Steinmetz, Johann Adam - Von der Versiegelung der Gläubigen mit dem heiligen Geist - Vorwort.
Der berühmte Steinmetz, der Sohn eines schlesischen Predigers, wurde am 24. September 1689 zu Groß- Kniegnitz geboren und erhielt in der Taufe den Namen Johann Adam. Von frühe an wurde er zu dem Herrn seinem Erlöser durch die treuen Eltern hingewiesen Mit der größten Hingebung arbeitete der Vater an der Bildung seines Geistes und Herzens. Der Geist Speners waltete im elterlichen Hause. Der zehnjährige Knabe gab in seinem Wandel, namentlich auch durch seinen Eifer zum Gebete, Zeugniß von den kräftigen Zügen des heil. Geistes. Um diese Zeit trat auch ein Hauslehrer dem erziehenden Vater zur Seite. Die großen Fähigkeiten des Knaben machten ihren beiden den Unterricht leicht. Neben überraschenden Fortschritten gehen aber auch die unverkennbaren Führungen, Behütungen und Förderungen Gottes her, so daß Alles zusammenkam, um einen eben so gesalbten als befähigten Diener des Herrn zu schaffen. Auf dem Gymnasium sind dem jungen Steinmetz neben den Classikern Arnds Buch von dem wahren Christenthum und Speners Schriften die liebsten Gefährten.
Im Jahre 1710 bezog er die Universität Leipzig. Hier vollendete er zunächst seine classische Ausbildung und trieb das Studium der großen Kirchenväter der fünf ersten Jahrhunderte der Christenheit mit außerordentlichem Fleiße. An dem Dr. Gottfried Olearius findet er einen eben so frommen als gelehrten Führer in das Studium der Gottesgelehrsamkeit. Bezeichnend für diesen Mann ist sein Ausspruch: „Wer nicht die Gnade von Gott erbeten, bei dem theologischen Studium Kopf und Fragen zu lassen, der sollte davon bleiben.“ Steinmetz war ein Studiosus der Theologie in diesem Sinne. Der Eifer, die göttliche Wahrheit der Offenbarung ganz in sich aufzunehmen, zu erforschen und zu vertheidigen, verzehrte ihn. Aber bei alledem übte er die kindlichste Frömmigkeit, lebte mit der hingebensten Liebe in der Kirche, ließ sich nur von dem heil. Geiste allewege leiten und treiben und blieb anhaltend im Gebete. So wurde er im wahrsten Sinne des Wortes ein Gottesgelehrter. Zum ersten Male predigte er zu Molwitz bei Brieg. Er ergriff die dortige Gemeinde so, daß diese fortan von dem Wunsche beseelt blieb, Steinmetz zu ihrem Prediger zu erhalten. Eine förmliche Berufung gelangte dieserhalben an ihn. Erst aber, nachdem von vielen Seiten in ihn gedrungen und im Gebete Gewißheit erlangt war, solcher Schritt sei dem Herrn gefällig, nahm er an. Es war im Jahre 1715, daß er mit großer Freudigkeit das Predigtamt zu Molwitz übernahm und dasselbe bis zu dem Jahre 1717 verwaltete. Nacheinander war er dann Pfarrer in Toppliwode, Ober-Prediger und Inspector zu Teschen, Superintendent und erster Prediger zu Neustadt an der Aisch, Abt des Klosters Bergen, Consistorialrath und Generalsuperintendent im Herzogthum Magdeburg (1732 - 1762). Steinmetz starb 10. Juli 1762. „Ich weiß an meinem Theile am besten, was für überschwengliche Gnaden und Barmherzigkeit mir armen Sünder widerfahren ist. Das soll mein Leichentext sein.“ Dieß ist einer seiner letzten bemerkenswerthen Aussprüche. Welch reichen Segen der Herr auf diesen treuen, hochbegabten Diener legte, kann hier in der Kürze nicht geschildert werden. Wie viel göttliche Erkenntniß und Trost seine Schriften verbreitet haben, davon zeugten unzählig Viele. Was er der gläubigen Christenheit ist und bleiben wird, das tritt uns in folgenden Zeugnissen entgegen.
Der gefeierte Bogatzky dichtete auf ihn die Strophen:
„Hier wiesest du das Volk stets zur Gerechtigkeit,
und gabest jeglichem das ganze Heil und Kleid.“
Hierzu bemerkte der treue Mann: Es hat der erfahrene Herr Abt mehrentheils schriftlich und mündlich bezeugt und gewünscht, daß doch die Lehrer möchten beständig die rechte Heilsordnung treiben, damit die Seelen nicht nur ein und anderes Stück der göttlichen Wahrheit, sondern den ganzen Rath Gottes von ihrer Seligkeit verstehen lernten, und wie auch der selige Herr Professor Franke schreibt, das ganze Kleid bekennen. - Es geschieht aber gar oft, daß manche auch gut meinende Lehrer wohl viel gute Lehren und Ermahnungen geben, und für manche Zuhörer erbaulich predigen, aber nicht die Heilsordnung genug treiben, nicht auf eine wahre Bekehrung und neue Geburt erst dringen, sondern so reden, als wenn schon Alle gläubige und wiedergeborene Christen wären, da doch in allen Gemeinden und Kirchen die meisten Menschen noch unbekehrt sind, und also oft nicht einmal verstehen, was ein Prediger sagt, weil sie solches mehr für wahre Gläubige, als unbekehrte Menschen gehört. Die Predigt von dem gekreuzigten Christo ist der bloßen menschlichen Vernunft und Klugheit eine thörichte Predigt; aber vor Gott doch göttliche Weisheit und Kraft.„ .
Der theuere Generalsuperintendent Hähne dichtete auf Steinmetz:
„Er ruhet sanft in seines Jesu Armen,
Genießt erst recht das geistliche Erbarmen,
So ohnedem sein Element hier war.“
Derselbe bemerkt hierzu: „Wer den nunmehr selig vollendeten Herrn Abt Steinmetz etwas genauer gekannt, wird mir Beifall geben, das, freie, göttliche Erbarmen . sei sein Element, d. h. die Sache, worin und wovon seine Seele lebte, gewesen. Wenn ein Vogel in freier Luft und ein Fisch im vollen lauteren Strome sich befinden, dann sind sie in ihrem Elemente. - Ich bin ehedem 14 Jahre im Kloster Berg, um diesen theueren Knecht Jesu gewesen. Ich habe ihn vor Kurzem gesehen und gesprochen. Soll ich schreiben, was ich gesehen, was ich wahrgenommen habe, so kann ich mich kurz und gut darüber ausdrücken: Der Herr Abt Steinmetz lebte in dem freien und göttlichen Erbarmen als in seinem Elemente. Darin fand er Weide, Freude und ein seliges Wohlleben seines Geistes.“
Ein eigenthümliches Zeugniß gibt dem Seligen auch der alte Dessauer, des großen Friedrichs großer Held. Er besänftigte den, wegen Steinmetzens Widerstand gegen die Anstellung eines Tanzmeisters zu Bergen aufgebrachten König mit den Worten: „Ew. Majestät, lassen Sie diesen alten ehrlichen Mann. Es werden wenige Siege sein, die er nicht auf seinen Knieen für Ew. Majestät erbeten hätte. Mir hat er einmal in einer Predigt so bange in meinem Herze gemacht, daß ich's mein Lebenlang nicht vergessen werde.“
Ueber das vorliegende Wert bemerken wir nur, daß es von jeher für eines der ausgezeichnetsten und gesegnetsten des vollendeten Dieners Christi gehalten worden ist. Die Ueberzeugung, daß es berufen sei, auch der Christenheit unserer Tage reichen Gnadensegen zu spenden, hat uns zur Herausgabe desselben bestimmt. Wir wüßten auch kaum ein Werk in der gegenwärtigen Literatur, welches gerade den Dienst zu leisten im Stande wäre, wofür sich dasselbe in so ausgezeichneter Weise eignet. Der Herr der Kirche walte, daß es reiche Früchte unter uns schaffe.