wie es der Spruch anzeigt.
Den frommen David also hat Gott aus allem wieder gerissen. Ähnliches dürfen wir auch erfahren: Der HErr schickt immer unter die Trübsale hinein Zeiten der Erquickung und Ruhe durch wunderbar erzeigte Hilfe, da wir loben und danken können wie David.
Erneuern werden sich freilich die Anfechtungen und Kämpfe immer wieder; aber auch Erquickung und Hilfe von Seiten des treuen Gottes wird nie fehlen.
Endlich aber kommt die Zeit, da wir auf Ewigkeit ins Sichere gestellt werden, da für immer die Tränen von den Augen weggewischt werden und von einem Ausgleiten des Fußes ohnehin keine Rede mehr sein kann. Wie werden wir da erst loben und preisen! Ach wären wir schon da! (Christoph Blumhardt)

116:9 Ich werde wandeln vor dem HERRN im Lande der Lebendigen.

116:10 Ich glaube, darum rede ich; ich werde aber sehr geplagt.

116:11 Ich sprach in meinem Zagen: Alle Menschen sind Lügner.

116:12 Wie soll ich dem HERRN vergelten alle seine Wohltat, die er an mir tut?
Es gehet ein Tag und eine Woche unsers Lebens dahin, und wir gelangen alle Tage und Wochen näher zu unserm Tode; unterdessen ist doch der gütige Gott so barmherzig, daß er bis dahin uns viel Gutes thut an Leib und Seele, und unser Herz erfüllt mit Freuden. Nun das sollen auch die Gedanken seyn eines gläubigen Christen am Ende der Woche. 1) Er dankt Gott für den Segen, den er hat empfangen, für den Schutz, darunter er hat die Woche glücklich hingebracht, für die Hülfe, die er hat erlangt, wenn er Gott mit seinem Gebet anfleht. Hört er, daß Andere die Woche über sind betrübt worden, so hat er Mitleiden mit ihnen, und rühmt Gottes Güte, der ihn mit dergleichen Leiden verschont hat. 2) Ein gläubiger Christ erwägt, daß Gott durch solche beharrliche Beweisung der Güte ihn zur Buße leite, darum bereut er am letzten Tage der Woche, was er an jedem Tage Böses vollbracht, und lässet also den letzten Tag der Woche seinen Bet-, Buß- und Danktag seyn. 3) Er bittet auch um ferneren Schutz, Güte und Barmherzigkeit auf die künftige Woche. 4) Er erwägt, daß also alle Wochen nach einander hinlaufen werden, bis einmal die Sterbewoche kommen wird, darauf bereitet er sich in wahrem Glauben an Jesum Christum mit einem heiligen und bußfertigen Leben. Solche heilige Betrachtungen sollen den Menschen andächtig, behutsam, dankbar und fromm machen, daß er auf Gott schaue, als von welchem alle guten Gaben kommen, sich der göttlichen Gnade überläßt, in der Liebe Jesu bleibt und also im Stande ist, nach Gottes Willen selig zu leben und zu sterben, wenn sein Sterbestündlein, Sterbewoche und Sterbejahr vorhanden ist. (Johann Friedrich Stark)

116:13 Ich will den Kelch des Heils nehmen und des HERRN Namen predigen.

116:14 Ich will mein Gelübde dem HERRN bezahlen vor allem seinem Volk.

116:15 Der Tod seiner Heiligen ist wertgehalten vor dem HERRN.
Wahr Gläubige, die sein Wort lieb haben, und fest daran halten, auch in demselben sterben, GOtt gebe, sie werden gehencket, geradebrecht, verbrannt, ersäufft, oder an der Pestilentz, Fieber rc. umkommen, die schleuß nur in CHristus Tod und Auferstehung, und sprich flugt den Text über sie: Der Tod seiner Heiligen ist theur, und werth vor dem HErrn, daß ers hält für einen trefflichen Schatz und köstlich Kleinod auf Erden. Es würge dich der Teufel auf dem Bette, oder der Hencker am Galgen, so ist es beschlossen, daß solcher Tod ein heiliger Tod ist, und so theuer vor ihm geachtet, daß ers nicht will ungerochen lassen, sondern den Teufel, so dich ermordet, für Gericht ziehen, und mit ewiger Pein quälen, der Sünde den Kopff abschlagen, und den Tod in die Hölle begraben, und alles rächen, dadurch seine Heiligen haben müssen sterben. Und weil er sich ihrer so hoch annimmt, so will er sie gewißlich nicht so stecken, noch im Tode bleiben lassen, sondern sie wieder herfür ziehen, daß ihr Tod nicht ein Tod, sondern gar ein neu Leben seyn soll mit CHristo in ewiger Klarheit und Herrlichkeit. (Martin Luther)

116:16 O HERR, ich bin dein Knecht; ich bin dein Knecht, deiner Magd Sohn. Du hast meine Bande zerrissen.

116:17 Dir will ich Dank opfern und des HERRN Namen predigen.

116:18 Ich will meine Gelübde dem HERRN bezahlen vor allem seinem Volk,

116:19 in den Höfen am Hause des HERRN, in dir Jerusalem. Halleluja!2); 3)
“Sei nun wieder zufrieden, meine Seele:“ so redet David seine Seele an, um sie wieder in die Stille und Ruhe zu bringen, nachdem er in großer Angst und Unruhe gewesen war. Nicht aber ist es David allein gewesen, dessen Herz bald durch dieses, bald durch jenes beunruhigt wurde, sondern es ist dies das Loos aller menschlichen herzen, auch aller frommen und christlichen Herzen. Ach, mein Gott, wie wird nicht unsere arme Seel beunruhigt, jetzt durch Amts- und Berufsgeschäfte, jetzt durch den Umgang mit andern Menschen und in der täglichen Gesellschaft, jetzt durch die mancherlei unvorhergesehenen Widerwärtigkeiten, die uns im Leben treffen, jetzt durch die bösen aufsteigenden Lüste und Begierden unseres sündlichen Herzens! Wie nöthig ist’s uns da, unserer Seele zuzusprechen, um in die Ruhe wieder einzukehren! – David brachte sein Herz zur Ruhe durch die Erinnerung an die göttlichen Wohlthaten, er setzte hinzu: “denn der Herr thut dir Gutes. Du hast meine Seele aus dem Tode gerissen, mein Auge vor den Thränen, meinen Fuß vom Gleiten.“ Dies sind ja wohl hohe und große Wohlthaten des lieben Gottes, die Er seinen Kindern schon hier in der Zeit vielfach widerfahren läßt. Dafür danke eine fromme Seele ihrem Gott mit David und gelobt: „Ich will wandeln vor dem Herrn im Lande der Lebendigen. So muß es sein. Das Leben, das du gleichsam auf’s neue durch die Erlösung und Auferstehung Jesu Christi erhalten hast, mußt du von nun an emsiger zu dem Dienste und Wohlgefallen Gottes anwenden. Wandeln mußt du vor dem Herrn, daß du Ihn stets vor Augen hast und dich in allem deinem Thun und Lassen nur einzig und allein nach Seinem Wink und Willen richtest, wie es Gott von Abraham gefordert, und das alles im Lande der Lebendigen, so lange du noch hier auf Erden zu leben hast.“ Dazu gieb mir Freudigkeit und Kraft, o Herr; dann kann ich getrost sein und fest glauben, daß Du immer ein wachendes Auge auf mich haben und mich bis ans Ende behüten, regieren, trösten, führen, beschützen und bewahren wirst. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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