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2. Samuel, Kapitel 9

2. Samuel, Kapitel 9

9:1 Und David sprach: Ist auch noch jemand übriggeblieben von dem Hause Sauls, daß ich Barmherzigkeit an ihm tue um Jonathans willen?

9:2 Es war aber ein Knecht vom Hause Sauls, der hieß Ziba; den riefen sie zu David. Und der König sprach zu ihm: Bist du Ziba? Er sprach: Ja, dein Knecht.

9:3 Der König sprach: Ist noch jemand vom Hause Sauls, daß ich Gottes Barmherzigkeit an ihm tue? Ziba sprach: Es ist noch da ein Sohn Jonathans, lahm an den Füßen.

9:4 Der König sprach zu ihm: Wo ist er? Ziba sprach zum König: Siehe, er ist zu Lo-Dabar im Hause Machirs, des Sohnes Ammiels.

9:5 Da sandte der König David hin und ließ ihn holen von Lo-Dabar aus dem Hause Machirs, des Sohnes Ammiels.

9:6 Da nun Mephiboseth, der Sohn Jonathans, des Sohnes Sauls, zu David kam, fiel er auf sein Angesicht und beugte sich nieder. David aber sprach: Mephiboseth! Er sprach: Hier bin ich, dein Knecht.

9:7 David sprach zu ihm: Fürchte dich nicht; denn ich will Barmherzigkeit an dir tun um Jonathans, deines Vaters, willen und will dir allen Acker deines Vaters Saul wiedergeben; du sollst aber täglich an meinem Tisch das Brot essen.
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9:8 Er aber fiel nieder und sprach: Wer bin ich, dein Knecht, daß du dich wendest zu einem toten Hunde, wie ich bin?
Wenn Mephi-Boseth durch Davids Güte sich so tief demütigen ließ, was sollen wir tun in der Gegenwart unsers gnädigen Herrn? Je mehr Gnade uns widerfährt, umso weniger sollten wir von uns selber denken; denn die Gnade enthüllt, wie das Licht, unsre Unreinigkeit. Die vorzüglichsten Kinder Gottes haben kaum gewusst, womit sie sich vergleichen sollen, so klar und stark war bei ihnen das Gefühl ihrer Unwürdigkeit. „Ich bin,“ sagt der selige Rutherford, „ein dürrer und verwelkter Zweig, ein Stück totes Fleisch, ein dürres Gebein und nicht imstande, über einen Strohhalm zu schreiten.“ An einer andern Stelle schreibt er: „Mit Ausnahme der offenbaren Sünden fehlt mir nichts zu einem Kain oder Judas.“ Die geringsten Gegenstände in der Schöpfung scheinen einem demütigen Sinn weit vorzüglicher als er selber, weil sie nie mit der Sünde zu schaffen hatten. Ein Hund kann gefräßig, grimmig oder unflätig sein, aber er hat kein Bewusstsein seiner Untugenden, er hat keinem Gewissen zu widerstreben. Ein Hund kann ein unnützes Tier sein, und doch wird er durch Güte bald gewonnen, dass er seinen Herrn liebt, und ihm treu bleibt bis zum Tode; wir aber vergessen der Güte des Herrn und folgen seinem Rufe nicht. Der Name „toter Hund“ ist ein sehr bezeichnendes, aber nicht zu starkes Wort, um den Abscheu auszudrücken, den erweckte Seelen über sich selbst empfinden. Sie heucheln keine falsche Bescheidenheit, sie meinen es, wie sie es sagen, sie haben sich auf der Waage des Heiligtums gewogen und zu leicht erfunden. Im besten Fall sind wir Erde, belebter Staub, wandelnde Schollen; aber als Sünder kommen wir uns vor wie wahre Ungeheuer. Es soll im Himmel als ein Wunder verkündet werden, dass der Herr Jesus seine herzliche Liebe unsereinem zugewendet hat! Wir sind nichts als Staub und Asche, darum wollen und müssen wir die überschwängliche Größe seiner Gnade rühmen. Hätte sein Herz keine Befriedigung finden können im Himmel? Musste Er herabkommen zu den schwarzen Hütten Kedars, um eine Braut zu suchen, und eine Freundin zu erwählen, welche die Sonne verbrannt hat? O Erde und alle Himmel! singt laut und jauchzet, und bringt Ehre und Preis unserem teuren Herrn Jesu. (Charles Haddon Spurgeon)


Es war bei den Israeliten zu Davids Zeit gewöhnlich, daß man sich oder einen Andern einen todten Hund nannte, wenn man von sich selbst oder von einem Andern verächtlich reden wollte. David sagte zu dem König Saul 1 Sam. 24,15.: wem jagest du nach? einem todten Hund, einem einzigen Floh (wie ich bin)? Abisai sagte zu David von dem Simei, 2 Sam. 16,9.: sollte dieser todte Hund meinem Herrn, dem König, fluchen? Mephiboseth aber betete an, das ist, er fiel vor dem König David auf die Erde nieder, und sprach: wer bin ich, dein Knecht, daß du dich wendest zu einem todten Hund, wie ich bin? Die Veranlassung zu dieser demüthigen Rede gab David durch Erweisung einer besondern Gnade, denn er sagte zu Mephiboseth, da derselbe ängstlich auf dem Boden vor ihm lag: fürchte dich nicht, denn ich will Barmherzigkeit an dir thun, um Jonathan deines Vaters willen, und will dir allen Acker deines Vaters Sauls wiedergeben, du aber sollst täglich auf meinem Tisch das Brod essen. Mephiboseth war der Geburt nach ein vornehmer Mann, der Enkel eine Königs, und der Sohn eines wackern königlichen Prinzen. Gott hatte ihn aber durch ein Gebrechen seines Leibes gedemüthigt, denn im fünften Jahr seines Alters fiel er auf der Flucht, und ward hinkend an beiden Füßen, 2 Sam. 4,4. 9,13.; auch erlebte er, daß sein Großvater, Vater, und alle Brüder seines Vaters durch das Schwert jämmerlich umkamen, sein ganzes Geschlecht in’s Elend herabsank, und er selbst im Hause eines reichen Mannes jenseits des Jordans seinen Unterhalt suchen mußte. Er selbst hatte David, wie es scheint, nie beleidigt: sein Großvater Saul aber hatte ihn verfolgt, und sich sonst schwer versündigt; auch war seines Vaters Bruder, Isboseth, Davids Feind gewesen. Unter diesen Umständen war es dem demüthigen Mephiboseth etwas Unerwartetes, daß David ihm nicht nur das ansehnliche Landgut, welches Saul’s gewesen war, wiedergab, sondern ihn sogar an seine königliche Tafel zog, und zu seinem täglichen Tischgenossen machte.
Wir lernen aus dieser Geschichte, daß das Leiden demüthige Leute mache, wenn sie bei dem Leiden weise sind, und daß ein Demüthiger, wenn ihm eine große Gnade widerfährt, dadurch in eine Verwunderung gesetzt, und noch mehr gedemüthiget werde. hat sich der lahme und arme Mephiboseth vor dem König David so sehr gedemüthigt: was sollen wir Erdenwürmer, wir Sünder, wir untüchtige und unreine Menschen thun, wenn wir vor Jesum, den Sohn Gottes, den HErrn aller Herren, den König aller Könige treten, der uns eine viel größere Gnade erzeigen will und kann, als David dem Mephiboseth erzeigt hat? Wir sollen uns tief niederbücken, und mit Verwunderung freuen, wenn wir hören, daß Er uns über den Stand unsers Vaters Adam erhöhen, und als der Erstgeborne unter vielen Brüder sogar zu Seinen Miterben machen wolle. Schamhaft sollen wir uns verwundern, daß Er uns, alldieweil wir noch auf der Erde leben, an Seinen Tisch setzen, und mit Seinem kräftigen Wort und mit Seinem heiligen Leib und blut speisen und tränken, überdieß aber auch zu dem Abendmahl Seiner Hochzeit im Himmel berufen will. Alles dieses ist Gnade. Wir sind dieser Gnade unwürdig. Je größer die Gnade ist, desto mehr soll uns unsere Unwürdigkeit in die Augen fallen. (Magnus Friedrich Roos)

9:9 Da rief der König Ziba, den Diener Sauls, und sprach zu ihm: Alles, was Saul gehört hat und seinem ganzen Hause, habe ich dem Sohn deines Herrn gegeben.

9:10 So arbeite ihm nun seinen Acker, du und deine Kinder und Knechte, und bringe es ein, daß es das Brot sei des Sohnes deines Herrn, daß er sich nähre; aber Mephiboseth, deines Herrn Sohn, soll täglich das Brot essen an meinem Tisch. Ziba aber hatte fünfzehn Söhne und zwanzig Knechte.

9:11 Und Ziba sprach zum König: Alles, wie mein Herr, der König, seinem Knecht geboten hat, so soll dein Knecht tun. Und Mephiboseth (sprach David) esse an meinem Tisch wie der Königskinder eins.

9:12 Und Mephiboseth hatte einen kleinen Sohn, der hieß Micha. Aber alles, was im Hause Zibas wohnte, das diente Mephiboseth.

9:13 Mephiboseth aber wohnte zu Jerusalem; denn er aß täglich an des Königs Tisch, und er hinkte mit seinen beiden Füßen.
Mephi-Boseth war kein herrlicher Schmuck für eine königliche Tafel, dennoch hatte er seinen beständigen Platz an Davids Tisch, weil der König in seinem Angesicht die Züge des geliebten Jonathan wiedererkannte.
Wie Mephi-Boseth müssen auch wir ausrufen: „Wer bin ich, Dein Knecht, dass Du Dich wendest zu einem toten Hunde, wie ich bin?“ und dennoch gestattet uns der Herr den allervertraulichsten Umgang mit Ihm, weil er in unsern Zügen die Ähnlichkeit mit seinem innigstgeliebten Jesus wahrnimmt. Die Kinder des Herrn sind Ihm teuer um eines andern willen. So groß ist die Liebe, die der Vater zu seinem Eingebornen hat, dass Er um seinetwillen seine niedrigen Brüder aus der Armut und Verbannung erhebt zu königlichem Umgang, zu hohem Stand und fürstlicher Tafel. Ihre Hässlichkeit kann ihnen diese Vorrechte nicht wieder rauben.
Die Lähmung ist kein Hindernis der Gotteskindschaft; der Krüppel ist ebensogut Erbe, als der, der laufen kann wie Asahel. Unser Recht schwächt sich nicht ab, ob auch die Kraft abnimmt. Eine königliche Tafel ist eine gar noble Decke für lahme Füße, und beim Hochzeitsmahl des Evangeliums lernen wir herrlich sein in unsrer Schwachheit, weil die Kraft Christi auf uns ruht. Und doch können arge Mängel die geliebtesten Heiligen in Schaden und Schande bringen. Hier wurde einer von David gespeist und geehrt; aber weil er an beiden Füßen gelähmt war, konnte er den König nicht begleiten, als er aus der Stadt floh, und wurde darum verleumdet und verlästert von seinem Knechte Ziba. Heilige, die schwach sind im Glauben und nicht gefördert in der Erkenntnis, verlieren viel; sie sind vielen Feinden bloßgestellt und können dem Könige nicht auf allen seinen Wegen folgen. Diese Schwachheit rührt oft von einer Vernachlässigung her. Ungeeignete Nahrung bewirkt manchmal, dass Bekehrte in ihrer geistlichen Kindheitszeit in Zaghaftigkeit und Verzweiflung geraten, aus welcher sie sich nie wieder ganz erholen, in andern Fällen ist Sünde die Schuld an gebrochenen Gliedern. Herr, Du gibst den Müden Kraft, und Stärke genug den Unvermögenden; o, so hilf, dass der Lahme hüpfe wie ein Hirsch, und sättige die Deinen mit dem Brot Deines Gnadentisches! (Charles Haddon Spurgeon)

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