Spurgeon, Charles Haddon - Ein Brunnen lebendigen Wassers - Das Tote Meer unserer Zeit und die lebendigen Wasser.

Spurgeon, Charles Haddon - Ein Brunnen lebendigen Wassers - Das Tote Meer unserer Zeit und die lebendigen Wasser.

Gehalten am Sonntagmorgen den 19. Juli 1885.1)

“Da sollen dieselben Wasser gesund werden.“
Hes. 47, 8.
„Die Wasser sollen geheilt werden.“ (N. d. engl. Übers.)

Hesekiels Gewand ist Sturm und Ungewitter, und sein ganzes Buch gleicht dem schrecklichen Kristall“ an Glanz und an Geheimnis. Dennoch gibt er uns oft Gesichte von ungemeiner Tröstlichkeit. Wer, zum Beispiel, kann ohne Freude von jenem zarten Reis der Zeder lesen, das Gott auf den hohen Berg Israels pflanzen wird und welches so wachsen soll, dass Vögel aller Art in seinen Zweigen wohnen werden? Sind wir nicht alle froh, dass was auch aus den Einrichtungen der Gesellschaft unserer Zeit werden möge, wir doch ein Reich empfangen haben, das nicht bewegt werden kann. Das Reich unseres Herrn Jesu Christi, das als ein zartes Reis begann, soll wachsen, bis es einer herrlichen Zeder gleicht „auf einem hohen und hervorragenden Berge“, ist dies nicht eine unaussprechliche Freude? Denkt auch an jenes andere Gesicht, so fremdartig und seltsam, von einem Tal voller Totengebeine, „sehr viel“ und sehr verdorrt“. Was für eine Antwort gibt dieses Gesicht auf die Frage des Unglaubens: „Können diese verdorrten Beine lebendig werden?“ Wie deutlich antwortet der Herr: „Ich will meinen Geist in euch geben, dass ihr wieder leben sollt!“ Wenn ich an jene herrliche Zeder denke, sehe ich, dass das Reich noch Christi werden wird; und wenn ich an das Tal verdorrter Gebeine denke, so bin ich getröstet betreffs der Massen um mich her. Auch wir, wenn wir durch dieses Beinhaus von einer Stadt gehen, dürfen hoffen, dass das Leben den Tod besiegen wird und dass ein sehr großes Heer, lebendig gemacht durch den Geist unseres Gottes, noch aus diesen dürren Gebeinen aufstehen wird.

Das merkwürdige Gesicht, das uns vorliegt, ist ungemein ermutigend für die, welche bekümmert sind über die entsetzlichen Zustände der Gegenwart und wer von uns ist dies nicht? Der Prophet heißt uns an jene traurigen und schrecklichen Wasser denken, die unter dem bedeutsamen Namen des Toten Meeres bekannt waren. Dies war die Stätte des Grausens im Lande Kanaan. Reisende beschreiben es als einen Ort gänzlicher Verödung. In einer tiefen Schlucht liegend, ungefähr 1300 Fuß tiefer als jedes andere Meer, kann man vom Toten Meere sagen, dass es tief in die Erde hineingesunken ist, gleich der Öffnung des Abgrundes. Massen von Erdpech schwimmen auf seiner Oberfläche und bedecken seine Ufer. Schweflige Ausdünstungen sind reichlich da, und an den Ufern sind heiße Schwefelquellen. Das Baden in seinem dicken Salzwasser ist nicht angenehm, denn das scharfe Salz verursacht noch lange nachher ein schmerzhaftes Jucken in der Haut. Es ist nicht wünschenswert, lange an seinem Rande zu verweilen und es ist auch nichts da, was einen dazu verlocken könnte. Sehr dürftig ist der Pflanzenwuchs, wenige sind der Vögel und selten die lebendigen Dinge. Es ist das Gebiet der Zerstörung. Das Meer ist so salzig, dass kein Fisch darin leben kann; und obwohl behauptet worden ist, dass kleinere Organismen darin leben, so sind diese doch selten gefunden; im Gegenteil, die Fische, die vom Jordan in dasselbe hinabkommen, sterben sogleich und vom Strom dorthin geführte Schaltiere werden tot ans Ufer gespült. Nichts Lebendiges liebt das Salzwasser, der Schwefel und das Erdpech des Toten Meeres. Der schlammige See ist zu Zeiten gefährlich für die Gesundheit und sogar für das Leben. Reisende sind in den letzten Jahren zur rechten Jahreszeit wohlbehalten über dasselbe gefahren; aber früher kehrten die, welche die Fahrt machten, kaum zurück, um davon zu erzählen, sie fingen binnen kurzem an zu kränkeln und starben.

Der verhängnisvolle See trägt dunkle Geheimnisse in seinem Schoße; tief drunten in seinen Tiefen liegen die versunkenen Städte der Ebene, deren Schändlichkeiten den Zorn des Himmels reizten und einen Feuerregen auf sich herabbrachten, wie die Erde ihn nie vorher oder seitdem gekannt. Es mag sein, dass die salzigen Wasser Geheimnisse der Sünde bergen, die am besten verborgen bleiben; denn das Verbrechen unserer Zeit ist fruchtbar genug in Erfindungen der Unflätigkeit und braucht keine Hilfe von der Fäulnis des Altertums. So ist das Tote Meer eine sehr schreckliche und traurige Stätte, das Bad des Todes, die Höhle der Verzweiflung, die Heimat der Verwüstung; und in dieser Hinsicht ist es ein passendes Bild unserer gefallenen Menschheit, ein wahrhaftiges Symbol der ganzen Welt, die im Argen liegt. Die Welt der Menschen ist verflucht durch Übel, die schreckliche Namen tragen. „Die dunklen Orte der Erde sind voll Wohnungen der Grausamkeit.“ (Ps. 74, 20.) Geheimnisse der Liebe gibt es in dieser verlorenen Welt keine; aber Geheimnisse der Sünde und des Gerichtes und des Zornes Gottes gibt es die Fülle. Die Welt ist ein wirkliches Totes Meer in gigantischem Maßstabe. Das ist auch die Stadt, in der wir leben; muss ich sie das moderne Sodom“ nennen? Jede Welle, die sich an dem Ufer dieses Menschenmeeres bricht, scheint jetzt Überbleibsel monströser, unirdischer, bestialischer, teuflischer Dinge ans Land zu spülen. Schöne Eilande, leuchtende Schöpfungen der Gnade Gottes, erheben sich hie und da aus den dunklen Tiefen; aber rund umher werfen die Wasser Schlamm und Schmutz auf. Gott ist dabei, einen neuen Himmel und eine neue Erde zu schaffen, und während dieser Arbeit entwickeln sich Formen voll Schönheit; aber bis auf diesen Tag bleibt die alte, unerneuerte Stadt ein dampfendes Abbild der Hölle, die darunter brennt. Die, welche es gewagt haben, in ihre Tiefen zu blicken, kehren mit Schauder auf ihrem Antlitz zurück und sagen, dass es ihnen nicht gestattet sei, auszusprechen, was sie gesehen. London ist ein siedender Kessel von Lastern und Verbrechen. O Gott! wie lange soll es sein?

In gewisser Hinsicht ist jedes Menschen natürliches Herz so, ehe es durch die Gnade erneuert ist. „Das Herz ist trügerisch über alle Dinge und verzweifelt böse“, und mag wohl durch das Meer des Todes abgebildet werden. Wenn wir da hineinblicken könnten mit solchen Augen, wie Gott sie hat, was würden wir nicht sehen? Wenn wir dahin geführt werden, es durch unsere Tränen hindurch anzublicken, weil der Heilige Geist unsere Augen mit Augensalbe gesalbt hat und wir die Dinge in ihrer nackten Wahrheit schauen, so fühlen wir uns unglücklich, mehr als wir auszusprechen vermögen. Was für ein Ding ist die menschliche Natur! Whitefield pflegte zu sagen, dass der Mensch halb Tier und halb Teufel sei; aber nach meiner Meinung ist er ganz Tier und ganz Teufel, wenn Gott ihn nicht in Schranken hält durch die Zügel der Furcht und die Fesseln des Gesetzes. Überlasst ihn sich selbst, und wer kann sich vorstellen, was aus ihm werden würde? Alle Arten von Sünden: Lust und Gier und Unterdrückung und Trunkenheit und Lüge und Grausamkeit und Mord lauern in dem menschlichen Herzen, wie wilde Bestien in dem Gebüsche Indiens. Kein Mensch weiß, welcher Schändlichkeit er fähig ist: er braucht nur in gewisse Umstände versetzt zu werden, und er wird sich zu einem wahren Dämon entwickeln. So wird die Welt, die Stadt und das Herz durch das Tote Meer versinnbildlicht. Können sie je gereinigt werden? Können diese Wasser geheilt werden? In unserem Texte sagt der Herr ausdrücklich: „die Wasser sollen geheilt werden.“ Lasst uns seiner Verheißung glauben und Hoffnung. fassen in dieser guten Stunde. Hier ist Raum, meine Brüder, für den Glauben, der wie die Liebe alles glaubt, alles hofft. Wenn ihr wünscht, einen Glauben zu haben, durch den ihr Gott Ehre bringen könnt, so glaubt, dass die Welt noch von Sünde befreit werden kann; glaubt, dass London noch zu einer heiligen Stadt gemacht werden kann; glaubt, dass euer eigenes Herz durch die Kraft des Geistes Gottes rein gemacht werden kann, wie Christus rein ist. Selbst wenn die Hoffnung am weitesten entfernt scheint, selbst wenn wir erschreckt sind durch die Sünde, die uns umgibt, sollen wir stets noch glauben, dass der Herr immer und ewiglich herrschen wird. und Sünde und Satan unter des Erlösers Füße getreten werden. sollen. Lasst uns an Gott glauben, wie Gott verdient, dass ihm geglaubt werde: wir wollen uns unbedingt auf die Allmacht verlassen und ohne einen Zweifel jenem starken Willen vertrauen, der nie von seinen Gnadenratschlüssen abwendig gemacht werden kann. „Die Wasser sollen geheilt werden“, alles Salz und Erdpech des Toten Meeres soll das Werk der göttlichen Gnade nicht aufhalten. Die faulen Wasser Londons sollen süß gemacht werden, wie der Brunnen zu Bethlehem. Die Abscheulichkeiten des Krieges sollen aufhören und das Reich des Bösen soll enden; denn der Herr hat es beschlossen und es soll geschehen. Die Reiche dieser Welt müssen die Reiche unseres Herrn und seines Christus werden; London muss für Jesum gewonnen werden; und unsere eigenen Herzen müssen ganz sein werden. „Die Wasser sollen geheilt werden.“

Hesekiel sah im Gesichte das Mittel zur Heilung des traurigen Meeres des Todes: die Methode war einfach, aber wirksam. Was er sah, stellte das Zeitalter des Evangeliums dar. Der ganze göttliche Gnadenrat, das Evangelium verbunden mit der Kraft des Heiligen Geistes, das Kreuz und alle Wahrheiten, die aus demselben kommen, die Botschaft des Heils, die Predigt des Glaubens, das Zeugnis Gottes des Vaters für das erlösende Werk seines Sohnes: alles dies ist der Strom, welcher durch seine eigene Kraft in diese wüste Welt hinabfließt und sich jetzt seinen Weg in die schrecklichste Schuld und Fäulnis hineinbahnt zu dem bestimmten Zwecke, dass die Wasser geheilt werden. Ich möchte euren Glauben heute Morgen ermutigen, in einer Zeit, wo derselbe auf eine schwere Probe gestellt wird. Seid getrost, denn die Wasser, vor denen es uns allen ekelt zu trinken, sollen gereinigt werden. „Die Wasser sollen geheilt werden.“

I.

Und zuerst, um euren Glauben zu ermutigen, bitte ich euch die Verheißung zu betrachten. Die Stelle, wo die Verheißung deutlich Schwarz auf Weiß geschrieben steht auf dem heiligen Blatte, liegt aufgeschlagen vor euren Augen. Legt euren Finger darauf und lasst ihn dort ruhen. So spricht Jehovah: „Die Wasser sollen geheilt werden.“

Wir sind sicher, dass dies Wort der Weissagung bis auf den Buchstaben erfüllt werden wird zu seiner Zeit, weil der, der die Verheißung gab, im Stande ist, sie zu erfüllen. Abgesehen von uns und all unserer Schwachheit, abgesehen von den Menschen und all ihrer Bosheit wird Gott, der das Wort gesprochen hat, es unfehlbar erfüllen. Der Herr weiß, was er sagt, er spricht mit Bedacht und nicht nach der Weise der Raschen und Ruhmredigen; ebenso wenig versäumt seine Hand zu tun, was seine Lippe verspricht. Er gebraucht seine Oberherrlichkeit und Gottheit, um das Wort seines Mundes auszuführen. Die Verheißung der Gnade ist das fiat2) der Allmacht „Die Wasser sollen geheilt werden.“ Ein Sollen“ Gottes ist alle Legionen eines Reiches wert; ja, alle Kräfte des Weltalls. „Sollen“, sagt Gott, und das Ereignis ist gewiss. Was kann dem Donner seines Wortes widerstehen? Wer wird seine Hand aufhalten oder seinen Zweck vereiteln? Höre, o Unglaube, und zweifle nicht mehr: „Die Wasser sollen geheilt werden!“

Der Herr wird sein Wort gründlich erfüllen. Diese Verheißung soll nicht nur dem Wortlaut nach erfüllt werden, sondern in dem weitesten, nur denkbaren Sinne. Der Prophet sah in dem Gesicht die Wasser so vollkommen geheilt, dass Fische darin waren; ja, ein Schwarm von Fischen, und so viele, dass Beschäftigung für alle da war, die das Netz auswarfen, so dass sie von einem Ufer bis ans andere standen. Wo früher kein Leben gewesen war, da wimmelte es buchstäblich von lebendigen Wesen, wie in dem großen Ocean selber. Brüder, wenn Gott von dem spricht, was er auf dem Wege der Gnade in der Welt tun will, so legt es in sehr weitem Sinne aus; gebt keinen engen Vorstellungen von der Gnade des Unendlichen Raum in eurer Seele. Wenn unser Herr Jesus die Frucht davon sieht, dass seine Seele gearbeitet hat, und wenn er die Fülle hat“, so wird er nicht hie und da eine Handvoll Menschen zu sich gebracht sehen, sondern eine Menge, die kein Mensch zählen kann, die den Vater anbetet, und von denen jedweder seinen Namen ewiglich loben wird dafür, dass er ihn von der Sünde befreit hat. Was für Heere haben ihre Kleider gewaschen und helle gemacht im Blute des Lammes. Ah! Geliebte, Gott wird London vollkommen rein machen, wenn er seine Hand daran legt. Selbst dieser Augiasstall soll noch heilig werden wie der Tempel Jehovahs! Kein auswendiges Reinigen der Becher und Schüsseln wird Gott vornehmen, sondern er wird von geheimen Sünden reinigen, beides, die hohen Plätze und die Hütten, und er wird für sich selber an dieser Stelle eine Stadt von Priestern schaffen. Ehre sei seinem Namen für eine solche Hoffnung! Gelobt sei der Herr Gott, er will unsere Herzen und Geister heiligen; in verborgenen Orten wird er Wahrheit einpflanzen und in den geheimen Orten wird er uns Weisheit wissen lassen! (Ps. 51, 8.)

Beachtet, wenn Gott die Verheißung gibt, auf der mein Finger noch ruht, denn ich liebe es, sogar die Worte zu pressen „die Wasser sollen geheilt werden“, so gibt er uns eine Vorstellung davon, wie er es tun will. Er wird sein Wort erfüllen in der gegenwärtigen Weltzeit. Mir ist dies klar genug aus der Tatsache, dass diese Wasser vom Berge Zion ausflossen. Sie flossen ursprünglich von jenem alten Berge, von dem Gott gesagt hatte, „hier will ich wohnen ewiglich.“ Der heilende Strom ging aus von jenem geweihten Ort, dem Allerheiligsten auf dem Berge Zion, und dieses ist das Vorbild der Einwohnung Gottes in seinem Sohne Jesus und in seiner Kirche. Das schwellende Wasser floss dicht bei dem Altar des Brandopfers vorbei und wurde dem Auge des Propheten sichtbar, als es unter der verschlossenen Tür am Ostende des Tempels hervorrieselte. Dies Wasser sah er im Gesichte nach Osten fließen, Pflanzen in der Wüste schaffen und dann im Toten Meer münden. Hieraus entnehme ich, dass unser Gott seine Kirche für seine Gnadenzwecke gebrauchen will. Aus Zion bricht an der schöne Glanz Gottes.“ Wir glauben, dass er seine schließlichen Triumphe durch die Predigt des Evangeliums gewinnen will. Wann auch das Kommen des Herrn sein wird und, o, dass es heute wäre, denn wir hatten ihn nie nötiger, als jetzt! wann immer seine zweite Zukunft stattfinden wird, sie wird für die Kirche keine Unehre bringen, sondern ihre Ehre wird es sein, mit dem König an ihrer Spitze zu triumphieren. Es mag sein, dass sie durch sein persönliches Erscheinen den Sieg gewinnen soll. Wenn unser Herr mit seinem Kommen noch zögert, so wird er die wunderbaren Einflüsse des göttlichen Geistes in weit größerer Fülle als heutzutage senden, und dann wird seine Kirche Wunder im Lande wirken und Heil soll ihr Schmuck sein. Der König wird seine Truppen um die Stadt seiner Wahl herum aufstellen, und seine Kirche soll herrlich in den Augen aller Menschen sein, um des Glanzes ihres Herrn willen. Werft nicht eure Waffen nieder und sagt: „Christus muss kommen und diesen Krieg führen.“ Vielleicht das, aber dennoch wird er den Kampf durch sein erwähltes Volk fortsetzen. Unsere Sache ist es, fest zu stehen wie britische Vierecke am Tage der Schlacht. Haltet die Feste, weil der Herr kommt. Verlasst sie nicht in der Meinung, dass er nach einer neuen Art wirken und das Evangelium und das Zeugnis nicht brauchen werde. Ich glaube, dass der Herr Jesus die Schlacht nach der alten Weise gewinnen wird. „Drauf, Garden, und greift sie an!“ Schlagt eure Pflugscharen zu Schwertern und eure Sicheln zu Speeren, denn ihr müsst kämpfen so lang ihr lebt, da der Herr geschworen, dass er streiten wird wider Amalek von Kind zu Kindeskind. Wenn ihr auf eurem Posten sterbt, so sei es, aber verlasst ihn nie. Bis Jesus kommt, gürtet euch und kämpft seine Schlachten; eure Ruhe ist vorhanden, und sie wird euch ein voller Lohn sein, aber ihr seid noch nicht in sie eingegangen. Durch den Strom Gottes, der jetzt fließt, sollen die Wasser geheilt werden.

Erkennt wohl, dass diese göttliche Verheißung, „die Wasser sollen geheilt werden“, das Wirken durch Werkzeuge nicht bei Seite schiebt, sondern wenn sie erfüllt ist, wird sie noch viel mehr Werkzeuge in Bewegung setzen. Die Wasser laufen ins Tote Meer und reinigen seine Wasser; dann beginnen die Fische sich zu mehren und dann kommt des Menschen Anteil. „Es werden die Fischer an demselben stehen von Engeddi bis zu En-Eglaim.“ Seid versichert, dass sehr viele Fischer da sein werden, wenn der Herr durch sein Heilungsverfahren sehr viele Fische macht; wir sollen Menschenfischer im rechten Ernste sein, wenn die Zeiten der Erquickung von dem Angesichte des Herrn kommen werden. Der Herr beabsichtigt nicht, die Fischer bei Seite zu stellen, so wenig wie er die Schnitter zur Zeit der Ernte entlassen will. Merkt darauf, wie der Herr Jesus sprach: „Folget mir nach, ich will euch zu Menschenfischern machen.“ Er will nie das Netz des Evangeliums bei Seite gelegt haben, bis alle seine Erwählten darin gefangen und aus den Wassern der Sünde und des Todes gezogen sind. Das werden glückliche Tage sein, wenn der Herr geben wird, dass die Leute nach dem Evangelium verlangen, wenn jene Elenden und Abscheulichen, die nun in dem Schwefelsee der Sünde liegen, gesunde Fische werden und den Fischer einladen, sein Netz zu werfen. In den Tagen werden viele von euch, meine Brüder, die nie vorher ein Netz in die Hand nahmen, durch einen heiligen Ruf bewogen werden, Menschen zu fangen; und ihr, meine Schwestern, werdet uns zu helfen haben, mit dem Seil das Netz ans Land zu ziehen. Ihr trägen christlichen Männer und Frauen, die ihr nie zu diesem Fischerwerk in See gegangen seid, werdet dann zu dem Werk angetrieben werden und wie Petrus sprechen: „Ich will fischen gehen.“ Um das ganze Meer herum sah der Prophet Fischer, und er sagt von den Wassern: „Man wird die Fischgarne dort aufspannen; denn es werden daselbst sehr viele Fische sein, gleichwie im großen Meer.“ O, wenn der Tag käme, wo jeder Gläubige nach Menschenseelen fischte! Gott sende uns diese gesegnete Zeit recht bald! In Kraft dieser uns vorliegenden Verheißung, auch wenn keine andere da wäre, lasst uns eine solche Vollendung erwarten: „Die Wasser sollen geheilt werden“: Reinheit soll herrschen, das Reich Gottes soll kommen. Unser tägliches Gebet soll nicht vergeblich zum Himmel aufsteigen. Lasst uns wiederum rufen: Dein Wille geschehe auf Erden, wie im Himmel. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“

II.

Nachdem ich euch gebeten habe, die Verheißung zu betrachten, lade ich euch danach ein, das Wunder des heilenden Wassers zu betrachten, damit uns dies hilft, zu glauben, dass die Heilung kommen wird, selbst für das Tote Meer dieser gegenwärtigen bösen Welt, dieses gegenwärtigen sündlichen Babylons, dieses gegenwärtigen trügerischen Herzens.

Der Wunder des Wassers, das Hesekiel sah, waren viele. Betrachtet zuerst, woher es kam? Dies Wasser entsprang in der Mitte Jerusalems, aus dem verborgenen Platz des Thrones Gottes; und dies war der Grund, weshalb es so kräftig war. Der zwölfte Vers schreibt die fruchterzeugende Macht des Stromes diesem Umstand zu „denn ihr Wasser fließt aus dem Heiligtum.“ In diesem Heiligtum war der Thron Jehovahs; die ewige, unumschränkte Macht ist der Urquell jener Gnadenratschläge, in denen der Herr beschlossen hat, den Menschenkindern Gutes zu tun. Er will sich erbarmen, wessen er sich erbarmen will; und in der Freiheit seines unumschränkten Willens hat er beschlossen, dass dies Tote Meer der Menschheit noch geheilt werden soll. Die heilenden Wasser fließen von dem Throne Gottes und des Lammes. So wahr Gott Gott ist, so wahr hat er beschlossen und den Rat gefasst, sein Volk zu erlösen; und in diesem Rat und Vorsatz ist die Quelle des Guten für die Menschen.

Dies Wasser floss in dem Gesichte nahe beim Brandopferaltar vorbei. Lernt daraus, dass das Eine Mittel der Gnade für die Menschenkinder das Opfer Christi ist. Bei dem Altar, wo unser großer Hohepriester sich ein für alle Male selbst zum Opfer brachte, da fließt der Strom des Lebens. Weil Christus gestorben ist, muss die Welt noch gesegnet werden. Jene Blutstropfen, die auf Golgatha niederfielen, wurden nie aufgefangen und sie haben das große rote Merkzeichen des erlösenden Herrn auf unserem Erdenrund zurückgelassen, und deshalb muss es sein eigen werden. Die Menschheit soll von gänzlichem Verderben befreit werden, weil in Christo Jesu unser Gott eine Erlösung gefunden hat. Darin ist Hoffnung, dass die Wasser geheilt werden sollen.

Dieses Wasser, obgleich es ungesehen unter dem Tempel dahin floss, sprang dann hervor unter der Schwelle der Tür. Ihr wisst, wer die Tür des Tempels Gottes ist: durch ihn gehen wir zu Gott, durch ihn kommt. Gott zu uns mit Segen. Das Wasser floss unten und quoll aus „der Tiefe, die unten liegt“, in der Person und dem Werke unseres Herrn. Das Heil kommt nicht zu uns von irgendeinem der Menschenkinder, sondern aus den Tiefen des Herzens Gottes. Ströme ewig quellender Barmherzigkeit fließen uns durch unseren Herrn Jesus Christus zu; gelobt sei sein Name!

Als das Wasser zuerst erschien, sah der Prophet es unter der verschlossenen Tür hervorrieseln, und dies gibt eine andere Deutung an die Hand. Das östliche Tor war geschlossen nach dem Gesicht, das im vorhergehenden Kapitel erzählt wird; aber das Wasser strömte unter der Schwelle hervor. Der alte Judaismus hatte seine Tür gegen uns Heiden verschlossen, und dennoch kam das Evangelium von ihm zu den Völkern. Israels Tür ist jetzt verschlossen, bis der Fürst kommen und durch dieselbe einziehen wird; doch unter ihrer Schwelle hervor floss der Strom des Evangeliums zu uns Heiden. Heilige Männer des jüdischen Stammes gingen aus, um zu reden von dem Heil, das mit Blut erkauft ist und von der Gerechtigkeit, die für den Glauben vollkommen gemacht ist, und durch sie empfingen die Heiden das Licht der Erkenntnis von der Herrlichkeit Gottes in dem Angesichte Jesu Christi. Der Strom begann. in dem ewigen Ratschlusse, er floss durch das Opfer Christi und ging. aus der Mitte jenes alten Tempels hervor, dessen Tor geschlossen war. In Abrahams Samen sind alle Völker der Erde gesegnet. Gewiss, was aus Gottes Ratschluss und durch das Opfer Christi kommt, das kann nicht vergeblich sein. Wenn Gott an dem alten Judaismus das Evangelium knospen und blühen lassen konnte, was kann er dann nicht tun? Wenn unter dem verschlossenen Tor das Wasser sich in einem fröhlichen Strome zu uns Heiden ergoss, die wir dem Untergang nahe waren, so kann es immer noch zu den Schändlichsten der Schändlichen fließen.

Bemerkt ferner als ein Wunder bei diesem Wasser, wie es zunahm. Es wurde so rasch tiefer, dass es, obwohl am Anfang nur ein kleiner Bach, in weniger als einer Viertelmeile ein Wasser zum Schwimmen war; ja, es war so tief und breit geworden, dass der Prophet einen Ausdruck gebrauchen musste, der einen doppelten Strom bedeutet: die Flut war zu tief und weit geworden, als dass man noch hindurchgehen konnte. Diese Wasser wurden nicht durch Bäche vergrößert, die sich in sie ergossen, sondern sie wuchsen auf wunderbare Weise von selber. In dem Gesichte wuchsen sie erst knöcheltief, dann bis sie ans Knie gingen und dann bis an die Lenden und dann stiegen sie, bis sie tiefe, unergründliche Wasser wurden. Alles dieses erprobte der Prophet, indem er selber in sie hineinging. Nun, wenn dies durch Gottes Macht geschah und so rasch geschah, so können wir noch andere Wunder erwarten: Die Wasser sollen geheilt werden“, das Tote Meer soll noch voll Leben werden. Ihr und ich sind in diese Wasser hineingewatet, nicht wahr? Wenn das so ist, so wissen wir, wie sie gewachsen sind. Erinnerst du dich nicht, wie du dich freutest, ein wenig Gnade empfangen zu haben, so dass sie deine Füße wusch und dein Leben rein war? Erinnerst du dich nicht, wie bald diese Wasser dir ans Knie gingen und du Macht bei Gott im Gebet hattest? Es waren nur noch wenige Stunden. mehr, dann war dein Herz getröstet und deine innerste Seele fröhlich gemacht, denn die Wasser gingen bis an die Lenden. Sehr bald, vielleicht binnen vierundzwanzig Stunden, schwammst du in Strömen himmlischer Liebe, da du fandest, dass Christus dein war, dein Gott, dein Himmel, dein Alles. Siehst du nicht, dass der Gott, der all dies für dich getan hat, ebenso viel für Andere tun kann? Kann er nicht die Wasser des Toten Meeres unserer Tage heilen? Lasst uns forthoffen, fortarbeiten und an Gott bis ans Ende glauben. Indem wir unseren Finger wieder auf diese Verheißung legen, lasst uns versichert bleiben, dass die Wasser geheilt werden sollen.

Schnell - denn ich muss kurz sein, wo so viel zu sagen ist - bemerkt, was diese Wasser hervorbrachten. Sie begannen zu fließen, und sehr bald wuchsen Pflanzen auf in dieser Wüste. Sie flossen in die Einöde und in das Akaziental, wie Joel es nennt, und bald waren an beiden Seiten des Flusses Bäume, und plötzlich trugen die Bäume Frucht. Wo immer das Evangelium hinkommt, da trägt es Leben und Wachstum und Frucht mit sich. Die Früchte waren für die Nahrung der Menschen, sie waren die verordnete Speise des Paradieses, die beste Nahrung für den Menschen, als er am besten war. Was für Nahrung ist in dem Evangelium! Wo es fließt, da hört der Seelenhunger auf. Das Evangelium enthält alle Arten von Früchten, für jede Jahreszeit und jeden Geschmack; Speise für die Jungen und Speise für die Alten; Speise für die Schwachen und Speise für die Starken; Speise für die Glücklichen und Speise für die Traurigen. Dieser Baum trägt Früchte, reichlich, beständig und rasch. Die Blätter der Lebensbäume enthielten Arznei voll geheimnisvoller Kraft; sie dienten zur Heilung der Völker. Was für Krankheiten die Menschen auch befallen, sie haben nur diese Blätter zu pflücken, sie aufzulegen, und Gesundheit folgt. O, dies gesegnete Evangelium, es hat eine doppelte Wirkung zu unserem Besten, denn es hat unsere Seelen genährt und unsere Krankheiten geheilt! Wohl mögen seine Wasser ein doppelter Strom genannt werden. Wisst ihr nicht, dass es so einzigartig nützlich ist? Wenn ihr nie von seiner Frucht gegessen habt, so muss es euch scheinen, als wenn ich Unsinn spräche. Wenn ihr nie krank gewesen und die heilende Kraft seiner Blätter nie gefühlt habt, muss es euch scheinen, als wenn ich eurer mit Täuschungen spottete. Aber wenn ihr hungrig und durstig gewesen seid, so wisst ihr, was diese Ströme und Früchte sind, und wenn ihr todkrank gewesen, so habt ihr in Gottes Gnade eine Arznei gefunden, besser als der Balsam Gileads, und sie hat euch gesund gemacht. Wenn das Evangelium solchergestalt Lebensbäume wachsen lassen kann, so sollen die Wasser noch geheilt werden, das entsetzliche Tote Meer der Lust soll noch gereinigt werden, der Schwefelodem des Lasters soll noch hinweggeweht werden, der Tod der Sünde soll noch dem heiligen Leben weichen, und der Herr allein soll erhöht werden, wo er bisher verunehrt worden ist.

Als ein weiteres Wunder beachtet, wohin der Strom floss. Man hätte denken sollen, dass solch klarer Kristallstrom wie dieser, der vom Throne Gottes und des Lammes ausging, sich ein reines Bette in den Gärten des Herrn gesucht hätte; aber statt dessen wird uns gesagt, „dies Wasser, das da gegen Morgen herausfließt, wird hinunter in die Wüste gehen und ins Meer fließen und von einem Meer ins andere, und wenn es dahin ins Meer kommt, da sollen dieselben „Wasser gesund werden.“ Was für eine Gnade ist es, dass das Evangelium in die Wüste geht! Denkt daran, was diese Insel gewesen sein muss, als unsere Vorväter in ihrer Nacktheit unter den Eichenhainen umher wanderten. Denkt an die Zeiten, wo das große Götzenbild aus Weiden aufgerichtet ward, und die Druiden es umgaben; dieses Bild war vollgepfropft von Hunderten von Männern und Frauen, die alle in einem entsetzlichen Feuer verzehrt werden sollten, während die Leute dabei standen, um ihre Mitmenschen dem Moloch ihres Volkes dargebracht zu sehen. Das ist alles jetzt vorüber. Die Mistel wird nicht mehr mit der goldenen Sichel geschnitten und die grimmige Gottheit nicht mehr mit dem Blut der Menschen besänftigt. Der Missionar kam und predigte das Evangelium und die Druiden verschwanden im Lande. Sie waren beides, die gesetzgebende Macht und die Hierarchie, aber sie konnten vor der göttlichen Wahrheit nicht bestehen. Damals waren sie alles, jetzt aber sind sie nichts. Ich weiß nicht, was hier noch geschehen mag, aber dies weiß ich: wenn das Evangelium kommt, so müssen die Bilder, die Götzen, die unflätigen Dinge, die grausamen Dinge, die schrecklichen Dinge schwinden. Das Evangelium wird immer noch den Sündern gesandt, und es wird Sünder erretten. Wir sollen das Evangelium aller Kreatur predigen und „anheben zu Jerusalem“; und er, der uns dies tun hieß, wird uns nicht vergeblich arbeiten lassen. Der Strom des Lebens reinigte einst Britannien, und er wird es noch einmal rein machen.

Die Wasser liefen hinab in das entsetzliche Meer. Ihr hättet gesagt, wenn ihr da gestanden: „Nein, vergeudet nicht diese reinen Fluten in jenem höllischen See! Lasst sie nicht in Befleckung verschwinden! Der Jordan hat viele Jahre lang seine Silberströme in dies Tote Meer ergossen, und es hat sie alle in sich aufgenommen, aber es ist nicht im geringsten reiner dadurch geworden; und jeder Fisch, der den Jordan hinab getrieben, ist gestorben, sobald er diesen grauenhaften See berührte. Gießt nicht diesen himmlischen Fluss in ein solches Pandämonium hinein.“ Viele sprechen heutzutage so: Befasst euch nicht mit diesen Lastern und dieser. Schlechtigkeit. Hört nicht einmal davon, denn es wird euch beflecken. Vergesst das faule Wasser, es ist schweflig wie Tophet; der Geruch solcher Laster wird euch ersticken. Dies Vermeiden des Übels ist natürlich und sicher, aber was soll aus diesem Toten Meere werden, wenn der köstliche Kristallstrom nicht hineinfließt? Will Gott unser Geschlecht dem Teufel überlassen? Will er, dass seine Kirche ihr Amt, die Erde zu salzen, aufgeben soll? Ich glaube das nicht. Ich sage euch, es soll noch durch die allmächtige Gnade eine Verbindung hergestellt werden zwischen dem Tempel zu Jerusalem und der Stätte von Sodom und Gomorra; ein Silberstrom soll noch fließen vom Throne des Höchsten bis zu dem faulen Toten Meere; die Barmherzigkeit soll triumphieren über das Gericht, und die Gerechtigkeit soll die Sünde überwinden. Es soll noch auf der Erde gesprochen und im Himmel gesungen werden: „Halleluja! denn der allmächtige Gott hat das Reich eingenommen!“ Gelobt sei sein Name, dass zu den größten Sündern dieser Lebensstrom geflossen ist und fortfahren wird zu fließen, bis die Zeit nicht mehr sein wird! Wer kann diese Flut vermindern? Nicht einmal der, der sich dünken lässt, er wolle den Jordan mit seinem Munde ausschöpfen. Wer kann diesen Strom ablenken? Er kann nicht durch den Willen des Menschen gewendet werden. Wer kann seine heilende Kraft zerstören? Nicht einmal das Tote Meer selbst soll im Stande sein, gegen die Heilkräfte dieses wunderbaren Flusses zu streiten. Lasst uns beginnen, von dem Strome zu singen, dessen Wasser uns fröhlich macht. Lasst unsere Herzen mit Frohlocken ausbrechen: „Die Wasser sollen geheilt werden.“

III.

Auf ein paar Augenblicke möchte ich, dass ihr drittens die Wirksamkeit der Wasser betrachtet. Ich will das Bild in gewissem Maße verlassen, um zu erklären, wie sich das Evangelium dazu eignet, die Schlechtigkeit der Menschen zu heilen. „Was tut das Evangelium?“ sagt einer. Ich antworte: im Evangelium stellen wir den Menschen die entsetzliche Natur der Sünde vor, und führen sie so dahin, sich von ihr abzuwenden. Der predigt nicht das Evangelium, der nicht erklärt, dass die Sünde den Sohn Gottes erschlug. Das Kreuz enthüllt die Niedrigkeit und Undankbarkeit der Sünde und lässt sie überaus sündig erscheinen. Das Evangelium bringt die Menschen dahin, die Unveränderlichkeit des göttlichen Gesetzes zu erkennen, sowie dass die Sünde die Übertretung dieses Gesetzes ist und dass jede Sünde ihren gerechten Lohn empfangen wird. Es gib keine Predigt des Evangeliums, ohne dass die Schrecken des Herrn verkündet werden. Gott hat die Zeiten der Unwissenheit übersehen, aber nun gebietet er allen Menschen an allen Enden, Buße zu tun, denn die Sünde ist nicht ein Ding, mit dem zu spielen ist, sondern ein Todfeind, der ins Feuer geschleudert werden muss, wie Paulus die Otter von seiner Hand wegschleuderte. All dieses hilft zum Hinwegtun der menschlichen Sünde.

Das Evangelium gibt dem Menschen eine Hoffnung, und das ist etwas Großes für den Erniedrigten und Sich-selbst-Verdammenden. Hoffnung zu haben, dass er ein besserer Mensch werden kann, hilft ihm, der Sünde zu entrinnen. Die Hoffnung, dass du erneuert werden kannst und den Engeln Gottes gleich werden, obwohl du nun den Teufeln in der Hölle gleichst, ist eine große Ermutigung, dich zu Gott zu wenden. Mein Evangelium heißt mich zu dem Schändlichsten der Schändlichen gehen und ihm Hoffnung einsprechen. Ich halte keinen Menschen für so ekelhaft, dass Gott nicht in Liebe auf ihn blicken könnte. Was für ein Evangelium ist dies, denn Hoffnung ist der Anfang der Besserung, der erste Buchstabe des Alphabets der Reform! Wo keine Hoffnung ist, da lässt der Sünder seinen Lüsten die Zügel schießen und hält es für weise, seiner Sünde sich zu erfreuen, so lang er kann. O Seelen, dies ist in der Tat Evangelium für euch, dass es Vergebung gibt, Vergebung selbst für laute und schreiende Sünden!

Das Evangelium reinigt die Menschen, weil es ihnen Christum selber als ihren Heiland gibt. Es bringt ihnen den Sohn Gottes als ihre Errettung. Es sagt: „Arme Seelen, ihr könnt euch selber nicht helfen! Hier ist einer, auf den die Hilfe gelegt ist, ein Mächtiger! Hier ist einer, der eure Sünde nahm und sie hinwegtat. Hier ist einer, der euch ein Freund sein will in euren schlimmsten Zeiten der Not. Hier ist einer, der Bein von eurem Bein und Fleisch von eurem Fleisch ist; legt eure Bürden nieder zu seinen teuren Füßen, denn er hat Mitgefühl für euch. Hier ist ein Führer und Befehlshaber für euch, der euch aus der Sklaverei der Sünde Herausführen wird. Kommt, legt euren Harnisch an, um gegen eure Sünden zu kämpfen, denn er wird euch Kraft geben, sie zu überwinden.“ Ich sage euch, es ist kein Evangelium einem Evangelium gleich, das sagt: „Sünder, hier ist Christus für dich!“ Armer, müder, mühseliger, schwerbeladener Sünder, nimm Christum an, und du hast alles, was du zwischen hier und dem Himmel brauchst!

Überdies teilt das Evangelium den Menschen nicht nur gewisse Wahrheiten mit, sondern es gibt ihnen Leben und Kraft und Gnade. Es kommt mit dem Evangelium eine allmächtige Gewalt, welche die Natur des Menschen umwandelt, seinen Verstand berührt und ihn erleuchtet, seinen Willen berührt und ihn ändert, seine Neigungen berührt und sie reinigt. Diese Gewalt ist der Heilige Geist, gleichen Wesens und gleich ewig mit dem Vater und dem Sohn nicht weniger als wahrer Gott vom wahren Gott. Dieser Heilige Geist geht aus mit dem Evangelium, gibt fleischerne Herzen, lässt die Menschen wiedergeboren werden und erschafft alles neu. Die Wahrheit kommt nicht in Worten nur, sondern in der Kraft des hl. Geistes. Die Wasser sollen durch ein solches Evangelium, das von einer solchen Kraft begleitet ist, geheilt werden. Ich hörte neulich sagen: „Wir brauchen nicht mehr Prediger, denn der Vorrat ist mehr als entsprechend für den Bedarf.“ Aber, das Evangelium schafft seinen eigenen Bedarf. Wo immer es hinkommt, macht es die Menschen hungrig und durstig nach sich selber, es tut sein eigenes Werk ohne Hilfe irgendeiner vorangegangenen menschlichen Bereitschaft. Es verlangt nicht einmal, dass man es unvermischt lässt; es wird seinen. Zweck ausführen, selbst wenn man etwas anderes hineinmengt. Seine eigene, wesentliche Allmacht sichert seine eigene Bewahrung, seine Ausdehnung und seinen Erfolg. Wie wundere ich mich über die, welche den himmlischen Strom verlassen, um ihrer eigenen kleinen Bäche und Flüsschen willen. Ein gewisser Theologe hat kürzlich eine Entdeckung gemacht, durch die er eine Flut von Licht über die Bibel ergießen wird. Die Bibel, scheint es, ist ein dunkles, geheimnisvolles Buch für unsere Vorväter gewesen; obgleich Märtyrer dafür starben und Heilige dadurch getröstet wurden, so waren doch diese arme Wesen im Dunkeln aus Mangel an den Entdeckungen des neunzehnten Jahrhunderts! Endlich ist die Stunde gekommen, und der rechte Mann mit ihr; ein großer Genius ist aufgestanden, der Licht gefunden hat, um die Bibel zu erhellen. Wir pflegten zu singen:

Es strahlt das Buch voll Herrlichkeit
Hell, wie der Sonne Glanz;
Es gibt ein Licht jedweder Zeit,
Es gibt - doch borgt es keins.

Sollen wir unser Lied ändern und fröhlich die Beiträge dieses ungewöhnlichen Mannes annehmen? Ich denke nicht. Hörtet ihr je von einem Wahnwitzigen, der entschlossen war, mit einem Zündholz die Sonne am Mittag zu zeigen? Kommt her, ihr, die ihr nie die Sonne vorher saht! Es ist etwas dunkel hier, aber er will dieses Zündholz streichen, und dann werdet ihr sehen, was ihr sehen werdet! Brüder, dies Geschwätz ist alles Narrheit: weder die Männer der Wissenschaft, noch die Theologen können das Licht Gottes erhellen. Dies Buch ist klar genug in sich selbst, und dies Evangelium ist mächtig genug in sich selbst, ohne die Hilfe menschlicher Weisheit. Es wird nicht erklärt, sondern verdunkelt werden durch moderne Faseleien über Entwicklung. Der Strom des Evangeliums wird sich seinen eigenen Weg bahnen trotz des neueren Denkens; er wird gewinnen und obsiegen, wer immer sich entgegenstellen mag.

Die Macht des Evangeliums, diesen entsetzlichen See von Gomorra zu reinigen, liegt darin, dass es das Herz rührt, die Neigungen bewegt, die Natur ändert, den ganzen Menschen erneuert. Überdies verbindet es die Menschen zu einer heiligen Brüderschaft und führt sie zurück zu ihrem Vater und ihrem Gott. Seine Strömung führt den Stolz hinweg, in dem ein Mensch weit ab von seinen Mitmenschen steht; sie ertränkt die Bedrückung, womit der Große den Armen niederzutreten denkt. Seine Wellen sagen im Dahinfließen: „Ihr seid alle Brüder, und Einer ist euer Meister, Christus.“ So bewirkt es eine heilige Revolution unter den Menschen und eine Wiederherstellung der königlichen Rechte Jesu. Gott sende es, sende es uns, sende es London und der ganzen Welt, und seinem Namen soll die Ehre sein!

IV.

Ich muss schließen, indem ich viertens die Lehre der Wasser nenne. Was ist ihre Stimme an uns heute?

Ich denke, die erste Lehre ist, dass Gott auf ganz unerwartete Weise wirkt. Da ist das Tote Meer. Wir sehen mit Grauen darauf herab. Kann es je geheilt werden? Es würde euch und mir nie in den Sinn gekommen sein, dass unter der Schwelle jenes Tempels, der so rein und heilig ist, ein Quell entspringen würde, so klein und winzig, dass man ihn zuerst mit der Hand hätte bedecken können, und dass doch aus diesem Quell eine genügende Reinigung, sogar für Sodoms Meer, zu kommen vermöge. Der Herr weiß sein Werk zu tun, und er tut es durch scheinbar geringe Mittel. „Wer ist, der diese geringen Tage verachte?“ Beachtet das kleine Bächlein zu Jerusalem, als die Zahl der Leute ungefähr hundertundzwanzig war: dies Wasser wuchs in wenigen Tagen so, dass wir lesen: „und wurden hinzugetan an dem Tage bei dreitausend Seelen“ - und nach ein paar Tagen lesen wir: „und ward die Zahl der Männer bei fünftausend.“ Dieser kleine Anfang wuchs sehr rasch, wächst noch und wird wachsen. Das Evangelium hat dieselbe Kraft und Gewalt gegenwärtig, wie in vergangenen Zeitaltern. Erwartet immer das Unerwartete; rechnet darauf, dass Gott noch große Dinge für uns vorbehalten hat. Er schoss jenen Pfeil ab, aber sein Köcher ist noch voll. Er hat noch kaum die Schlacht begonnen. Der Herr der Heerscharen hat hier einen Schlag geführt und dort einen, aber seht, er zieht aus, um größere Taten durch das Wort seiner Macht zu vollführen! O großer Fürst, „ziehe einher der Wahrheit zu gut, und um die Elenden bei Recht zu behalten, so wird deine rechte Hand Wunder beweisen!“ Komme bald, wir bitten dich.

Was sollen wir sonst noch lernen? Da das Tote Meer durch jenen Wasserstrom gereinigt werden soll, so ist das allererste, was wir tun können: beten. Betet: „Quill auf, o Strom!“ Betet, dass auf jeden von uns Ströme des lebendigen Wassers fließen mögen. Betet, dass Gott durch seinen Geist noch reichlicher wirke. Der hl. Geist ist herabgekommen: es ist nicht nötig, dass er ausgegossen werde, aber wir möchten seine Macht in anderer Weise erfahren; wir möchten in die Fluten seines heiligen Einflusses hinabsteigen; wir bitten ihn, uns in seinen mächtigen Wassern zu taufen und jede Sünde von uns hinweg zu reißen.

Wenn wir das getan, was haben wir danach zu tun? Nun, beginnt zu fischen. Wo immer dieser Strom entlang rauscht, da werden Fische sein: in diesem London sind jetzt Fische. Geht und fischt in den Straßen, fischt an den Straßenecken, fischt in jedem kleinen Zimmer, das ihr auftun könnt, fischt in der großen Menge, wenn sie zu euch kommen will. Der Strom brütet Schwärme von lebendigen Wesen aus; seid Menschenfischer. Gott spricht heute zu seiner Kirche: „Ich habe ein großes Volk in dieser Stadt.“ Verzweifelt nicht; Gott hat seine Erwählten in jedem Kirchspiel Londons. Geht an die Arbeit bei diesem Meer und steht da von Engeddi bis zu En-Eglaim, vom Norden bis zum Süden, vom Osten bis zum Westen, von einem Ende der Stadt bis zum andern. Gott helfe euch, das Netz auszuwerfen!

Vor allem müssen wir uns hüten Sümpfe“ zu werden, von denen wir soeben lasen (V. 11). Gewisse Flecke des Landes wurden von dem Fluss und dem Meer überschwemmt, aber als der Strom zurückwich, wurden sie trocken gelassen, so dass sie weder Meer noch trockenes Land, sondern Sümpfe waren. Nehmt euch in Acht davor! Die abscheulichsten Wesen außerhalb der Hölle sind Christen ohne Christentum; und es gibt deren die Fülle. Sie haben „den Namen, dass sie leben und sind tot“. Sie haben keine Liebe zu Menschen, keine Liebe zu Gott, keinen Eifer für die Ehre Christi, und doch schwatzen sie davon, dass sie Christen sind! Hütet euch vor denen, die ein hohes Bekenntnis haben, aber ein unheiliges Leben führen! Dies sind Dohlen, die mit Pfauenfedern besteckt sind; und sie sollen eines Tages all ihres Schmuckes beraubt werden. Sie sind nicht die Kinder des lebendigen Gottes, sondern Kinder des Teufels. Wenn sie vor den Richter gebracht werden, damit ihre wahre Abkunft enthüllt werde, sollen sie in Stücke gehauen werden. So wird der große Salomo verordnen! O, dass ihr und ich echte Kinder Gottes sein möchten! Lasst uns nie unter jenem Mischvolk sein, die weder Heiden noch Juden, weder Christen, noch dem Christentum völlig Fremde sind! Mögen wir das eine oder das andere sein! Lasst uns die Stimme des Propheten beachten: „Ist der Herr Gott, so wandelt ihm nach; ist es aber Baal, so wandelt ihm nach.“ All der Segen, der je vom Himmel kommt, wird nie Neutrale erretten; denn die Sümpfe sollen nicht geheilt werden, sondern gesalzen bleiben. Gott befreie uns von einem solchen Fluche um Jesu Christi willen! Amen.

1)
Bald nach den bekannten „Enthüllungen“ der Pall Mall Gazette über die sittlichen Zustände in London. 1885 gelang es William T. Stead, die Auflage von 12.000 durch frühen „Sensationsjournalismus“ zum Thema Kinderprostitution vorübergehend auf bis zu einer Million Exemplare zu steigern.
2)
Es soll
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