Zinzendorf, Nikolaus von - Reden über den 2. Artikel - Die dreizehnte Rede

Zinzendorf, Nikolaus von - Reden über den 2. Artikel - Die dreizehnte Rede

Auf daß ich Sein eigen sei, und in Seinem Reiche unter Ihm lebe, und Ihm diene.

Herr, gedenke an mich, wenn Du in Dein Reich kommst. Luc. 23, 42.

Diese Worte machen der schönsten Umstände einen aus in dem Leiden des Heilandes, und illustrieren die wahre Idee von der Einfalt. Er verstand den Sinn genau, und antwortete: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du bei mir im Paradiese sein. Vers 43.

Der Mensch, der in des Heilands Gedächtniß wollte geschrieben sein, war ein Räuber, der am Holze noch unbekehrt war, und Jesum nicht nur für seines gleichen hielte, sondern auch noch dazu spottete; denn die mit Jesu gekreuziget waren, deren nicht mehr als zwei gewesen, die spotteten Seiner. Marc. 15, 32. Das herzliche Wort: Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie thun, konnte ohnmöglich ohne Kraft sein. Luc. 23, 34. Es erwachte des einen Herz, oder (wie es von der Lydia heißt) der Herr schloß das Herz auf. Ap. Gesch. 16, 14. Und ohne Scrupel und ohne viel Überlegung sprach er gleich: Herr, gedenke an mich, wenn Du in Dein Reich kommst.

Der Herr, der uns da die Methode zeigen wollen, die Leute selig zu machen, sagte gleich: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein. Um des Wortes willen wird der Dieb so rein als ein Engel, und sogleich ein Geselle des Heilandes.

Das gibt Manchen Gelegenheit zu denken, als wenn zu dem Eingange in das Reich des Heilandes nichts als ein guter Gedanke bei dem Ende des Lebens gehörte. Und es hat einen Schein. Denn das Exempel ist nichts Extraordinaires, wie manche gutwillige Lehrer, Schaden zu verhüten, behaupten wollen, daß sich dergleichen nur alle hundert Jahr, oder wohl gar nur bei dem Leiden des Heilands allein zugetragen habe. Es ist das was Ordentliches bei der Bekehrung, und geschiehet noch immer, wenn alle Umstände damit übereintreffen. Doch davon wird bald mehr können geredet werden.

Wir wollen itzo vom Reiche Jesu und von Seinen Unterthanen reden.

A. Das Reich Jesu ist dreifach.

  • I. Das Reich, das Er vor Grundlegung der Welt gehabt hat, und in alle Ewigkeit fortwähret.
  • II. Das Reich, das Er bei Seiner Zukunft ins Fleisch anfing, und bis auf Seine Erhöhung fortführete.
  • III. Das Reich, das sich zum Theil bei Seiner Auffahrt anfing, und in alle Ewigkeiten, wiewohl unter verschiedenen Ökonomien, fortwähret.

I. Vor der Grundlegung der Welt war Er ja der ewige Sohn Gottes. Er hatte das Reich, ehe die Welt war. Daher konnte Er in Seinem letzten Gebet sagen: Vater, verkläre mich, bei Dir selbst, mit der Klarheit, die ich bei Dir hatte, ehe die Welt war. Joh. 17, 5. Alle Dinge sind durch Ihn gemacht. Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Joh. 1, 1. Er hat das Reich gehabt, das in einer Majestät, Ehre und Herrlichkeit fortgewähret hat, von einem Ursprung an, den wir nicht ausdenken können. Man kann nicht sagen: Sein Reich fing an; sondern es hat gewähret unverrückt und unverändert, bis es Ihm gefallen hat, sich auszuleeren, Phil. 2, 7. und wie die Kinder Fleisch und Blut haben, deß gleichermaßen theilhaftig zu werden. Ebr. 2, 14.

II. Da ging eine andere Ökonomie an, ein neu Reich, darauf man so lange gewartet. Das Reich wird genennet das Kreuzreich.

Das Kreuz ist nichts anders, als die Gestalt des Königes; und wie Er ausgesehen hat, so sehen auch die Glieder des Reichs aus. Wie dorten ein König in Persien den Mardachai hoch ehren wollte, und fragte: Was soll man thun dem Mann, den der König gerne ehren wollte? so bestand die Ehre darin, daß ihm der Ornat und Kleidung des Königs angeleget, und er darinnen in der Stadt herumgeführet wurde. Esther 6, 6-9. Wer ein Diener des Heilands sein will, der muß den Staat seines Herrn haben, Seine Schmach, Sein Kreuz.

Das ganze Reich Jesu, wenn es am herrlichsten ist, ist bloß herrlich bei den Seelen, die einen geistlichen Sinn und Geschmack haben.

Der Heiland sagte, man solle nicht sagen, da ist es; aber man kann sehr leicht sagen, da ist es nicht.

Zu den Beschreibungen, die die Welt davon macht, die es für herrlich und groß hält, und einen Charakter der wahren Kirche aus ihrer weltlichen Gewalt und Pracht macht, kann man ohne Bedenken Nein sagen. Die vor der Welt angesehenen Christen beweisen damit nicht, daß sie Leute sind, die der König ehret. Sie haben Seinen Schmuck, die Natur Seiner Fürsten, Seinen Staat nicht. Es kann in diesem Reich nichts als Vergnügen, lauter selige Stunden, lauter Glückseligkeit anzutreffen sein, aber Alles im Herzen. Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im heiligen Geist; Röm. 14, 17. aber für Alle, die das Geheimniß nicht verstehen, ein armes, geringes und verachtetes Reich, darüber die Leute weg zu steigen gedenken, wie über einen niedrigen Zaun. Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geiste Gottes, es ist ihm eine Thorheit, und kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich gerichtet sein. 1 Cor. 2, 14.

III. Das dritte Reich fängt sich zum Theil an bei Seiner glorreichen Auffahrt, und gehet in die Ewigkeiten der Ewigkeiten; aber es wird erst recht werden, wenn die auch dazu gebracht sind, die noch im Kreuzreiche schwitzen. Seine Knechte werden Ihm dienen, und sehen Sein Angesicht. Offenb. 22, 3. 4.

Was wir von diesem Reiche sagen können, sind Bilder, gute Gedanken, Vorstellungen und

Einfälle. Es ist Alles mehr, als wir uns einbilden und vorstellen könnten, ja es ist mehr und herrlicher, als wir es machen würden, wenn wir gleich die beste Welt aussinnen könnten. Wir sind schon selig. Wir wissen nur noch nicht, was wir sein werden; wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, daß wir Ihm gleich sein werden; denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist. 1 Joh. 3, 2. In dieses Reich ging der Schächer.

B. Die Unterthanen des Heilands sind die Seelen der Menschen.

Im Machtreiche ist Niemand ausgenommen; alle Seelen sind Sein. Ezech. 18, 4.

Nun hat uns Gott erwählet in Christo, ehe der Welt Grund geleget war, zu Lobe Seiner herrlichen Gnade. Eph. 1, 4. Alle unsere Tage sind auf Sein Buch geschrieben, die noch werden sollen. Ps. 139, 16.

Daher kommen die Redensarten: auf Gott geworfen sein von Mutterleibe an: zu einem Amte bestimmt sein. Er hat uns Alle schon vor sich, und freuet sich über eines Jeden sein seliges Loos. Das ist der Denkzettel, davon Malachias redet (Cap. 3, 16), das Buch, das Johannes (Offenb. 21, 27) gesehen hat, und wovon Paulus an die Philipper (Cap. 4, 3.) schreibt, daß die Zeugen drinnen stehen.

Wenn wir Seine freie und selige Seelen nicht sein sollten, so müßten wir doch Seine Sklaven sein. Wir müssen aus dem Leibe gehen, wenn Er will, das stehet bei Ihm. Wir müssen Sein Reich befördern helfen, wenn wir gleich kein Herz dazu haben, wir müssen Alles in Seinem Reiche thun, was Er verlangt; nur daß es uns Alles nichts hilft, wenn es nicht von Herzen geschicht.

Er machte gerne Alles, was Mensch ist und heißt, zu Seinen Unterthanen im Kreuzreich. Wenn ich erhöhet bin von der Erden, will ich sie Alle zu mir ziehen. Joh. 12, 32. Er wird keine einzige Seele ungezogen lassen. Sie sind Alle zu Unterthanen dieses Seines Reichs bestimmt.

Zum Kreuzreiche sind die Menschen auf dreierlei Weise bestimmt: in Ansehung der Zeit; in Ansehung der Sachen, die sie thun sollen; und in Ansehung der Dinge, die der Heiland mit ihnen vornehmen will.

Die Zeit, in der ein Mensch zu diesem Reich kommen soll, stehet in den Händen Gottes, und liegt in dem geheimen Behältniß Seiner Weisheitsschätze verborgen. Wenn ein achtzigjähriger Sterbender, der sein Lebtage todt gewesen, und nichts von dem Heilande und Seinem Reiche an seinem Herzen gemerkt und erfahren hat, in der letzten Stunde seines Lebens vom Heilande das erste Mal gezogen wird: der ist eben so selig, als der Schächer, und fähret von Stund auf gen Himmel. Wen der Heiland in der letzten Stunde ruft, bei dem ist Er mit der letzten Stunde auch vergnügt. Darauf können sich Knechte Jesu Christi gewiß verlassen, daß solche Leute eben so selig werden, als sie.

Aber das trifft nur bei todten Leuten zu, denen es eine ganz neue Sache ist 1), daß Jesus Christus darum für sie gestorben sei, daß sie nicht ihnen selbst leben, sondern Dem, der für sie gestorben und auferstanden ist. So werden viel tausend Menschen selig, weil die Verwirrung in der Welt so groß ist, daß sich viel Menschen an manchen Orten ohnmöglich zurecht finden, und die göttlichen Wahrheiten mit Gewißheit erfahren können. Der Schächer sind eine große Menge, die als arme elende Creaturen, als geringe Thiere, erst zuletzt lernen, was Jesus ihnen ist, und was sie Ihm sein sollen.

Einem solchen armen Menschen muß man nicht erst eine große Rechnung von Sünden vormachen, sondern ihn gerade auf den Heiland weisen. Einem solchen armen Kinde, das sich für verloren hält, krümmt und windet in der Sünde, zahlt das Lamm das Lösegeld; wenn es nur gewiß ist, daß die Menschen vorher nichts verstanden haben, nicht erweckt gewesen sind, also auch die Sache und Regung der Gnade nicht unterdrückt haben.

Erweckte Leute, die zuvor gewußt haben, was Jesus und Seine Sache ist, die können bei ihrem Ende nichts anders als eine Probe machen der Unseligkeit, wenn man Jesum nicht angenommen hat, oder in seinem Herzen von Ihm abgewichen ist.

Wer da weiß, wie ihm äußerlich kann geholfen werden, und nimmt's nicht an, der denkt entweder leichtsinnig über seine Krankheit, oder mißtrauisch über den, der ihm hat helfen können. Und so geht es allen den gedachten Seelen mit dem Heiland.

Wenn solche Seelen nur darüber weg und ein Herz zum Heiland fassen könnten, so wäre ihnen geholfen. Aber es ist anders mit ihnen bewandt, als mit den Todten, es geht tausendmal schwerer.

Und darnach müssen sich die Friedensboten in ihrem Vortrage richten.

Obige beide Arten haben nun freilich nichts weiters zu observieren, als Gnade anzunehmen.

Wer aber frühe gerufen ist, da er's noch in seiner Hand und Zeit hat, sich für den Heiland zu rühren, da hat's eine andere Bewandtniß, nicht in Ansehung der Begnadigung; denn da wird einer im vierten Jahre auf diese Art selig, als der im achtzigsten, nämlich als ein elender Sünder; Einer hat so wenig Recht, selig zu werden, als der Andere. Aber in Ansehung der künftigen Führung, da ist es ganz anders; denn weil noch Zeit da ist, so gibt der Heiland Gnade, und mit der Gnade Kraft, sich in Seinem Reiche zu rühren, und von Ihm zu zeugen.

Wer von dieser Art Leuten nur allein auf die Gnade losgehen, sich darauf verlassen, und nicht weiter wollte, und thun, wozu ihn der Heiland bestimmt, der würde sich wieder betrügen. Wer gereinigt ist, den wird der Vater noch mehr reinigen, daß er seine Frucht bringe, s. Joh. 15, 2. Von der Stunde an, da Seelen Gnade haben, sind sie im Dienst des Heilands, sie mögen nun noch gegängelt und geführet, oder allein gelassen werden, wie es manchmal äußerlich scheinet; sie werden aber dennoch von einem guten Geist in ihrem Herzen geleitet und geführet. So bald man Zeit vor sich hat, muß man von der Gnade zeugen, dem Kreuz dienen, und als ein Triumph des Lammes leben.

In Ansehung der Sachen, die der Heiland in Seinem Reich den Menschen zu thun gibt, sind sie sehr unterschieden, sonderlich aber sind sie Zweierlei Art.

Es gibt Menschen, die der Heiland auf die gewöhnliche Art braucht, und sie in denen Dingen, die man so bürgerlich nöthig hat, sich beschäftigen lässet. Die können auch Alles, was sie thun, Ihm thun, und in der That gläubige und begnadigte Christen sein. Es gibt aber auch Menschen, die Er auf eine besondere Art zu Seinem Dienst bestimmet. Die heißen Jünger.

Im Alten Testament haben wir das Exempel im Vorbilde, da jeder Stamm seinen eigenen Platz und sein Land hatte; die Priester aber, die dem Herrn besonders dieneten, hatten kein Erbtheil.

Wer ein eigentlicher Jünger Jesu ist, der hat allerdings etwas Besonders an sich, nicht in Mienen, Geberden, Kleidern, Worten u. s. f., aber in der Hauptsache.

Im fünften und sechsten Capitel Matthäi finden wir Lehren, die auf keine andere Leute können gezogen werden, als auf die unmittelbaren Jünger Jesu; z. E. Wer euch was nimmt, von dem fordert es nicht wieder etc. Wenn man das auf alle Christen ziehen wollte, so würde dadurch alle Besitzung und Eigenthum in der Welt aufhören.

Ein Kind Gottes, das sich nicht zur Seelensache besonders gewidmet hat, muß sich den Gesetzen, die Jedermann bekannt sind, und die Jedermann als Gesetze annehmen soll, ordentlich unterwerfen, wie ein Anderer. Im Alten Testament hieß es zu den gefangenen Juden in Babel: Ergebet euern Hals unter das Joch des Königes, und dienet ihm und seinem Volk. Jer. 27, 12. Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe lassen wegführen, und betet für sie zum Herrn. Jer. 29,7. Wollten die Christen überhaupt, zumal in der gegenwärtigen Christenheit, die Gesetze vorbei gehen, und eine durchgängige Gleichgültigkeit in dem Äußern affektieren und durchsetzen: so ginge Alles drunter und drüber, und des Heilands Sache wäre dadurch nichts gebessert.

Aber mit den Specialjüngern des Heilands ist es etwas ganz anders. Das ist ein Beruf, der seine eigne Regel hat. Man muß Niemanden, so ein Jünger zu werden, nöthigen, sondern vielmehr zurückhalten. Die Jünger sind immer irgendwo vogelfrei. Nie wird ein allgemeiner Vertrag zu Stande kommen, dadurch sie von der Kreuzgestalt, von der Verfolgung, von Beeinträchtigungen losgemacht werden.

Nach der innern Gemüthsfassung kommen alle Christen überein. Da muß sich Einer aus der Ehre, dem Reichthum, der Commodität u. s. f. so wenig machen, als der Andere; sie müssen Beide geduldig sein, und sich an die irdischen Dinge nicht hängen. Aber in dem äußern Beweis sind sie sehr unterschieden.

Ein Streiter muß sich alle Stunden und zu aller Zeit alles seines Rechts entschlagen, und alle Commodität, und was sonst genannt mag werden, nicht nur im Herzen verläugnen, sondern gar mit einander hingeben, da ein Anderer noch das Seinige wieder fordern, und in Ruhe besitzen kann.

Doch das ist eine weitläufige Materie, die wir heute nicht abhandeln wollen.

Wir wollen nun sehen, was der Heiland mit uns Allen in Seinem Reiche vorhat, und was wir von Ihm haben. Da braucht nun der Heiland verschiedene Methoden: Einen führt Er durch den Verstand; dem Andern schenkt der Heiland viele Empfindungen in seinem Gemüth; dem Dritten gibt Er einen mehr systematischen Zusammenhang nach dem Worte Gottes.

Jeder Mensch hat von Natur Gaben, die der Heiland heiliget, wenn man sie auf seine Art erst wieder in den Staub geleget, und um des Heilands willen verloren hat.

Die Wege erwählet man sich nicht selber, sondern der Heiland richtet sich nach unserer Beschaffenheit. Wer Verstand hat, der wird vom Heiland dadurch geführet, und muß sich nur vor Vernunft und übriger Bedenklichkeit und Superklugheit hüten. Wer aber ein zärtlich Gemüth hat, den führt Er durch Empfindlichkeit, und lebhafte Eindrücke von Seiner Gnade und Liebe. Diese genießen ihre Seligkeit merklicher, müssen sich aber desto mehr vor Phantasien und Ausschweifungen hüten. Die dritten, die auf gründliche und zusammenhangende Erkenntniß der Wahrheit gehen, müssen sich lediglich ans Wort halten, und solches ihrem Gemüth so fleißig renovieren, daß es ihnen zuletzt zur Natursprache wird, die können dadurch sehr sicher geführt werden, nur müssen sie sich vor tiefem Grübeln und Spekulieren, am allermeisten vor trockner Buchstäblerei und blähendem Wissen hüten.

Alles ist gut, so man sein recht brauchet. Er offenbaret sich den Menschen nur nach ihrer besten Fassung durch einen unterschiedenen Weg, und wenn sie nur das recht brauchen, was ihnen der Heiland gibt, so sind sie selig dabei in der Welt. Alle unser Gutesthun ist auch nichts, als lauter Seligkeit und Gnade für uns.

Es fraget sich also nicht erst, warum der Heiland einen Dienst von uns fordert?

Die Leute denken: wer dem Heiland dienet, der wird selig; wer Ihm aber nicht dienet, der gehet verloren. Allein der Heiland hat unser Gutesthun und Diensterweisung bloß aus Gnaden und Barmherzigkeit, aus einer liebesvollen Condescendenz zu uns, erfunden. Wie wenn ich liefe? so laufe doch! Gottes Werk wirken (Joh. 6, 2) ist eine Gnade für eine Seele. Heilig sein ist ihre Natur, und nicht, wie die Sittenlehrer wähnen, eine aufliegende Pflicht oder Belastung, gegen welche Idee der Prophet Jeremias Cap. 23, 34. sqq. so heftig eifert. Die wahre Heiligkeit, da man von Herzen demüthig, von Herzen arm ist, kommt von der erstatteten Natur. Petrus nennet sie die göttliche Natur. 2. Petr. 1,4. Wer Gnade hat, kann so sein, und es käme ihm abgeschmackt vor, anders zu sein.

Die Wirkung der Heiligkeit aber, und die Thaten sind unterschieden. Eines kann ohne das Andere sein, wie aus 1. Cor 13. zu sehen. Es kann auch beides beisammen sein; aber es ist allemal so beschaffen, daß es gar nichts bei Gott hilft.

Wir sind uns vor Gott unserer Armuth, unsers Elendes, der Sklaverei des Satans und der Knechtschaft der Sünde bewußt. Das bringt man vor den Heiland, und spricht: weil ich so elend, so jämmerlich, so geschlagen und verdammt bin, so mußt Du mir helfen.

Die Arbeit wird auch continuiert im Reiche der Herrlichkeit. Da wird sie eine vollkommene Ruhe und Vergnügen für uns nach dem innern und äußern Theil sein; itzt ist sie noch mit mancher Beschwerung und wohl gar Nachschmack der Sünde begleitet. Wenn Seine Knechte Sein Angesicht sehen, so werden sie Ihm dienen.

Doch bleibt auch in der Ewigkeit unsere Arbeit ohne Verdienst. Es ist nur ein einiges Verdienst, dessen man hier und dort erwähnen wird; da weist man Dem hin, der da geschlachtet ist, und hat uns geliebet, und gewaschen von den Sünden mit Seinem Blute. Offenb. 1, 5.

1)
Dergleichen nennt man in der englischen Sprache not guilty of Religion. Es ist ein großer Sinn in dem Wort. Sie sind nicht schuld dran, daß die Religion so ist; sie haben sie schon so gefunden.
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