Ursinus, Zacharias - Ueber zwei Fragen des Heidelberger Katechismus

Ursinus, Zacharias - Ueber zwei Fragen des Heidelberger Katechismus

Zur 66. Frage

In der Frage, was sind die Sacramente? wird dem Katechismus Schuld gegeben, daß er das Größte und Beste auslasse, nemlich: daß sie dasselbe, was sie lehren und bekräftigen auch übergeben, und mit sich bringen. Indeß der Katechismus macht aus den Sakramenten nicht solche Zeichen, die das, was sie bedeuten und als göttliche Unterpfänder bezeugen, nicht mit sich brächten, sondern wird vielmehr solches erklärt und bestätigt, indem sie göttliche Wahrzeichen und Siegel genannt werden. Denn Gott ist ohne Zweifel in seinen Sacramenten ebenso wahrhaftig wie in seinem Wort. Derhalben wird hier keineswegs geläugnet, daß die Sacramente signa exhibitiva sind, das ist solche Zeichen, wodurch die bezeichneten Gaben in ihrem rechten Gebrauch wahrhaft übergeben werden. Indeß thut es Noth, daß allzeit festgehalten werde, daß Gott uns seine Gaben durch die Sakrament nicht anders gibt, denn durch das Wort, nemlich denjenigen allein, die dasselbe, so das Wort den Ohren und das Sakrament den Augen verkünden, mit wahrem Glauben annehmen, und nicht anderer Gestalt und Meinung, denn daß durch das Wort der heilige Geist den Glauben wirket, welchen er durch die Sakrament als sichtbare und an die Verheißung gehängte Pfänder und Siegel erhält, mehret und bestätiget, durch welchen Glauben wir allein der Gnaden Gottes und aller himmlischen Güter theilhaftig werden. Wäre dem nicht also, so müßten Alle, die nur das Wort hören und die Sakramente gebrauchen, sie wären nun Gläubige oder Ungläubige, die verheißenen Wohlthaten Gottes empfangen, Simon der Zauberer sowohl als Paulus, welches weit gefehlet. Wenn darum die Sakrament Abzeichen und Zeugnisse der Verheißung oder der Gnade genannt werden, so wird ihnen nichts genommen, was die Schrift ihnen zuschreibst. Sondern es sind vielmehr irrige und abgöttische Gedichte, daß die Sakramente des alten und neuen Testamentes nicht einerlei Brauch haben, und die alten Sakramente nur bloße Zeichen und Vorbilder der unsichtbaren Gnade Gottes gewesen sein sollen, so doch einerlei Gnad allen Gläubigen in beiden Testamenten verheißen und gegeben wird im Wort und in den Sakramenten wie die Schrift mannigfaltig bezeugt, als Röm 4; 1. Cor. 10 etc. und alle alten Scribenten lehren. Der Unterschied ist allein dieser, daß die alten Sakramente auf das künftige, die neuen auf das geschehene Opfer Christi weisen, und derhalben klarer sind als jene, wie auch die Lehre und Verheißung. Item, daß die Sakramente des neuen Testamentes in einem anderen Verstand, und nicht eben darum sollen Mittel sein, durch welche uns Gott seine Wohlthaten mittheilet, daß er dadurch den Glauben wirket, wie auch durch das Wort, doch also, daß er durch das Wort angezündet und das Sakrament gemehret und gestärket werde. Solche Lehre ist der papistischen Meinung vom opus operatum ganz gleich und gewiß. - Christus selbst hat das Abendmahl ebensowohl zum Gedächtniß seiner Wohlthat verordnet, als die alten Sakramente, und weder die alten noch die neuen Sakramente sind leere oder bloße, sondern allen Gläubigen kräftige und wahrhaftige Gedenkzeichen und Zeugniß der Gnaden.

Zur 69. Frage

In der Taufe wird gerade so wie im Wort die Vergebung Allen angeboten; aber nur den Gläubigen widerfähret, applicirt oder zugeeignet wird, nicht anders denn durch den wahren Glauben, und ist daher die Application der Gnaden durch die Sakramenten nichts anders, denn eben diese Bezeugung und Bekräftigung des Glaubens, daß einem Jeden der glaubet und das Sakrament brauchet, die verheißene Gnade so gewiß widerfahre, als das sichtbare Sakrament. Solches ist klar aus angezogenen Orten, als: Johannes predigte die Taufe der Buße, nemlich, daß sich die sollten taufen lassen, welche Buße thäten zur Vergebung der Sünden, das ist nicht, daß ihnen alsdann erst die Sünde sollte vergeben werden - denn Alle, die Buße gethan, hatten schon die Vergebung vor der Taufe - sondern daß sie dadurch der empfangenen Vergebung versichert würden. Also auch von denen die Buße thaten, Apstlg. 2. Item von Paulo. Apstlg. 9, welcher ohne allen Zweifel schon gerecht und von Sünden gewaschen war durch seinen Glauben, ehe denn Ananias zu ihm kam, und dann noch zur Bestätigung sich taufen ließ. Deßgleichen die Worte Tit. 3: „Er macht uns selig durch das Bad der Wiedergeburt“ ohn öffentliche Stärkung des Gräuels papistischer Abgötterei, nicht anders denn von den Gläubigen und dieser Bestätigung des Glaubens, durch den wir selig werden, kann verstanden werden, laut der Einsetzung Christi: „Wer glaubt und getauft wird, soll selig werden.“ Derhalben so diese Bezeugung der Gnaden oder Bestätigung des Glaubens den (lutherischen) Censoren in den Sakramenten nicht ein Genügen thut, mögen sie zusehen, was sie für eine Austheilung der Sündenvergebung darin finden. Ein jeder Verständige sieht zwar wohl, daß es ihnen nun die Austheilung, wie sie es nennen, des Leibes Christi im Brod zu thun sei, welche auch ohne Glauben geschehen solle. Und ist doch wohl gerathen, daß sie nicht auch eine leibliche Austheilung der Vergebung in der Tauf gesetzt haben, wie des Leibs Christi im Abendmahl.

Quelle: Sudhoff, Karl - C. Olevianus und Z. Ursinus Leben und ausgewählte Schriften

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