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Waldenser - Beichtformel

Waldenser - Beichtformel

O du GOtt der Könige, und HErr aller Herren, vor dir bekenne ich, als ein armer Sünder, der durch Undanck sich schwerlich an dir versündiget hat, alle meine Missethat. Ich habe keine Entschuldigung vor mir, denn du hast mir selbst gezeigt, was gut oder böse gewesen. Deine Allmacht ist mir nicht verborgen geblieben, deine Weisheit habe ich erkandt, deine Gerechtigkeit ist mir offenbar geworden, und deine Güte habe ich nur allzudeutlich wahrnehmen können. Dennoch habe ich übels gethan, und daran ist mein eigenes Verderben Schuld gewesen. Vergib mir, o HErr, und erwecke in mir eine wahre Busse. Ich habe dich durch meinen Stoltz verachtet, deiner Weisheit nicht geglaubt, und deine Gebote nicht geglaubet, sondern sie vielfältig übertreten. Dieses alles beuget mich vor dir, und erweckt einen innerlichen Gram in mir. Ich habe deine Gerechtigkeit und deine Gerichte nicht gefürchtet, sondern von Jugend auf Böses gethan. Deine Güte ist mir nicht so lieb gewesen, als sie es wohl hätte seyn sollen. In diesem schlimmen Zustande habe ich dem Teufel allzuleichtsinnig Gehör gegeben, der Hoffart das Gesichte, der Demuth hingegen den Rücken zugekehrt. Diese böse Begierde ist so feste bey mir eingewurtzelt, daß ich ewig verlohren und verdammt seyn muß, so du nicht willst gnädig seyn. Ich hange an dem Geitze, liebe den eitlen Ruhm, und bin unerkenntlich gegen die, so mir Gutes thun. Wo du, o HErr, mir meine Sünden nicht vergibst, so geht meine Seele ewig verlohren. Der Zorn herrschet in meinem Hertzen, welches niemahls ruhig ist, der Neid naget mich, und die Liebe ist mir nur dem blossen Namen nach, bekannt. O HErr, vergib mirs, nach deiner Güte. Ich bin frech und unbesonnen, träge zum Guten, aber verwegen und hurtig zum Bösen. Ach HErr, sey mir gnädig, und errette mich aus der Zahl der Gottlosen. Ich habe dir für alles das Gute, so ich von deiner Liebe empfangen habe, nicht so gedancket, wie es wohl seyn sollen, und dein Befehl es von mir erfordert hätte: dahingegen bin ich böse und ungehorsam gewesen. Vergib mirs, o GOtt, daß ich, anstatt dir zu dienen, dich beleidiget habe. Mein Fleisch und mein eigener Wille haben in mir geherrscht: diesen habe ich mit vielen eiteln Gedancken und bösen Lüsten gedienet, und einen Gefallen daran gehabt. Ich habe mich selbst verblendet, und viel Böses wider deinen allerheiligsten Willen gedacht und gethan. Erbarme dich meiner, und mache mich recht demüthig. Ich habe meine Augen von deinem Gesichte ab- und hingegen dem eitlen und sündlichen Wesen der Welt zugewandt. Meine Ohren sind der Eitelkeit und der Verleumdung offen, hingegen vor deinem Wort und deiner Zucht ganz verstopft gewesen. Mit meinem Verstand habe ich gröblich gesündiget: der greuliche Gestanck des Sünden-Unflats hat mir lieblicher als deine Göttliche Süßigkeit und die Ehre des Himmels gerochen: ich habe tausendmal mehr Gefallen am Bösen als am Guten gehabt; jenes gethan, und dieses gelassen, und dennoch die Schuld von mir auf andere schieben wollen. Ich bin unmäßig gewesen im Essen und Trincken. Ich habe Schimpf-Worte mit Schimpf-Worten vergolten, und daran mein größtes Vergnügen gehabt. Mein Leib und mein Geist sind verwundet. Ich habe meine Hände nach dem Eitlen ausgestreckt, fälschlich gehandelt gegen meinen Nächsten, und das Seinige an mich zu bringen gesucht: ich habe ihn auch öfters geschlagen und beleidiget. Mein Hertz ist über sich selbst und seine eitle Wollust gantz entzückt gewesen. Vergib mirs, o HErr, und schaffe in mir ein reines Hertz. Ich habe die Zeit, so du mir verliehen hast, übel angewandt, und mich von Jugend auf der Wollust und Eitelkeit ergeben. Ich bin von dem rechten Wege abgewichen, und habe mit meiner Leichtsinnigkeit vielen andern ein böses Beyspiel gegeben. Es wohnet nichts Böses desto mehr. Meine Missethat hat mich zu einem Greuel in deinen Augen gemacht, und die Bosheit meine Seele verdammet, und dem Nächsten zum Zorn wider mich gereitzet. Ach HErr, mein GOtt, bewahre mich vor der ewigen Verdammniß. Habe ich meinen Nächsten geliebet, so ist es nur um das Zeitliche geschehen. Ich habe nicht treulich gehandelt, weder im Geben noch im Nehmen, sondern mich durch das Ansehen der Person blenden lassen. Ich habe den einen zu sehr geliebet, und den andern zu sehr gehasset. Über das Wohlseyn der Frommen habe ich mich nicht gefreuet, dahingegen aber mich allzusehr erhoben, wann es den Gottlosen einmal übel gegangen. Und bey dem allen empfinde ich noch keine solche Reue und Leid, als es die Grösse und Menge meiner Sünden, die ich von Jugend an bis auf den heutigen Tag begangen habe, wohl erforderte. Wie ofte bin ich auch nicht, aus eigener Schuld, wieder in die Sünde gefallen, die ich dir schon bekennet, und daran ich bereits einen Mißfallen gehabt? Nun HErr, mein GOtt, du weißt mein gantzes Bekänntniß: Du weißt aber auch, daß noch vieles in meinem Hertzen verborgen bleibt: Du weißt alle böse Gedancken, Worte und Wercke, die ich bis auf den heutigen Tag begangen habe. Ach HErr, vergib mir doch alles, und gib mir noch hier in diesem Leben Zeit, mich von Hertzen zu dir zu bekehren. Erwecke du selbst durch deine Gnade einen solchen Haß wider die Sünde in mir, daß ich sie nimmermehr wieder thue. Schencke meinem Hertzen die Liebe zum Guten, und verleihe, daß ich dich in meiner Seele so lieb gewinne, daß du mein Alles seyst, und daß deine Furcht mich dergestalt belebe, daß, wenn es einmal mit mir zum Sterben kommt, du dein gnädiges Wohlgefallen an mir haben mögest. Gib mir ein solches Vertrauen am Tage des Gerichts, daß ich mich vor dem Satan nicht fürchten dörfe, und überzeuge mich recht lebendig, daß ich an jenem Tage gewißlich zu deiner Rechten stehen werde. Gib, o HErr, und verleihe mir alles dieses aus Gnaden, Amen!

Quelle: Leger, Johann - Johann Legers allgemeine Geschichte der Waldenser

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