Trudel, Dorothea - Zwölf Hausandachten gehalten in Männedorf - 1 Mose 15.

Trudel, Dorothea - Zwölf Hausandachten gehalten in Männedorf - 1 Mose 15.

1. Nach diesen Geschichten begab es sich, dass zu Abram geschah das Wort des HErrn im Gesicht, und sprach: Fürchte dich nicht, Abram; Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn. 2. Abram aber sprach: HErr, HErr, was willst du mir geben? Ich gehe dahin ohne Kinder; und mein Hausvogt hat einen Sohn, dieser Elieser von Damaskus. 3. Und Abram sprach weiter: Mir hast du keinen Samen gegeben, und siehe, der Sohn meines Gesindes soll mein Erbe sein. 4. Und siehe, der HErr sprach zu ihm: Er soll nicht dein Erbe sein; sondern der von deinem Leibe kommen wird, der soll dein Erbe sein. 5. Und Er hieß ihn hinaus gehen, und sprach: Siehe gen Himmel, und zähle die Sterne; kannst du sie zählen? Und sprach zu ihm: Also soll dein Same werden. 6. Abram glaubte dem HErrn, und das rechnete Er ihm zur Gerechtigkeit. 7. Und Er sprach zu ihm: Ich bin der HErr, der dich von Ur aus Chaldäa geführt hat, dass ich dir dies Land zu besitzen gebe. 8. Abram aber sprach: HErr, HErr, wobei soll ich‘s merken, dass ich‘s besitzen werde? 9. Und Er sprach zu ihm: Bringe mir eine dreijährige Kuh, und eine dreijährige Ziege, und einen dreijährigen Widder, und eine Turteltaube, und eine junge Taube. 10. Und er brachte ihm solches alles, und zerteilte es mitten von einander, und legte ein Teil gegen das andere über; aber die Vögel zerteilte er nicht. 11. Und das Gevögel fiel auf die Aase; aber Abram scheuchte sie davon. 12. Da nun die Sonne untergegangen war, fiel ein tiefer Schlaf auf Abram; und siehe, Schrecken und große Finsternis überfiel ihn. 13. Da sprach Er zu Abram: Das sollst du wissen, dass dein Same wird fremd sein in einem Lande, das nicht sein ist; und da wird man sie zu dienen zwingen, und plagen vierhundert Jahre. 14. Aber ich will richten das Volk, dem sie dienen müssen. Danach sollen sie ausziehen mit großem Gut. 15. Und du sollst fahren zu deinen Vätern mit Frieden, und in gutem Alter begraben werden. 16. Sie aber sollen nach vier Manns-Leben wieder hierher kommen, denn die Missetat der Amoriter ist noch nicht alle. 17. Als nun die Sonne untergegangen, und es finster geworden war, siehe, da rauchte ein Ofen, und eine Feuerflamme fuhr zwischen den Stücken hin. 18. An dem Tag machte der HErr einen Bund mit Abram, und sprach: Deinem Samen will ich dies Land geben, von dem Wasser Ägyptens an bis an das große Wasser Phrath: 19. Die Keniter, die Kinisiter, die Kadmoniter, 20. Die Hethiter, die Pheresiter, die Riesen, 21. Die Amoriter, die Kanaaniter, die Gergesiter, die Jebusiter.

Vers 1-4. Nirgends finden wir besser aufgezeichnet, was Glauben heißt, als in der Geschichte. Abrahams. - Wir möchten alle Abrahams Kinder sein; aber viele gehören zu denen, von welchen Jesus sagt: Sie nennen sich Abrahams Kinder und sind es nicht; denn sie sind Lügner und Kinder des Vaters der Lügen. Nur die sind wirklich Abrahams Kinder, in denen kein Falsch ist, die nur dem HErrn zur Ehre leben und sein Bild an sich tragen.

Wir wissen, dass es ausdrücklich in der Bibel heißt, alle müssen neue Namen und neue Zungen haben und vom heiligen Geist gezeugt sein, sonst gehören sie nicht zu dem auserwählten Volk des HErrn. Das bloße Abstammen von Abraham nützt nichts, wenn wir nicht auch im unbedingten Gehorsam wandeln können, wie Abraham vor Gott gewandelt hat. Abraham hatte noch seinen alten Namen, Abram; und doch sprach Gott zu ihm: „Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn.“ Sollte Gott denn uns Kindern des neuen Bundes weniger köstliche Verheißungen geben? Dem Abraham wollte Er Schild und Lohn sein; uns aber will Er Vater sein, und wir sollen seine Kinder werden durch Jesum Christum, unseren erstgeborenen Bruder. Es kommt nur darauf an, dass wir glauben und nicht zweifeln, so wie Abraham es machte, der es unbedingt glaubte, dass der HErr ihm noch in seinem Alter einen Sohn schenken wolle aus dem bereits erstorbenen Leib der Sarah. Abraham wollte es nicht empfinden und nicht fühlen; er glaubte einfach der Verheißung Gottes, und somit wurde ihm sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet. Wenn wir einen Brief bekommen von einer uns sehr lieben Person, so glauben wir alles, was sie uns schreibt, ohne es zu fühlen. Warum machen wir es mit dem Wort Gottes nicht ebenso, das für uns doch ein Brief und Testament von unserem treusten Freunde, vom Vater im Himmel ist? Wahrlich, Abraham wird uns einst alle beschämen mit seinem Glauben; er erwartete den Messias und starb im Glauben an sein Heil. Für uns aber ist Christus bereits seit 1800 Jahren geboren, gestorben und auferstanden, und dennoch wollen wir es nicht glauben und annehmen. Nicht Geschrei, nicht verzweifeltes Beten wandte Abraham an; er glaubte kindlich seinem Gott und fragte nur: „HErr, was willst du mir geben, und woran soll ich es erkennen, dass du mich und meine Nachkommen so segnen willst?“

Vers 5. „Zähle die Sterne des Himmels,“ war die Antwort. Abraham sagte darauf nicht: „Das sind zu viel Sterne, so groß kann mein Same nicht sein;“ nein, er baute felsenfest auf seinen Gott, obwohl es noch Jahrhunderte dauerte, ehe diese göttliche Verheißung sich ganz erfüllte. So müssen auch wir Kinder des neuen Bundes einen lebendigen Glauben haben, und nicht nur einige Verheißungen aus Gottes Wort herausnehmen und auf uns anwenden; nein, die ganze heilige Schrift von Anfang bis zu Ende ist von Gott selbst eingegeben und nütze zur Lehre, Strafe und Besserung des Lebens. Wir müssen aber vom HErrn selber gelehrt sein; sein Geist allein kann unsere von Natur verkehrten, durch das Gift der Sünde total verderbten Herzen in alle Wahrheit leiten. Wir dürfen nicht mehr geizige, zornige, hochmütige Geschöpfe sein, sondern der Herr Jesus muss aus uns Kindern des Zorns, aus Höllenbränden, durch seine Liebe und Gnade Lammsnaturen, sanfte und demütige Wesen gemacht haben. Ausgeleert und ausgeräumt von allem eigenen und fremden Wesen müssen wir sein als Gefäße seiner Gnade; denn der HErr kann nicht in uns wohnen, so lange wir voll Raubes und Fraßes sind. Verhindern wir aber den HErrn durch Unglauben an seiner Arbeit an uns, so ist nicht Er Schuld daran, sondern wir selbst, dass Ihm der Weg zu unseren Herzen versperrt wurde. Denn Jesus will nicht des Sünders Tod, sondern dass alle sich bekehren und leben. Deshalb lässt Er uns immer wieder zu sich einladen durch sein Evangelium von der freien Gnade, und ruft so oft in unser Herz hinein: „Kommt, es ist alles bereit. Mein Herz ist euch Sündern geöffnet.“ O, lasst den HErrn doch nicht so oft und vergeblich bei euch anklopfen; geht heute noch zu Ihm, ihr wisst ja nicht, ob ihr es morgen noch könnt.

Vers 7. Gott verheißt dem Abraham, ein Land zu geben, das er noch nicht gesehen hatte, und er glaubt es zum Voraus. So sollen auch wir fest und sicher glauben, dass Gott uns führen wird in ein Land der ewigen Ruhe, unser künftiges Vaterland, welches Er verheißen hat allen Denen, die Ihn lieben und seine Gebote halten. Ehe wir aber zur Ruhe kommen, muss Jesus uns zuerst völlig säubern von allem Unrat der Sünde, von aller Eigenliebe, von allem Eigenwillen und Hochmut; wozu Er sich am liebsten solcher Leute bedient, die uns recht Verlegendes und Unangenehmes sagen müssen. Wenn dann noch unsere Nerven aufgeregt werden und wir noch den Menschen zürnen können, welche doch der HErr zu unserer Erziehung verordnet hat, dann sind wir noch nicht gestorbene Leute, dann lebt in uns noch die alte Adamsnatur, von der es heißt: „Zieht aus den alten Menschen.“ Da bin ich durchaus nicht barmherzig, wo es sich darum handelt, dem Teufel den Dienst aufzukünden und Jesu nachzufolgen. Auch mache ich keine schonenden Krankenbesuche und erfülle den Kranken nicht alle ihre Wünsche und Launen, aus Furcht, sie nicht aufzuregen; nein, werden sie aufgeregt, so sieht man doch, wo es ihnen fehlt, und dann kenne ich Einen, der Sturm und Wellen zur Ruhe brachte, und auch ein tobendes Menschenherz besänftigen kann. Nicht gleich von vorne herein müssen wir Öl in solche kranke Herzen bringen und sie verbinden wollen mit dem Trost des Wortes Gottes; nein, erst muss Wein und Salz in die Wunde, damit alles Wilde und Kranke herausgefressen werde. Dann erst können wir Linderung bringen.

Vers 9. Aus dem ganzen Wort Gottes sehen wir, dass der HErr seinen Kindern befahl, was sie tun sollten, und sie durch Darbringung von genau vorgeschriebenen Opfern zum Gehorsam anhielt. Und wir wollten dann noch eigene Wege gehen? Nein, auch wir müssen Gott Opfer bringen, die Ihm wohlgefallen: nicht Tauben, Widder usw., sondern unser sündiges Herz, wie es ist, das Er selbst reinigen wird. Zwar putzt der HErr das Herz nicht immer so behutsam aus, wie wir es wünschen, wie etwa mit einem Schwamm, sondern Er macht es ganz, wie Er will, und oft wendet Er scharfe Werkzeuge an, um den Sündenrost aus dem Herzen zu entfernen; und wenn es auch wehe tut, so ist es doch nur Liebe.

Vers 12. Jesus ist zu uns gekommen, da wir in Finsternis und Schatten des Todes saßen, und hat uns das helle Licht gebracht. Was haben wir also anders zu tun, als Ihn aufzunehmen und von seinem Licht unsere Finsternis erleuchten zu lassen? Der HErr hätte gerne das Volk Israel ohne Umwege in das Land der Verheißung gebracht; aber Er sah ihre Widerspenstigkeit voraus, und keiner von Jenen durfte in das Land hinein, weil Gott geschworen hatte, sie sollen nicht zu seiner Ruhe kommen. Hätte das Volk von ganzem Herzen Buße getan, und wäre es umgekehrt zum HErrn, statt fremden Göttern zu dienen, so hätte der Fluch Gottes auch für sie noch in Segen sich verkehren müssen. Ebenso macht es Gott mit uns: wenn wir umkehren von unserem bösen und verkehrten Weg, so gibt Er uns statt des Fluches der Sünde Gnade und ewiges Leben wegen des Erlösungsblutes Jesu Christi. Aber nur in Christo und durch Christum, durch sein blutiges Verdienst, das wir im Glauben ergreifen, können wir gerettet werden; sonst gibt es keine Rettung. Ewiges Verderben wäre unser Teil. - Denn es ist in keinem Andern Heil, es ist auch kein anderer Name den. Menschen gegeben, darinnen sie können selig werden, denn allein der Name Jesu Christi.

Vers 18. Gott macht einen Bund mit uns, nicht wir mit Ihm, sonst stünde es traurig um uns; tausend Mal würde derselbe zerreißen, wenn wir von Gott abirrten. Denn Er, der Heilige, kann nicht mit uns Gemeinschaft haben, wenn wir Ihn verlassen, der Sünde dienen und unheilig leben. Es gibt keinen Mittelweg; entweder Gottes Freund oder sein Feind, entweder in Gottes Gemeinschaft, oder von Ihm getrennt ewiglich. Wenn uns einmal die Geistesaugen geöffnet sind, so sehen wir im schönsten Licht Gottes Liebe, die uns nachging, uns zu retten, von Anfang der Welt her. Auf der einen Seite des Bundes steht Gottes Liebe, uns tragend vom ersten Augenblick unseres Lebens an, und auf der anderen Seite erblicken wir unsere durch und durch verdorbenen, durch die Sünde schwarz wie Kohle gebrannten Herzen. Und dennoch schlägt Gottes Vaterherz, das uns nicht kann verloren gehen lassen! Als ich meine Schwärze und meine Nichtswürdigkeit so recht erkannte, und zu fassen vermochte, wie großes Erbarmen mir der HErr erzeigt hatte, dass ich Höllenwurm nicht im ewigen Feuer schmachten müsse, da trieb es mich, mein ganzes Leben dem HErrn hinzugeben und Ihm an unsterblichen Seelen zu dienen für die unermessliche Gnade und Hirtentreue, mit der Er mich geleitet hatte. Und wenn ich tausend Leben hätte, so tauschte ich mit keinem Fürsten dieser Welt, nachdem ich erfahren, wie selig es ist, allein dem HErrn zu dienen. Ich verlange kein Glück der Welt, nicht Bequemlichkeit zieht mich an, - nein, das Allerliebste ist mir ein Haus voll armer Sünderseelen, die nach Befreiung und Erlösung schmachten. Das ist mir die beste Erholung. Lieber will ich in Armut und Einfachheit einhergehen und armen gebundenen Seelen dienen, als mich in Samt kleiden und alle Bequemlichkeit haben. Nicht Ehre von Menschen verlange ich für mich, alles gebührt Ihm, der mich erlöst hat aus Ketten und Banden der Sünde und hindurchgeführt zur wahren Freiheit. Nicht halb, sondern ganz müssen wir dem HErrn dienen; nicht so bald Er uns ergriffen hat das Handwerk niederlegen und fortlaufen, um Missionare und Diakonissen zu werden. Manche von denen, die es also machen, treibt sicherlich nicht eine wahre, brennende Liebe zu Jesu und zu armen Sündern, sondern sie hätten nur gerne einen neuen Beruf, damit ihnen die Leute auch von außen ihre Frömmigkeit ansehen. Aber wehe denen, die im eigenen Treiben und eigenen Willen fortlaufen und sich nur vom schwarzen Rock und der weißen Haube verlocken lassen, statt dass Jesus sie gerufen hätte! Wenn sie in eigenem Trieb und unberufen gehen, so ist von Bekehrung bei ihnen gar keine Rede. Es ist mir der heiligste und entschiedenste Ernst, es euch zu sagen: sie gehen nicht der Seelen wegen, sondern im eigenen Geist, und wenn sie auch beten können, so hängen sie doch nur am Diakonissenwesen, statt an Gott. Alles verkaufen und Jesu nachfolgen, verlangte der HErr vom reichen Jüngling. Das ist mir eine schöne Verleugnung, wenn eine Magd ihre Wassergelte hergeben kann, die sie nicht tragen mag und gerne mit besserem vertauschen möchte, oder wenn eine Weberin ihren Webstuhl verlässt, um besser versorgt zu werden; das ist mir eine schöne Überwindung! Ein Reicher verließ einst all seinen Reichtum und ging nach N. ins Missionshaus, um dort dem HErrn zu dienen; aber er wurde nicht angenommen, denn der HErr hatte ihn noch nicht gerufen. Er war Gerber. Nun sagte er zum HErrn, er wolle zu einem Meister seines Handwerks gehen, dessen Familie als eine der ruchlosesten bekannt war, und so nur eine einzige Seele aus dieser Familie bekehrt würde, so wolle er es als einen Ruf zur Mission ansehen. Und was geschah? Er konnte für diese gottlose Familie, bei der er war, so recht beten, und nicht nur eine Seele, die ganze Familie wurde bekehrt! Nun konnte der HErr ihn brauchen; er wurde als Missionar aufgenommen und arbeitet in großem Segen. Erst müssen bei uns selbst die fremden Völkerschaften vertrieben sein; erst müssen wir selber die Not der Sünde erkannt und beim HErrn Trost und Errettung gefunden haben; erst selbst Glauben und Liebe üben: dann können wir auch anderen predigen und ihnen aus dem Tode zum Leben verhelfen. Der HErr schenke uns diese Gnade, damit Er uns alle zum Segen setzen kann.

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