Thomas von Kempen - Buch 3 - Kapitel 4

Thomas von Kempen - Buch 3 - Kapitel 4

Daß man in der Wahrheit und Demuth vor Gott wandeln soll.

1. Sohn, wandle vor mir in Wahrheit und in Einfalt des Herzens suche mich allezeit.

Wer vor mir in der Wahrheit wandelt, wird sicher sein vor bösen Anfällen und die Wahrheit wird ihn befreien von Verführern und von den Verläumdungen der Gottlosen.

Wenn dich die Wahrheit frei gemacht hat, wirst du wahrhaft frei sein und dich nicht kümmern um das eitle Geschwätz der Menschen.

Herr, es ist wahr: Wie du sagst, so fleh’ ich, daß es mit mir geschehe. Deine Wahrheit lehre mich; sie behüte mich und bewahre mich bis zum seligen Ende.

Sie befreie mich von jeder bösen Begier und jeder unordentlichen Liebe und ich werde wandeln mit dir in großer Freiheit des Herzens.

2. Ich will dich lehren, spricht die Wahrheit, was recht ist und wohlgefällig vor mir.

Bedenke deine Sünden mit großem Mißfallen und Herzeleid und wähne nie, daß du um guter Werke willen etwas seiest. Du bist fürwahr ein Sünder und von vielen Leidenschaften beherrscht und umstrickt.

Von dir selber trachtest du immer dem Richtigen nach; du fällst schnell, wirst schnell besiegt, schnell beunruhigt, schnell zerstreut.

Du besitzest nichts, dessen du dich rühmen dürftest, aber Vieles, um dessentwillen du dich gering achten mußt; denn du bist viel schwächer, als du begreifen magst.

3. Darum scheine dir nichts groß von Allem, was du thust.

Nichts dünke dir wichtig, nichts werthvoll und bewunderungswürdig, ja nicht einmal des Namens werth; nichts erhaben, nichts löblich und wünschenswerth, als was ewig ist.

Es gefalle dir über Alles die ewige Wahrheit; es mißfalle dir allezeit deine übergroße Unwürdigkeit.

Nichts fürchte, tadle und fliehe so sehr, als deine Fehler und Sünden, welche dir mehr mißfallen sollen, als aller zeitliche Verlust und Schaden.

Einige wandeln nicht aufrichtig vor mir, sondern wollen aus Vorwitz und Vermessenheit meine Geheimnisse wissen und die Tiefen der Gottheit ergründen, versäumen aber dabei sich und ihr Heil.

Diese fallen oft in große Versuchungen und Sünden wegen ihres Stolzes und Vorwitzes; denn ich bin wider sie.

4. Fürchte die Gerichte Gottes, erzittere vor dem Zorne des Allmächtigen. Maße dir nicht an, die Werke des Allmächtigen zu ergründen, sondern erforsche lieber deine Missethaten und siehe zu, wie viel Böses du gethan und wie viel Gutes du unterlassen hast.

Manche tragen ihre Andacht blos in Büchern, Manche in Bildern, Manche aber in äußern Zeichen und Stellungen. Einige haben mich im Munde, aber wenige im Herzen.

Es gibt Andere, die erleuchtet im Verstande und gereinigt im Herzen, allzeit nach dem Ewigen ringen, von irdischen Dingen ungern hören, den Bedürfnissen der Natur nur mit Betrübniß dienen und diese fühlen, was der Geist der Wahrheit in ihrem Innern spricht.

Denn er lehret sie das Irdische verachten und das Himmlische lieben, die Welt verschmähen und Tag und Nacht sich nach dem Himmel sehnen.

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