Spurgeon, Charles Haddon - 07. Das Evangelium des Reiches - Kapitel 7

Spurgeon, Charles Haddon - 07. Das Evangelium des Reiches - Kapitel 7

(Der König fährt fort, das Verhalten seiner Unterthanen zu regeln. V. 1-12.)

Er behandelt Dinge, in denen wir mit unsren Mitmenschen in Berührung kommen, wie Er früher unsre persönliche Andacht vor Gott und unsre eignen Privatangelegenheiten geregelt hatte.

1.2. Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet. Denn mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden.

Gebraucht eure Urteilskraft, gewiß, gebraucht sie, denn der Vers setzt voraus, daß ihr im rechten Sinne richten werdet. Aber gestattet eurer kritischen Fähigkeit nicht, in tadelsüchtiger Weise über andre zu urteilen oder in der Weise, als wenn ihr über sie gesetzt wäret und ein Recht hättet, über sie zu Gereicht zu sitzen. Wenn ihr andren Beweggründe unterschiebt oder vorgebt, ihre Herzen zu lesen, so werden sie ebenso gegen euch handeln. Ein hartes und tadelsüchtiges Benehmen wird sicherlich Wiedervergeltung hervorrufen. Eure Umgebung wird den Scheffel aufheben, den ihr gebraucht habt, und euer Korn damit messen. Ihr habt nichts dagegen, wenn die Menschen sich ein billiges Urteil über euren Charakter bilden, und es ist euch nicht verboten, das Gleiche in bezug auf sie zu thun, aber wie ihr etwas dagegen haben würdet, wenn sie über euch zu Gericht säßen, so sitzt ihr auch nicht über sie zu Gericht. Dies ist nicht der Tag des Gerichts, und wir sind auch keine berufenen Richter, und dürfen deshalb nicht der für das Endgericht festgesetzten Zeit vorgreifen, noch uns die Vorrechte des Richters der ganzen Erde anmaßen.

Gewiß, wenn ich mich selber recht kenne, habe ich nicht nötig, über andre zu richten; ich habe genug zu thun, vor dem Gerichtshof meines Gewissens die Verräter in meinem eignen Busen zu richten.

3.-5. Was siehest du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge? Oder wie darfst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen? Und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, ziehe am ersten den Balken aus deinem Auge; danach besiehe, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest.

Die richtende Fähigkeit wird am besten daheim gebraucht. Unsre Neigung geht dahin, die Splitter in den Augen andrer auszuspähen und den Balken in unsrem eignen nicht zu sehen. Anstatt mit Vergnügen auf den kleinen Fehler eines andren zu schauen, würden wir vernünftig handeln, wenn wir reumütig unsre eignen größeren Fehler betrachteten. Es ist “der Balken in unsrem Auge“, der uns für unser eignes Unrechtthun blind macht, aber solche Blindheit genügt nicht, uns zu entschuldigen, da sie offenbar unsre Augen für den kleinen Irrtum unsres Bruders nicht verschließt. Übertriebener Diensteifer will den Augenarzt spielen, aber in Wahrheit macht er sich zum Narren. Stellt euch vor, daß ein Mann mit einem Balken in seinem Auge einen so zarten Teil, wie das Auge eines andren, behandeln und versuchen will, ein so kleines Ding, wie ein Splitter, herauszuziehen! Ist er nicht ein Heuchler, sich so bekümmert um andrer Leute Augen zu stellen, und doch nie auf seine eignen zu achten? Jesus ist sanft, aber dennoch nennt Er denjenigen einen Heuchler, der viel aus kleinen Dingen bei andren macht und auf große Dinge in seiner eignen Persönlichkeit nicht acht gibt. Unsre Verbesserungen müssen bei uns selber beginnen, sonst sind sie nicht echt und entspringen nicht aus dem rechten Beweggrund. Die Sünde dürfen wir rügen, aber nicht, wenn wir sie uns selber gestatten. Wir dürfen gegen die Sünde Widerspruch erheben, aber nicht, wenn wir vorsätzlich selbst sündigen. Die Pharisäer waren groß im Tadel, aber langsam in der Besserung. Unser Herr will nicht, daß sein Reich aus heuchlerischen Gesetzkrämern bestehe, sondern Er will thatsächlichen Gehorsam gegen die Gebote der Heiligkeit.

Nachdem wir selber geheiligt sind, ist es unsre Pflicht, die Augen der Blinden zu sein und unheiliges Leben zu tadeln, aber nicht eher. Bis wir persönliche Frömmigkeit haben, ist unser Predigen der Gottseligkeit nur Heuchelei. Möge niemand von uns den Herrn veranlassen, “du Heuchler“ zu ihm sprechen zu müssen!

6. Ihr sollt das Heiligtum nicht den Hunden geben, und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen, auf daß sie dieselbigen nicht zertreten mit ihren Füßen, und sich wenden und euch zerreißen.

Wenn Menschen offenbar unfähig sind, die Reinheit einer großen Wahrheit aufzunehmen, so stellt sie ihnen nicht vor Augen. Sie sind wie Hunde, und wenn ihr ihnen heilige Dinge vor Augen stellt, werden sie gereizt werden und “sich wenden und euch zerreißen“: das Heiligtum ist nicht für die Weltlichen. „Draußen sind die Hunde;“ sie dürfen nicht an den heiligen Ort kommen. Wenn ihr inmitten der Lasterhaften seid, die den Säuen gleichen, so bringt nicht die köstlichen Geheimnisse des Glaubens hervor, denn sie werden sie verachten und “mit ihren Füßen“ in den Schlamm treten. Ihr sollt nicht unnötigerweise zu einem Angriff auf euch oder auf die höheren Wahrheiten des Evangeliums reizen. Ihr sollt nicht richten, aber ihr sollt nicht ohne Urteil handeln. Haltet nicht Menschen für Hunde oder Säue; aber wenn sie sich als solche bekennen oder so handeln, als wenn sie solche wären, so gebt ihnen keinen Anlaß, ihren schlechten Charakter zu zeigen. Heilige sollen keine Einfaltspinsel sein, sie sollen keine Richter sein, aber auch keine Narren. Großer König, wieviel Weisheit erfordern Deine Vorschriften! Ich bedarf Deiner, nicht nur, um meinen Mund zu öffnen, sondern auch zuzeiten, um ihn geschlossen zu halten.

7.8. Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgethan. Denn wer da bittet, der empfängt, und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgethan.

Zu Menschen dürft ihr nicht immer von himmlischen Dingen reden, aber zu Gott dürft ihr es.

“Bittet, suchet, klopfet an;“ laßt euer Gebet der Sache angemessen sein, laßt es an Stärke zunehmen, laßt es wachsen an Umfang des Gegenstandes. Eine Gabe empfangen, ist einfach; einen Schatz finden, ist mehr bereichernd; aber in einen Palast eingehen, ist das beste von allem. Jede Form des Gebets wird vorgeschrieben, angenommen und belohnt in einer dem Charakter derselben angemessenen Weise. Die Verheißung ist allgemein für alle, die der Vorschrift gehorchen. Die Gebote sind im Gegensatz zu den Methoden der nagenden Sorge, die in dem vorigen Kapitel gerügt wurden. Sie sind Ermutigungen für das Geben und das geduldige Leiden, was in den früheren Kapiteln vorgeschrieben wurde, da der, welcher von Gott empfangen kann, wenn er nur bittet, wohl den Menschen geben mag, welche bitten, und selbst denen nachgeben, die ungerechterweise fordern. Mit solchen unbegrenzten Vorräten, die uns zu Gebote stehen, sollten wir weder knauserig noch streitsüchtig sein. Herr, hilf mir, mit Sorgen aufzuhören und oft zu bitten, zu suchen und anzuklopfen, so werde ich bald überfließen mit Dank.

9. 10. Welcher ist unter euch Menschen, so ihn sein Sohn bittet um Brot, der ihm einen Stein biete? Oder so er ihn bittet um einen Fisch, der ihm eine Schlange biete?

In zeitlichen Dingen begehen wir Mißgriffe und bitten um etwas, das wir für Brot halten, was aber in Wahrheit ein Stein ist. Wir halten eine Schlange für einen Aal und bitten darum, wie um einen Fisch. Unser himmlischer Vater wird unser Gebet verbessern und uns nicht das geben, was wir unwissenderweise suchen, sondern was wir wirklich nötig haben. Die Verheißung, daß Er geben will, um was wir bitten, wird hier erklärt und in ihr wahres Licht gestellt. Dies ist eine gnädige Zurechtweisung der Thorheit, die des Herrn Worte im buchstäblichsten Sinne verstehen und uns träumen lassen will, daß jeder unsrer Einfälle nur das Kleid des Gebets anzulegen brauchte, um verwirklicht zu werden. Unsre Gebete gehen zum Himmel in einer verbesserten Übersetzung. Es würde eine schreckliche Sache sein, wenn Gott uns immer alles gäbe, um das wir bitten. Unser himmlischer Vater “weiß viel besser“, wie zu geben, als wir wissen, wie zu bitten.

11. So denn ihr, die ihr doch arg seid, könnet dennoch euren Kindern gute Gaben geben, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die Ihn bitten.

Wir, obwohl selber arg, berichtigen doch unser Kinder Irrtümer in ihren Bitten, und weit mehr noch wird unser allweiser und guter, himmlischer Vater ins einem Geben die Irrtümer in unsren Gebeten berichtigen. Er wird uns das Gute geben, um das wir baten, und das Übel vorenthalten, das wir so unweise wünschten. Wir kennen unsre Kinder und kennen ihre Bedürfnisse, obgleich wir nur arme, böse Geschöpfe sind. Wird nicht der vollkommen gute Vater, der alle Dinge kennt, seine Gaben gnädig anordnen? Ja, wir sind gewiß, Er wird es. “Wie viel mehr!“ sagt unser Herr, und Er sagt nicht, wie viel mehr, sondern überläßt das unsrem Nachdenken. Wir wissen nicht so zu beten, wie wir sollten, aber Er weiß so zu geben, wie es seiner Vollkommenheit geziemt, und Er wird es thun. Er wird „Gutes“ geben und besonders seinen Heiligen Geist, der alles Gute in sich schließt. Herr, ich möchte mehr an Dich denken, als an mein eignes Gebet; mehr an Deinen Sohn, als an meinen eignen Glauben; mehr an Deinen Heiligen Geist, als an alle übrigen guten Gaben.

12. Alles nun, das ihr wollt, daß euch die Leute thun sollen, das thut ihr ihnen auch; das ist das Gesetz und die Propheten.

Alles Vorhergegangene führt zu diesem und beweist es. Es wird lehrreich sein, zurück zu blicken und dies zu überdenken. Möge mein Leser dies thun.

Hier gibt unser König uns eine goldene Regel. Versetze dich in die Stelle des andren, und dann handle gegen ihn, wie du wünschen würdest, daß er unter gleichen Umständen gegen dich handelte. Dies ist eine echt königliche Regel, eine Vorschrift, immer zur Hand, immer anwendbar und immer richtig. Hier magst du ein Richter sein und doch nicht andre richten, sondern für andre richten. Dies ist die Summe der zehn Gebote, der fünf Bücher Mose und des ganzen heiligen Wortes. O, daß alle danach handelten, dann würde es keine Sklaverei geben, keinen Krieg, keine Quälerei, keine Streiks, kein Lügen, kein Rauben, sondern alles würde Gerechtigkeit und Liebe sein! Welch ein Reich ist dies, das ein solches Gesetz hat! Dies ist das christliche Gesetz. Dies ist der Inbegriff von allem, was recht und großmütig ist. Wir beten den König an, aus dessen Mund und Herzen ein solches Gesetz fließen konnte. Diese eine Regel ist ein Beweis der Göttlichkeit unsrer heiligen Religion. Wenn alle, die sich Christen nennen, danach handelten, so würde das Juden, Türken und Ungläubige mit größerer Schnelle und Gewißheit überzeugen, als alle Erklärungen und Beweise, die der Scharfsinn oder die Frömmigkeit der Menschen hervorbringen könnte.

Herr, lehre mich dies! Schreibe es auf die fleischernen Tafeln meines erneuerten Herzens! Schreibe es vollständig in meinem Leben!

(Der König lehrt seine Diener unterscheiden und beurteilen. V. 13-23.)

13. 14. Gehet ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis abführt; und ihrer sind viel, die drauf wandeln. Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenig sind ihrer, die ihn finden.

Seid auf eurer Wanderschaft! Gehet ein durch die enge Pforte am Anfang des Weges und steht nicht zaudernd still. Wenn es die rechte Straße ist, werdet ihr den Eingang etwas schwierig finden und ungemein enge, denn er verlangt Selbstverleugnung, strengen Gehorsam und Wachsamkeit des Geistes. Dessenungeachtet “gehet ein durch die enge Pforte“. Wie wenig auch der Pilger, wie eng auch der Eingang, wählt den schmalen Weg und wandelt darauf. Wohl wahr, es gibt eine andre Straße, breit und sehr besucht, aber sie führt zur Verdammnis. Die Menschen gehen ins Verderben auf der breiten Straße, aber der Weg zum Himmel ist ein schmaler Pfad. Es mögen andre Tage kommen, wo sich viele auf den schmalen Weg drängen werden, aber in der jetzigen Zeit muß man, um beliebt zu sein, breit sein; breit in der Lehre, breit in sittlichen und geistlichen Dingen. Aber die auf dem schmalen Wege gehen, werden geradeswegs zur Herrlichkeit gehen, während die, welche auf dem breiten Wege gehen, weit davon entfernt sein werden. Ende gut, alles gut. Wir können lieber etwas beengt sein auf dem rechten Wege, als uns unbehindert fühlen auf dem falschen Wege; weil der erste im endlosen Leben endet und der zweite zum ewigen Tode hinabeilt.

Herr, erlöse mich von der Versuchung, “breit“ zu sein und bewahre mich auf dem schmalen Wege, ob wenige ihn auch finden!

15. Sehet euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe.

Wir haben Urteilskräfte nötig und müssen die Geister derer prüfen, die behaupten, von Gott gesandt zu sein. Es gibt Menschen von großen Gaben, die “falsche Propheten“ sind. Diese ahmen das Aussehen, die Sprache, den Geist der Kinder Gottes nach, während sie in Wirklichkeit danach verlangen, Seelen zu verschlingen, wie Wölfe nach dem Blut der Schafe dürsten. “Schafskleider“ sind sehr schön, aber wir müssen tiefer blicken und die Wölfe ausspähen. Ein Mensch ist, was er inwendig ist. Wir haben es nötig, uns vorzusehen. Diese Vorschrift ist zeitgemäß. Wir müssen sorgsam sein, nicht nur hinsichtlich unsres Weges, sondern auch hinsichtlich unsrer Führer. Sie kommen zu uns, sie kommen als Propheten, sie kommen mit jeder äußeren Empfehlung, aber sie sind wahrhafte Bileams, und werden denen fluchen, die sie zu segnen vorgeben.

16. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man auch Trauben lesen von den Dornen, oder Feigen von den Disteln?

Ihr Lehren, ihr Leben und ihre Wirkung auf unsre Seelen wird ein sicherer Prüfstein für uns sein. Jede Lehre und jeder Lehrer kann so geprüft werden. Wenn wir Trauben von ihnen lesen können, sind sie keine Dornen; wenn sie nichts als Distelwolle hervorbringen, sind sie keine Feigenbäume. Einige haben Einwendungen gegen diese praktische Methode der Prüfung, aber weise Christen werden sie gebrauchen als den schließlichen Prüfstein. Was ist die Wirkung der neuen Theologie auf die geistliche Gesinnung, das Gebet, die Heiligkeit der Menschen? Hat sie irgend eine gute Wirkung?

17. 18. Also ein jeglicher guter Baum bringt gute Früchte; aber ein fauler Baum bringt arge Früchte. Ein guter Baum kann nicht arge Früchte bringen, und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen.

Jeder Mensch bringt das hervor, was seiner Natur gemäß ist; er kann nicht anders. Guter Baum, gute Frucht; fauler Baum, arge Frucht. Es ist keine Möglichkeit da, daß die Wirkung höher und besser sein könnte, als die Ursache. Das wirklich Gute bringt nichts Arges hervor, denn das würde seiner Natur entgegen sein. Das durchaus Schlechte erhebt sich nie dazu, Gutes hervorzubringen, obwohl es den Anschein haben mag. Deshalb kann das eine wie das andre an seiner besonderen Frucht erkannt werden. Unser König ist ein großer Lehrer der Klugheit. Wir sollen nicht richten, aber wir sollen erkennen, und seine Regel für dies Erkennen ist ebenso einfach als sicher. Solche Menschenkenntnis kann uns vor großem Schaden bewahren, den wir durch Verbindung mit schlechten und trügerischen Menschen leiden könnten.

19. Ein jeglicher Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.

Hier ist das Ende, wohin die bösen Dinge führen. Die Axt und das Feuer warten auf die Ungöttlichen, wie schön sie auch mit dem Laub ihres Bekenntnisses aussehen. Mit der Zeit wird es dahin kommen, daß jeder Mensch auf Erden, der nicht gute Früchte trägt, seinen Untergang finden wird. Es ist nicht nur der Gottlose, der Giftbeeren trägt, welcher abgehauen werden wird, sondern auch der Neutrale, der, welcher keine Frucht der Tugend trägt, muß in das Feuer geworfen werden.

20. Darum an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.

Es ist unsre Sache nicht, abzuhauen oder zu verbrennen, sondern zu erkennen. Diese Erkenntnis soll uns davor bewahren, unter den Schatten oder Einfluß falscher Lehrer zu kommen. Wer will sein Nest auf einen Baum bauen, der bald abgehauen wird? Wer würde einen unfruchtbaren Baum für den Mittelpunkt seines Obstgartens wählen?

Herr, laß mich daran gedenken, daß ich mich selber nach dieser Regel zu beurteilen habe. Mache mich zu einem recht fruchttragenden Baum!

21. Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen thun meines Vaters im Himmel.

Keine Huldigung mit Worten genügt. Wir mögen an die Gottheit des Herrn glauben und uns große Mühe geben, dies wieder und wieder mit unsrem “Herr, Herr!“ zu versichern, aber wenn wir nicht die Gebote des Vaters vollziehen, so bringen wir dem Sohn keine wahre Huldigung dar. Wir mögen unsere Verpflichtungen gegen Jesum anerkennen und Ihn deshalb “Herr, Herr!“ nennen, aber wenn wir diese Verpflichtungen niemals erfüllen, so hat unser Zugeständnis keinen Wert. Unser König nimmt in sein Reich nicht solche auf, deren Religion in Worten und Zeremonien liegt, sondern nur solche, deren Leben den Gehorsam wahrer Jüngerschaft zeigt.

22. 23. Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr, haben wir nicht in Deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in Deinem Namen Teufel ausgetrieben? Haben wir nicht in Deinem Namen viel Thaten gethan? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie erkannt; weichet alle von mir, ihr Uebelthäter!

Ein orthodoxes Glaubensbekenntnis wird nicht retten, wenn es allein steht, und ebensowenig wenn es mit einer amtlichen Stellung und einem Dienst verbunden ist. Diese Leute sagen: “Herr, Herr!“ und machten überdies ihr Weissagen oder Predigen in seinem Namen geltend. Alles Predigen in der Welt wird den Prediger nicht erretten, wenn er nicht danach thut. Ja, wenn er auch Erfolg gehabt hat, Erfolg in einem sehr hohen Grade, “haben wir nicht in Deinem Namen Teufel ausgetrieben?“ so wird doch der Teufelaustreiber, ohne persönliche Heiligkeit, selbst hinausgetrieben werden. Es mögen ganz besondere Thaten sein, deren sie sich rühmen, “haben wir nicht in Deinem Namen viele Thaten gethan?“ und doch kann der Mann Christo unbekannt sein. Dreimal heißt es hier von dem Menschen, daß er alles in Jesu Namen gethan, und dennoch wußte der Herr, dessen Namen er so frei, so kühn gebrauchte, nichts von ihm, und wollte ihn nicht in seiner Gesellschaft bleiben lassen. Der Herr kann nicht die Gegenwart derer ertragen, die Ihn “Herr, Herr“ nennen und dann Böses thun. Sie bekannten Ihm, daß sie Ihn kannten, aber Er “wird ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie erkannt.“

Wie feierlich ist diese Mahnung für mich und andre! Nichts andres wird beweisen, daß wir wahre Christen sind, als wenn wir aufrichtig den Willen des Vaters thun! Wir mögen als solche bekannt sein, die eine große geistliche Macht über Teufel und Menschen haben, und dennoch ist es möglich, daß unser Herr uns an jenem Tage nicht anerkennen, sondern als Betrüger austreiben wird, die Er nicht in seiner Gegenwart dulden kann.

(Der König faßt seine Rede kurz zusammen. V. 24-29.)

24. 25. Darum, wer diese meine Rede hört, und thut sie, den vergleiche ich mit einem klugen Mann, der sein Haus auf einen Felsen baute. Da nun ein Platzregen fiel, und ein Gewässer kam, und wehten die Winde, und stießen an das Haus, fiel es doch nicht; denn es war auf einen Felsen gegründet.

Wir sollen unsren Herrn hören. Damit ist natürlich gemeint, daß wir das, was Er sagt, als bindend annehmen. Dies ist etwas ganz andres, als was einige Menschen in unsrer Zeit thun, denn sie sitzen zu Gericht über die Lehren unsres Herrn. Aber hören ist nicht genug, wir müssen es thun. Es muß wahre Gottesfurcht da sein, sonst ist es nicht richtig in unsrem Innern. Der, welcher hört und danach thut, hat ein Haus mit festem Grund gebaut; das weiseste und sicherste, aber auch das kostbarste und mühsamste Werk, was er thun kann. Prüfungen kommen über ihn. Seine Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit hindern nicht, daß er auf die Probe gestellt wird. Von oben, von unten und von allen Seiten kommen Prüfungen: Regen, Gewässer und Winde. Er wird nicht geschirmt; sie alle “stießen gegen das Haus.“ Es ist ein festes Gebäude, aber die Proben werden so schwer, daß nichts das Gebäude retten kann, als nur die Stärke des Grundes. Weil die Hauptstütze so unbeweglich ist, bleibt das ganze Gebäude stehen. “Es fiel doch nicht.“ Es mag hier und da gelitten und sehr beschädigt ausgesehen haben; aber “es fiel nicht.“ Preisen wir den Fels des Heils, wenn nach schrecklicher Trübsal von unsrem Glauben gesagt werden kann: “er fiel nicht, denn er war auf einen Felsen gegründet.“

26. 27. Und wer diese meine Rede hört, und thut sie nicht, der ist einem thörichten Mann gleich, der sein Haus auf den Sand baute. Da nun ein Platzregen fiel, und kam ein Gewässer, und wehten die Winde, und stießen an das Haus, da fiel es, und that einen großen Fall.

Der bloße Hörer ist in armseligem Zustande. Auch er baut ein Haus. Das Hören der Worte des Herrn treibt ihn zur Arbeit und zu einer Arbeit, die bestimmt ist, ihm Schutz und Behagen zu bringen. Er “baute sein Haus;“ er war thätig und beharrlich und hörte nicht auf, ehe es vollendet war. Aber obgleich fleißig, war er doch thöricht. Ohne Zweifel baute er rasch, denn seine Grundlage kostete ihm keine harte Arbeit. Seine Aushöhlungen waren bald gemacht, denn es war kein Fels wegzuschaffen, “weil er sein Haus auf den Sand baute.“ Aber Prüfungen kommen auch zu unaufrichtigen Bekennern. Sind wir nicht alle zum Unglück geboren? Die gleichen Trübsale kommen über Thörichte wie über Weise und wirken genau in derselben Art, aber das Ergebnis ist ein sehr verschiedenes.

“Es fiel.“ Dies sind ernste Worte. Es war ein schönes Gebäude und versprach, jahrhundertelang zu stehen, aber “es fiel.“ Es waren kleinere Fehler in dem Bau, aber seine Hauptschwäche war unterirdisch, an dem verborgenen Ort des Grundes; der Mann “baute sein Haus auf den Sand.“ Seine Grundlage war falsch.

Der Krach war schrecklich, der Ton wurde weit gehört, denn “es that einen großen Fall.“ Die Überflutung war völlig und nicht wieder gut zu machen. Viele hörten den Fall und noch mehrere sahen die Ruinen, die ein beständiges Andenken blieben an das Resultat der Thorheit, die mit dem Hören zufrieden ist, und das Thun versäumt.

28. 29. Und es begab sich, da Jesus diese Rede vollendet hatte, entsetzte sich das Volk über seiner Lehre. Denn Er predigte gewaltig, und nicht wie die Schriftgelehrten.

Die Predigt ist vorüber; was hat sie gewirkt? Niemals war ein größerer Prediger, und niemals hielt derselbe eine größere Rede. Wie viele waren der Bußfertigen? Wie viele der Bekehrten? Wir hören von keinem. Die göttliche Wahrheit, wenn sie auch in der Vollkommenheit gepredigt wird, wirkt durch sich selbst nicht auf das Herz zur Bekehrung ein. Das überwältigendste Zeugnis erzeugt keinen Gehorsam, wen nicht der Heilige Geist des Hörers Herz bezwingt.

“Das Volk entsetzte sich.“ War dies alles? Es ist zu fürchten, daß es so war. Zweierlei überraschte sie, der Inhalt seiner Lehre und die Art derselben. Sie hatten nie zuvor solche Lehre gehört. Die von Ihm gegebenen Vorschriften waren ihren Gedanken ganz neu. Aber ihr größtes Staunen war über seine Art und Weise, denn es war eine Gewißheit, eine Macht, ein Gewicht darin, wie sie es niemals bei den gewöhnlichen, verordneten Lehrern gefunden hatten. Er warf keine Fragen auf, und sprach nicht mit Zaudern; Er citierte auch keine Autoritäten und verbarg seine eigne Verantwortlichkeit nicht hinter großen Namen. “Er lehrte gewaltig.“ Er sprach königlich. Die Wahrheit war ihr eigner Beweis und ihre eigne Bezeugung. Er lehrte prophetisch wie einer, der von oben inspiriert war. Die Menschen fühlten, daß Er wie ein von Gott Gesandter sprach. Es war kein Fehler von ihnen, daß sie erstaunt waren, aber es war ein schweres Verbrechen, erstaunt zu sein, und weiter nicht.

Mein Heiland, dies war ein armseliger Lohn für Deine königliche Rede - “das Volk war erstaunt.“ Gewähre mir, daß mir nichts daran liege, die Menschen in Staunen zu setzen, daß ich aber fähig gemacht werde, sie für Dich zu gewinnen; jedoch wenn ich mit meinen äußersten Bemühungen sie nur in Staunen setze und weiter nichts, so laß mich nie klagen, denn wie sollte der Jünger über seinem Meister sein?

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