Ursinus, Zacharias - Zitat aus der Epitome

Ursinus, Zacharias - Zitat aus der Epitome

Als Dr. Luther zum letzten Mal von Wittenberg nach Eisleben, seiner Vaterstadt, reisen wollte, wo er auch bald darauf fromm in dem Herrn entschlafen ist, kam zufällig zwischen Dr. Philipp Melanchthon seligen Andenkens und Dr. Luther in des letzteren Hause das Gespräch auf das h. Abendmahl: und da jener bemerkte, daß Dr. Luther in ruhiger und gelassener Stimmung war, erwähnte er einige Aussprüche der Väter über das Abendmahl und sagte unter Anderm: „Schon viele Jahre, lieber Herr Doctor, habe ich die Schriften der Väter über diese Streitfrage fleißig durchforscht und, um die Wahrheit zu gestehen, kommt ihnen die Lehre der Züricher näher, als die der unsrigen.“ Da brach Luther, nachdem er eine kleine Weile geschwiegen, endlich in diese Worte aus: „Lieber Philippe, was soll ich viel sagen? Ich bekenne, daß wir in dieser Sache von den Sacramenten zu viel gethan haben;“ und als ihm Dr. Philippus antwortete: „Lieber Herr Doctor, so laßt uns denn zum Besten der Kirche und damit die Wahrheit an's Licht gebracht werde, irgend eine gelinde Schrift herausgeben, um darin unsere Ansicht klar darzulegen“; versetzte Dr. Luther: „Lieber Philippe, ich habe auch darüber sorgsam gedacht. Aber so machte ich die ganze Lehre verdächtig; deshalb will ich die Sache Gott befehlen. Ihr werdet auch etwas nach meinem Tode leisten.

Dies hat Dr. Philipp Melanchthon nach Luther's Tode gewissen ehrenwerthen und glaubwürdigen Männern erzählt, die noch am Leben sind, und hat hinzugefügt: er sei entschlossen, nicht zu sterben bevor er dies bekannt gemacht habe, wenn nicht früher, so doch in seinem Testamente, und das hatte er schon aufzusetzen begonnen, wie diejenigen, die bei seinem Tode zugegen waren, bestimmt wissen, indem er besonders dieser Streitfrage über das Abendmahl Erwähnung thun wollte; aber da der Tod ihm zuvorkam, konnte er es nicht vollenden. Und damit wir in dieser Sache vollständige Gewißheit und Einsicht erlangen möchten, haben wir mit großem Eifer Erkundigungen bei Mehreren eingezogen, die es ebenfalls von Philippus selbst verschiedene Male gehört haben, da sie ihn besonders und ausdrücklich über diese Sache befragt hatten. Von diesen sind manche durch ihre edle Abkunft, andere durch Bildung und Frömmigkeit so hervorragend, vielen und zwar Leuten aus allen Ständen in Deutschland so wohl bekannt, und von so hoher Rechtschaffenheit und Ehrenhaftigkeit, daß wir an ihrem Zeugniß eben so wenig zweifeln können, als wenn wir die Sache persönlich gehört hätten. Auch sind dieselben noch jetzt bereit, dies ihr Zeugniß vor Gott und der ganzen Welt abgelegt zu hinterlassen, und gegen alle, welche die Angelegenheit von ihnen eben so, wie wir gethan haben, zu erkunden begehren, ihren Namen offen zu nennen. Niemals wird man in Erfahrung bringen, daß sie sich anders verhalte, als es hier von uns geschildert ist.

Quelle: Diestelmann, Theodor - Die letzte Unterredung Luther's mit Melanchthon

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/u/ursinus/zitat_epitome.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain