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Tauler, Johannes - Zitate

Tauler, Johannes - Zitate

Auf, meine Seele, auf Alle, die ihr durch das theure Blut Christi erlöset seid, laßt uns mit brünstiger Andacht unter den schönen Baum des Kreuzes treten, der so liebliche Früchte des Lebens trägt. Laßt uns Himmel und Erde und Alles, was darinnen ist, aufrufen, um Gott zu loben und zu danken. Lasset uns sprechen: Preiset mit mir den Herrn, denn er hat Wunder gethan unter uns; lobet und rühmet mit mir den Herrn, denn seine Barmherzigkeit ist groß über uns! O Engelgeister, kommet mit mir auf den Berg Golgatha, sehet euren König auf seinem Throne. O ihr Alle, die ihr Christi Glieder sein wollt, ich bitte euch mit weinenden Augen, schauet doch euren Erlöser an, wie er an dem hohen Kreuzespfahl hängt. Sehet die Größe seines Schmerzes, erkennet den Greuel eurer Sünden und rufet mit wehmüthiger Stimme: O Jesu, unsere Liebe und einiges Verlangen, welche Güte hat Dich bewogen, unsere Missethat zu tragen und uns vom Tode zu erlösen, ja vom ewigen Tode?1)


Zwar hatte das Feuer, welches der himmlische Vater in seinem Sohne der Erde gab, schon lange gebrannt, aber das Holz des Kreuzes brachte ihm neue Kräfte. Das Oel der Barmherzigkeit, welches hier hinzukam, steigerte seine Gluth, und die Schmähworte und Lästerungen der Juden drangen gleich einem heulenden Sturmwinde heran, der die Flamme bis gen Himmel emporschlagen ließ. Siehe, da ward selbst das kalte Herz des Schächers entzündet. Den Wirkungen einer solchen Liebe konnte er nicht länger widerstehen, inniges Mitleid ergriff ihn, und in laute Wehklagen brach er nicht über sein, sondern über des Herrn unschuldiges Leiden aus.2)


Ach wer sollte ohne herzliche Bewegung, ohne Betrübniß und Mitleiden das holde Angesicht Christi anschauen können, wie es erblaßt und in ein jämmerliches Todesbild verwandelt wird, wie die Augen brechen und von Thränen quellen, wie das Haupt sich neiget. O laßt uns doch Mitleiden mit ihm haben, er ist ja unser Fleisch und Blut, und die Sünden, welche ihn so schmählich tödten, sind nicht sein, sondern unser. Stehet still Alle, die ihr bisher mit lauem und kaltem Herzen an dem Kreuze vorübergegangen seid, und wenn euch die grausame Marter, die bittern Thränen, das heiße Blut Christi, das wie Wasser ausgeschüttet worden, nicht hat rühren können, so lasset doch wenigstens das starke Geschrei eures Heilandes euer Herz verwunden und durchdringen. Lasset die Stimme, vor der Himmel, Erde und Hölle erzittern, die Felsen zersprengt, Gräber aufthut, Todte erweckt, auch eure steinernen Herzen zerbrechen und die Gräber eures bösen Gewissens eröffnen. Das ist die Stimme, die dort im Paradiese gesprochen: Adam, wo bist Du? Das ist die Stimme, die an Lazarus Grabe rief: Lazare, komm heraus!3)


Mensch, du bist nicht von dir selbst entsprungen, sondern von dem ewigen und allmächtigen Gott, der dich erschaffen hat nach seinem Ebenbilde. So hast du auch den ewigen Sohn Gottes zu einem Erlöser, der dich mit seinem sehr bittern und schmachvollen Tode dem Rachen der Hölle entrissen hat. Dieser dein Gott und Schöpfer, ja dieser dein Erlöser und Heiland sucht dich jetzt. Obwohl er deiner nicht bedarf, sorget er nach seiner unaussprechlichen Gnade und Barmherzigkeit für dich viel treuer und viel lieber, als du es glauben kannst. So verzage nun nicht deiner vielen und großen Sünden wegen; sondern seufze aus Herzensgrunde zu ihm; er will ein zerknirschtes und zerschlagenes Herz nicht verachten.4)


Es läßt sich nichts erdenken, was den Menschen so innig mit Gott vereinigte, als das süße Band der Liebe. Wer den Weg der Liebe gefunden hat, suchet keinen andern Weg. Wer an diese Angel recht gebissen hat, der bleibt auch gern daran, und bringt Hände und Füße, Augen und Ohren, Herz und Gemüth und Alles Gott zum Opfer. Darum stehet auch geschrieben: Die Liebe ist stark wie der Tod, hart wie die Hölle. Denn gleichwie der Tod die Seele vom Leibe scheidet, so scheidet. die Liebe alles Ungöttliche von sich aus. Wer in diesen Liebesbanden gehet, ja wer in diesem Kriege der Liebe gefangen genommen worden, dem gilt Alles gleich, was er thut; weiß er nur, daß sein Werk Gott gefällig ist.5)


Jeder gute Mensch ist der Himmel des Allmächtigen Gottes. Auch die Bösen tragen den Himmel in sich herum, aber sie kommen nicht bis in ihn hinein.6)


Die Biene schafft keinen Honig, so lange sie auf den Blumen ruht.7)


Wenn du Alles verläßt, was Gott nicht ist, und Gott allein anhangest, so muß Gott sich selbst, und alle Dinge, die nicht dein waren, dir eigen geben, und so kann aus nichts, etwas, aus einem Armen, ein Reicher werden.8)


So viel ihr in allen Dingen aus euch selbst ausgeht, so viel, und nicht mehr und nicht weniger, geht Gott mit seinem Reichthume in euch ein, denn soviel du dir selbst abstirbst, so viel lebet Gott in dir, darum laß es dir Alles, was es immer seyn mag, kosten; so und nicht anders findest du den rechten Frieden.9)


Bist du gleich bald an diesem, bald an jenem Orte, meinst und liebst aber Gott in allen Dingen, so kann dich Niemand an Gottes Vergegenwärtigung hindern. Wem Gott nicht so gegenwärtig ist, der muß ihn von Außen nehmen und suchen. Geräth er dann in ungleiche Gesellschaft, Geschäfte, Städte: so wird er leichtlich gehindert, denn er hat Gott nicht gegenwärtig. Sucht er aber nicht allein - Gott, sondern auch sich selbst mit Gott in allen Dingen: so hindert ihn nicht allein die Gesellschaft der bösen, sondern auch hie und da die Gesellschaft guter Menschen, und nicht allein die Straße, sondern auch die Kirche. Denn das Hinderniß ist in ihm, und Alles, was er unordentlich liebt, hindert ihn - Gott ist ihm noch nicht Alles in Allem geworden.10)


Der Eigenwille ist ärger, als der Teufel, denn er hat den Teufel gemacht.11)


Ein Gott ergebner Wille macht alle Werke gut, denn es ist die gute Quelle, aus der nur gute Abflüsse kommen.12)


Wer den Willen hat, zu suchen, hat Mittel genug, zu finden.13)


Der gute Wille haßt nur das wahrhaftige Böse, liebt nur das wahrhaftige Gute, wo er's findet - wenn er's auch an dem Teufel fände, sieht nicht auf Person, Zeit, Ort, Rede, äußere Werke. Nicht die Rinde, sondern die Wurzel und den Saft - die Früchte will Er.14)

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