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Unbekannt - Vom Zungenreden

Unbekannt - Vom Zungenreden

Als im vorigen Jahre die Führer der Kasseler Bewegung erklärt hatten, sie hätten eingesehen, daß sie einem Lügengeiste zum Opfer gefallen seien, da glaubten viele, daß nunmehr diese Sache abgetan sei und der Geschichte angehöre. Auf jener bekannten Versammlung führender Männer in Barmen wurde die Sache als abgetan erklärt und beschlossen, auch in den Zeitungen und Blättern nicht weiter derselben Erwähnung zu tun. Man mußte sich freilich wundern, als man hörte, daß einer der Teilnehmer an jener Versammlung, der jenen Beschluß mitgefaßt hatte, alsbald hinging und mit der Praxis des Zungenredens so weiter machte, wie er es bis dahin getan hatte, und bald zeigte sich an noch mehr Stellen, daß die Hoffnung, jene Bewegung sei vorbei, eine sehr trügerische gewesen war. Es war unserer Meinung nach auch ein kurzsichtiger Entschluß, die Besprechung dieser Angelegenheit in den christlichen Blättern einfach einzustellen; auf diese Weise wurde dem Wiederaufkommen derselben und sogar ihrer weiteren Verbreitung nur zu sehr Raum geschafft. Neuerdings nimmt die Bewegung wieder einen beängstigenden Umfang an; an der Ruhr und an der Wupper brennen ihre Feuer und ist noch nicht abzusehen, was sie wieder alles verzehren werden. Dabei tragen die Züge der Bewegung überall das charakteristische Merkmal wie schon in Kassel: Zungenreden im Dienste einer Heiligungsbewegung. Das Volk Gottes soll gereinigt werden. Wie in Kassel, so reden auch hier die Zungenredner im Namen des Herrn Jesu, als ob er aus ihnen rede und sie sein Mund wären; sie sagen „Ich“ und damit ist der Herr gemeint; es ist also gerade, als ob ein alttestamentlicher Prophet das Wort spreche: „So spricht der Herr!“ Wenn das wirklich so wäre, wenn die Zungenredner wirklich im Namen des Herrn reden dürften, wäre es ja nur angebracht, ihre Aussprüche zu sammeln und sie als neue heilige Schriften zu drucken und zu verbreiten; wenn es wirklich der Herr ist, der aus diesen Leuten redet, und zwar in direkter Person, dann haben wir eben hier eine neue Inspiration vor uns, und die Consequenzen dieser Tatsache müssen ungeheuer sein.

Wenn es aber für uns irgend einen Punkt gibt, der uns gegen dieses Zungenreden mehr als bedenklich macht, so ist es eben dieser Punkt, daß diese Leute ihre Aussprüche so machen, als ob es Reden des Herrn wären. Sicherlich trug das echte apostolische Zungenreden diesen Charakter nicht, wie es überhaupt nicht die Art an sich hatte, daß es ein richterliches Enthüllen der Herzen war. Es war ein Preisen der Taten Gottes, ein Loben Gottes; jenes andere, das Offenbaren der Herzen, kam in der apostolischen Gemeinde auch vor, aber nicht durch das Zungenreden sondern durch das Weissagen, und zwar nicht gegenüber Bekehrten sondern gegenüber Unbekehrten, die in die Versammlung kamen; unter diesem Weissagen braucht dabei nichts anderes verstanden zu werden als eben die Anwendung des einfachen schlichten Wortes Gottes in seiner richterlichen Gewalt. Davon ist also das jetzige Zungenreden mehr als verschieden und schon deshalb sollte es jeder Verständige mit mehr als Mißtrauen behandeln. Das, was die Urheber der Kasseler Bewegung zugestanden haben, nämlich, daß es sich in jener Bewegung um dämonische Einflüsse gehandelt habe, wird wohl so weit nicht vom Ziele liegen.

Was für ein Geist übrigens in den Vertretern dieser Sache lebt, davon können wir noch ein Exempel mitteilen. Es liegt uns ein Privatbrief vor, der eine ziemlich eingehende Schilderung der Bewegung gibt, wie sie neuerdings an einem Orte stattgefunden hat. In diesem Briefe wird erzählt, daß der Briefschreiber mit der Bewegung nicht einverstanden gewesen sei, obschon er in dem Hause selbst wohnte, wo sie ihren Mittelpunkt hat. Man hat ihn dann von der anderen Seite sehr bearbeitet, und als er dennoch widerstand, hat man ihn als einen dem Geiste widerstrebenden erklärt und - es ist schrecklich zu sagen - auf seinen Tod gewartet! Man schaute jeden Morgen nach seinen Fenstern, ob ihn der Geist noch nicht erschlagen habe. Ob das der Geist ist, der in Jesu war? Muß das noch extra betont werden? Nein, es ist nicht der Geist Gottes, das ist nicht der Geist, durch den Gottes Liebe in unsere Herzen gegossen ist. Für einen Verständigen bedarf es weiter keiner Sache, um ihm zu zeigen, womit er es hier zu tun hat.

Der Herr aber wolle seinem Volke den rechten Geist in reichem Maße geben und es aus allen Gefahren erretten und aus allen Wirnissen erlösen, ihm zum Preise und seinem Namen zum Ruhm!

Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1909

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