1. Mose, Kapitel 9
9:1 Und Gott segnete Noah und seine Söhne und sprach: Seid fruchtbar und mehrt euch und erfüllt die Erde.
9:2 Furcht und Schrecken vor euch sei über alle Tiere auf Erden und über alle Vögel unter dem Himmel, über alles, was auf dem Erdboden kriecht, und über alle Fische im Meer; in eure Hände seien sie gegeben.
9:3 Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise; wie das grüne Kraut habe ich's euch alles gegeben.
9:4 Allein eßt das Fleisch nicht, das noch lebt in seinem Blut.
9:5 Auch will ich eures Leibes Blut rächen und will's an allen Tieren rächen und will des Menschen Leben rächen an einem jeglichen Menschen als dem, der sein Bruder ist.
9:6 Wer Menschenblut vergießt, des Blut soll auch durch Menschen vergossen werden; denn Gott hat den Menschen zu seinem Bilde gemacht.
9:7 Seid fruchtbar und mehrt euch und regt euch auf Erden, daß euer viel darauf werden.
Es wird in der heiligen Schrift sehr vor Faulheit und Trägheit gewarnt, besonders in den Sprüchen Salomonis, und auch Röm. 12, 11 heißt es: Seid nicht träg, was Ihr thun sollt. Es muß demnach sowohl bei dem Lehrmeister, als bei den Lernenden ein Leben und Fleiß sein. Ein Lehrmeister wird träg, wenn er die Freude am Unterrichten verliert, wenn er sich zu viel erzürnt, wenn er glaubt, das Unterrichten schade ihm an der Gesundheit, wenn es nicht geht, wie er wünscht, wenn ihm allerlei Hindernisse und Schwierigkeiten vorkommen. Nun können zwar auch natürliche Ursachen einem Lehrmeister zur Aufmunterung sein, nämlich wenn er einen guten Fortgang sieht, wenn er Dank und Ohre aufhebt rc. Allein mit den natürlichen Ursachen kommt man nicht ganz zurecht, sondern das göttliche Wort muß die rechte Aufmunterung geben und erhalten. Bei den Lernenden sind auch unterschiedliche Ursachen, wodurch sie träg werden können, nämlich, wenn sie sich mit Speisen überladen, wenn sie in gar zu scharfer Zucht gehalten werden, wenn sie angestrengt werden, Sachen zu lernen oder zu thun, die ihnen gar zu sauer geschehen, wenn sie gehaßt oder gedrückt werden, wenn man sie wider ihre Natur anders formiren will; wenn der Lehrmeister verdrossen wird, so wird auch den Lernenden die Munterkeit zum Lernen benommen; wenn sie in das Böse hineinkommen, so werden sie auch leicht träg zum Lernen. Es wird daher die Munterkeit zum Lernen befördert, wenn man sie vor dem Bösen verwahrt, wenn sie Liebe empfinden, wenn sie einen Fortgang im Lernen spüren, wenn das Lernen in rechter Ordnung gehet, wenn sie durch eine Cameradschaft und auch durch den Lehrmeister aufgemuntert werden. Es ist zwar aus der Erfahrung bekannt, daß ein phlegmatisches und verdrießliches Wesen jungen Leuten sehr schädlich ist; allein man kann die Munterkeit auf eine verkehrte Art befördern, daß junge Leute ungehorsam, flüchtig, wild und zum Lernen untüchtig werden. Die eigentliche Ordnung, wie bei jungen Leuten eines auf das andere kommen soll, ist Gehorsam, Fleiß und Weisheit, wie bei Christo, welcher seinen Eltern unterthan und fleißig war und an Weisheit zunahm. Man findet junge Leute, welche sehr gute Gaben haben, und bei welchen doch wenig herauskommt, weil kein Fleiß bei ihnen ist, weswegen sehr viel daran gelegen ist daß man junge Leute in einen Fleiß bringt und sie darinnen erhält. Man denkt gemeiniglich nur darauf, welche Sache für einen jungen Menschen die nützlichste sei; ich halte diejenige Sache für die nützlichste, an welcher junge Leute den Fleiß lernen und gewöhnen, indem man ohnehin nicht wissen kann, welche Sache ihnen in Zukunft die nützlichste sei. (Johann Flattich)
9:8 Und Gott sagte zu Noah und seinen Söhnen mit ihm:
9:9 Siehe, ich richte mit euch einen Bund auf und mit eurem Samen nach euch
9:10 und mit allem lebendigen Getier bei euch, an Vögeln, an Vieh und an allen Tieren auf Erden bei euch, von allem, was aus dem Kasten gegangen ist, was für Tiere es sind auf Erden.
9:11 Und richte meinen Bund also mit euch auf, daß hinfort nicht mehr alles Fleisch verderbt werden soll mit dem Wasser der Sintflut, und soll hinfort keine Sintflut mehr kommen, die die Erde verderbe.
9:12 Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich gemacht habe zwischen mir und euch und allen lebendigen Seelen bei euch hinfort ewiglich:
9:13 Meinen Bogen habe ich gesetzt in die Wolken; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde.
9:14 Und wenn es kommt, daß ich Wolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken.
Gerade jetzt sind Wolken genug da, aber uns ist nicht bange, daß die Welt durch eine Sintflut zerstört werden wird. Wir sehen den Regenbogen oft genug, um uns von solchen Befürchtungen abzuhalten. Der Bund, den der Herr mit Noah machte, steht fest, und wir haben keinen Zweifel daran. Warum sollten wir also denken, daß die Leidenswolken, die jetzt unsren Himmel verdunkeln, mit unsrem Untergang enden werden? Laßt uns solche grundlosen und unwürdigen Befürchtungen aufgeben!
Der Glaube sieht stets den Bogen der Bundesverheißung, wo die Vernunft die Wolke der Trübsal sieht. Gott hat einen Bogen, mit dem Er die Pfeile des Verderbens abschießen könnte; aber siehe! er ist aufwärts gerichtet! Es ist ein Bogen ohne Pfeil und Strang; es ist ein Bogen, der zur Schau aufgehangen ist und nicht mehr zum Kriege gebraucht wird. Es ist ein Bogen von vielen Farben, der Freude und Wonne darstellt, und nicht ein Bogen, blutrot vom Gemetzel oder schwarz vom Zorn. Laßt uns guten Mutes sein! Niemals verdunkelt Gott unsren Himmel so, daß Er seinen Bund ohne einen Zeugen läßt; und selbst wenn Er es täte, wollten wir Ihm vertrauen, da Er sich nicht ändern, nicht lügen oder in irgend einer andren Weise verfehlen kann, seinen Bund des Friedens zu halten. Bis die Wasser wiederum über die Erde gehen, werden wir keinen Grund haben, an unsrem Gott zu zweifeln. (Charles Haddon Spurgeon)
Der Regenbogen, das Sinnbild des Bundes mit Noah, ist ein Vorbild auf unsern Herrn Jesum, welcher des Herrn Zeuge ist vor seinem Bundesvolk. Wenn des Sünders Gewissen von Wolken verfinstert wird, wenn er sich an seine vergangenen Sünden erinnert und vor Gott trauert und klagt, dann wird ihm Jesus Christus geoffenbart als der Regenbogen des Bundes, der alle herrlichen Farben des göttlichen Wesens zurückstrahlt und Frieden verheißt und bedeutet. Wenn den Gläubigen Trübsal und Versuchung umgibt, so ist's etwas außerordentlich Liebliches für ihn, daß er die Person unsres Herrn Jesu Christi betrachten darf, daß er schauen darf, wie Er für uns leidet, stirbt, aufersteht und vor dem Throne für uns bittet. Gottes Regenbogen ist ausgespannt über die Wolken unsrer Sünden, unsrer Schmerzen, unsrer Leiden, und verkündigt uns eine Erledigung. Nun gibt die Wolke für sich allein noch keinen Regenbogen, es müssen die klaren Regentropfen da sein, welche das Licht der Sonne zurückstrahlen. So müssen unsre Leiden uns nicht bloß ängstigen, sie müssen in wirklichen Tropfen auf uns fallen. Was hätte Christus uns helfen können, wenn die Strafe Gottes nur eine ängstigende, bedrohliche Wolke gewesen wäre? Die wirkliche Strafe mußte in furchtbaren Tropfen auf unsern Bürgen niederfallen. Wenn nicht eine wahre Sündenangst im Gewissen des Sünders ausbricht, ist Christus nicht für ihn vorhanden; wenn die Züchtigung, die er erfährt, nicht empfindlich wird, so kann er Jesum nicht sehen. Aber es muß auch eine Sonne vorhanden sein; denn Wolken und Tropfen geben keinen Regenbogen, wenn nicht die Sonne scheint. Geliebte, unser Gott, der unsre Sonne ist, scheint allezeit; aber wir sehen Ihn nicht immer, Wolken verbergen sein Antlitz. Aber was tut's, wenn noch so schwere Tropfen fallen und noch so schwarze Wolken drohen? wenn nur Er seine Strahlen scheinen läßt, so entsteht auf einmal ein Regenbogen. Man sagt, wenn wir den Regenbogen sehen, so sei das Gewitter vorüber. Gewiß ist, daß, wenn Christus uns erscheint, all unsre Leiden ein Ende haben; wenn wir zu Jesu emporblicken, so verschwinden unsre Sünden, und unsre Furcht und Zweifel weichen. Wenn der Herr Jesus auf den Wellen des Meeres wandelt, welch eine Ruhe herrscht dann! (Charles Haddon Spurgeon)
9:15 Alsdann will ich gedenken an meinen Bund zwischen mir und euch und allen lebendigen Seelen in allerlei Fleisch, daß nicht mehr hinfort eine Sintflut komme, die alles Fleisch verderbe.
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Achte wohl auf die Form der Verheißung. Gott spricht nicht: „Und wenn ihr meinen Bogen anseht und gedenkt an meinen Bund, so will ich die Erde nicht mehr verderben,“ sondern Er hat seine Gnade herrlich gegründet und gestellt nicht auf unser Gedächtnis, das schwankend und gebrechlich ist, sondern auf sein Gedächtnis, das unendlich und unbeweglich ist. „Darum soll mein Bogen in den Wolken sein, daß ich ansehe, und gedenke an den ewigen Bund.“ O, nicht daß ich Gottes gedenke, sondern daß Gott meiner gedenkt, ist der Grund meiner Seligkeit; nicht daß ich mich an seinen Bund halte, sondern daß sein Bund mich hält, ist meines Heiles Gewißheit. Gelobt sei Gott! alle Schutzmauern der Erlösung sind festgestellt durch die göttliche Allmacht, und auch die kleineren Verteidigungstürme, von denen wir denken möchten, sie hätten wohl der menschlichen Obhut können übergeben werden, werden von der allmächtigen Kraft bewacht. Auch das Gedächtnis des Bundes wird nicht unsrer Erinnerung anvertraut, denn wir könnten ihn vergessen; unser Herr aber kann die Heiligen nicht vergessen, die Er in seine Hände gezeichnet hat. Es geht uns wie dem Volk Israel in Ägypten; das Blut war an die Oberschwelle und an die beiden Pfosten der Tür gestrichen; aber der Herr sprach nicht: „Wenn ihr das Blut seht, will ich vorübergehen,“ sondern: „Wenn ich das Blut sehe, gehe ich vor euch über.“ Mein Aufblick zu Jesu bringt mir Frieden und Freude, aber daß Gott seinen Sohn Jesum ansieht, ist der Grund meines Heils und aller seiner Auserwählten, weil es Gott unmöglich ist, Christum, unsern blutigen Bürgen, anzusehen, und dennoch uns zu zürnen ob unsern Sünden, die in Ihm schon ihre Strafe empfangen haben. Nein, es bleibt nicht uns überlassen, ob wir selig werden; denn es ruht nicht auf unserm Gedächtnis des Bundes. Hier ist kein halbleinenes Zeug, auch nicht ein einziger Faden menschlichen Erzeugnisses entwertet das Gewebe. Es ist nicht von Menschen, noch durch Menschen, sondern allein vom Herrn. Wir sollten des Bundes eingedenk sein und werden es auch durch Gottes Gnade; aber der Anker unseres Heils ist nicht hier befestigt , sondern der rechte Ankergrund ist, daß Gott unser eingedenk ist; und darum ist der Bund ein ewiger Bund. (Charles Haddon Spurgeon)
9:16 Darum soll mein Bogen in den Wolken sein, daß ich ihn ansehe und gedenke an den ewigen Bund zwischen Gott und allen lebendigen Seelen in allem Fleisch, das auf Erden ist.
9:17 Und Gott sagte zu Noah: Das sei das Zeichen des Bundes, den ich aufgerichtet habe zwischen mir und allem Fleisch auf Erden.
9:18 Die Söhne Noahs, die aus dem Kasten gingen, sind diese: Sem, Ham und Japheth. Ham aber ist der Vater Kanaans.
9:19 Das sind die drei Söhne Noahs, von denen ist alles Land besetzt.
9:20 Noah aber fing an und ward ein Ackermann und pflanzte Weinberge.
9:21 Und da er von dem Wein trank, ward er trunken und lag in der Hütte aufgedeckt.
9:22 Da nun Ham, Kanaans Vater, sah seines Vaters Blöße, sagte er's seinen beiden Brüdern draußen.
9:23 Da nahmen Sem und Japheth ein Kleid und legten es auf ihrer beider Schultern und gingen rücklings hinzu und deckten des Vaters Blöße zu; und ihr Angesicht war abgewandt, daß sie ihres Vater Blöße nicht sahen.
9:24 Als nun Noah erwachte von seinem Wein und erfuhr, was ihm sein jüngster Sohn getan hatte,
9:25 sprach er: Verflucht sei Kanaan und sei ein Knecht aller Knechte unter seinen Brüdern!
9:26 und sprach weiter: Gelobt sei der HERR, der Gott Sem's; und Kanaan sei sein Knecht!
9:27 Gott breite Japheth aus, und lasse ihn wohnen in den Hütten des Sem; und Kanaan sei sein Knecht!
9:28 Noah aber lebte nach der Sintflut dreihundertfünfzig Jahre,
9:29 daß sein ganzes Alter ward neunhundertundfünfzig Jahre, und starb.