Besser, Wilhelm Friedrich - Predigt am zwölften Sonntag nach Trinitatis.

Besser, Wilhelm Friedrich - Predigt am zwölften Sonntag nach Trinitatis.

Marci 7, 31-37.

Text: Und da er wieder ausging von den Grenzen Tyri und Sidon, kam er an das galiläische Meer, mitten unter die Grenze der zehn Städte. Und sie brachten zu ihm einen Tauben, der stumm war, und sie baten ihn, dass er die Hand auf ihn legte. Und er nahm ihn von dem Volk besonders, und legte ihm die Finger in die Ohren, und spützete, und rührte seine Zunge. Und sah auf gen Himmel, seufzte und sprach zu ihm: Hephatha, das ist, tue dich auf. Und alsbald taten sich seine Ohren auf, und das Band seiner Zunge ward los, und redete recht. Und er verbot ihnen, sie sollten es niemand sagen. Je mehr er aber verbot, je mehr sie es ausbreiteten. Und verwunderten sich über die Maße und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hörend, und die Sprachlosen redend.

Je länger wir in der Pflege des Heilandes stehen, desto weniger können wir entbehren, was St. Paulus von den Christen erwartet und fordert (Kol. 3,16): „Lasst das Wort Christi unter euch reichlich wohnen, in aller Weisheit; lehrt und vermahnt euch selbst mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen, lieblichen Liedern, und singet dem HErrn in eurem Herzen.“ Wir müssen recht aufmerksam werden auf das Wort der heiligen Schrift, müssen es erbaulich genießen, es muss die tägliche Speise unseres Geistes sein. Dabei ist es förderlich, wenn wir die Ordnung der Sonntage des Kirchenjahres recht ins Gemüt schließen. So erkennt man z. B. in den Evangelien der Sonntage nach Trinitatis 10, 11, 12, 13 einen besonderen Lehrkreis. Da sehen wir am 10. Sonntag nach Trinitatis Jesu Tränen über Jerusalem, das sind Heilandstränen über die verstockten Sünder. Am 11. Sonntag nach Trinitatis, da betet der Zöllner vor unsern Ohren seine Beichte, eine rechte Generalbeichte: „Gott sei mir Sünder gnädig.“ Daneben steht in der Epistel dieses elften Sonntages, dieses Gnadensonntages, in dem Apostel Paulus ein Mann vor unsern Augen, an dem die Gnade Gottes nicht vergeblich gewesen ist. Der Anfang des geistlichen Lebens, dass Einer gerechtfertigt ist, wird uns in dem begnadigten Zöllner dargestellt, und die Förderung in dem Leben eines Apostels, der bei dem Zöllnerseufzer bleibt: „Von Gottes Gnaden bin ich, das ich bin.“ Der 12. Sonntag nach Trinitatis ist der Gnadenmittelsonntag, er ist der Hephatha-Sonntag, er handelt von der Heilung des armen Taubstummen. Der liebe Heiland machte den Jammer des Elenden zu dem Seinigen, indem er gen Himmel aufsah und seufzte. Das Band seiner Zunge wird gelöst durch die Allmacht Jesu, und der Geheilte redet recht, nachdem es ihm zuvor geschenkt war, recht zu hören. Wie dies Wunder zu verstehen sei, lehrt uns die heutige Sonntagsepistel, die da redet von der Klarheit des Predigtamtes, welches das Evangelium oder die Gerechtigkeit predigt im Gegensatz zu der Klarheit des Amtes, welches die Verdammnis predigt. Wir feiern also heute den Hephatha- oder Gnadenmittelsonntag; wir werden belehrt über das rechte Hören und über das rechte Reden. Wir wollen den HErrn Jesum aufnehmen als Arzt, Er ist ja gekommen nicht für die Gesunden, sondern für die Kranken. Wir wollen als die Kranken dastehen, damit wir den Segen erlangen. Wir lernen aus unserm Evangelium etwas von unserm HErrn Jesu als unserm Arzt. Lasst uns zusehen: 1) Wie er zu einem ärztlichen Besuch kommt; 2) achten auf die Kur, oder wie es bei denen zugeht, die bei Jesu in der Kur sind; und 3) auf die Nachkur, wie dadurch der HErr Jesus geehrt wird.

Den Tauben öffne das Gehör,
Die Stummen richtig reden lehr,
Auf dass sie alle sagen frei,
Was ihres Herzens Glauben sei.

1.

Von Tyrus und Sidon kommt der HErr Jesus her. Da kommt uns das kananäische Weib in den Sinn, dessen Glaube dem HErrn Verwunderung abgewonnen hat. Nun kommt Er nach Galiläa, dahin, wo der Prophet in seinem Vaterlande nichts galt, wo Er keine Wunder tun konnte, wegen ihres Unglaubens. Wehmütigen Herzens ruhen seine Augen auf dem lieben Galiläa. Als der, welcher nicht hatte, wo Er sein Haupt hinlege, ist Er immer unterwegs zu unsrer Hilfe. Sie bringen einen Tauben zu Ihm und der Taube bekommt einen ärztlichen Besuch von Ihm. Bitter beklagt sich Gott der HErr bei Jerem. 8,22: „Warum ist die Tochter meines Volkes nicht geheilt? Ist denn keine Salbe in Gilead? oder ist kein Arzt da?“ So kann Er sich über alle Ungeheilten beklagen. Der Arzt ist da, als ein Angeld für die neue Welt, die werden soll, wo keine Krankheit, kein Leid, kein Schmerz geschieht, was beschrieben ist Jesaia 43,20: „Ich will Wasser in die Wüste und Ströme in die Einöde geben, zu tränken mein Volk, meine Auserwählten.“ 35,5: „Alsdann werden der Blinden Augen aufgetan werden, und der Tauben Ohren werden geöffnet werden, und die Lahmen aufspringen als Hirsche.“ Diese Zeit war nunmehr angebrochen. Durch Moses sprach der HErr zu seinem Volk Israel in der Wüste: „Wirst du der Stimme des HErrn deines Gottes gehorchen und tun, was recht ist vor Ihm und halten alle Seine Gesetze; so will Ich der Krankheiten keine auf dich legen, die Ich auf Ägypten gelegt habe, denn Ich bin der HErr dein Arzt.“ (2. Mos. 15,26): „Aber weil sie der Sünde gehorchten und nicht der Stimme des HErrn, so blieb auch der Tod mit allen seinen Vorboten.“ Aber „ein Arzt ist uns gegeben, derselbe ist das Leben; Christus für uns gestorben, hat uns das Heil erworben.“

Auch in das Gebiet der zehn Städte war das Gerücht gedrungen von dem Propheten mächtig von Taten und Worten. Gute Freunde sind es, die uns zu Jesu bringen; sie verdienen vor allem diesen Namen, die uns zu Ihm geführt haben, mit denen werden wir einst im Reiche der Seligkeit zusammen leben. Die Freunde führen den Tauben zu Jesu und bitten: Er möge ihn angreifen mit seiner Gesundheitskraft. Die Hilfe ist vor der Tür!

Hier halten wir ein wenig still. Jesus der rechte Arzt macht seinen Besuch auch uns, aber wie verhalten wir uns? Halte ich mich für einen Menschen, der in dem Taubstummen sein Abbild hat? Wir sind taubstumm vor Gott, nämlich geistlich; wenn auch daneben dem Fleische nach oftmals sehr redselig, so vernimmt ja doch das Fleisch nichts vom Geiste Gottes. Wie jener Taubstumme Freunde hatte, die ihn zu Jesu führten, so hatten wir alle meist solche Freunde an unsern Paten und unsern Eltern. Ja, schon unter dem Herzen einer christlichen Mutter liegend, hat die Kur Jesu an uns angefangen. Als wir noch nicht buchstabieren konnten, lehrte Er durch Seinen Geist schon uns ein kindliches Schreien, ein Lallen, ein „Abba lieber Vater im Himmel“ rufen. Das hat der himmlische Vater schon verstanden. Aber das taubstumme Fleisch ist schuld, dass wir Gott nicht hören können im innersten Herzen und darum auch nicht recht reden können die Gebetssprache, dass wir nicht auf das „Du“ mit Gott kommen. Diese Krankheit ist noch nicht erloschen das ist unser Schade. Auch nach der Wiedergeburt als Neugeborene machen Christen die Erfahrung, dass sie in Taubheit und Stummheit hinein geraten. Die weltlichen Dinge und Interessen verstopfen das innere Gemütsohr und wir hören die Stimme Jesu unseres rechten Hirten nicht, und daraus folgt auch die Stummheit, womit man vor seinem himmlischen Vater im Gebet zu reden aufhört. Ja, die Wände des Kämmerleins verklagen uns, da ist es so stumm. Heute nun wieder klopft Jesus an unsre Herzenstür und fragt: Fühlst du dich taub und stumm? fühlst du es schmerzlich, dass Jesu Wort dich nicht trifft? und dass deine Zunge so gebunden ist, für das Gespräch deines Herzens mit Gott? fühlst du das schmerzlich heute am Sonntage, wo Jesus dir Seinen ärztlichen Besuch verpfändet hat durch Seine tatsächliche Versicherung. Hier kommt Er, mein Hirte, ach Liebster, bewirte dein Schäflein, du siehst, wie elend und durstig ich bin. O, dass wir in Sachen der Seligkeit von Natur so verdüstert sind, hängen an stummen Götzen und bilden uns einen stummen Gott! Wir haben Gottes Wort im Sohne und sein Echo bei uns im Geiste! o ist uns das leid? dann haben wir einen ärztlichen Besuch des himmlischen Arztes zu erwarten. Wenn wir die Gemütsohren und die Seelenzungen dem Heiland überliefern, dass Er sie anrühre, dann steht uns Sein Besuch bevor. Dazu sollte es in der Kirche wenigstens immer kommen. Das Hauptgeschäft des Predigtamtes ist es: die geistlich Lahmen, Blinden, Tauben und Stummen zu Jesu zu bringen.

2.

Nun lasst uns zusehen, wie es bei der Kur zugeht. Die Mittel wider unsre geistliche Krankheit sind niedergelegt in dem Evangelium. Dieses hat größere Klarheit als das Gesetz. Jesu Klarheit wird dargelegt in der Predigt. Hier im Evangelium haben wir die Beschreibung, wie Jesus mit denen handelt, welche Er in seine Kur nimmt. Nicht im Getümmel nimmt Er den Taubstummen vor. Er nahm ihn vom Volk besonders, Er will den Puls untersuchen, den Herzschlag fühlen, erkennen, wie es mit der gebundenen Zunge steht; mit dir allein will Er es zu tun haben. So nimmt der HErr auch mich wohl besonders, wenn Er mich in Not, Trübsal hineingeraten lässt; Er knüpft mich da fest, dass ich nicht weite Sprünge machen darf. Wir müssen lernen leiden mehr als wirken, weil man in den Weltbezirken sich gar leicht verliert, Einsamkeit mich jetzt ziert.“ Denke an die Zeiten, wo Gott dich abgesondert hat in die Stille und Einsamkeit, wo du durch Sorgenzeiten einsam und verlassen gehen musstest. So gings noch allezeit mit denen, die bei Jesu in der Kur sind, so war es noch allezeit, wenn dir Hilfe werden, wenn ein Wendepunkt in deinem Leben eintreten sollte. Daher wollen wir in solchen Fällen nicht durch Unverstand und Fleischeszärtlichkeit die Sache dem HErrn zu schwer machen. Der HErr will alsdann eine Musterung unsres Gnadenstandes halten. Gott will in persönlichen Umgang mit uns treten - dagegen sollen wir uns nicht sträuben.

„Und legte ihm die Finger in die Ohren, und spützte und rührte seine Zunge an.“ Wenn so etwas mit mir geschieht, da merke ich, dass mein Elend dem HErrn zu Herzen gegangen ist; Er will die tauben Ohren öffnen, die gebundene Zunge lösen. Der HErr bedurfte zwar dieser äußerlichen Mittel nicht, wendet sie aber öfter an, z. B. auch bei dem Blinden, Joh. 9. Er legte dem Taubstummen die Finger in die Ohren und benetzte mit Speichel seine Zunge. Es ist alles erfabelt, wenn man behauptet, dass ein solches äußerliches Mittel zur Heilung genügt habe, freilich aber das in Anschlag zu bringen, dass es hier der Speichel ist eines Kerngesunden, des sündlosen menschgewordenen Gottessohnes. Auf dass erfüllt würde, das gesagt ist durch den Propheten Jesaias, der da spricht: „Er hat unsre Schwachheit auf sich genommen und unsre Seuche hat Er getragen.“ Da die Heilkraft in Jesu erschienen, in seiner ganzen Leiblichkeit vorhanden ist, so ist dies Anrühren ein sakramentliches Anrühren gewesen. Es ist ein „widersinniges“ Mittel, eine starke Zumutung für die Augen der Vernunft. Aber der Taubstumme lässt sich das widersinnige Mittel gefallen und da keimt in ihm auf der Glaube, ohne den Gott nicht wirken kann und will. Der Mensch ist keine Maschine, sondern er trägt Gottes Bild. Er wirbt die ewige Liebe um seine Liebe. Gib mir, mein Sohn, dein Herz. Köstlich. O, wie hat Er die Leute so lieb. Ehe Er sein Hephatha spricht, tut Er eins, was Ihm das Herz des Taubstummen vollständig gewinnt: Er seufzt. Wir sind leider oft so abgehärtet, dass es uns keinen Seufzer abnötigt, wenn wir die Trübsal der Brüder sehen. Jesus seufzt über das Elend, welches durch die Sünde in die Welt hereingekommen ist. Das ist ein Seufzer von der Erde zum Himmel empor. Gott hat unser Elend selbst empfunden. Wie oft heißt es von Jesu: da jammerte Ihn seiner. Er erbarmet Sich unser, wie sich eine Mutter ihres Kindes erbarmt. Das Kind ist erkaltet, wie erstorben, da legt sie es in ihr Bett und will es mit der eigenen Lebenswärme zum Leben wieder erwärmen. Eine Mutter tut solches selbst bei ansteckender Krankheit; um eines Kindes willen wagt sie ihr Leben daran. Das ist ein Abglanz der Liebe, die vom Himmel gekommen ist, die sich auf das Krankenbett einer siechen Menschheit gelegt hat, um sie mit Gottes Wärme zum Leben zu erwärmen. Ja am Kreuz ist sie auch angesteckt worden von unsrer Todeskrankheit. Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt. Und danach hat er uns keiner fremden Apotheke anvertraut. In Seiner Apotheke, Seiner heiligen Kirche, hat Er uns die rechte Arznei, Sein Wort, Seinen Geist, Sein Sakrament hinterlassen. Vom Himmel her sendet Er im heiligen Geiste Sich selbst, ewig bleibt Seine Gegenwärtigkeit im Wort und Sakrament; da lass dich anrühren, da ist das Anrühren nötig - sonst keine Heilung möglich. Hier wie dort ist der Gang der Kur noch immer derselbe: alsbald werden die Ohren aufgetan, die Zungen gelöst und die Kranken reden recht. Hier erfahren wir Sein Hephatha innerlich. Er gießt dann in unsre Wunden Öl und Wein. O! erschließe dich, liebe Seele, lass Gott mit dir reden, auf dass du anfangest, Gott zu hören, mit Gott zu reden, auf dass du anfangest, neues geistliches Leben zu bezeugen. In Seiner Kur stehen wir. Das Band unsrer Zunge soll los werden. Oder meine Lieben brauchten wir's nicht, sind wir nicht stumm, ach wie stumm gegen Seine Liebe? Nun Geliebte wir wollen uns nicht täuschen, wir wollen dem HErrn eingestehen, dass Er- etwas in uns aufzulösen. Darum merke auf das, was Er anders an dir haben will. Du Betrübter, du Trauriger, höre deinen Gott, wenn Er spricht: Ich helfe dir, Ich stehe dir bei, Ich trage dich hindurch. Er gebeut und es steht da: bei der unvernünftigen Kreatur ohne ihren Willen, bei dem Menschen aber nur, wenn er sich Ihm ergibt und überlässt. Und da Sein Herz heiliger und zarter ist als ein menschlich Herz, so empfindet Er unsre Schmerzen viel tiefer als wir selbst, wo wir nicht seufzen, ja sogar lachen, da seufzt Er! Wie herzlich will ich deine Seligkeit, so heißt es bei deinem Heilande, aber du bist so verkehrt, so trotzig, so weltlustig. Seufze nur erst über deinen Jammer, dann kommt sein Hephatha, lass es zu, dass Er bei dir die festen Bande zerreiße, die dich an die Welt knüpfen.

.3.

Und wenn ein Mensch geheilt ist, wie gehts mit der Nachkur? Der HErr hat dem Geheilten auferlegt zu schweigen. Er soll nicht herumziehen und mit sich Vorstellungen geben, wie das geschieht bei den Wunderheiligen, wahren oder erdichteten, in der katholischen Welt. Der heilige Schmelz wird dabei von der geheilten Seele abgewischt, wie der Duft von einer abgegriffnen Rose. Der taubstumme Geist ist ausgetrieben, aber der Mensch dafür dem Schwatzteufel verfallen; das will der Heiland nicht. Er will nicht, dass seine geistlichen Wunder auf marktschreierische Weise ausgerufen, sondern in stillen, gläubigen Herzen bewegt werden. Der Taubstumme hat es wohl zu Herzen genommen, was mit ihm vorgegangen ist. Die Andern aber können es nicht lassen, das Geschehene auszubreiten, „sie wundern sich über alle Maßen“. Nun wohl, wenn es geschieht in den Schranken des Berufs: ich will es andern sagen, andern Seelen erzählen, was Er an mir getan, dann ist es schön. Solches Verwundern ist Vorschmack der süßen Ewigkeit. Nichts ist verwunderlicher, als Jesu Geduld mit mir, dem ungeduldigen, störrischen kranken Sünder; dass Er mich tragen und vertragen kann in meiner Ungeduld, verwunderlich auch sein durchdringender Blick, seine durchdringende Erkenntnis, seine geistliche Diagnose. Wo ist ein Arzt, der sich nicht einmal täuscht? Aber Jesus täuscht sich nicht, Sein Blick reicht selbst in die Ferne. Wo ist eine Liebe, wie die Seine? Diese Liebe empfindet mit all deine Not und deinen Jammer, obgleich die einzelne Seele nur ein Sandkörnlein ist unter der Menge der Sandkörner am Meer. Er empfindet, wenn es tief verborgen nicht richtig steht mit deinem Gemütsohr. Nächst dem Wunder, das in der Person Jesu, des Gottes- und Mariensohnes selbst liegt, ist das größte und nächste Wunder, dass du selig wirst. Wenn wir aus vormals Tauben ewig Hörende, aus vormals Stummen die geworden sind, welche das ewige Halleluja singen, dann soll unser Wundern kein Ende nehmen darüber, dass Er auch uns selig durchgebracht hat. So schenke es uns Gott, dieweil wir hier sind, dass auch wir bekennen mit ehrerbietigem Dankeswort: Er hat alles wohlgemacht! damit unser Glaube den Lohn des Schauens bekomme. Ja, wohlgemacht! wirds dann heißen; wohlgemacht durchs ganze Leben, sein mütterliches Tragen hat mich herausgehoben aus dem Elende, hindurch gebracht durchs versuchungsvolle Leben, hineingebracht ins schöne Vaterland.

Lieber HErr Jesu, Dich schreckt kein Jammeranblick ab, denn Du hast Arznei für alle unsre alten und neuen Wunden. Gib, dass wir dieselbe einnehmen, zu Deinem Verbinden und Lindern stille halten! Heile Du uns, so werden wir heil! Ja, lieber Heiland, auch mich hast Du hin und wieder vom Volk besonders genommen und in eine Wüste geführt, wo all das Geschöpf schwieg, wo ich ganz allein mit Dir war, mir entzogen alle Dinge und Personen meiner vorigen Lust und Freude, ausgelöscht die Lichter meiner Ergötzung, begraben mein wonnigstes Erdenglück mir war weh und bange, aber Du zogst mich an Deine Brust, legtest Deine Jesusfinger in meine Ohren und rührtest aufs nächste meine Zunge an, und ich verstand, wie du freundlich mit mir redetest: „Ich will mich mit Dir verloben in Ewigkeit.“ Lieber HErr Jesu, bringe uns selig heim zu der Schar der Erlösten vor Deinem Throne, welche mit neuem Psalterspiel und reinem Harfenklange Deinem Namen danken und Dir lobsingen: Der HErr hat alles wohlgemacht. Amen.

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besser_predigten/besser_predigten_12_nach_trinitatis.txt · Zuletzt geändert: von aj
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