Simons, Menno - Von der neuen Geburt

Eine schöne, Gründliche Lehre, aus des Herrn Wort, Alle Menschen, die sich nach Christi Namen nennen lassen, ernstlich vermahnend zu der Himmlischen Geburt und Neuen Kreatur, Ohne welche niemand, der zu seinem Verstande gekommen, ein wahrhafter Christ ist, noch sein kann.

Im Jahre 1556 wiederum mit großem Fleiß durchsehen, vermehrt und verbessert von Menno Simon.

In Christo Jesu gilt weder Beschneidung noch Vorhaut etwas, sondern eine neue Kreatur,“ Gal. 6, 15
Einen andern Grund kann zwar niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christ,“ 1. Cor. 3, 11.

Simons, Menno - Von der neuen Geburt

Hört meine Worte, alle Völker, und versteht sie wohl, ihr, die ihr euch dünken laßt, daß ihr Christen seid, und euch mit großer Vermessenheit des Herrn Gnade, Verdienst, Fleisch, Blut, Kreuz, Reich und Tod rühmet, unerachtet daß weder christlicher Glaube noch brüderliche Liebe, weder Buße noch rechter Gebrauch der Sakramente Christi, weder reine Lehre noch das unsträfliche, gottselige Leben das aus Gott ist, und zu dem uns die ganze Schrift ermahnet, weder rechter Gottesdienst, noch irgend welche evangelische Art, Natur oder Gehorsam bei euch befunden wird, sondern im Gegenteil nichts als ein gräulicher, dunkler Unglaube, ein unzüchtiges, fleischliches Leben, falsche Lehre, irrige, eigen erdichtete und erwählte Sakramente, ein teuflisches Herz und Gemüt, eine verfluchte, heidnische Abgötterei unter Christi Namen, eine blinde, blutdürstige Tyrannei, und eine unbarmherzige, grimmige Rachsucht wider alle Kinder Gottes; ja eine offenbare Widerspenstigkeit, Verachtung und ein offenbarer Ungehorsam gegen alle Worte Christi und seines Heiligen Geistes, wie man solches ja deutlich die ganze, weite Welt hindurch sehen und merken kann.

Auf daß ihr euch aber nicht länger mit solcher lügenhaften, eitlen Hoffnung zu eurer ewigen Verdammnis wider alle Schrift vertröstet, auch euch nicht vergeblich der vorgenannten Reichtümer und Herrlichkeit der Kinder Gottes rühmet, nämlich Christi Reich, Gnade, Verdienst, Fleisch, Blut, Kreuz, Tod und Verheißung etc., welche euch noch nicht zugehören, weil ihr so ganz irdisch, fleischlich und teuflisch gesinnt seid, Christum verstoßt und euch an seinem Geist, Wort und Vorbild nicht haltet, ohne welches niemand ein Christ sein kann; so habe ich durch die barmherzige Gnade des Herrn mir vorgenommen, so viel als in mir ist, euch auf das allerkürzeste aus dem untrüglichen, kräftigen und seligmachenden Wort des heiligen Evangeliums Christi, und aus der unverfälschten, reinen Lehre seiner Apostel in diesem meinem Sendbrief zu erklären, wer diejenigen sind, oder wer sie nicht sind, die mit den vorgenannten Gaben, Verdiensten und Verheißung Christi, von Gott in Gnaden begabt sind. Saget mir, meine Allerliebsten, wo oder wann habt ihr in der Schrift gelesen die ja das gewisse Zeugnis des Heiligen Geistes und die einzige Richtschnur unseres Gewissens ist, daß ein Ungläubiger, Ungehorsamer, Fleischlicher, Ehebrecher, Hurer, Trunkener, Geiziger, Abgöttischer, oder prachtliebender und übermütiger Mensch, irgend eine Verheißung auf Christi Reich und Gemeinde, ja Teil oder Gemeinschaft auf seinem Verdienst, Tod und Blut gehabt habe?

Ich sage euch die Wahrheit, in der Schrift liest man es nirgends und nimmermehr, sondern also steht im Paulo geschrieben: Lebt ihr nach dem Fleisch, so werdet ihr sterben müssen. Die Ehebrecher, Hurer, Knabenschänder, Weichlinge, die Unreinen, Abgöttischen, Trunkenen, Hoffärtigen, Neidischen, Verräter und Vergießer unschuldigen Blutes, Diebe, Mörder, Hinterreder, Meineidige, Zauberer, Lügner, Unbarmherzige und die Ungehorsamen sind wider Gott und Christum, und werden, so sie sich nicht bekehren, Gottes Reich nicht ererben, ja ihr Teil wird in dem feurigen Pfuhl sein, der mit Schwefel und Feuer brennen wird, welches der andere Tod ist, Röm. 8, 13; 1. Kor. 6, 10; Eph. 5, 5.

Siehe, werter Leser, dieses ist Gottes unwiderruflicher Richterspruch und Urteil über alle, die, so nach dem Fleisch leben, wer sie auch sein mögen, Kaiser oder König, Herzog oder Graf, Ritter oder Junker, edel oder unedel, Pfaff oder Mönch, gelehrt oder ungelehrt, reich oder arm, Mann oder Weib, leibeigen oder frei. Alle die nach dem Fleische leben, müssen Gottes gerechtem Urteil und strengen Zorn ewiglich unterworfen sein oder die ganze Schrift müsste unwahr sein. Und darum wird das arme, unwissende Volk vergebens mit Messen, Metten, Vespern, Beichten, Wallfahrten und Weihwasser, ja, was noch mehr ist, mit Christi Gnade, Tod und Blut, getröstet. Das Wort steht aber fest: „Lebt ihr nach dem Fleisch, so werdet ihr sterben, denn fleischlich gesinnt sein ist der Tod.“ Darum rate und bitte ich euch allesamt, hört auf Christum Jesum, der als ein Zeuge der Wahrheit uns vom Himmel gesandt ist; denn er spricht also: „Wahrlich, ich sage euch, es sei denn, daß ihr euch umkehret und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ An einer anderen Stelle: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ Wiederum: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, es sei denn, daß jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“

Treuer Leser, nimm wahr, diese Worte sind von keinem Menschen erdacht oder eingesetzt; sie sind auch von keinem Konzilio aufgeworfen oder beschlossen worden, sondern sie sind das unbetrügliche, treue Wort, welches der Sohn Gottes, Christus Jesus, aus seines Vaters Mund uns gebracht, und dem frommen Gesetzgelehrten, Nikodemus, mit einer doppelten Versicherung bestätigt hat. Dasselbe Wort ist mächtig und klar, und meinet nicht allein den gemeldeten Nikodemus, sondern auch alle Adamskinder, die zu ihrem Verstand gekommen sind. Leider ist es aber so von dem widerlichen, sauerteigartigen Unflat und Kot der menschlichen Gebote, Statuten und Auslegungen verdunkelt worden, daß kaum einer oder zwei unter Tausenden gefunden werden, die der himmlischen Geburt rechten Sinn oder rechtes Verständnis haben, geschweige, daß sie derselben wirkende Kraft, Art, Natur und Frucht besitzen sollten. Ja, sie haben es mit der Zeit durch ihre philosophische Klugheit und eigenerwählte Heiligkeit so weit getrieben, daß die ewige Weisheit Gottes, Christus Jesus, in Ewigkeit gesegnet, als ein armer, unverständiger Narr aus dem Haus seiner Ehren, welches seine Gemeinde ist, vertrieben ist, mit samt seinem Heiligen Geist und Wort, seiner Taufe, seinem Abendmahl und Gottesdienst, seiner Absonderung und seinem unsträflichen Vorbild; und auf seinen Stuhl hat man gesetzt den Mensch der Sünden, das Kind des Verderbens, mit seiner gräulichen Lehre, abgöttlichen Kindertaufe und Abendmahl, mit seiner unreinen Reinigkeit und Verheißungen, mit seinen Kirchen, Klöstern, Pfaffen, Mönchen, Messen, Metten, Vespern, Weihwasser, Bilder Wallfahrten, Fegefeuer, Bigilien, Beichten, Absolutionen, welches doch alles miteinander nichts als lauter Lehre und Gebote der Menschen sind, wider allen Grund der Schrift aufgeworfen, eine verbannte Abgötterei und ein Gräuel, eine offenbare Vernichtung und Lästerung von des Herrn Tod und Opfer, eine Verachtung des neuen Testaments, oder des Bundes, der mit dem Blute des unschuldigen Lammes versiegelt ist, eine Zerstörung und Verwüstung der heilsamen Ordnung Christi, von der Lehre, Taufe, dem Abendmahl, Leben und der Absonderung, vielfältig in der Schrift bezeugt, welche Ordnung er in unwidersprechlicher Klarheit und Kraft, nach seines Vaters Befehl, hier in der Welt gelehrt und seinen Kindern durchs Wort nachgelassen hat, und keine andere kann jemals errichtet werden, die vor ihm bestehen kann. Kurzum, die Schriftsteller und Gelehrten haben vermittelst ihrer Konzilien, Dekrete und Statuten, unterstützt durch die Tyrannei und Gewalt der Machthabenden, alles so vollständig verderbt, daß den Menschen kaum ein einziger Artikel unversehrt geblieben ist von allen denen, die uns Christus und seine heiligen Apostel lehrten.

Alle die vorgemeldeten Gräuel, samt dem gottlosen, fleischlichen Leben der ganzen Welt, werden der Wahrheit meiner Worte Zeugnis geben. Dessen ungeachtet wollen sie die heilige, christliche Kirche sein und heißen; und wer sie aus reiner, aufrichtiger Liebe mit des Herrn Geist und Wort ermahnt, der wird von ihnen als ein verfluchter Wiedertäufer und Ketzer bezeichnet. Ich sage euch noch einmal: Sie wollen die christliche Kirche sein und heißen, und es ist offenbar, nach Ausweis ihrer Werke, daß sie nicht Christen, sondern lauter fleischliche, hoffärtige, geizige, geile, unkeusche, trunkene und abgöttliche, blinde Heiden sind. Und was noch mehr ist, ihrer etliche sind auch unbarmherzige, mörderische, grimmige, rachgierige und blutgierige Teufel, denn viele ihrer Werke geschehen nach des Teufels Willen. Mit Recht mag man sich über ihre Sache wohl beklagen, denn das gerechte Urteil ist also über sie gekommen, daß sie der Bekehrung ganz verschlossen sind, und wenig Heilsames bei ihnen geblieben ist. Ach, wie elendiglich ist der schöne Weinberg verwüstet, und wie kläglich sind seine Äste verdorret, sein Zaun ist niedergerissen, die verderbenden Füchse haben überhand genommen, die Wolken sind trocken und geben kein Wasser mehr, da ist weder Beschneider noch Messer mehr vorhanden, und so dann jemand ist, der muß von dem Drachen verschlungen, oder von dem apokalyptischen bluttrunkenen Weibe ermordet werden. O barmherziger, gnädiger Vater, wie lang soll doch dieser schwere Jammer andauern?

Unsere Oberherren sind gleich den reißenden Löwen und Bären. Unsere Väter sind unsere Verräter. Unsere Führer sind unsere Verführer. Und die sich dünken lassen, daß sie unsere Hirten sind, sind unserer Seelen Diebe und Mörder. Wir mögen wohl aus diesem Herzen weinen und klagen, daß uns das Haus wüste gelassen ist: denn das, was vormals Christi Kirche und Reich war, ist nun leider des Antichrists Kirche und Haus geworden, und das um keiner andern Ursache halber als daß sie das Wort der Gnade undankbar verwarfen, und nicht wollen, daß der herrschende Herr, Christus Jesus, mit dem gerechten Zepter seines heiligen Worts und Geistes über sie regieren und herrschen soll; dennoch aber hoffet dies arme und blinde Geschlecht, daß sie Gottes Gnade und Verheißung durch ihre Kindertaufe, Messe, Beichte, und dergleichen abergläubische Zeremonien und Abgötterei mehr, die sie den rechten Gottesdienst nennen, und als Mittel gegen ihre Sünde brauchen, wohl erlangen werden. Ach nein, Allerliebste, nein, „denn des Gottlosen Hoffnung,“ spricht Salomon, „ist wie ein Staub vom Winde zerstreut.“

Ich habe es einmal gesagt und wiederhole es, und zwar aus des Herrn Mund, der weder lügen noch täuschen kann: „Es sei denn, daß ihr euch umkehret und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“ Und: „Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen,“ Matth. 18,3; Joh. 3, 3. Mein geliebter Leser, gib doch Acht auf des Herrn Wort, und lerne den rechten, wahrhaftigen Gott einmal recht erkennen. Ich warne dich aus treuem Herzen, nimm es wahr; er wird dich nicht erlösen noch deine Sünde vergeben, er wird dir auch nicht Barmherzigkeit und Gnade erweisen, ausgenommen allein nach seinem Worte, nämlich: So du Buße tust, so du an ihn glaubst, so du aus ihm geboren werdest, so du tust, was er befohlen hat, und wandelst gleich wie er wandelte. Denn, wenn er einen ungerechtfertigten, fleischlichen Menschen ohne Wiedergeburt, Glauben und Buße selig machen könnte, so hat er uns die Wahrheit nicht gelehrt; doch ist er die Wahrheit, und keine Lüge ist in ihm. Darum sage ich euch noch einmal, daß ihr mit allen euren Messen, Metten, Vespern, Zeremonien, Sakramenten, Konzilien, Statuten und Geboten, die unter dem ganzen Himmel zu finden sind, und welche die Päpste mit ihrem Anhang von Anbeginn gemacht haben, nicht versöhnet werden könnt, denn es sind Gräuel und nicht Versöhnungen, dessen warne ich euch. Christus spricht, „Vergebens ehren sie mich,“ dieweil sie die Gebote der Menschen lehren.

Vor allem andern aber, wollt ihr selig werden, so müßt ihr euer irdisches, fleischliches und gottloses Wesen bessern; denn die ganze Schrift lehrt und anempfiehlt uns nichts als Buße und Besserung in allen ihren Ermahnungen, Drohungen, ihrer Strafe, ihren Wunderwerken, Beispielen, Zeremonien und Sakramenten; und tut ihr keine Buße, so gibt es nichts weder im Himmel noch auf der Erde, das euch zu retten vermag; denn ohne wahrhafte Buße ist aller Trost vergebens. Der Prophet sagt: „Mein Volk, deine Tröster verführen dich, und zerstören den Weg, den du gehen sollst,“ Jes. 3, 12. Wir müssen von oben geboren sein, in unsern Herzen umgekehrt, verändert und erneuert sein, und also aus der ungerechten, bösen Art und Natur Adams, in Christi gerechte und gute Art und Natur versetzt sein, oder uns kann mit keinem Mittel, sei es göttlich oder menschlich, jemals geholfen werden. Daß, wo die aufrichtige Buße und neue Kreatur sich nicht zeigen (ich spreche von den Verständigen), der Mensch ewig verloren sein muß, ist zu klar um Widerspruch zu finden. Hierauf darf sich ein jeder mit Sicherheit verlassen, der seine eigene Seele nicht zu betrügen wünscht.

Die Wiedergeburt, von der wir schreiben, und aus welcher das bußfertige, fromme Leben entspringt, welches Verheißung hat, kommt allein aus dem Wort des Herrn, wenn es recht gelehrt und durch das Gehör des Glaubens und den Heiligen Geist dem Herzen des Zuhörers eingeprägt wird. Die erste Geburt der Menschen ist aus dem ersten und irdischen Adam und darum ist auch ihre Natur irdisch und Adamisch, das ist, fleischlich gesinnt, ungläubig, ungehorsam, in göttlichen Sachen blind, taub und unverständig, welcher Ende, so sie nicht durchs Wort erneuert werden, die ewige Verdammnis und der ewige Tod sein wird. Wollt ihr nun eure angeborne, böse Art gebessert haben, und also von dem ewigen Tod und der Verdammnis frei sein, auf daß ihr mit allen wahrhaftigen Christen empfangen mögt, das euch verheißen ist, so müßt ihr von neuem geboren werden. Denn die Wiedergeborenen sind unter der Gnade und haben die Verheißung, wie gehört ist, führen auch darum ein bußfertiges, neues Leben, denn sie sind in Christo neu geworden, und haben ein neues Herz und einen neuen Geist empfangen. Zuvor waren sie irdisch gesinnt, nun aber himmlisch, zuvor fleischlich, nun geistlich, zuvor ungerecht, nun gerecht, zuvor böse, nun gut. Und leben nun nicht länger nach dem alten verdorbenen Wesen des ersten und irdischen Adams, sondern nach dem neuen und aufrichtigen Wesen des neuen und himmlischen Adams, Christi Jesu, wie Paulus sagt: „Ich lebe aber; doch nun nicht ich, sondern Christus lebet in mir.“

Ihr armes, schwaches Leben erneuern sie alle Tage je länger desto mehr, und das nach dem Bild desjenigen der sie geschaffen hat; ihr Gemüt und Sinn ist nach dem Gemüt und Sinn Christi, und wollen gern wandeln gleich wie er gewandelt hat; sie kreuzigen und zähmen ihr Fleisch mit allen seinen bösen Lüsten; sie begraben ihre Sünde mit der Taufe in des Herrn Tod, und auferstehen mit ihm in einem neuen Leben; ihre Herzen beschneiden sie mit des Herrn Wort, und werden in den unbefleckten, heiligen Leib Christi, als gehorsame Glieder und Mitgenossen seiner Gemeinde, in rechter Ordnung, und nach des Herrn Wort, durch den Heiligen Geist, getauft. Sie ziehen Jesum Christum an, und beweisen seines Geistes Art und Kraft in allen ihren Früchten. Sie fürchten Gott von ganzem Herzen, und suchen in allen ihren Gedanken, Worten und Werken nichts anders als den Preis ihres Gottes, und die Seligkeit ihrer lieben Brüder. Haß und Rache kennen sie nicht, denn sie lieben diejenigen, von denen sie gehaßt werden; sie tun Gutes denjenigen die ihnen Böses tun, und bitten für diejenigen, die sie verfolgen. Geiz, Hoffahrt, Unkeuschheit, Pracht und Übermut, Trunkenheit, Ehebruch, Hurerei, Haß, Neid, Hinterreden, Lügen, Betrügen, Zanken, Rauben, Blutvergießen, falsche Heiligkeit, Abgötterei; kurzum, alle unreine, fleischliche Werke hassen sie, und widerstreben denselben, und verleugnen die Welt mit allen ihren Lüsten; ihre Gedanken sind Tag und Nacht in dem Gesetz des Herrn; sie erfreuen sich an dem Guten, und betrüben sich über das Böse; das Böse vergelten sie nicht mit Bösem, sondern mit Gutem; sie suchen nicht sich selbst, noch das ihre allein, sondern auch was ihrem Nächsten nützlich und gut ist, sowohl an Leib als Seele; sie speisen die Hungrigen, und laben die Durstigen; sie beherbergen die Elenden; sie erlösen die Gefangenen; sie besuchen die Kranken; sie trösten die Kleinmütigen; sie vermahnen die Irrenden, und sind bereit nach ihrs Meisters Vorbild auch ihr Leben zu geben für ihre Brüder. Kurz, ihre Gedanken sind rein und keusch, ihre Worte sind wahrhaftig und mit Salz gewürzt, bei ihnen ist ja, was ja ist, und nein, was nein ist, und ihre Werke geschehen in des Herrn Furcht, ihre Herzen sind himmlisch und neu, ihr Gemüt ist friedsam und fröhlich, und suchen die Gerechtigkeit nach allem ihrem Vermögen. Demzufolge sind sie also in ihrem Glauben durch Gottes Geist und Wort versichert, daß sie mit der Kraft dieses Glaubens alle blutgierigen, grausamen Tyrannen, mit aller ihrer Plage, Pein, Strafe, Verbannung, Plünderung, Pfählen, Henkern, Peinigern und Räten, ritterlich überwinden, und aus einem reinen Eifer, mit einem unschuldigen, reinen Herzen und schlichten Ja und Nein, willig in den Tod gehen. Christi Ruhm, die Süßigkeit des Worts, und die Seligkeit ihrer Seelen sind ihnen lieber, als alles was unter dem Himmel ist.

Siehe, werter Leser, alle diejenigen, die aus Gott mit Christo geboren werden und solchergestalt ihr schwaches Leben nach dem Evangelium einrichten, werden auf diese Weise umgekehrt und folgen dem Vorbilde Christi, hören und glauben sein heiliges Wort, und folgen seinen Geboten, die er uns mit klaren Worten in der Schrift nachgelassen und befohlen hat, sie bilden die heilige, christliche Kirche, welche Verheißung hat; sind die rechten Kinder Gottes, Brüder und Schwestern Christi; denn sie sind mit ihm von einem Vater geboren, und von der neuen Eva, der reinen, keuschen Braut. Sie sind Fleisch von Christi Fleisch, und Bein von seinen Gebeinen, das geistliche Haus Israel, die geistliche Stadt Jerusalem, der Tempel und der Berg Zion, die geistlich Arche des Herrn, in welcher verschlossen ist das wahrhafte Himmelsbrot, Christus Jesus, und sein gesegnetes Wort, der grüne, sprießende Zweig des Glaubens, und die geistlichen, steinernen Tafeln, das Gebot des Herrn enthaltend; sie sind der geistliche Same Abrahams, Kinder der Verheißung, Bundesgenossen Gottes und Teilhaber der himmlischen Güter. Diese Wiedergebornen haben einen geistlichen König über sich, der sie regiert mit dem unzerbrochenen Zepter seines Mundes, nämlich mit seinem heiligen Geist und Wort; er bekleidet sie mit dem Kleid der Gerechtigkeit, von reiner, weißer Seide; er labet sie mit dem lebendigen Wasser seines Heiligen Geistes und speiset sie mit dem Brot des Lebens. Sein Name ist Christus Jesus.

Sie sind die Kinder des Friedens, die ihre Schwerter zu Pflugeisen, und ihre Spieße zu Sicheln gemacht haben, und wissen von keinem Krieg mehr; und geben dem Kaiser was der Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist, Jes. 2,4; Matt. 22,21. Ihr Schwert ist das Schwert des Geistes, das sie in einem guten Gewissen führen durch den Heiligen Geist. Ihre Ehe ist ein Mann und ein Weib, nach Gottes eigener Ordnung. Ihr Reich ist das Reich der Gnaden, hier in der Hoffnung, und hernach in dem ewigen Leben, Eph. 6, 17; Matth. 19, 5; 25, 1. Ihre Bürgerschaft ist im Himmel, und sie gebrauchen diese untersten Kreaturen, als Essen, Trinken, Kleidung, Behausung, mit Dankbarkeit, und das zur notdürftigen Erhaltung ihres eigenen Lebens, und zu einem willigen Dienst ihres Nächsten, nach des Herrn Wort, Jes. 58, 7. Ihre Lehre ist das unverfälschte Wort Gottes, durch Moses und die Propheten, durch Christum und die Apostel bezeugt, darauf sie ihren Glauben befestigen, und ihre Seelen selig machen, und alles was dawider ist erachten sie für verflucht. Ihre Taufe bedienen sie auf den Glauben, nach des Herrn Befehl, und nach der Lehre und dem Gebrauch der heiligen Apostel, Mark. 16, 16. Ihr Nachtmahl halten sie zu einem Gedächtnis der Wohltaten des Herrn und seines Todes, und zu einer Erweckung der wahrhaftigen, brüderlichen Liebe. Ihr Bann oder Absonderung erstreckt sich auf alle stolzen Verächter, groß und klein, reich und arm, ohne alles Ansehen der Person, welche das Wort eine Zeitlang gehört und demselben gehorsam gewesen sind, aber wiederum abgefallen sind und in des Herrn Haus anstößig lehren oder sich betragen, bis daß bei ihnen Buße gefunden wird. Sie seufzen und klagen täglich über ihr armes, anstößiges, böses Fleisch, über die mannigfachen Mißgriffe und Fehltritte ihres schwachen Lebens. Sie lassen niemals ab innerlich und äußerlich zu streiten. Ihr Flehen und Rufen steigt zum Allerhöchsten empor; sie kämpfen wider den Teufel, die Welt und das Fleisch ihr ganzes Leben lang; jagen nach dem vorgestreckten Ziel und Kleinod, daß sie es erreichen mögen. Und beweisen also mit der Tat, daß sie des Herrn Wort glauben, daß sie Christum in der Kraft haben und kennen, aus Gott geboren sind und Gott zu einem Vater haben.

Siehe, werter Leser, was ich einmal gesagt habe, das wiederhole ich; dieses sind die Christen, welche Verheißung haben und von Gottes Geist versiegelt sind, denen Christus Jesus mit allem seinem Verdienst, seiner Gerechtigkeit, Fürbitte und Auferstehung, mit seinem Wort, Kreuz, Leiden, Fleisch, Blut, Tod, seinem Reich und allen seinen Gütern ohne Verdienst geschenkt worden ist. Was aber alle die sektirischen Kirchen, sie heißen gleich wie sie wollen, für eine Lehre, Glauben, Leben Wiedergeburt, Taufe, Nachtmahl, Bann und Gottesdienst haben, und was für einen Lohn ihnen dafür in der Schrift verheißen ist, darüber will ich den recht verständigen Leser mit des Herrn Geist und Wort nachdenken lassen. Hier möchte ich mich an alle großmächtigen Herren, Fürsten und Regenten wenden, die unter dem ganzen Himmel zu finden sind, und an alle Päpste, Kardinäle, Bischöfe, samt allen Weisen und Gelehrten , die uns die Schrift von Anfang solchergestalt verstümmelt und verdunkelt haben; und möchte sie fragen, ob sie uns mit irgend einem Worte aus der Bibel (ich sage, aus der Bibel, denn wir achten nicht auf menschliche Erdichtungen und Lügen) beweisen können, daß ein ungläubiger, widerspenstiger, fleischlicher Mensch, ohne wahre Buße und Wiedergeburt, zu irgend einer Zeit selig ward oder je werden kann, allein darum, daß er sich des Glaubens und Todes Christi rühmt, oder der Pfaffen Messen oder Götzendienst anhöre, wie solches die ganze Welt tut; können sie diese Frage wahrheitsgemäß bejahen, so sind sie im Recht.

Aber dies ist von Anfang niemals so gewesen und wird auch in ewigen Zeiten nicht geschehen; könnten solche unnütz Menschen ohne Buße und Wiedergeburt, durch ihr Messe hören und Beichten selig werden, wie sie, die arme Kinder, ohne allen Schriftgrund hoffen, dann könnte man wahrlich sagen, daß die vorerwähnten Mittel (wiewohl sie abgöttisch sind) stärker wären, als des Herrn Wort. Denn das Wort kennt keine Messe, sondern sagt: „So ihr euch nicht bessert, werdet ihr alle auch also umkommen,“ Luk. 13, 3. Dann würden auch Moses und die Propheten, Christus und seine Apostel falsche Zeugen gewesen sein, würden uns arme Schafe elendiglich getäuscht haben, weil sie uns auf einen so engen, schmalen Weg gewiesen haben. Ach nein! Freunde, nein! Hütet euch; ich sage euch, Gott wird euch nicht berügen. Denn er spricht durch den Propheten Maleachi (3, 6): „Denn ich bin der Herr, der nicht lüget.“ Alles was er uns durch seine Propheten, durch Christum und seine Apostel, in seinem heiligen Wort bezeugt, das ist auch sein ewiger unwandelbarer Wille; das mögen wir alle wohl bedenken, wollen wir an unsern Seelen nicht betrogen sein. Kurzum, jeder andere Rat und Ausweg ist vergeblich. Wahre Buße und die Geburt von oben müssen eintreten; wir müssen Christo und seinem Wort glauben, und wir müssen bei seinem Wort, Geist, seiner Ordnung und seinem Vorbild bereitwillig verbleiben, oder ewiges Elend und Höllenpein unser Teil sein.

Dies ist unwidersprüchlich. Ich ermahne und bitte euch deshalb, als die welche meine Seele in Gott liebet: tut Buße, tut Buße! sage ich, und verziehet nicht; „denn die Axt ist schon dem Baum an die Wurzel gelegt, welcher Baum nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und in das Feuer geworfen werden,“ Matth. 3, 10. Wachet doch über eure armen Seelen, die mit einem solchen kostbaren Schatz erkauft sind, und lasst euch doch nicht länger mit offenbaren Lügen trösten, noch mit Träbern sättigen; denn siehe, in Christo sage ich euch, da ist nichts unter dem ganzen Himmel, das vor Gott bestehet oder je bestehen wird (mögen die Gelehrten auch rufen und schreiben so laut und so lang sie immer wollen), denn die neue Kreatur, der Glaube, der durch die Liebe wirkt, und das Halten der Gebote Gottes. Meine getreuen Leser, glaubet nicht mir, sondern dem Wort, darauf ich euch durch Gottes Gnade mit meiner kleinen Gabe gewiesen habe; denn ich sage euch, daß so wahrhaftig als der Herr lebt: Alle die euch anders lehren als wir hier aus des Herrn Wort bezeugt haben, sie mögen nun sein, wer sie wollen, das sind Propheten, die euch verführen, und die euch Kissen unter eure Arme und Pfühle unter eure Häupter legen; die die Wand mit falschem Kalk tünchen und den Gottlosen Frieden zusagen, aber nicht aus des Herrn Mund. Denn so sicher und fest als es ist, daß die Wiedergebornen und Bußfertigen die rechten Christen sind, die Gottes Wahrheit, das rechte Licht, die Erlösung von ihren Sünden und die gewisse Verheißung auf das ewige Leben haben, so sicher und fest ist es auch, das die Fleischlichen und Unbußfertigen die falschen Christen sind, von schlangenähnlichen Lügen, von Finsternis und Hang zur Sünde erfüllt, und die gewisse Verheißung des ewigen Todes haben. Daß dies die Wahrheit ist, wird vor dem allmächtigen Gott in Ewigkeit richtig erfunden werden; darüber ist mir sein Wort ein zuverlässiger Beweis; und ich bin, durch seine Gnade, davon vollständig überzeugt.

Nun wird uns von Etlichen hier vielleicht geantwortet werden: Unser Glaube ist auch, daß Christus Jesus Gottes Sohn ist, daß sein Wort die Wahrheit ist, und daß er uns mit seinem Tode und Blut erkauft hat; auch daß wir in unserer Taufe wiedergeboren sind und den heiligen Geist empfangen haben, darum wir auch die rechte Kirche und die Gemeinde Christi sind. Wir antworten: Wenn euer Glaube so ist, wie ihr sagt, warum tut ihr denn nicht, was er euch in seinem Wort geboten hat? Denn sein Gebot lehret: Bessert euch. Bekehret euch. Haltet die Gebote. Und es ist offenbar, daß ihr alle Tage je länger desto ärger werdet; daß die Ungerechtigkeit euer Vater und die Bosheit eure Mutter ist, und des Herrn ausdrückliches Gebot euch eine Torheit und Gespött ist. Weil ihr denn also nicht tut wie er gebot und haben will, sondern wie ihr wollt, so ist damit genugsam bewiesen, daß ihr nicht glaubt, daß Jesus Christus Gottes Sohn ist, obgleich ihr es sagt.

Auch glaubt ihr nicht, daß sein Wort die Wahrheit ist; denn der Glaube und seine Früchte sind unzertrennlich, wie ihr alle, durch des Herrn Gnade werdet zugestehen und bekennen müssen. O ihr arme, blinde Menschen, schweigt still und schämet euch, und lasst doch Christum Jesum mit seinem Geist und Wort euer Lehrmeister und Vorbild, auch euer Weg und Spiegel sein. Meint ihr, es werde genügen, Christum nur nach dem Fleische zu erkennen? Oder zu sagen, daß ihr an ihn glaubt, daß ihr getauft seid, Christen seid, und daß ihr mit Christi Tod und Blut erkauft seid? Ach nein, ich habe es euch manchmal gesagt, und sage es euch noch einmal, ihr müsst so aus Gott geboren und in eurem Leben bekehrt und verändert sein, daß ihr neue Menschen in Christo seid, daß Christus in euch ist und ihr in Christo, oder ihr könnt nimmermehr Christen sein, denn wer in Christo ist, der ist eine neue Kreatur, 2. Cor. 5, 17.

Glaubt ihr nun recht an Christum Jesum, gleichwie ihr euch rühmet, so bezeugt diesen Glauben mit eurem Leben; denn „der Gerechte lebt seines Glaubens,“ sagt die Schrift. Daß dieses die Wahrheit ist, haben Abel, Enoch und Noah, Abraham und Isaak, Jakob und Joseph, Moses, Josua, Caleb, Samuel, David, Matthäus, Zachäus, Magdalena und Paulus, mit allen frommen Kindern Gottes, die von Anfang gewesen sind und auch noch sind, mit dem Werk und der Tat genugsam vor der ganzen Welt bewiesen. Wie ihr euch aber in eurem Glauben schickt und wie ihr gesonnen seid, ist deutlich wahrnehmbar an euren groben Lügen, eurem Betrug, Geizen, Knaufern, Fluchen, Schwören und mutwilligem Leben; denn eure Herzen brennen in der Ungerechtigkeit, ihr fürchtet weder Gott noch Gottes Wort, gleichwohl rühmet ihr euch, daß ihr an Christum glaubt, Christi Worte habt, und Christen seid, etc. Noch einmal sage ich: Bessert euch, oder schweigt still und schämet euch. Weiter lasset ihr euch dünken, daß ihr in eurer Taufe neu geboren seid, und den heiligen Geist empfangen habt. Getreue Leser, denket nach; wenn es also an euch geschehen wäre, gleichwie ihr sagt, so müsst ihr bekennen, daß eure Wiedergeburt ohne alles Hören des Worts, ohne Glauben und Erkenntnis Christi, auch ohne allen Verstand und alles Wissen geschehen wäre, und daß auch überdies die vorbesagte Geburt und der empfangene Geist ohne alle Wirkung, Weisheit, Kraft und Frucht, ja ganz unnütz und tot in euch sein müssten; denn daß ihr weder nach dem Geist, noch nach der Kraft der neuen Geburt lebt, erhellt genügend aus eurem übermäßigen Geiz, eurer Trunkenheit, eurem Stolz und abgöttlichen, fleischlichen Leben, wie alle eure Getaufte werden bezeugen müssen. Ja, meine Freunde, wenn ihr also in eurer Taufe aus Gott geboten wäret, und also den heiligen Geist empfangen hättet, gleichwie euch eure Tröster sagen und vergewissern, so könnte es nicht fehlen, daß die Wiedergeborenen nicht mehr mutwillig in ihren Sünden leben, sondern durch den Glauben in einer wahrhaftigen Buße mit der Taufe in Christi Tod begraben sind, und also auch mit ihm auferstehen in einem neuen Leben, und daß die, welche des Herrn Geist haben, auch des Geistes Frucht hervorbringen. Daß aber ihr eure Sünden nicht begrabet, sondern den selben mit aller Macht dienet, auch des Geistes Frucht nicht hervorbringt, das beweist ihr wohl täglich mit eurem eiteln, fleischlichen und abgöttischen Lebenswandel .

Meine Freunde, aus treuer Liebe warne, vermahne und bitte ich euch, wacht auf und sehet doch zu, was euch des Herrn Wort lehret, denn der Geist des Herrn kommt nicht in eine boshaftige Seele, und wohnet nicht in einem Leibe welcher der Sünde unterworfen ist. Zum zweiten sage ich euch, so ihr recht nach des Herrn Wort getauft seid, gleichwie ihr meinet, so habt ihr Christum angezogen, und lebt nun nicht länger nach Adams angeborener bösen Art, sondern nach Christi wiedergeborner guten Art, etc. Weil aber solches an euch nicht befunden wird, sondern es offenbar ist, daß ihr noch ganz fleischlich und irdisch sein, wie solches an allen euren Früchten erscheint, so unterliegt es keinem Zweifel, daß ihr nicht wiedergeborne, getaufte Christen, sondern unbußfertige, fleischliche Heiden seid, denn eure Werke geschehen meistenteils nach heidnischem Willen, wie man sehen und hören kann. Noch einmal sage ich, wachet auf und vernehmt, was des Herrn Wort euch lehrt: „So aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen; der Geist aber ist das Leben um der Gerechtigkeit willen,“ Röm. 8, 10. Zum dritten sage ich euch, so ihr recht nach des Herrn Wort getauft seid, so seid ihr Glieder und Mitgenossen an dem Leib Christi geworden, und habt das Zeugnis eines guten Gewissens vor Gott. Da aber ein Leib niemals in sich selbst geteilt ist, noch seine Glieder hasset oder sie beschädigt, sondern ein Glied dem andern hilft und dient; und da es augenscheinlich ist und von euch mit der Tat bewiesen wird, das ihr die auserwählten Glieder Christi so unbarmherzig verfolgt, mordet und ausrottet, die auch von eurem Fleisch und Blut sind, und die er mit seinem Tode erkauft, mit seinem Wort geboren, mit seinem Geist begabt, und sich zu einem eigenen, besondern Volk auserwählt hat, und da außerdem ein wiedergebornes, neues und reines Gewissen bei menschlichen Verordnungen keine Hülfe und Zuflucht sucht, sondern lediglich mit einem guten Glauben sich allein auf des Herrn Gnade, Gerechtigkeit, Gebet, Verdienst, Tod und Blut verläßt; ihr hingegen euer Vertrauen auf der Pfaffen und Mönche Messen, Beichten, Absolution, Wasser, Brod, Wein, Öl und Bigilien setzt, so bezeugt das Werk selbst, daß ihr nicht allein keine dienstbaren Glieder an dem vorgedachten Leibe, sondern vielmehr Zerstörer und Verunreiniger seid; daß ihr nicht ein festes, freudiges, friedsames und gutes Gewissen sondern vor Gott ein wankelmütiges, verdammtes, unruhiges und böses Gewissen habt: denn wir sehen, daß aller vorbenannter Aberglaube und falscher Gottesdienst, welche von den Wiedergebornen, Frommen und Guten als ein Gräuel erachtet werden, eure vorzügliche Stärkung und Tröstung ausmachen, weil ihr Christum weder habt noch kennt.

Meine Freunde, sehet euch vor, denn ihr werdet von euren Tröstern gar sehr betrogen. Der Geist der Prophezeiung sagt: „Dem Engel der Gemeine zu Smyrna schreibe: Das sagt der Erste und der Letzte, der tot war, und ist lebendig geworden: Ich weiß die Lästerung von denen, die da sagen, sie sind Juden, und sind es nicht, sondern sind des Satans Schule,“ Offenb. 2, 8, 9. So kann derselbe Geiste in jetziger Zeit wohl zu allen großen und lockeren Sekten der Welt sagen: Ich kenne die schwere Lästerung und sehe wohl das böse Leben derer, die sich wiedergeborne, getaufte Christen nennen, sehen, wie sie es ärger treiben könnten. Kommt man dann zu den Oberherren und Mächtigen, da ist nichts als Stolz und Hochmut, Pracht und Übermut, Tanzen, Springen, Huren, Reiten, Jagen, Fechten und Lanzenbrechen, Kriegen, Stadt und Land verderben, und ein Leben nach ihres Herzens Lust. Kommt man zu den Beamten und Richtern, so findet man bei ihnen unersättlichen Geiz, Untreue und Büberei, schlaue Anschläge um die Elenden und Gottesflüchtigen zu betrügen; sie suchen Geschenke und Gaben; sie verkehrten das Recht der Rechtschaffenen, und nehmen gerne eine Bestechung an um unschuldiges Blut zu vergießen; sie verfolgen die Wahrheit; verwerfen, was recht und gut ist; Gottesfurcht ist nicht vor ihren Augen. Kommt man zu den Schriftgelehrten, mögen sie Prediger, Pfaffen oder Mönche sein, so sieht man dort ein solches eitles, faules, wollüstiges und fleischliches Leben, eine so verderbte, antichristliche Lehre und Auffassung des Wortes, einen solchen Haß, Neid, Aufruhr und ein solches Belügen, Lästern und Verraten aller Frommen, daß ich mich schämen muß, solches vor den Ohren der Ehrlichen zu erwähnen.

Das gemeine Volk läuft, wie der Prophet klagt, gleich einer tollen Kuh. Sie lügen, betrügen, fluchen und schwören bei des Herrn Wunden und Sakramente, bei seiner Hand, Kraft, Macht und bei seinem Urteil, Leiden, Tod und Blut. Ich schäme und entsetze mich dieser entsetzlichen Lästerungen und Greuel hier gedenken zu müssen. Sie spielen, saufen, raufen und zanken sich. Kurzum, ihr unmäßiges, erschrecklich gottloses Leben läßt sich nicht beschreiben, und ihrer Torheit ist nicht zu wehren; dessen unerachtet muß es aber heißen, daß vorgemeldete Herren, Richter, Gelehrte, sowie das gemeine Volk die recht wiedergeborne Kirche und getaufte Gemeinde Christi sind. Der barmherzige, liebe Herr wolle doch alle seine auserwählten Kinder vor einer solchen Wiedergeburt, Taufe und Gemeinde ewiglich behüten und bewahren. Die Wahrheit bezeuge ich euch in Christo; vergeßt nicht wahrzunehmen, daß Christus Jesus von Anbeginn nie solche offenbare, unbußfertige, fleischliche Sünder in seiner heiligen Stadt und Gemeinde, noch in seinem Reich geduldet hat; auch wird er sie in Ewigkeit nicht dulden, das mögt ihr mir glauben. Allmächtiger Gott und Herr, wie bedauernswert wird doch dein heiliger, väterlicher Wille und dein anbetungswürdiger, hoher Name verspottet, und wie wertlos und klein wird dein heilsames, teures Wort geachtet; ja, was für ein greulicher, abgöttischer, fleischlicher, rachgieriger und blutdürstiger Teufel wird aus Christo, deinem lieben Sohne, gemacht; denn sie verdecken alle ihre Greuel, Schande und Sünde mit seinem gesegneten, heiligen Namen, Wort, Tod und Blut. Schämt euch, o ihr achtlosen, verkehrten Menschen, schämt euch vor Gott und seinen Engeln, daß ihr so rebellisch, widerspenstig, wild und wüst lebt, und dennoch sagen wollt, daß ihr die rechte, wiedergeborene Gemeinde und die getaufte Kirche Christi seid. Oftmals habe ich es euch erzählt, und erzähle es euch noch einmal, daß alle die aus Gott geboren und in dem Geist, Feuer und Wasser recht getauft sind, wie die Schrift ehret, himmlisch und göttlich gesinnt sind, ihre Sünde begraben und ein bußfertiges, frommes, züchtiges, und tugendsames Leben führen nach des Herrn Wort. Sie beweisen die Art und Kraft Christi, welche in ihnen wohnet, mit Mund und Werk; sie bringen die Frucht des Geistes hervor und dämpfen die Werke des Fleisches; sie sind nützliche Glieder an des Herrn Leib, und wirken nach dem Maße, das ihnen gegeben ist. Kurz, sie sind fruchtbare Zweige an dem rechten Weinstock, und ihre Früchte bleiben in das ewige Leben, Joh. 15. Weil es aber an euch offenbar ist, daß ihr in allen euren Früchten das Gegenteil beweiset, und man an eurem ganzen Leben nicht anders sieht, noch sehen kann, als daß es vollständig weltlich und fleischlich ist, so ist damit ja mehr als klar, daß euer Rühmen von dem neuen Geiste, der neuen Geburt, Taufe, Gemeinde und Kirche nicht die Wahrheit, sondern im Grunde eitel, lügenhaft und falsch ist.

Die heilige Schrift und unser allgemeiner Glaube lehren uns, daß die heilige christliche Kirche eine Versammlung der Gerechten, und eine Gemeinschaft der Heiligen ist, doch wer auch nur mit halbem Verständnis in der Schrift sehen kann, muß bekennen, daß eure Kirche und Versammlung eine Versammlung und Kirche der Ungerechten, der Hurerischen, der Unbußfertigen, der Fleischlichen und Sodomiten, ja auch der blutdürstigen, Wölfe, Löwen, Bären, Basilisken, Schlangen, und der feurigen fliegenden Drachen ist. Ach Freunde! Richtet doch eure Häupter auf und öffnet eure Augen: O ihr Bezauberten! Sehet in der ganzen Welt, was für ein Leben sie führen, die gleiche Taufe mit euch empfangen, ein gleiches Abendmahl und Kirchendienst mit euch gebrauchen, gleichen Ruhm von des Herrn Tod und Blut mit euch tragen und auch sagen, daß sie Christi Kirche und Volk sind. Denn es ist klarer als der helle Tag, daß euer viele so unsinnig sind, so von des Teufels Geist getrieben werden, daß ihr euch unter einander hasset, beneidet, beißet und verzehret; und zwar dergestalt, daß ihre ganze Fürstentümer, Städte, Schlösser und Burgen, mit eurem verfluchten Kriegen und Aufruhr, in den Grund zerstört, das menschliche Blut wie Wasser vergießet, den armen Bürger und Häusler (euren eigenen Glaubensgenossen) um Leib und Gut bringet, durch Brennen, Rauben, Plündern, Fangen, Schätzen, Peinigen; auch diejenigen so euch nie ein Leid getan, noch ein einziges böses Wort gegeben haben. Ich weiß fürwahr nicht, wie der höllische Behemoth sich teuflischer und greulicher gebärden könnte, als ihr oder eure Glieder tun, die sich dünkenlassen, daß sie Christi Kirche sind. Gott behüte uns! Ihr bringt Schande über Familien, die Frommen und Gottesfürchtigen verfolgt ihr, offenbare Hurenhäuser, unordentliche Herbergen, Fechtschulen, Spielbänken und dergleichen Lästerhöhlen duldet ihr, die abgöttischen Häuser und Bilder, mit allem falschen Gottesdienst, haben bei euch weder Maß noch Ende; ohne zu erwähnen euer unverträgliches, lästerliches Fluchen und schwören, Lügen, Betrügen, Saufen, Huren und eure Pracht, Übermut etc. Was soll ich noch hinzufügen – ich will davon abstehen; denn es dünkt mich, daß unter dem ganzen Himmel Niemand gefunden werden kann, der die schweren Greuel, bösen Taten, die Misshandlung nebst allen groben Schanden, von euren Glaubens- und Taufgenossen verübt, genau zu erzählen vermag; eines Gerechten Seele muß über diese großen Sünden erschrecken und sich entsetzen. O lieber Herr, stärke uns!

Ja, wer noch nicht einsehen kann, daß ihr nicht von oben geboten, sondern wider alle Schrift getauft seid, und euer Rühmen von der Vergebung der Sünden, von Christi Barmherzigkeit, Gnade, Verdienst, Fleisch, Blut, Kreuz, Tod, Gemeinde, Reich und ewiger Verheißung ebenfalls ohne Grund und Schrift ist – der muß, mögen wir wohl sagen, ein Mensch ohne Einsicht und Verständnis sein. Ach Leser, wie gering veranschlagt ihr des Herrn Wort, das euch so hoch und treuer befohlen ist, und wie klein achtet ihr eure arme Seele, die mit einem so köstlichen Schatz erkauft ist, und ewig mit Gott im Himmel leben oder ewig mit dem Teufel in der Hölle sterben muss. Meinet ihr, meine Freunde, daß der Herr ein Träumer ist, oder daß sein Wort eine Fabel sei? Ach nein; nicht ein einziger Buchstabe wird auf die Erde fallen, von allem dem, was er geredet hat. Es wäre wohl Zeit, daß ihr zusehen und erkennen lernet, daß die Verheißung der Gnaden nicht den Unbekehrten oder Unbußfertigen, sondern den Bekehrten und Bußfertigen von Gott zugesagt und geschenkt ist. Ein jeglicher sei gewarnt und vertraue nicht länger auf Lügen, indem er sich etwa dem Glauben hingibt, daß er ein getaufter und wiedergeborener Christ sei, noch verlasse sich Jemand auf lange Gewohnheiten der Zeit, oder auf päpstliche Dekrete, und kirchliche Mandate, noch auf die Klugheit und Auslegung der Gelehrten, noch auf irgend welches menschliches Gutdünken, auf Konzilien, Einsetzung und Weisheit. Gott spricht durch den Propheten: „Mein Anschlag bestehet, und ich tue Alles, was mir gefällt.“ Gottes Wort bleibt in Ewigkeit. Der Fürsten Gewalt und der Menschen Gebote, samt ihren Reichstagen, Konzilien etc., können keinen Glauben hervorbringen, noch kann Jemand durch sie selig werden. Nur auf das himmlische Konzilium dürfen wir hören und demselben folgen, und es ist das, welches uns Christus, Gottes erstgeborner und eingeborner Sohn, selbst vom Himmel gebracht, aus des Vaters Mund gelehrt, mit Zeichen und Wundertaten bekräftigt und zuletzt mit seinem roten Blut besiegelt hat. Dieses Konzilium besteht, und kann selbst von den Pforten der Hölle nimmermehr umgestoßen oder verändert werden. In diesem Konzilio wird uns allen insgemein gelehrt, daß wir Christum hören, in Christum glauben, und in seinen Fußstapfen nachfolgen sollen, daß wir Buße tun und von oben herab geboren werden müssen, sollen den Kindern gleich werden, nicht am Verstand, sondern an der Bosheit, Christo gleich gesinnt werden, und daß uns gebühret zu wandeln, gleichwie Christus gewandelt hat, daß wir uns selbst müssen verleugnen, unser Kreuz auf uns nehmen und Christo nachfolgen. So wir Vater und Mutter, Söhne und Töchter, oder auch unser eigenes Leben mehr lieben als ihn, daß wir seiner alsdann nicht wert sind, auch nicht seine Jünger sein können. Und auch, daß die Ehebrecher, Hurer, Trunkenen, Totschläger, Götzendiener und dergleichen Sünder mehr, Gottes Reich nicht erben werden. Daß man die Welt und alles was darinnen ist nicht lieb haben noch sich der Welt gleichstellen soll; daß man durch den Glauben dem bösen Fleisch absterben und den Teufel überwinden soll; daß man ein aufrichtiges, unsträfliches, frommes Leben im Glauben führen, und in allen Dingen recht nach des Herrn Wort handeln soll; ebenfalls, daß man auf den Glauben, und nicht ohne den Glauben taufen soll. Des Herrn heilig Abendmahl mit einer aufrichtigen bußfertigen Gemeinde (ich meine so weit als Menschen zu urteilen vermögen) halten, und die Absonderung oder den Bann recht nach der Schrift führen soll. Daß man Gott von ganzem Herzen fürchten und dienen, lieben und in seinen Geboten wandeln und seinem Nächsten mit allem, was man hat oder vermag, helfen, trösten und dienen soll, und dergleichen Lehre und Unterricht mehr. Siehe, werter Leser, hier hast du zum Teil den unwandelbaren, ewigen Rathschluss Gottes, der in dem Konzilium seiner Majestät versiegelt ward, und außer diesem kennt er keinen andern. Selig sind die, welche denselben mit einem festen, wahrhaftigen Glauben annehmen und die nach ihrem empfangenen Maße und in ihrer Schwachheit darnach (das ist, nach Christi Geist, Wort, Ordnung, Gebot, Verbot und unsträflichem Vorbild) in bereitwilligem Gehorsam wandeln und sich schicken. Verflucht sind im Gegenteil alle die, welche diesen Ratschluss verachten, verwerfen, verfluchen, hassen, lästern, verspotten, verfolgen und vernichten, und sich mit der Menschen Gewalt, Einrichtung und Erdichtung trösten. Denn sie verleugnen den Herrn, der sie erkauft hat, und verwerfen das Evangelium des Friedens; glauben auch nicht, daß Christus Jesus ihr Messias, Seligmacher, Hohepriester und Prophet ist. Ach wie gut wäre es, wenn sie nie geboren wären. Der barmherzige Herr verleite ihnen umgekehrte, neue Herzen, daß sie Buße tun und ewig selig werden, wenn das eine Möglichkeit ist. Ich will dieses Thema nunmehr schließen und den wohlmeinenden Leser auf die Schrift verweisen; da nun die ganze Welt, mit wenigen Ausnahmen, auf menschliche Lehren, Lügen, Erdichtungen, verkehrte Auslegungen, auf eitle Abgötterei und einen falschen Gottesdienst gebaut ist, wodurch die weltlich Gesinnten sich trösten und dessen sich rühmen, was sie weder haben noch sind, so habe ich euch aus rechter, treuer Liebe mit dem unverfälschten, reinen Wort der Wahrheit auf das allerkürzeste, nach meiner einfachen Gabe, in diesem Sendbrief erklärt, wer die rechten, wiedergeborenen, bußfertigen und getauften Christen sind, die Verheißung haben, und wer sie nicht sind. Auf daß alle hungrigen, dürftigen Gewissen, die um Gott eifern, in rechter Weise, zur ewigen Seligkeit, mit der Wahrheit gesättigt werden mögen, und nicht länger den verfluchten Lügen, zu ihrer ewigen Verdammnis, anhangen und nachfolgen. Auf daß ihnen allen geholfen werden, und sie gesund und selig werden mögen, deren arme, nackende Seelen jetzt elend, bloß und arm vor des Herrn Augen stehen. Der Herr stärke euch. Glaubet Gottes unbetrüglichem, wahrhaftigem Wort, bessert euer böses, sündiges Leben, bittet mit Vertrauen und seid gehorsam dem Evangelium Christi, auf daß ihr die ewige Verheißung zu eurer aller ewigen Freude und Seligkeit mit allen Heiligen möget empfangen, die Gott, unser barmherziger Vater, allen seinen lieben Kindern durch Jesum Christum zugesagt und gegeben hat. Gnade sei mit allen denen, die Christum und das ewige Leben von ganzem Herzen suchen, Amen. Will man Christum Jesum mit seinem ewigen Geist und Wort, Richter sein lassen, so wird man wohl erkennen, daß der feste Grund der Wahrheit bezeugt worden ist.

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