Hugenottische Kirchenordnung von 1559 (Discipline ecclesiastique)

Hugenottische Kirchenordnung von 1559 (Discipline ecclesiastique)

1. Erstlich, daß keine Gemeinde sich Vorrang oder Herrschaft über eine andere anmaßen kann.

2. Das in jedem Colloquium oder jeder höheren Synode ein Präsident mit einmütiger Billigung gewählt werden soll.

3. Das die Diener jeder zur Synode einen oder mehrere Älteste oder Diakonen ihrer Gemeinde mit sich bringen sollen.

4. Das bei den nach dringendem Bedürfnis der Gemeinden versammelten Generalsynoden eine freundschaftliche und brüderliche Zensur sämtlicher Teilnehmer stattfinden soll, nach der das Mahl unseres Herrn Jesus Christus gefeiert wird.

5. Das die Diener und zum wenigsten ein Ältester oder Diakon von jeder Gemeinde oder Provinz sich zweimal im Jahr versammeln sollen.

6. Das die Diener im Consistorium durch die Ältesten und Diakonen gewählt werden sollen und dann der Gemeinde, für die sie bestellt sind, vorgestellt.

7. Wer zu irgendeinem Dienst am Wort erwählt ist, soll aufgefordert und ermahnt werden, ihn anzunehmen, doch keinesfalls dazu gezwungen.

11. Wer sich selbst eingedrängt hat, soll, mag er gleich von seinen Gemeindegliedern angenommen sein, nicht von den Nachbarpfarrern oder anderen angenommen werden, falls es irgendeinen Einwand wegen seiner Zulassung von seiten einer anderen Gemeinde gibt.

12. Die einmal zum Dienst am Wort erwählt sind, müssen wissen, daß sie damit für alle Lebenszeit zu Predigern erwählt sind.

13. Und was die anlangt, die nur für eine gewisse Zeit entsandt sind, so soll im Falle, daß die Gemeinden nicht auf andere Weise für die Herde Sorge tragen können, es ihnen nicht erlaubt sein, die Gemeinde im Stich zu lassen, für die Jesus Christus gestorben ist.

14. Aus Anlaß allzu großer Verfolgung soll man einen Wechsel von einer Gemeinde zur anderen auf einige Zeit vornehmen können mit Einverständnis und Anweisung beider Gemeinden.

15. Solche, die verkehrte Lehre treiben und, nachdem sie deswegen ermahnt worden sind, nicht davon abstehen, desgleichen Leute von anstößigem Lebenswandel, die obrigkeitliche Bestrafung oder Exkommunikation verdienen oder die dem Consistorium ungehorsam oder auch sonst wohl unzulänglich sind, sollen abgesetzt werden.

16. Was die anlangt, die durch Alter, Krankheit oder andern derartigen Übelstand etwa unfähig geworden sind, ihr Amt auszurichten, so soll ihnen die Würde verbleiben, und sie sollen ihren Gemeinden zum Unterhalt empfohlen sein und jemand anderes den Dienst verrichten.

17. Die anstößigen und obrigkeitlich strafbaren Verfehlungen, aus denen der Kirche großes Ärgernis erwächst, gleichviel zu welcher Zeit verübt, während man darüber in Unwissenheit war oder auch später, ziehen die Absetzung des Dieners nach sich.

18. Die Absetzung hat unverzüglich durch das Consistorium zu geschehen im Falle außerordentlicher Verfehlungen, unter Zuziehung von zwei oder drei Pastoren. Und im Fall der Beschwerde über Zeugenaussagen oder über Verleumdung soll die Sache der Provinzialsynode übergeben werden.

19. Die Gründe der Absetzung sollen den Gemeindegliedern nicht dargelegt werden, falls nicht die Notwendigkeit das verlangt, worüber das Consistorium entscheidet.

20. Die Ältesten und Diakonen sind der Senat (Rat) der Gemeinde, dem die Diener am Wort vorsitzen müssen.

21. Die Obliegenheit der Ältesten soll sein, die Gemeinde zu versammeln, die Anstöße dem Consistorium zu berichten und dergleichen ähnliche Dinge, demgemäß es in jeder Gemeinde dafür eine schriftlich festgestellte Anweisung geben soll, den Orts- und Zeitverhältnissen entsprechend; auch ist das Amt der Ältesten nicht, wie wir es gegenwärtig haben, lebenslänglich.

22. Was die Diakonen anlangt, so soll ihr Auftrag sein, die Armen, die Gefangenen und die Kranken zu besuchen und in den Häusern zu katechisieren.

23. Die Aufgabe der Diakonen ist nicht, das Wort zu predigen noch die Sakramente zu verwalten, wiewohl sie dabei helfen können; auch ist ihr Amt nicht lebenslänglich, von dem aber jedenfalls sie so wenig wie die Ältesten sich lösen können ohne Erlaubnis der Gemeinden.

24. In Abwesenheit des Dieners, oder wenn er krank ist oder sonst ein Notstand vorliegt, soll der Diakon die Gebete tun und einen Abschnitt aus der Schrift lesen können, ohne Form einer Predigt.

25. Die Diakonen und Ältesten sollen aus den gleichen Gründen wie die Diener am Wort in ihrer Eigenschaft abgesetzt werden; und wenn sie vom Consistorium verurteilt sind.

26. Die Diener noch sonst jemand von der Kirche sollen keine von ihnen oder anderen verfaßten Bücher, die Religion berührend, drucken lassen oder sonst wie veröffentlichen können, ohne sie zwei oder drei unverdächtigen Dienern des Worts mitgeteilt zu haben.

27. Die Irrlehrer, die Gottesverächter, die Rebellen wieder das Consistorium, die Verräter an der Gemeinde, solche, die auf Verbrechen ertappt oder überführt sind, auf die Leibesstrafe steht, und solche, die der ganzen Kirche ein grobes Ärgernis verursachen würden, sollen vollkommen gebannt und nicht allein von den Sakramenten, sondern auch von jeglicher Versammlung ausgeschlossen sein.

28. Solche, die für Irrlehre, Gottesverachtung, Kirchenspaltung, Verrat an der Kirche, Aufruhr wider sie und andere für die ganze Kirche schwer anstößige Laster gebannt worden sind, sollen der Gemeinde als ausgeschlossen kundgemacht werden, mit Angabe der Gründe ihres Bannes.

29. Hinsichtlich derer, die aus leichteren Gründen gebannt worden sind, soll es der Klugheit der Gemeinde anheimstehen zu entscheiden, ob man sie den Gemeindegliedern offenbaren muß oder nicht, bis darüber anders von der nächsten Generalsynode befunden wird.

30. Solche, die etwa gebannt sind, sollen zum Consistorium kommen mit der Bitte um Aussöhnung mit der Gemeinde, die alsdann über ihre Reue urteilen soll. Falls sie öffentlich exkommuniziert sind, sollen sie auch öffentliche Buße tun; sind sie aber nicht öffentlich ausgeschlossen worden, so sollen sie sie nur vor dem Consistorium tun.

31. Solche, die in Verfolgung verleugnet haben, sollen keinesfalls zur Gemeinde zugelassen werden, es sei denn, daß sie öffentlich vor der ganzen Gemeinde Buße tun.

32. In Zeiten bitterer Verfolgung oder von Krieg oder Seuche oder Hungersnot oder anderen großen Trübsalen, desgleichen wenn man die Diener am Wort wählen will und wenn es um die Frage geht, eine Synode abzuhalten, soll man öffentliche und außerordentliche Gebete samt Fasten ansagen können.

33. Die Heiraten sollen dem Consistorium gemeldet werden, wobei der vom öffentlichen Notar aufgesetzte Ehevertrag beizubringen ist.

34. Sowohl die Heiraten wie die Taufen sollen in der Gemeinde aufgezeichnet und sorgfältig aufbewahrt bleiben.

35. Betreffs der Blutsverwandtschaften

36. Die Gläubigen, die ihre Ehepartner des Ehebruchs überführt haben, sollen ermahnt werden, sich wieder mit ihnen zu vereinen.

37. Die jungen Leute, die noch minderjährig sind, sollen keine Ehe ohne Einwilligung ihrer Väter und Mütter schließen können.

38. Die rechtmäßig vollzogenen Eheversprechen sollen nicht aufgehoben werden können.

39. Keine Gemeinde soll irgend etwas tun können von großer Tragweite, wobei zugleich Nutzen und Schaden der andern Gemeinden einbegriffen sein könnte, ohne Weisung der Provinzialsynode, sofern es möglich ist, sie zu versammeln.

40. Die hier enthaltenen Artikel die Kirchendisziplin betreffend sind nicht derart unter uns festgelegt, daß sie nicht abgeändert werden könnten, falls der Nutzen der Kirche es erfordert; aber es soll nicht in der Gewalt des einzelnen stehen, das zu tun ohne Gutachten und Zustimmung der Generalsynode.

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