Spangenberg, August Gottlieb - Rede an die Kinder, den 12ten Oct. 1779.

Spangenberg, August Gottlieb - Rede an die Kinder, den 12ten Oct. 1779.

Gesungen: Du lieber Gott, ich wüßt', und wenn ich sterben müßt', von keinem andern Heiland, als von dem Jesu weiland und heut' und in den Zeiten der tiefen Ewigkeiten.

Wahrheit, aller Anbetung werth! die's Herz mit tiefem Respect verehrt: daß vor Jesu Christo zu Gottes Rechte, die Knie aller und jeder Geschlechte sich beugen soll'n.

Du König der Ehren Jesu Christ! des Vaters ein'ger Sohn Du bist: erbarme Dich der ganzen Welt, und segne, was sich zu Dir hält.

Losung: Wir hören Lobgesänge vom Ende der Erden, zu Ehren dem Gerechten. Jes. 24, 16.

Amen, uns ewig währe die Freude, Gott die Ehre! bringt alle Sprachen zusammen, in einem Glauben, Amen.

Meine lieben Kinder! in dieser Losung ist eine besondere Materie enthalten, und ich habe geglaubt, daß es euch auch lieb seyn werde, wenn ich euch einen kleinen Unterricht davon gebe. Das will ich jetzt thun, und ich bitte euch, in eurer gegenwärtigen Aufmerksamkeit fortzufahren, so werdet ihr dem, was ihr höret, weiter nachdenken und nachfragen können, und das wird euch zum Segen seyn.

Ehe unser Herr Jesus Christus auf die Welt kam, und als Mensch auf Erden wandelte, hatte Er sich ein Volk ausersehen, nämlich das Volk Israel, man nennt es jetzt insgemein die Juden, unter welchem Er als ihr Gott und Herr besonders seyn wollte, dem Er herrliche Gesetze gab, und das Er als Sein ganz eigenthümliches Volk ansahe. Nachdem aber der Heiland in der Welt erschienen und das Lamm Gottes worden ist, das der Welt Sünde getragen und sich für uns zum Opfer gegeben hat, so macht der liebe Gott gar keinen Unterschied mehr unter den Menschen; es mag einer zu diesem oder jenem Volke gehören, und seyn, was er will, wenn er das Evangelium hört, im Glauben annimmt, und zu Jesu Christo kommt, wird er ein Kind Gottes und ein Erbe des ewigen Lebens. Davon handelt nun unsre Losung: Wir hören Lobgesänge vom Ende der Erden, zu Ehren dem Gerechten. Dieses Wort hat ein Mann Gottes gesagt, der lange vor der Geburt unsers Herrn Jesu Christi gelebt hat. Er hat es durch den heiligen Geist vorausgesehen, wie die Heiden, die auf der ganzen Erde zerstreut sind, das Evangelium hören, es annehmen, und unserm Herrn und Heilande Lob- und Freuden-Gesänge singen würden. Wir sehen auch nun die Erfüllung davon vor unsern Augen.

Meine lieben Kinder! wenn vom Ende der Erden die Rede ist, so werden dadurch die Orte verstanden, die am weitesten von uns entfernt sind, von denen man so redt, als ob die Leute daselbst am Ende der Erde wohnten. Aber eigentlich hat die Erde nirgend ein Ende. Das Meer und die Erde machen eine Kugel aus, so daß wenn man um die Erde herum geht, so findet man kein Ende, und kommt wieder dahin, wo man ausgegangen ist. Unsre Losung will also sagen: daß die Nationen und Völker, die an den entferntesten Orten wohnten, doch das Evangelium hören, es annehmen, und den Heiland loben und preisen würden. Da will ich euch doch sagen, was wir in unsern Tagen davon erlebt haben. Es sind von unsern Brüdern und Schwestern nach Grönland, St. Thomas, Crux und Jan, nach Jamaica, Antigoa, St. Kitts, Barbados, nach Suriname, auch an die Ohio zu den Indianern, und noch an mehrere Orte in der Welt, hingereiset, um daselbst das Evangelium zu predigen solchen armen Menschen, die man Heiden nennt, die nichts von Jesu wußten, sondern Abgötter, d. i. solche Leute waren, welche die Sonne, den Mond, die Sterne, oder gar Figuren, die sie von Holz und Stein machten, anbeteten, und dabey in allen Sünden und Greueln lebten. Da haben sie durch ihre Predigt schöne Gemeinen gesammlet von bekehrten Heiden, die jetzt dem Heiland anhangen, Ihn, als ihren Herrn erkennen, Seine Gebote annehmen, sich darnach richten, und Ihm zur Ehre und Freude zu leben suchen. Von diesen Heiden-Gemeinen bekommen wir öfters Nachrichten zu lesen, vielleicht habt ihr auch schon manches von ihnen gehört, und freuen uns, wenn wir hören, wie in allen diesen weit entfernten Ländern der Heiland von den Heiden gepriesen, geehrt und angebetet wird. Meine lieben Kinder! unter denselben gibt es Kinder, die sind ganz schwarz, sie haben vom Kopf bis zum Fuß über und über schwarze Haut. Diese Kinder hören auch das Evangelium, kommen zusammen und haben ihre Versammlungen und Bettage wie ihr. So versammlen sich, zum Exempel in St. Thomas, ihrer so viele, daß sie die ganze Kirche füllen, wenn gleich weiter keine Erwachsene dabey sind, als die Mütter der ganz kleinen Kinder. Da wird mit ihnen vom Heiland geredt, sie werden über das, was ihnen gesagt worden, befragt, und antworten so schön, daß man sich darüber freuen muß. Denkt nur! kann man nun nicht sagen: wir hören Lobgesänge vom äußersten Ende der Erben zur Ehre des Heilandes?

Es gibt noch andere Kinder, die weder weiß noch schwarz, sondern braungelb sind. Dieses sind die Kinder der Indianer, die man insgemein Wilde nennt, weil sie in den Wäldern wohnen, und sich von dem Jagen nähren. Von denen hat der Heiland auch schon viele an sich gezogen. Es gibt viele Brüder und Schwestern unter diesen Indianern, deren Kinder auch solche Versammlungen haben, wie ihr hier, darin ihnen vorgesagt wird, wie lieb sie der Heiland hat, daß Er Sein Blut für sie vergossen, und Sein Leben für sie in den Tod gegeben hat, und daß Er sie nun zu Seinen Kindern annimmt, und ihnen Seinen heiligen Geist gibt, der sie in Seine Wege leitet, und sie lehret Seine Gebote Halten. Ist das nicht etwas erfreuliches, daß auch solche braune Kinder den Heiland lieb haben, Ihm zur Ehre leben und Ihm Loblieder singen?

Denkt nur, was der Heiland, der große König der Ehren, für ein Reich hat! Es ist auf dem ganzen Erdboden ausgebreitet, und ihr gehöret auch mit dazu.

Manchmal haben die Grönländischen Kinder Briefe an unsre Kinder in Deutschland geschrieben. Wir haben auch Briefe von den schwarzen Kindern bekommen. Die Brüder, die unter ihnen waren, und sie fleißig besuchten, haben in ihrem Namen auch Briefe an die Kinder in Bethlehem geschrieben; da habe ich einmal etwas sonderbares erlebt. Ein Bruder, der in Suriname unter den Schwarzen war, schrieb einen Brief an die Kinder in Bethlehem, bey denen er vorher gewohnt hatte; aber das Schiff, das den Brief dahin bringen sollte, ging verloren; allein ein Brief wurde durchs Wasser an das Land geworfen, und etwa zween Monate darauf ging jemand vorbey, der ihn fand, und ihn nach Bethlehem brachte. Als man ihn öffnete, so sahe man, daß das der Brief war, den der Bruder in Suriname an die Kinder in Bethlehem geschrieben hatte; das Wasser hatte ihn zwar ganz durchzogen, aber man konnte ihn doch noch lesen. So hat Gott darüber gewacht, und den Zusammenhang des Bruders mit den Kindern erhalten wollen.

Da will ich euch nun noch zwen Sachen sagen; Hört mich an! Das eine ist: denkt fleißig an die Kinder, die in der Welt zerstreut sind, an die weißen, schwarzen und braunen, und bittet den Heiland, daß Er an ihren Orten Seine Gnade unter ihnen immer größer machen wolle.

Zum andern, lieben Kinder! will ich euch an noch etwas erinnern. Wer weiß, wer von euch einmal zu den Schwarzen oder den Braunen hingeht, und ihnen das Evangelium prediget. Es können unter euch Kinder seyn, die jetzt noch klein sind, und die der Heiland, wenn sie werden erwachsen seyn, einer solchen Gnade würdiget. Er erfüllt ihre Herzen mit Seiner Liebe durch den Heiligen Geist, und es entsteht ein Trieb in ihnen, daß sie sagen: „Ach wenn ich doch auch zu den Heiden gehen, und ihnen Jesum Christum, ihren Heiland, der sie so lieb hat, bekannt machen könnte!“ Da kann es seyn, daß mancher, der hier unter euch Kindern sitzt, ein Bote Jesu Christi wird, den Er schickt, den Heiden das Evangelium zu verkündigen. Jetzt aber seyd ihr nur recht liebe Kinder, fleißig, gehorsam und recht aufmerksam auf das, was euch von dem lieben Heiland gesagt wird. Geht recht vertraulich mit dem Heiland und sucht Ihm zur Ehre und Freude zu werden. Er hat es an euch verdient, denn Er ist für euch gestorben, und hat Sein Blut für euch vergossen.

Ges. Behalt uns eingeschlossen in Deines Herzens Schrein; Du hast Dein Blut vergossen, für uns arm' Würmelein uns damit zu erlösen von ew'ger Angst und Pein; wie könnt auf dieser Erden doch größ're Liebe seyn!

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/s/spangenberg_august_gottlieb/reden/spangenberg_1_rede.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain