Ursinus, Zacharias - Von der Prädestination

Ursinus, Zacharias - Von der Prädestination

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Brief des Dr. Zacharias Ursinus an Dr. Jacobus Moner, Breslauer Bürger: Ueber die Prädestination.

Bis jetzt habe ich nicht einmal so viel Zeit gehabt, Deine Abhandlung über die Prädestination lesen zu können. Ja es fehlt mir auch jetzt noch die Muße, aber ich schiebe andere Geschäfte auf und nehme mir so viel Zeit, damit ich einmal Deines Drängens los werde, welches mir übrigens nicht so dringlich scheint, wenn Du die Werke der Doctoren Beza und Martyr, welche ich Dir angegeben zu haben glaube, gelesen hast. Ich möchte Dir hiermit auch den Beweis geben, daß es mir bisher nicht an gutem Willen, sondern geradezu an der Fähigkeit, mich Dir gefällig zu erweisen, gebrach. Von Dir verlange ich jedoch hingegen, daß Du mit Deinem Disputiren andere nicht belästigest, welche entweder nichts anders hören wollen, als das, was sie sich einmal in den Kopf gesetzt haben, oder nicht so auf einmal über Dinge belehrt werden können, über die sie vorher nie nachgedacht haben und über welche sie falsche Ansichten und Grundsätze als die richtigen mit der Muttermilch eingesogen haben. Wenn ich nicht hoffte, daß Du in dieser Beziehung mit christlicher Klugheit und Nachsicht gegen die schwachen verfahren würdest, so schriebe ich Dir kein Wort.

Mir scheint der Theil der christlichen Lehre, welcher von der Prädestination handelt, nicht, wie Du schreibst, der schwierigste zu sein; wofern wir nur die heilige Schrift ohne Vorurtheile lesen und ohne Leidenschaft, mit dem ernsten Streben, nicht etwa Gott nach unsern Phantasiegebilden umzugestalten, sondern von Ihm selbst über Ihn zu lernen und Ihm allein alle Ehre zu geben und uns von uns ab zu Ihm hin zu wenden. So ist mir vieles leicht geworden, was schwierig zu sein schien, so lange ich auf das Ansehen der Menschen mich stützte, welche weder sich noch mir halten. Es gibt kein Stück der heiligen Lehre, über welches sich in den prophetischen und apostolischen Schriften mehr stellen finden, als eben von der Vorsehung, von der Erwählung und dem freien Willen, so daß es mich Wunder nimmt, wie gelehrte und christliche Männer hier nicht vorwärts können.

Thue, was ich gethan habe. Ich habe nämlich, um alles, was sowohl an Aussprüchen, als auch an Beispielen der hl. Schrift über diese Frage enthalten ist, zu sammeln, zu erwägen und zusammenzustellen, die Bibel mit großem Fleiße von der Genesis bis zum Schlusse der Apocalypse durchgelesen. Als ich solches gethan hatte, belächelte ich theils, theils aber verwünschte ich jenen Kehricht von Disputationen und diesen Dunst von Sophismen, welche vergebens diesem Blitze entgegengestellt werden. Du könntest dieses gut in den Mußestunden in Italien thun, wo Du ja doch, außer der Lesung der hl. Schrift und dem Privatgebete, jede gottesdienstliche Uebung entbehren mußt. Manche, auch Gutgesinnte, hatten hierzu wirklich keine Muße, sonst hätten sie gewiß sich nicht so verirret. Das aber halte mir fest, was ich Dir eben angerathen habe. Wenn nicht gleich Alles Dir klar und deutlich wird, so lasse Dich dadurch nicht verwirren, sondern denke ernstlich in Deinem Gemüthe nach, Gott um Beistand anrufend und jene Grundlage, welche bei den Frommen außer aller Frage steht, festhaltend: Daß nämlich nicht du, sondern Gott der Urheber deines Heils und alles dessen ist, was Du bist, hast und Gutes, Großes oder Kleines thust. So wirst Du niemals mit Gefahr Deines Gewissens oder Heiles irren, wenn Du auch nicht Alles auflösen und entwickeln kannst, was Du wohl möchtest. Das Wissen bläht auf, die Liebe aber erbaut.

Unterscheide die Vorsehung von der Prädestination wie das Ganze von dem Theile. Denn die Vorsehung ist der ewige, unabänderliche und beste Rathschluß oder Decret Gottes, demgemäß Alles auf die Ehre des Schöpfers und das Heil der Erwählten ausläuft. Prädestination ist der ewige Rathschluß Gottes wegen des Anfanges und der Vollendung des Heiles der Erwählten, so wie auch wegen der Verlassung und Verstoßung der Verworfenen zur Strafe; und umfaßt deßhalb die Erwählung und Verwerfung (electionem et reprobationem) als seine Theile.

So mache auch einen Unterschied zwischen der Vorsehung des Guten und des Bösen bei der Schuld. Denn das Böse bei der Strafe hat die Bedeutung des Guten, d.i. der Gerechtigkeit, und insofern ist es von Gott Das Gute sieht er voraus, d.h. er hat es von Ewigkeit her bestimmt und will es ausführen in bestimmter Zeit, Ordnung und Weise. Hiervon ist Er also die Ursache, der Bewirker und Urheber. Dieß geschieht also nicht bloß gemäß der Vorsehung, sondern auch durch die Vorsehung Gottes. Das Böse oder die Sünden sieht er von Ewigkeit her voraus, d.h. er hat beschlossen, es zuzulassen oder sich nicht entgegen zu stellen, nicht zu verhüten oder zu hindern, daß es von andern geschehe; will es aber keineswegs in denselben oder durch dieselben ausführen. Von diesem ist er also nicht die Ursache, sondern er läßt zu, daß andere die Ursache davon seien, nach seinem gerechten, guten und allweisen Rathe. Dieses (das Böse) geschieht zwar gemäß der Vorsehung, aber nicht durch die Vorsehung Gottes, weil Gott nicht beschlossen hat, es auszuführen, sondern nur zuzulassen, daß Andere es ausführen. Zulassen heißt aber die Sünde in irgend einer Handlung nicht verhindern oder nicht bewirken, daß diese Handlung dem Gesetze und der göttlichen Natur conform sei. Gott aber läßt die Sünde zu, wenn er entweder die Gemüther nicht erleuchtet mit seinem Geiste und mit der Anerkennung seines Willens, oder die Herzen nicht beugt, auf daß sie in ihren Handlungen zum Hauptziel haben, dem erkannten Willen Gottes nachzustreben und durch diesen Zoll des Gehorsams Gott zu ehren. Denn wenn Gott dieses Beide in uns nicht bewirkt, so ist Alles, was immer wir verrichten, wie gut, gerecht, heilig es sonst sein mag, nichts als Sünde, nichts als Verwerflichkeit vor Gott.

Ferner unterscheide auch Gott von dem Geschöpfen und den secundairen Ursachen, mit jenen Unterscheidungen, auf welche man in der Frage über die Weltregierung vor allem zu achten hat.

Erstens: Die Geschöpfe sind sich gegenseitig verpflichtet, daß das eine das Heil des Andern fördere und den Untergang desselben überall verhindere, weil Gott dieses Allen vorschreibt und sie selbst sich so um einander verdient machen können. „Und wenn Du dermaleinst dich bekehrest, so stärke deine Brüder.“ Luk. 22,32. Gott ist Keinem verpflichtet; so wenig zu seiner Erschaffung aus dem Nichts, als zu seiner Erhaltung, noch dazu, daß er überhaupt sei, noch auch dazu, daß er in jener Güte und Gerechtigkeit und Glückseligkeit, in welcher er erschaffen ist, verbleibe: weil alle, welche Gutes haben, es von ihm haben. Ihm aber kann von keinem irgend etwas Gutes oder irgend eine Glückseligkeit und ein Vortheil zukommen, wegen seiner unbegränzten und vollkommensten Selbstgenugsamkeit. Oder wer hat ihm etwas zuvor gegeben, das ihm werde wieder vergolten? Röm. 11,35. Oder steht es mir nicht zu, mit dem meinigen zu thun was ich will? Matth. 20,15

Zweitens: Da Gott das höchste Gut und der Urheber und das Endziel von Allem ist, so fordert seine Gerechtigkeit, daß er Alles auf seine Ehre beziehe und eher zulasse, daß alle Geschöpfe zu Grunde gehen, wenn das erforderlich ist, als daß er jener nicht genug thue. Die Geschöpfe verdanken aber sich und all das Ihrige nicht sich oder Andern, sondern Gott. Derhalben wünschte Paulus sogar verbannt zu sein von Christo, wenn er durch das Heil und die Bekehrung seiner Brüder die Ehre Christi verherrlichen könnte. Röm. 9,3.

Drittens: Gott kann also mit aller Gerechtigkeit die Sünde der Geschöpfe zulassen, d.i. nicht verhindern, weil er in seiner Weisheit, Macht und Gerechtigkeit und unerschöpflichen Güte jene zu seiner ehre und zum Heil der Erwählten zu benutzen weiß. Das können aber die Geschöpfe nicht: deshalb sind sie also diesem Gesetze unterworfen, so viel ihnen möglich ist, die Sünden, auch die fremden, zu verhindern.

Viertens: Gott ist die erste Ursache und der Bewirker alles Guten auf der Welt; die Geschöpfe hingegen sind nur Werkzeuge des Guten, welches durch sie geschieht; ihrer bedient sich Gott nach seinem besten und freiesten Willen; und je nach der Natur und Weise zu handeln, die er eingegeben und vorgeschrieben hat, erhält er auch Jegliches durch seine Vorsehung.

Fünftens: Gott allein ist unveränderlich. Ich bin Gott und verändere mich nicht. mal. 3,6. Alle Geschöpfe sind veränderlich; die Einen von Natur, indem sie nur zufällig handeln wie die Bewegung der Grundmaterie und der lebenden Wesen, oder zufällig und überdieß auch mit Freiheit wie das Willensvermögen der Engel und Menschen; andere sind ihrer Natur nach zwar unveränderlich, und deshalb handeln sie mit Nothwendigkeit, wie sie handeln, Diese sind aber gleichwohl Gott gegenüber eben so leicht zu bewegen als die übrigen: wie die Bewegung der sonne durch ihre Natur so ist, wie wir sie sehen. Wenn Gott aber will, kann er sie hemmen und unterbrechen.

Sechstens: Gott allein ist einfach und absolut frei, das heißt, er bewegt durch sich selbst Alles, er selbst ist die Bewegung, und von Niemandem abhängend, trägt er in sich selbst den Grund und die Ursache aller seiner Rathschlüsse, und die höchste Macht und Kraft, die Dinge von Ewigkeit her anders zu beschließen, wenn es ihm gefallen hätte: er legt Allen die Nothwendigkeit und Zufälligkeit auf; er selbst aber läßt sich denselben von niemand unterwerfen. Eph. 1,9: „Und hat uns wissen lassen das Geheimniß seines Willens nach seinem Wohlgefallen, so er sich vorgesetzt hatte.“

Die Freiheit der vernünftigen Geschöpfe ist aber keine absolute, d.i. von keinem Andern abhängige, denn obgleich sie sich kraft eines innern Princips bewegen, indem die Erkenntniß ihnen den Gegenstand zeigt und der Wille denselben durch eigene Bestimmung ohne allen Zwang erwählt oder zurückweist, so werden sie dennoch von einem andern Agens, nämlich von

Gott gelenkt, der sowohl die Gegenstände darbietet, und zwar welchen, welche und wie er will, als auch zu ihnen hin und durch sie die Willen anregt und bewegt, hinneigt und beuget, deren und wann und in wie weit er will. Gar zu verletzend denkt von Gott, welcher die Freiheit in Gott und die in den Geschöpfen nicht von einander unterscheidet. Die göttliche Vorsehung und ihr allgemeines wie spezielles Wirken hebt also die Freiheit des Willens nicht auf, sondern erhält und vermehrt sie. Denn jemehr Gott den Willen entweder bewegt oder verläßt, mit um so größerem Drange, und also um so freier und begieriger werden sie entweder zum Guten oder zum Bösen hingetrieben. Deshalb werden wir erst ganz frei das Gute wollen, wenn Gott der Art Alles in Allem sein wird, daß wir nichts als nur das Gute wollen können, nämlich im himmlischen Leben.

Unterscheide auch die Art der Wirkungen. Ein und dieselbe Wirkung, welche von verschiedenen Ursachen herrührt, ist auch in Rücksicht auf diese verschieden. Sie ist gut, sofern die Ursache gut, böse, sofern diese böse ist, zufällig und veränderlich, sofern sie von einer zufällig handelnden Ursache, nothwendig und unveränderlich, sofern sie von einer unveränderlichen Ursache ausgeht. In Rücksicht auf Gott also, in welchem wir sind, leben und weben, die Bösen wie die Guten, ist Alles gut, was geschieht, da er selbst das höchste Gut und unveränderlich gut ist und darum nichts als Gutes wollen und thun kann, welches mit seinem Wesen und dem Gesetze, in welchem er sein Wesen und seine Gerechtigkeit ausgedrückt hat, übereinstimmt. In Rücksicht auf die Geschöpfe besteht das Gute, sofern es gut ist und von Gott in seiner Güte bewahrt wird; das Böse, sofern es böse ist und mit Gottes Zulassung, wie Verlassung von der Güte, in der es geschaffen war, abweicht und zu derselben von Gott nicht wieder hergestellt wird. So geschieht in Rücksicht auf die göttliche Freiheit Alles in zufälliger Weise, auch dasjenige, was nach secundären Ursachen ganz besonders nothwendig folgt, wie die Bewegung der Gestirne. In Rücksicht aber auf den unabänderlichen Rathschluß Gottes ist Alles nothwendig, wie denn, daß die Soldaten, welche Christum kreuzigen, seine Gebeine nicht brechen, sondern mit der Lanze seine Seite durchbohren, was doch mit Rücksicht auf die zweiten Ursachen höchst zufällig war.

Wie alle Rathschlüsse und Werke und Gerichte Gottes nicht besser werden, wenn sie durch Gute vollführt werden, so werden sie auch nicht schlechter, wenn sie von Bösen ausgeführt werden, welche unterdessen, da Gott ihren Geist und Willen nicht bessert, noch sündigen und sich durch die Sünden Strafe zuziehen. Desgleichen, wie die zu einem Einzigen bestimmte und nothwendig handelnde zweite Ursache die Freiheit und Zufälligkeit der göttlichen Handlung nicht aufhebt oder vermindert, so schwächt auch die veränderliche und durch ihr eigenes Wesen zu beiderlei oder verschiedener Wirkung gleichmäßig hinneigende und geeignete Natur der zweiten Ursachen nicht die Unabänderlichkeit der Vorsehung, des Willens, des Plans und Rathschlusses Gottes. Dieselbe wird aber durch den Rathschluß und die Regierung Gottes zu einem von Beiden, oder zu etwas Gewissem zu gleicher Zeit, der Weise ihrer Natur und Handlung gemäß bestimmt, hingelenkt und bewegt, sei es mittel- oder unmittelbar.

Unterscheide auch die Sünden, von denen die einen Sünden an und für sich, durch ihr Wesen selbst Sünden sind, nämlich welche von Gott verboten sind und von ihm nicht durch ein besonderes Gesetz oder eine Ausnahme zu verrichten anbefohlen werden, wie die Beraubung Ägyptens und das Hinschlachten Isaacs. Andere sind Sünden durch eine hinzutretende Zufälligkeit, welche nämlich von Gott vorgeschrieben oder wenigstens zugelassen sind, indeß von dem verderbten Geschöpfe schlecht, d.h. nicht so wie sie vorgeschrieben sind, verrichtet werden, z.B. die Opfer, das Gebet und die Almosen der Gottlosen und Heuchler. Beides aber, mögen die Menschen nun eine Sünde an sich oder eine durch Zufälligkeit begehen, thun sie durch ihren Fehler und ihre Schuld. Das aber, worauf Gott in ihren Handlungen absieht und hinzielt, ist immer gut und gerecht.

Endlich unterscheide auch die Nothwendigkeit des Zwanges und der Unveränderlichkeit. Denn diese zu verwechseln, wäre zu tölpisch. Denn jene bewegt gewaltsam, nur durch ein äußeres Princip; diese gemäß der Natur des Handelnden, durch ein inneres bewegendes und bewegtes Princip, wie es, um bewegt zu werden, erschaffen ist. Als ich dieses sah, nachdem Gott mir die Augen geöffnet hatte, achte ich jene Fabel, Gott werde zur Ursache der Sünde und die Freiheit werde aufgehoben, nicht mehr so viel wie eine taube Nuß. Dieses aber habe ich aus unendlich vielen Stellen der heiligen Schrift gelernt, als da sind:

Gen. 20,6. Deshalb habe ich dich auch behütet, daß du nicht wider mich sündigst, und habe dir's nicht zugegeben, daß du sie berührtest. Gen. 45,5 Denn um eures Lebens willen hat mich Gott vor euch hergesandt. Ebends. 7. Ihr habt mich nicht hergesandt, sondern Gott, der hat mich dem Pharao zum Vater gesetzet. Gen. 50,19.20 Fürchtet euch nicht! Oder können wir denn dem Willen Gottes widerstehen? Ihr gedacht es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, thäte, wie es jetzt am Tage ist, zu erhalten viel Volks. Ebds. 4.7.10.11.14 Ich werde das Herz des Pharao und seiner Diener verhärten, daß ich meine Zeichen und Wunder in Egyptenland thue. Exod. 9. Aber dazu habe ich Dich gesetzt, daß ich an Dir meine Kraft erzeige und mein Name verkündigt werde in allen Landen. Exod. 12. Dazu hatte der Herr dem Volke Gnade gegeben von den Aegyptiern, daß sie ihnen nachgaben, und sie haben die Aegyptier beraubt. Exod. 12. Er hat ihm aber nicht nachgestellt (dem, den er getödtet), sondern Gott hat ihn in seine Hand gegeben. Vom zufälligen Morde sagt er Exod. 32: Es tödte ein jeder den Bruder oder den Freund und seinen Nächsten. Diejenigen, welche solches thun, werden gelobt, wiewohl sie ohne dieses Gebot sehr schlecht gehandelt hätten; und dennoch würde Gott, wenn er diesen Befehl nicht gegeben, sondern durch Herbeiführung irgend eines andern Gegenstandes ihre Gemüther gereizt hätte, nicht minder gerecht die Götzendiener bestraft haben durch sündhafte als durch gerecht handelnde Werkzeuge, deshalb, weil sie nicht durch die verborgene Vorsehung, sondern durch den offenbaren Willen Gottes regiert wurden. Exod. 33,19. Ich erbarme mich, wessen ich will und werde gnädig sein, gegen wen es mir gefallen wird. Num. 23. Gott ist nicht wie ein Mensch, daß er lüge, noch wie des Menschen Sohn, daß er sich verändere. Er hat also gesprochen und wird es etwa nicht thun? Er hat geredet und wird er es nicht erfüllen? Zum Segnen habe ich empfangen, er segnet und ich kann's nicht wenden. Deut. 5. Ach daß sie ein solches Herz hätten, mich zu fürchten und zu halten alle meine Gebote ihr Lebenlang, auf daß es ihnen wohl ginge und ihren Kindern ewiglich? In diesen und ähnlichen Stellen zeigt Gott, was er billige, wodurch er erfreut werde, was ihm gefalle. Aber Exod. 33. Ich erbarme mich, wessen ich will, und ähnlichen Stellen, was und in welchem Menschen er bewirken will. Deut. 13. Wenn der Prophet sagen wird: Laßt uns gehen und fremden Göttern folgen, so höre nicht auf seine Stimme, weil der Herr euch versucht, damit es offenbar werde, ob ihr ihn liebet oder nicht? Und Ebend. Jener Prophet aber soll getödtet werden, weil er geredet hat, um euch von dem Herrn, eurem Gotte abzuwenden. Deut. 29. Und Gott gab euch kein einsichtsvolles Herz bis auf den heutigen Tag. Jos. 11. Es war des Herrn Vorsatz, daß ihre Herzen verhärtet werden, damit sie kämpften gegen Israel und fielen und keine Gnade fänden und zu Grunde gingen, wie der Herr es geboten hatte dem Moyses. Richter 2 und 8. Der Herr hat die Heiden verlassen, welche er zu vernichten befohlen hatte. 1. Sam. 2. Sie haben die Stimme ihres Vaters nicht gehört, weil der Herr sie tödten wollte. Ibid. c. 10. Mit ihm ging ein Theil des Heeres fort, deren Herzen Gott gerührt hatte. Ebd. 10. Der Geist des Herrn wich von Saul und es trieb ihn der böse Geist von dem Herrn. 2. Sam. 12. Siehe ich will dieses über dich erregen von deinem eignen Hause aus und deine Weiber werde ich vor deinen Augen wegnehmen und sie deinem Nächsten geben und vor deinem Angesichte wird dein Sohn mit deinen Weibern schlafen. Du zwar hast im Verborgenen gehandelt, ich aber will dieses Angesichts ganz Israels thun. 2. Sam. 16. Der Herr hat ihm befohlen, daß er dem David fluche. Und wer ist, der da wagte zu sagen, warum er also gethan hat? Ebd. 17. Durch den Anblick des Herrn wurde der Anschlag des Achitophel vereitelt. Ebd. 24. Und der Zorn des Herrn ergrimmte abermal wider Israel und reizte den David, daß er das Volk zählte. 2. Sam. 12. u. 2. Chron. 10. Roboran gab dem Volke nicht nach, denn es war der Wille Gottes u.s.f. 2. Par. 11. Durch meinen Willen ist dieses geschehen. 1. Könige 20. Gott gab ihm den Geist der Lüge. 2. Chron. 36. Gott erregte den Geist des Cyrus. Ebd. 6. Gott hat das Herz des Königs ihnen zugewandt. Tob. 1. Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen. Tob. 12. Er führet die Rathsherrn, wie einen Raub, und macht die Richter toll. Tob. 14,5. Du hast ein Ziel gesetzt, das würden sie nicht überschreiten können. Ps. 105,25. Er verkehrte jener Herz, daß sie seinem Volk gram wurden. Ps. 115,3. Er kann schaffen, was er will. Prov. 16,4. Der Herr macht Alles um seiner selbst willen, auch den Gottlosen zum bösen Tage. Ebd. 33. Das Loos wird geworfen in den Schooß, aber es fällt, wie der Herr will. Ebd. 21,1. Des Königs Herz ist in der Hand des Herrn, wie Wasserbäche; er neiget es, wohin er will. Pred. 7,13. Siehe an Gottes Werk; denn wer kann das gerade machen, was er krümmt? Weish. 8. Sie reichet von einem Ende zum andern gewaltiglich und regieret Alles wohl. Siehe desselben Buchs Cap. 12. und 19. Jes. 10,5. Wehe Assur! der meines

Zornes Ruthe ist, und der Stecken in ihrer Hand ist mein Grimm. Ich will ihn senden wider ein Heuchelvolk und ihm Befehl thun wider das Volk meines Grimmes, daß ers beraube und plündere und zertrete es, wie Koth auf der Gasse. Siehe diese ganze Stelle nach, welche allein hinreicht zur Widerlegung des Einwurfs wegen der Ursache der Sünde. Aehnliches findet sich in C. 13. Jes. 14,27. Denn der Herr Zebaoth hats beschlossen; wer wills zu nichte machen?

Jes. 45.7. Ich bin der Herr der ich Frieden und schaffe das Uebel. Jes. 46,10 und 11. Mein Anschlag bestehet und ich thue Alles, was mir gefällt. Ich rufe einen Adler vom Aufgang und einen Mann meines Anschlags aus fernem Lande. Was ich rede das lasse ich kommen; was ich denke thue ich auch. Jer. 13,23. Kann auch ein Mohr seine Haut wandeln oder ein Parder seine Flecken? So könnet ihr auch Gutes thun, die ihr des Bösen gewohnt seid. Jer. 50,25. Der Herr hat seinen Schatz aufgethan und die Waffen seines Horns hervorgebracht. Klagl. 3, 37.38. Wer darf sagen, daß etwas geschehe ohne des Herrn Befehl? Und daß weder böses noch Gutes komme aus dem Munde des Allerhöchsten? Ezech. 12,25. Denn Ich bin der Herr: Was ich rede, das rede ich und soll geschehen und soll nicht länger verzogen werden. Ezech. 14,9. Wo aber ein Prophet sich bethören lässet, Etwas zu reden, denselben Propheten will ich, der Herr, auch bethören und will meine Hand über ihn ausstrecken. - Ezech. 18,32. Ich habe kein Gefallen an dem Tode des Sterbenden. So auch jener Ausspruch Deut. 5. -

— Ezech. 20,25. Darum übergab ich Sie auch in Satzungen, die nicht gut waren, und in Rechte, darinnen sie nicht leben konnten. Ezech. 29,18. Nebucadnezar, mein Knecht, hat sein Heer mit schweren Diensten gegen Cyrus dienen lassen. Ezech. 36,26. Und ich will auch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleische wegnehmen. Vergleiche hiermit Sir. 17. und Jer. 13. Ezech. 38,4. Und will dich herum lenken, und will dir Hacken in die Kinnbacken legen und will dich herausführen. Ebds. 10. Zu der Zeit wirst du die Dinge vornehmen und wirst böse Gedanken im Sinn haben, und sprechen: Ich will das Dörferland überfallen. Vergl. Jes. 10. Daniel 4.32. Er macht Alles, wie er will, beide mit den Kräften i Himmel und mit denen, so auf Erden wohnen, und Niemand kann seiner Hand wehren, noch zu ihm sagen: Was machst Du? Amos 3. Es ist kein Unglück in der Stadt, das der Herr nicht thue. Dieses ist gesagt von dem Uebel der Strafe, aber zufällig (per accidens) ist auch sehr oft ein Uebel der Schuld, was Gott gleichzeitig mit hinzutreten läßt. Mich. 4,11.12. Und jetzt werden sich viele Heiden wider Dich rotten … aber sie wissen des Herrn Gedanken nicht. Matth. 7,18. Ein guter Baum kann nicht arge Früchte bringen und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen. Ebds. Und es fiel nicht, denn es war auf einen Felsen gegründet. Siehe den Commentar des Philippus über diese Stelle. 1. Luc. Kein Sperling fällt vom Dache. Matth. 11,25. Ich preise Dich Vater, daß Du solches den Weisen und Klugen verborgen hast. Matth. 13,11. Euch ist gegeben worden, daß ihr das Geheimniß des Himmelreichs vernehmet; diesen aber ist es nicht gegeben. Matth. 16,21. und so durchgängig bei den andern Evangelisten. Wie er müßte hin gen Jerusalem gehen und viel leiden. Math. 18,7. Es muß ja Aergerniß kommen. Math. 20,15. Oder habe ich nicht Macht zu thun, mit dem meinen, was ich will? ebds. 16. Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt. Math. 24,6. Das muß zum ersten Alles geschehen. Ebds. 24 … daß verführet werden in den Irrthum auch die Auserwählten (nämlich am Ende) ist unmöglich. Joh. 6,37 Alles was mir mein Vater gibt, das kommt zu mir; und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen. Ebds. 65. Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn von meinem Vater gegeben. Ebds. 36. Das ist aber der Wille des Vaters, der mich gesandt hat, daß ich nichts verliere von allem, das er mir gegeben hat. Joh. 10,16. Und ich habe noch andere Schafe … und dieselben muß ich herführen. Ebds. 28. Und niemand wird sie (meine Schafe) aus meiner Hand reißen. Joh. 11,49. Einer aber unter ihnen, Caiphas, der desselben Jahres Hohepriester war, prophezeite. Joh. 12,39. Darum konnten sie nicht glauben, … denn Er hat ihre Augen verblendet. Joh. 13,18. Ich weiß, welche ich erwählet habe. Joh. 14,17. Den Geist der Wahrheit, welchen die Welt nicht empfangen kann. Joh. 15,16. Ihr habet mich nicht erwählt, sondern ich habe euch erwählt. Act. 1,16. Es mußte die Schrift erfüllet werden, welche zuvor gesagt hat der heilige Geist durch den Mund Davids, von Juda. Act. 2,23. Denselbigen (Christus) da er aus bedachtem Rath und Vorsehung Gottes hingegeben war, habt ihr genommen durch die Hände der Ungerechten, angeheftet und umgebracht. Act. 3,17. Ich weiß, daß ihr es durch Unwissenheit gethan habt, wie auch eure Obersten. Gott aber, was er durch den Mund seiner Propheten verkündiget hat, … hat es also erfüllt. Act. 4,27.29. Wahrlich sie haben sich versammelt … zu thun, was deine Hand und dein Rath zuvor bedacht hat, daß es geschehen sollte. Act. 13,48. … und (die Heiden) wurden gläubig, wie viele ihrer zum ewigen Leben verordnet waren. Act. 17,25. Er gibt jedermann Leben und Odem allenthalben. Ebds. 28. Denn in ihm leben, weben und sind wir. Röm. 1,28. … Hat sie Gott auch dahingegeben in verkehrten Sinn. Röm. 8,28. Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. Röm. 9,18. Welchem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig und welches ich mich erbarme, deß erbarme ich mich. So erbarmet er sich nun, wessen er will und verstocket, wen er will. Lies die ganze Abhandlung Pauli. Röm. 11,7. Die Auswahl aber erlangt es (Israel), die Uebrigen sind verstockt. !. Cor. 14. Was hast du, das du nicht empfangen hättest. Eph. 1,4. Wie er uns denn auserwählt hat in demselbigen, ehe der Welt Grund gelegt war, daß wir sollten sein heilig und unsträflich vor ihm. Ebds. 5. Und hat uns in der Liebe verordnet zur Kindschaft … nach dem Wohlgefallen seines Willens. Man lese das ganze Capitel selbst. Philipper. II.,13. Gott wirket in uns das Wollen und das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen. 2. Thess. 2,11. Darum wird ihnen Gott kräftigen Irrthum senden, siehe die ganze Stelle etc. 2. Tim. 2,19. Aber der feste Grund Gottes bestehet, 1, Joh. 2,19. Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns. 1. Joh. 4,10. Darin stehet die Liebe, weil er uns zuvor geliebt. Apoc. 17,17. Denn Gott hats ihnen gegeben in ihr Herz zu thun seine Meinung. Doch ich habe, während ich nur weniges angeben wollte, schon zu viel in Erwägung gezogen; denn noch tausend andere ähnliche Stellen der Schrift könnte man auffinden.

Hierzu kommen noch Beweise, die Niemand umstoßen wird. Die Allmacht Gottes leidet nicht, daß irgend etwas geschehe, was Gott nicht entweder einfach (simpliciter) oder in gewisser Beziehung (secundum quid) wolle. Denn was er einfachhin nicht will, kann auf keine Weise Statt finden.

Seine unendliche Weisheit leidet nicht, daß irgend etwas in der Welt ohne seinen Rathschluß geschehe.

Während er die Endziele, welche er für die besten von Allen hält, will, will er auch die Mittel, wenigstens in gewisser Beziehung: nicht aber in so fern sie Sünden sind.

Alles Gute und alle positiven Dinge in der Welt sind von ihm; und werden von seiner Vorsehung regiert. Die Bewegungen also, soweit sie Bewegungen sind, werden von Gott regiert.

Und die Rathschlüsse Gottes hängen keineswegs von den Werken der Geschöpfe, sondern vielmehr hängen Handlungen und Bewegungen der Geschöpfe von Gottes Rathschluß ab.

Unabänderlich weiß er auch das Allerveränderlichste voraus. Er weiß also vorher aus unabänderlicher Ursache, d.i. aus seinem ewigen Rathschluß. Dieses bestätigt seine allgemeine Vorsehung alles Einzelnen.

Nicht weniger tritt für die ewige und unabänderliche Erwählung ein.

In Niemandem kann irgend etwas Gutes sein, wenn Gott nicht von Ewigkeit her dieses zu bewirken beschlossen hat.

Welche er einmal liebt, die liebt er von Ewigkeit her in Ewigkeit. Deshalb können wir also nicht sicher sein über die gegenwärtige Gnade Gottes gegen uns, wenn wir nicht auch sicher sind über die ewige, wenn anderes wir uns Gott nicht als veränderlich vorstellen wollen.

Wir müssen an ein ewiges Leben glauben.

Die Hoffnung muß sicher sein.

Wir müssen das ewige Heil ohne Bedingung und Schwanken suchen.

Die Mittlerschaft Christi für die Auserwählten ist stets gewiß.

Unter vielem genügt mir das und vielleicht auch Dir. Nun wollen wir Dich dann endlich auch hören.

Zuerst: Diese Lehre führt die Menschen von dem geoffenbarten Willen Gottes weg zu dem geheimen, von dem Worte weg zu den dem Glauben gemachten Eindrücken, bevor man dem gehörten Worte glaube. Was höre ich? Wenn du dieses in unserer Lehre geschrieben findest, warum bringst du die Stellen nicht vor und merkst sie an? Wenn du aber glaubest, solches folge aus derselben, warum rückst du nicht mit Beweisen vor und ziehest die Folgerungen? Was für eine Dialectik ist das, und von wem hast du sie gelernt, so harte, und vernichtende Anschuldigungen ohne irgend einen Schein von Beweis gegen unschuldige Männer vorzubringen? Wenn du aber weder von unsern Schriften vorführen noch aus unseren Lehren irgend etwas Stichhaltiges oder wenigstens Scheinbares vorführen kannst, (wie du es ganz gewiß nicht vermagst) warum begießest du uns mit dieser Jauche? Niemals ist uns das in den Sinn gekommen, in Allem lehren wir das grade Gegentheil. Wer von uns oder Andern Dir solches einredet, der lügt wie der Satan auf die schändlichste und unverschämteste Weise. Weg also mit diesem Ungeheuren! Es ist ein Wort Gottes, mein Lieber, daß diejenigen, welche mit begierigem und dankbarem Gemüthe in wahrer Bußgesinnung, die im Evangelio dargebotene Wohlthat Christi umfangen,

festhalten müssen, sie seien bei Gott in Gnade durch Jesus Christus und sie seien ganz unfehlbar des ewigen Lebens Erben und das zwar nicht aus den Werken, weder aus gethanen noch vorhergesehenen, sondern einzig aus reiner und unverdienter Erbarmung Gottes, welche von Ewigkeit her sie vor Andern gewürdigt hat, so daß sie, hätte Gott solches nicht gethan, zugleich mit den übrigen in ihrer Blindheit und Gottlosigkeit untergegangen sein würden. Als Obersatz (major) des Syllogismus haben wir das Wort aufgestellt. Das Zeugniß des Gewissens, daß wir dem Worte glauben und bußfertig sind, ist Untersatz (minor), und zwar so: Wer an den Sohn Gottes glaubt, hat das ewige Leben. Ich glaube an den Sohn Gottes. Hieraus ziehen wir die fragliche Folgerung: Also habe ich das ewige Leben. Heißt nun das von dem Worte abführen, oder anders woher als aus dem Worte über Gottes Gnade und unser Heil unser Urtheil herleiten? In der That! Wenn Du anders über die Sache urtheilen wolltest, Du würdest ewig zu Grunde gehen.

Du sagst, wir verdrehen und verderben den Text Pauli und durchforschten die Geheimnisse. Du bringst kein Beispiel vor und kannst auch wohl keins vorbringen. Anstatt eines Beweises drängst Du uns die anklagen der faulsten Declamationen auf. Wenn wir fragen würden, warum Gott vielmehr Diesen als Jenen, den Petrus vielmehr als den Judas zum ewigen Leben auserwählt habe; ob Andere erwählt seien und wie groß die Zahl der Erwählten sei, oder Derartiges mehr, so hättest Du Grund, diese Sticheleien gegen uns zu richten. Denn dies sind ja der unergründbare Abgrund, von welchem Paulus redet, und welcher uns zum Heile nicht nothwendig ist. Aber daß uns die freie Erwählung Gottes, und zwar eine sichere und unbewegliche, die Quelle des Heils ist, und daß sie uns aus den Wirkungen in uns, d.h. aus den durch das gehörte Wort in uns gewirkten Glauben und Bußgeist zieht, ganz offenbar ist, das wollte Gott uns nicht unbekannt lassen, sondern hat es uns in seinem Worte tausendmal zu seiner Ehre und zu unserm Troste eingeschärft. Deine Beschuldigungen fechten uns also nichts an, gar nichts, wenn sie Dir auch noch so schön vorgekommen sein mögen.

Zweitens: Nicht einmal von jenem veralteten und abgeschmackten Schmutze hältst Du Dich fern. In Ermangelung anderer Geschosse nämlich, mit denen Du uns treffen kannst, greifst Du zu den Stoischen und Nichteuropäischen Waffen. Wir verabscheuen den stoischen Blödsinn von der den Dingen selbst innewohnenden Nothwendigkeit, welche Gott und die übrigen Dinge zwinge und sich unterworfen halte. Im Gegentheile wir stellen auf, daß Gott ganz und gar frei und der höchste Lenker aller Dinge sei, der Alles nach seinem Wohlgefallen thut, dessen Hand Niemand abwenden kann, da er ewig, unveränderlich ist, sich fortwährend gleich bleibt. Warum verspottest Du so leichtsinnig diesen besten, freiesten, allweisesten, unabänderlichen Rathschluß unter dem Namen von fatalistischer Tafeln? Wohl könnte Einer über die Einfältigkeit dieser Tiraden lachen, aber über die blasphemirende Gottesschmähung. die Du hinzufügst, kann kein Christ lachen, sondern wird darüber äußerst entrüstet. Oder kommt es Dir absurd vor, daß Alles, was geschieht und in Ewigkeit geschehen wird, schon vor dem Sündenfalle Gott bekannt und von ihm beschlossen gewesen sei? Du verspottest also den Paulus, wenn er sagt, daß schon vor Gründung des Weltalls die Gnade Christi uns gegeben sei; und den Jacobus, wenn er spricht: Bekannt sind Gott seine Werke von Ewigkeit her.

Wie kannst Du, nachdem Du so lange Philosophischen und Theologischen Studien obgelegen, noch so unsinnig sein, daß Du uns Gott veränderlich vormalest. Du entbehrst in der That des Verstandes, wenn Du eine ernste, gewichtige Sache so behandelst, andererseits fehlt's Dir an Scham, wenn Du der Art Spiel treibst, Freund. Oder vermeinst Du, daß Er, wenn Er den Niniviten droht und dann ihrer schonet, sich verändere? Ehe er ihnen drohte, wollte er ihrer eben sowohl als nach den Drohungen schonen. Warum drohete er denn? Eben aus dem Grunde, damit er sie durch Drohung bekehre und die bekehrten errette. Also ist er sich nicht ungleich geworden, ist nicht von seinem Beschlusse abgewichen. Denn bei den Drohungen hatte er jene Bedingung, wenn sie keine Buße thäten. Diese aber durch Drohungen in ihren Gemüthern zu bewirken, hatte er schon von Ewigkeit her beschlossen.

Schreckliches, sage ich ferner, dichtest Du uns an, daß wir die Lehre, das Gebet, die Obrigkeit, die Gesetze umkehren und aufheben. Oho! Gemach, gemach! damit Du nicht anstößest oder von den Stufen herunterfallest. Wenn, wie es in der That unabänderlich und nothwendig ist, geschieht, was Gott immer beschlossen hat, so wäre jenes Alles eitel, wenn Gott nämlich ohne es beschlossen hätte, daß seine Rathschlüsse in Erfüllung gehen sollten. Wenn er aber die einen durch diese Mittel erhalten, die Andern züchtigen, wieder Andere verantwortlich machen will, und uns deshalb befohlen hat, sie zu gebrauchen und auf diese Weise den uns günstigen Rathschlüssen folgen, was für ein Reformator der Rathschlüsse Gottes bist Du denn, daß Du fabelst, Er habe Eitles beschlossen, verordnet und befohlen? Gott hat beschlossen, morgen den Tag zu machen. Sollten wir etwa Dich jetzt anhören, wenn Du schwätzest, die Sonne gehe vergebens auf? Oder weil Er alljährlich das Brod aus der Erde schaffet, wirst Du etwa sagen, die Wirkung der Sonne und der Ackerbau müsse aufgehoben werden? Welche Schule hat Dich gelehret, von der Position der ersten Ursache auf die Nemotion der zweiten Ursache zu schließen? Hat Gott das Ziel beschlossen, so hat er auch die Mittel zum Ziele verordnet und beschlossen und uns befohlen, uns derselben zu bedienen; bedienen wir uns derselben, so geschieht es durch seine Wohlthat, thun wir es nicht, so geschieht das nach seinem Urtheile, durch unsere Schuld und auf unsere Gefahr.

Die manichäischen Blasphemien dichtest Du nicht uns, sondern dem Paulus an, der doch mit Manes nichts gemein hat. Von dem Einen guten Gotte sind Alle als gut erschaffen; durch die gerechteste Zulassung desselben sind sie gefallen und haben sich verschlimmert, indem sie sich von Gott abwandten. Aus dieser verlornen Masse nun hat er von Ewigkeit her nach seinem Wohlgefallen die Einen erwählt und die Andern verworfen. Nichts von diesem lehrt Manes. Es ist daher eine freche Anklage zu behaupten, der Satz, Gott habe Einige verworfen, stehe im Widerspruch mit dem Ausspruch: Gott will, daß Allen geholfen werde u.s.f. Aus Liebe zu den Geschöpfen und in seiner Güte, die nicht leidet, daß er Wohlgefallen habe an der Zerstörung seiner Werke, und durch Befehl, durch Zuruf, durch Einladung zur Buße und zur Rettung will er, daß Keiner zu Grunde gehe, sondern Alle selig werden, aber nicht mit wirkender Kraft (efficacia). Sehr häufig sagt er in seinem Worte, daß Er an Keines Untergang Freude habe, sofern es ein Verderben, ein Vernichten, ein Leid ist; daß Er alle zu sich einlade, wenn auch die einen auf diese, die andern auf jene Weise. Daß er aber bewirken werde, daß Alle ihm folgen und gerettet würden, hat er nicht allein nirgends gesagt, sondern an sehr vielen Stellen das gerade Gegentheil ausgesprochen. So ist die Schrift nicht mit sich im Widerspruch, wenn sie lehrt, Gott freue sich an der Rettung Aller, und doch habe er eine gewisse Anzahl verworfen.

Drittens. Es kommt mir vor, als habest Du der Kraft Deiner beweise nicht recht vertrauend durch die Masse derselben den Sieg davon tragen wollen, und deswegen an erster und dritter Stelle ein und dasselbe vorgebracht, wenn Du nicht etwa lieber annehmen möchtest, die Erweiterung sei von dem Namen Enthusiast entlehnt, damit Dir doch auch dieses Emblem nicht verloren gehe. Aber mein Lieber, was für eine Verwandtschaft haben wir denn doch mit diesen? Du sagst, wir vernachläßigten Gottes Wort und erwarteten Gnadenzüge und Verzückungen. Aber bei wem der Unsrigen hast Du solches gehört oder gelesen. Nicht minder unwahr behauptest Du also dieses von uns, wie Du auch jenes Erste über uns aufgestellt hast, wir wichen von dem geoffenbarten Willen Gottes ab. Wir sagen, Gott bewirkt in uns den Glauben und die Bekehrung, und zwar auf dem gewöhnlichen Wege der Wirkung desselben durch das Wort; an es hat er uns gebunden, indem er sich jedoch die Freiheit vorbehalten hat, wie er auch durch das Wort wirket, so wenn er einmal will, nach seinem Wohlgefallen und zu seiner Zeit und so weit es ihm gutdünkt, auf Andere außer dieser Ordnung zu wirken. Du fügst mit derselben Unbedachtsamkeit und wohl auch unter Anklage Deines Gewissens, da Du doch die Unsrigen so lang gehört hast, hinzu, nach unserer Lehre wirke der Wille nichts. Bei Beidem schließest Du wieder von der Setzung der ersten Ursache auf die Ausschließung der zweiten. Es handelt der Wille, aber der von Gott durch das Wort erneuerte, bewegte und geneigte, der willig gemachte, der nicht, sage ich dir, wie ein Stein oder Klotz gestoßene, sondern durch das dem Geiste vorgestellte Object angereizte und angelockte. Gottes Werk war in Paulus dieser Wille des Paulus, daß er thun wollte, was Gott von ihm wollte. Gottes Gerichte und der Juden Verbrechen war es, daß sie von Christus sich nicht wollten versammeln lassen. Vergebens schreitet die Gnade voran, wenn sie nicht die Begleitung des Willens bewirkt. Was also sagst Du nun von einer solchen Handlungsweise: Warum hörst Du nicht lieber auf jenen Lehrer der Kirche, der da spricht: Gott ist es, der in euch wirket das Wollen und Vollbringen. Phil. 2,2. Ich will Dir etwas sehr Wichtiges und Wahres sagen. Auf keine Weise können wir die Reinheit des Artikels von der unverdienten (gratuita) und sichern Rechtfertigung schützen, gegen das sogenannte Verdienst de congruo der Papisten vertheidigen, wenn nicht jene gottlose Lüge von der allgemeinen Gnade Gottes, welche unserer Kraft die Annahme und den Gebrauch oder die Zurückweisung ihrer selbst überläßt, beseitigt wird und an dessen Stelle die ewige, unwandelbare Liebe Gottes zu den Erwählten gegen Verdunkelung und Sophisterei erhärtet wird.

Viertens scheinst Du Neues auf ganz neue Weise betrieben haben zu wollen, indem Du die Stärke Deiner Argumente in die Mitte gestellt, den ersten und letzten Beweis hast Du mit Marketendern und Troßknechten verstärkt, obgleich Du weißt, daß die Schule mit ihren Declamatoren dagegen ist. Hier tritt der Achilles auf: „Gott wird zur Ursache der Sünde gemacht, wenn er beschlossen hat, Einige in Blindheit, Sünde und Tod zurückzulassen.“ Du hast Deinen Helden gut ausgerüstet vorgeführt. Aber dagegen haben wir den Köcher des Philoctet. Erstlich vermisse ich wieder bei demselben die Aufrichtigkeit, daß Du sagst, dieses seien die Werke von vielen der Unsrigen: Gott wirke in den Verworfenen wirksam, daß sie sündigen. Von vielen erzählst Du, führest aber nicht einen Einzigen an und könntest es, glaube ich, auch nicht. Denn aus reinster Seele verabscheuen wir solche Rede und solchen Ausspruch, was die Schriften der Unsrigen durch tausend Stellen leicht darthun.

Aber Du magst sagen, es ließe sich dieses aus unserer Lehre folgern: Derjenige nämlich, der beschlossen hat, die Sünden der Menschen zuzulassen, ist auch der Urheber derselben. Siehe doch, was für einen Beweis Du da hast; man darf ihn nur umdrehen und das Heft ist Dir aus den Händen gewunden. Denn wer die Sünde zulässet, indem er Keinem schuldig ist, sie zu verhindern, und auch sogar das Recht hat zu strafen mit der Strafe der Verlassung und Verwerfung in ewige Strafen, der ist keineswegs der Urheber oder Begünstiger, sondern nur der Zulasser und Richter der Sünde. Wenn aber Gott die Sünde zulässet, so folgt daraus, daß er nichts weniger als der Urheber derselben sei. Wenn Du entgegnest: aber jene Entziehung der Gnade, welche er als Strafe verhängt, ist Sünde, so machst Du Dich eines Trugschlusses schuldig. Sofern diese von Gott verhängt wird, ist es die gerechteste Strafe; per accidens, d.h. weil sie von den Menschen durch die erste und die nachfolgenden Sünden herbeigeführt ist, ist es eine Sünde. Mehr Schein hätte es gehabt, wenn Du diese Bewirkung der Sünde aus der Vorsehung geschlossen hättest; obschon das derselbe Trugschluß wäre. Gott wollte sehr lebhaft und sehr wirksam die Kreuzigung des Sohnes durch diejenigen, durch welche sie geschehen ist; aber dennoch wollte er nicht, sondern ließ nur zu, daß mit seinem gerechtesten und heiligsten, von Allen höchst zu verehrenden und glorreichen Werke, welches er durch sie ausführte, die Mordtat derselben zusammenfiele, welche er nachher fürchterlich gestraft hat. Er wollte die Kriege des Nebucadnezar, seine Sünden indeß haßte er. Er wollte den Krieg des Absalom gegen David und die Befleckung des Ehebettes Davids. Aber insofern Gott dieses wollte, war es die gerechteste Strafe Davids; insofern aber Absalon solches that, nur um das Reich zu erobern und den Vater zu unterdrücken, wozu er keineswegs einen zu befolgenden Auftrag Gottes hatte, waren es Verrath und Blutschande. Diese Schlechtigkeit Absalons aber trifft per accidens mit dem Urtheile Gottes, welches er durch jenen ausführt, zusammen. Auch mit der Behauptung richtest Du nichts aus, Gott sei dann die Ursache der Sünden, wenn die von ihm Verlassenen nicht anders können als sündigen. Denn Du schuldigest die Schrift und Gott selbst an, die dieses sehr oft sagt, aber gewiß ohne Gefahr der Gotteslästerung: weil das menschliche Geschlecht diese Nothwendigkeit zu sündigen im Paradiese sich freiwillig zugezogen hat.

Fünftens. Du sagst, diese Lehre sei gesetzlich (legalis). Nun wenn sie legal wäre, würde sie deshalb falsch sein? Oder ist das Gesetz und Evangelium nicht gleich wahr? Du fügst hinzu, sie sei aus der Vernunft gezogen. Du mußt wohl in den Büchern des Plato und Aristoteles bewanderter gewesen sein, als ich und Alle, welche diese Lehre niemals dort finden konnten. Kurz wisse, daß sie aus dem innersten Kern des Evangeliums stammt. Oder glaubst Du, Paulus Röm. 9,10.11.12; Ephes. 1 habe das Gesetz predigen wollen. Ich denke nicht, daß Du dieses glaubst. Und was gehört mehr zum Herzen des Evangeliums, als die ewige, freie, unabänderliche Liebe Gottes zu den Erwählten, welche Christi Worten gemäß die Ursache war, daß er auch seinen eingebornen Sohn für uns hergab, auf daß er uns demselben durch den Glauben einverleibt, auf ewig errette und das in uns begonnene Werk vollende? Wenn dieses nicht Evangelisch ist, so weiß ich nicht, was Evangelisch sein soll. Es genügt wiederum, daran zu erinnern, was ich oben über die zu bewahrende Reinheit des Artikels von der Rechtfertigung gesagt habe. Theils mit Verwunderung, theils mit Entrüstung und Schmerz hat es mich erfüllt, daß Du schreiben kannst: „Wie hat mich verwirrt jener Ausruf: Wem schuldet Gott etwas.“ Ich schlug mich vor die Stirne, als ich das las.

Sicher aber hast Du die heiligen Bücher wenig gelesen, oder warst zu sehr von Leidenschaft und Vorurtheil erfüllt, da du so kühn die Worte der heiligen Schrift verdammst. Oder ist es nicht ein Ausruf Pauli Rom. 11,35. Oder wo hat Gott etwas zuvor gegeben, das ihm werde wieder vergolten. Fürwahr mich tröstet nichts mehr, als diese unaussprechliche Liebe Gottes zu uns, welche, obschon er mir nicht mehr schuldig ist, als dem Kain und Judas, aus seinem Feinde mich zu seinem Sohne gemacht hat durch den Tod des Eingeborenen. Denn es ist gar zu ungehörig, was Du von der Verpflichtung Gottes gegen uns wegen der Verheißung anführst. Was schützest Du die Verheißung vor, ehe sie zugewendet worden ist? Oder wem gegenüber verpflichtet die Verheißung unseren Gott, als dem, welcher sie durch den Glauben annimmt? Wer aber nimmt sie an, als der, den Gott dieser Wohlthat würdigt? Er verpflichtet sich den Gläubigen und diese Verpflichtung selbst entspringt aus reiner, unverdienter Güte. Wo aber nur, wo hast Du in der Schrift gelesen, daß Gott durch irgend eine Verheißung sich verpflichte, allen den Glauben und die Buße zu geben? Das beweistest du uns in Ewigkeit nicht. Daher lasse Dich vorab durch Christi Worte nicht mehr verwirren, welche aus dem innersten Gefühle der Ehrfurcht und Demuth vor Gott hervorgegangen sind, und glaube nicht, daß durch diese Worte, ohne welche die Gewißheit des Glaubens nicht bestehen kann, ein papistischer Zweifel statuirt werde.

Sechstens. Schon längst hätten sie sich (die Papisten) wegen des Argumentes der allgemeinen Verheißungen schämen sollen,. Denn uns dichten sie ein Verbrechen an, das sie selbst begehen. Du löstest selbst das Argument auf und dennoch bedienst Du Dich desselben. Wenn die Verheißung sich als allgemeine auf alle Menschen erstreckte, welch ein Chaos von Gottlosigkeit und Unsinn würde folgen? Wenn sie aber auf die Gläubigen zu beschränken ist, was jedenfalls geschehen muß, so schützen wir die allgemeine Wahrheit und die Tröstung, welche wir aus Gottes Wort gelernt haben, daß nämlich alle Gläubigen und sie allein Erben des ewigen Lebens und von Gott so in seine Gnade aufgenommen sein, daß sie alle in derselben auf ewig verbleiben werden und Keiner von ihnen verloren gehen wird, gemäß den Worten: Niemand wird meine Schafe aus meiner Hand reißen. Von dem, was mir der Vater gegeben hat, werde ich nichts verlieren. etc. So daß, wenn es möglich wäre, auch die Auserwählten verführet würden. Welche er verordnet hat, diese hat er auch berufen, gerecht gemacht, herrlich gemacht. Das ist der Gipfel des christlichen Trostes und Glaubens und jener Artikel, welcher die Grundlage des ganzen apostolischen Glaubens bildet, weil wir durch ihn alle andern Artikel glauben, so daß wir an das ewige Leben glauben und jenen Triumphgesang mit dem Apostel singen können: Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen. Wer will verdammen. Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Denn ich bin gewiß etc. Röm. 8,33-39. Hingegen fügen diejenigen Gott die offenbarste und größte Schmach zu, welche seine Liebe gleich der der Menschen als veränderlich darstellen; die Frommen aber berauben sie ihres Trostes; sie entkräften, sie schwächen, sie treten zu Boden die Kraft, den Gebrauch und den Trost der allgemeinen Verheißungen, indem sie aufstellen, einige wahrhaft Gläubige würden endlich fallen und verloren gehen, und diejenigen, welche jetzt bei Gott in Gnade sind, seien es weder von Ewigkeit her gewesen, noch würden es ewig bleiben. Da aber dieses die größte Absurdität von der Welt ist, so folgt durchaus, daß sie, wenn sie von der zukünftigen und ewigen Gnade Gottes nicht vergewissert sein wollen, sie es auch von der gegenwärtigen nicht sein können. Die Schrift lehrt, daß alle Gläubigen errettet werden müssen. Jene stellen den contradictorischen Satz auf, einige Gläubige müßten nicht gerettet werden. Wo ist denn nun Dein Trost, mit welchem Du Dich in die allgemeine Gnade einschließest? Das sind verborgene Kunstgriffe des Satans, auf welche man Acht haben und gegen die man sich hüten muß.

Die Auslegung Augustins von jener Stelle 1. Timoth. 2,4. (Gott will, daß allen Menschen geholfen werde), wornach sie auf alle Classen von Menschen geht, ist durchaus angemessen, wie Absicht und Zusammenhang bei Paulus deutlich zeigt. Doch pflege ich Streitsüchtigen gern zuzugestehen, daß hier von allen Individuen die Rede sein möge, was die Liebe zu allen Menschen und ihre Berufung, nicht aber was die Wirksamkeit Gottes in ihnen angeht (efficaciam). An die Stelle der allgemeinen Gnade aber eine unbestimmte zu setzen, würde nicht einmal Einer von uns dulden, geschweige daß er es verlangte.

Siebentens. Durch die Antwort auf die allgemeine Gnaden wird auch jener faule Einwurf von dem widersprechenden Willen in Gott widerlegt. Denn es ist kein Widerspruch hierein, Gott will, daß alle Gläubigen gerettet werden, und daß kein Ungläubiger gerettet werden solle. Irrigerweise verwechselst Du auch jenes auf alle Menschen sich erstreckende Gebot, alle möchten zu Christus kommen mit jener Verheißung, daß Christus nicht alle Menschen überhaupt, sondern alle, die zu ihm kommen, wieder beleben werde. Wie er daher keinen Menschen, auch die Verworfenen und Verlorenen nicht von jenem Befehlt ausschließet, so schließet er auch keinen von denen, die zu ihm kommen, das heißt, welche an ihn glauben, von der Verheißung aus. Auch daß Du sagst, Gott sehe nach uns die Person an, ist ein eben so schmachvoller Vorwurf. Wenn man aus Verpflichtung gibt, könnte jenes Statt finden, nicht aber wenn man, wie Gott, aus reinster, unverdienter, freiester Erbarmung schenkt. Reich ist er gegen alle, aber gibt nicht allen dieselben Gaben und Wohlthaten, weil er in seinem großen Hause verschiedenes Geräthe haben will. Da aber der Apostel vorzüglich hier von den ewigen Reichthümern redet, so ist es hinterlistig von Dir, daß Du übergehest, was er selbst hinzufügt: Welche ihn anrufen.

Du frägst, auf welchen Grund die zwiefache Erwählung sich stütze? Ich beweise Dir sogar eine dreifache aus der heiligen Schrift, je nach der Verschiedenheit der Dinge, an welche die göttliche Erwählung ergeht. Zuerst hatte Gott das israelische Volk erwählt, daß es seine Kirche sei. Zweitens hatte Christus zwölf Apostel erwählt, um das Evangelium in der Welt auszubreiten; drittens hatte er von keinen von beiden alle zum ewigen Leben erwählt, weil unter ihnen viele berufen, wenige auserwählt waren; untere ihnen war einer ein Teufel. Er selbst aber bezeichnet diejenigen, welche er erwählt hatte zum ewigen Leben, nicht bloß zum Apostolate, wozu er auch den Judas erwählt hatte. So ist auch die Berufung eine dreifache: Zur sichtbaren Kirche, von der es heißt: Viele sind berufen; zur Kirche der Heiligen, welches ein innerer und wirksamer Beruf ist, den der Apostel nach dem Vorsatze, nämlich Errettung der Berufenen nennt. Endlich die Berufung zu irgend einem Geschäfte des Lebens. So ist mein Beruf, in der Schule thätig zu sein.

Den Willen des Zeichens (signi) und des Wohlgefallens (beneplaciti) haben die Scholastiker richtig unterschieden, nicht als entgegengesetzte oder zwei Willen, sondern als Einen, zum Theil geoffenbarten, zum Theil nicht geoffenbarten; theils billigend, theils bewirkend, was der göttlichen Natur zukommt.

Achtens. Du schließest mit einer schweren und niederträchtigen Verläumdung: Die Lehre von der endlichen Beharrlichkeit mache die Menschen vermessen. Nennst du vielleicht den glauben an das ewige Leben Vermessenheit? Du gehst zu schmachvoll mit dem heiligen Geiste um, und gar zu arg ist die Undankbarkeit für die größte Wohlthat, welche Gott durch Christum uns in diesem Leben erzeigt, nämlich für die Summe und das Fundament des Trostes und der Frömmigkeit, welche in der uns von Christus erworbenen Gewißheit unseres Heils besteht. Denn was für ein Trost wäre es, zu wissen, daß Christus uns einmal unser Heil erworben, daß aber dasselbe in jedem Augenblicke tausend Gefahren des Verlustes unterworfen sei? Wir müssen also wissen, daß unser Leben mit Christo ein in Gott verborgenes ist, und dort so sicher bewahrt wird, als das Leben des im Himmel herrschenden Christus selbst sicher ist. Das spricht die Schrift an tausend Stellen aus. Sie den Philippus, Matt. an eben angeführter Stelle. Lies 5. u. 8. C. an die Röm. Ich sehe, daß Du den Unterschied zwischen Sicherheit des Geistes und des Fleisches nicht bedachtest, und daß es bei Dir in dem Fundamente des Christenthums selbst mangelt, wenn Du jene Plumpheit wirklich mit Bedacht vorbringst. Wenn dem so ist, so bedauere ich Dich sehr und ermahne Dich, fleißig die heilige Schrift zu lesen.

Auch das ist eine Verläumdung, daß wir sagen sollen, die Auserwählten könnten den heiligen Geist nicht von sich stoßen. Ja sie verlieren sogar oft die größten Gnadengaben, sie erlangen sie aber durch Buße wieder. Denn sie fallen nie vollständig von Gott ab, so daß sie Feinde der erkannten Wahrheit werden, das ist, sie sündigen nicht gegen den heiligen Geist und fallen deshalb nicht derartig, daß sie endlich in ihren Irrthümern gegen die Grundlage des Glaubens oder in ihren Sünden gegen das Gewissen verharren. Auch macht sie diese Tröstung nicht sicher, weil sie sich nur auf jene ausdehnt, welche den Vorsatz haben, den Fall zu meiden und vor keiner Sache mehr Abscheu haben als vor der Beleidigung Gottes. Die Gottlosen verwickeln sich darum in Widerspruch mit teuflischen Sarcasmus, wenn sie sagen: Wenn ich auserwählt bin, thue ich was mir beleibt, weil es mir nicht schaden wird. Gott will ja, daß wir festhalten, daß wir erwählt seien. Dies aber können wir nicht ohne Buße. Alle Dinge wirken allen Jenen zum Guten mit, welche Gott lieben. Keine Verdammniß ist in denen, welche im heiligen Geiste wandeln. Sind diese zwei Theile verbunden, so schließen sie die Sicherheit aus. Wohl aber spornen sie uns an, fröhlich zu laufen in unsern Schranken jener Aufforderung gemäß: Machet eure Auserwählung fest. Jene hingegen breiten ihren Sünden ein Ruhekissen unter, die da erdichten, in ihre Hand sei es gegeben, die Buße anzunehmen und abzulehnen, so oft und wann sie wollen, und nach Belieben mit Gott ein Spiel zu treiben. Du sagst aber, ich wolle jene Prüfung, zu welcher uns die Gewißheit unsers Heils auffordert, ablehnen. Das ist des Teufels Sache.

Jene Aussprüche: „Wer ausharret bis ans Ende“ etc. und: „Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben“ etc. machen die Gewißheit des Heils nicht wanken, sondern sind Ermahnungen, durch welche Gott in jener Gewißheit uns erhält, indem er in uns den Eifer zur Frömmigkeit und Vermeidung der Sünden anregt. Eine ähnliche Verläumdung ist es, daß wir lehrten, die Menschen urtheilten über die Auserwählung a priori. Entweder stellen sie sich tückischer Weise unbekannt mit unserer Meinung, oder sie verstehen weder sich, noch uns. Wir urtheilen nach dem Erfolge, das ist, nach dem Glauben und der Buße über die Ursache, das heißt über die Auserwählung. Dies heißt a posteriori urtheilen. Du hast Recht, wenn Du Andere darunter verstehst, daß wir von Keinem vor seines Lebens Ende sagen können, ob er selig sein wird; aber verstehst Du darunter uns selbst oder das eigene Gewissen eines jeden Einzelnen und die Sicherheit über sich selbst, so ist das eine schwarze, gottlose, teuflische, gotteslästerliche Aeußerung. „Wer euch das gelehrt hat, der hat euch gelehrt wie ein Teufel, wenn er gleich ein Engel vom Himmel wäre.“ Ja, ich will Dir etwas Anderes sagen, wenn Du vor Deinem Lebensende nicht sicher gewesen bist, ob Du ein Erbe des ewigen Lebens bist, so wirst Du es nach diesem Leben nicht sein, „dafür Euch Gott behüte“. Denn der Glaube selbst ist diese Gewißheit, welche ist der Anfang des ewigen Lebens, den Alle in diesem Leben haben müssen, wenn sie nach demselben das ewige Leben haben sollen. Käme Dir als Begriffsbestimmung der ewigen Hoffnung in den Sinn, das diese eine Erwartung des ewigen Lebens wäre: „so würdet Ihr ein solches Ding nicht schreiben, darfür mir die Haare gen Berg gehen.“ Wollte ich doch nicht hunderttausend Welten nehmen, daß ich so weit von meinem Christus sein sollte, um nicht sicher zu wissen, ob ich sein wäre oder nicht. Das ist wahrhaft heidnisch; das ist ein Vorzimmer der Hölle. Daher ist es gut, daß Du es mit heidnischen Zeugnissen bekräftigst. Denn mit dem Worte Gottes stimmen diese Lästerungen nicht überein. Warum verfälschest Du so die Aussprüche der Schrift, daß Du die Stellen von der Furcht der Kinder, die i Hause bleiben, in die Furcht der Knechte umdrehest. Was ist das für ein Elend? Wie groß ist die Blindheit, mit den allgemeinen Verheißungen zu prunken und sich nicht selbst zu erforschen, ob man auch zu denen gehöre, von welchen die Verheißungen sprechen? Das heißt offenbar, im Menschen eine fleischliche Sicherheit und eine Larve des Glaubens bewirken, welche im Kampfe uns in Verzweiflung stürzt. Ich glaube nicht, daß Luther irgend Einen gelehrt hat, die allgemeinen Verheißungen so zu beschimpfen und zu besudeln. Es seiend lauter Teufelsgriffe, für denen Gott uns behüte. Doch der Briefträger ist da. Und ich habe die ganze Nacht unter großer Beschwerde auf diese Schrift verwandt. Lebe wohl. Ich bitte, mich mit solchen Disputationen nicht mehr zu belästigen. Lebe recht wohl! 2. Septbr. 1573

Quelle: Sudhoff, Karl - C. Olevianus und Z. Ursinus Leben und ausgewählte Schriften

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