Tauler, Johannes - Siebenundzwanzigster Brief.

Tauler, Johannes - Siebenundzwanzigster Brief.

Daß wir in rechter Gelassenheit das Kreuz unsers Herrn tragen sollen.

In Christo Jesu liebe Kinder! Alle Unordnung des innern und äußern Menschen wird geordnet in Gelassenheit seiner selbst unter Gott in allen seinen Urtheilen und Verhängnissen. Ja, dieser gelassene Mensch wird in dieser Gelassenheit Gott geopfert und ausgetragen von allen Creaturen in das unbegreifliche Gut, das Gott selbst ist. Darum nehme deiner selbst wahr, und dessen, was Gott von dir haben will, und des Kreuzes, in dem dich Gott bereiten will nach seinem liebsten Willen, daß du die Klause deines Herzens würdig besitzen könnest in einem Gebrauchen deines Gottes, hier in der Zeit und dort in Ewigkeit; denn je bitterer das Kreuz ist, desto edler und freudiger wird darnach die Auferstehung des Menschen in Gott. Hüte dich vor besonderer Weise an auswendigen Dingen und vor allen Einfällen, die dich betrüben oder verwirren, denn sie sind alle von dem Feinde. Sey auch willenlos in allen Dingen, so bist du recht ein armer Mensch, hättest du auch alles Gut auf Erden. Laß dich dem Kreuze, das dir Gott gegeben hat, es sey in der Klause, im Kloster, in dem Ehestand, wo du bist. Das ist dir nützlicher und bereitet dich mehr zu Gott, denn alle Predigten, die alle Meister je gepredigt haben. Unterwirf dich der gewaltigen Hand Gottes, denn er hat gesprochen: Ohne mich könnt ihr nichts thun! Laß dich Gott und leide sein Werk, und halte deinen Leib in rechter Ordnung, in Essen, in Trinken und in Schlafen, nach Nothdurft; anders verlierst du in der Wahrheit Gott, deinen Leib und deine Seele. Auswendige oder innwendige Uebung, welche die Natur entschickt oder verdirbt, übe mit Maß, daß Gott Ruhe in dir finden könne; hast du aber das Kreuz des innwendigen Gedränges mit unordentlicher Liebe zu Creaturen, so mangle und dargegen Gott die Gegenwart der Creatur, sie sey, wer sie wolle, oder wie heilig sie dir dünkt, es sey Freund oder Verwandter, Frau oder Mann; denn die Natur ist so schalkhaft und klebrig, daß es ein Jammer ist.

Fliehest du also, so wird aus deinem Gedränge eine fruchtbare Freude des friedsamen Gewissens, und aus dem Kreuze eine Frucht des Heiles. Die Gewalt des Vaters müsse dich erfassen, die ewige Weisheit des Sohnes müsse dich enthalten, die Liebe des heiligen Geistes müsse dich in sich schließen in Christo Jesu. Amen.

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