Scriver, Christian - Zweite Predigt. Von der hohen Würde der Seele, in Ansehung ihrer Unsterblichkeit.

Scriver, Christian - Zweite Predigt. Von der hohen Würde der Seele, in Ansehung ihrer Unsterblichkeit.

Eingang.

Im Namen Jesu. Amen!

Sehr schön haben einige fromme Männer gesagt: Der Mensch stirbt nicht, wenn er stirbt, sondern seine Sünde und Elend; was Luther also giebt: „Wir wissen, trotzen und sind freudig, daß Christus ist auferstanden, und der Tod nichts mehr sey, als ein Ende der Sünde „und sein selbst.“ Damit wollten sie sagen: 1) Daß der Anfang des menschlichen Lebens sey ein Anfang alles Elends; denn das Kind, sobald es den ersten Odem schöpft, fängt an zu weinen, als wollte es den Anfang seines vielfachen Elends beweinen. Daher schrieb auch ein Prediger zu Straßburg in seinen Kalender, in welchem er sonst viel Merkwürdiges aufzeichnete, zu seinem Geburtstag nichts anders hin, als: „Tag meines Elends und mühseligen Lebens.“ Ebenso sagte ein berühmter Bischof zu Konstantinopel, der selbst viel Trübsal erfahren mußte: Das menschliche Leben sey eine Kette, von vielen Gelenken aus mancherlei Noth und Elend zusammengesetzt. - Das Leben und das Elend des Menschen sind Zwillinge, die zu gleicher Zeit geboren werden und sterben. Der Mensch fängt sein Leben mit Weinen an, und endigt es mit Aechzen; es hat jeder Tag seine eigene Plage, und das Unglück ist meistens des Menschen tägliches Brod. - Viele glauben zwar in den Ergötzlichkeiten dieser Welt, in der Ehre, in Wollust und Reichthum Trost und Linderung zu finden; allein die, welche Alles zur Genüge versucht haben, müssen doch gestehen, daß das Beste und Köstlichste dieses Lebens Mühe und Arbeit, Jammer und Herzeleid gewesen seye. Darum seufzte der betagte Jakob: Wenig und böse ist die Zeit dieses Lebens; und Sirach stimmt ihm bei: Es ist ein elend jämmerlich Ding um aller Menschen Leben, von Mutterleibe an, bis sie wieder in die Erde begraben werden, die unser Aller Mutter ist, da ist immer Sorge, Furcht, Hoffnung, und zuletzt der Tod. - Es ist also ein Wunder, daß der Mensch dieses mühselige Leben so liebgewinnen kann, daß er es meistens ungern verläßt. Er sucht seine Freude in der Eitelkeit, wie die Fische in dem bittern Meerwasser. So blind hat ihn die Sünde gemacht, daß er die Mühseligkeit für Herrlichkeit hält, und sich an seinen Fesseln und Banden ergötzt, der göttlichen Anordnung zuwider, welche darum dieses Leben mit so vielen Trübsalen vermischt, daß wir erkennen, in welches Elend wir durch die Sünde gerathen, und daß wir uns um so mehr nach der himmlischen Hülfe sehnen, und nach einem bessern Leben trachten sollen.

2) Wollten sie damit andeuten, daß der Ausgang dieses mühseligen und betrübten Lebens der Anfang des ewigen und seligen sey. Im Tode tauscht der Fromme für die Welt den Himmel, für die Sünde die Vollkommenheit, für das Leid die Freude, und für die Eitelkeit die Ewigkeit ein. Der Tod hat zwar ein schreckliches Ansehen, und es will uns scheinen, als wäre mit dem Sterben Alles aus. Denn wir sehen nichts als einen verunstalteten Leib, und nach einigen Tagen wünschen wir ihn nicht einmal mehr anzublicken. Man eilt, denselben unter die Erde zu bringen, daß er, wie er angefangen, vollends verwese, und zu Staub und Asche werde. Doch der Glaube weiß, daß der bessere Theil des Menschen dem Tode nicht unterworfen sey, daß der Leib zwar wieder in die Erde kommen müsse, der Geist aber wiederkehre zu Gott, der ihn gegeben hat. - Von den Gottseligen heißt es: gestorben zum Leben. Gleichwie bei einer versetzten Pflanze die äußeren Blätter verwelken, die Herzblätter aber grün bleiben, - wie das Samenkorn zwar in der Erde verwest, und doch einen grünen Halm treibt, - wie der Baum im Winter erstorben scheint, aber immer voll Saft ist, - so stirbt der Fromme dem Leibe nach, die Seele dagegen lebt in und bei Gott, und erwartet die Auferweckung und Verklärung ihres Körpers, um mit ihm vereinigt zu leben auf ewig. - Ein neuer Beweis von der Würde der Seele ist also ihre Unsterblichkeit.

Abhandlung.

Das Gold wird unter den Metallen für das kostbarste gehalten; ohne Zweifel weil es sehr dauerhaft ist, und im Feuer fast keinen Abgang hat. So kann es auch zu der Würde und Hoheit der Seele gerechnet werden, daß sie unsterblich ist, und im Tode keinen Schaden leidet. Die Welt ist vergänglich, der Himmel wird wie ein Rauch vergehen, und die Erde wie ein Kleid veralten. Das Wesen dieser Welt vergeht mit ihrer Lust, die Seele aber bleibet in Ewigkeit. Daher sagt der Heiland: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne?“ Was ist alles Vergängliche gegen das Unvergängliche, und was kann unter allen Schätzen der Welt der unsterblichen Seele gleichgestellt werden? Wenn der Mensch auch die Herrschaft über die ganze Welt bekommen könnte, und würde darüber seine Seligkeit versäumen, so müßte man doch sagen, daß er nichts gewonnen, sondern Alles verloren hätte, weil alles in der Welt der Eitelkeit unterworfen ist. Noch deutlicher erklärt dieß der Erlöser mit den Worten: „Fürchtet euch nicht vor denen, welche den Leib tödten, die Seele aber nicht tödten können.“ Er meint damit die Feinde seiner Lehre, welche zwar den Leib seiner Jünger auf die grausamste Weise martern und tödten, aber ihrer Seele keinen Schaden zufügen konnten. Lebt also diese nach dem Tode des Leibes noch fort, so muß sie nicht blos unverletzlich, sondern auch unsterblich seyn. Zwar setzt Jesus in der gleichen Stelle hinzu: „daß Gott Leib und Seele verderben könne in die Hölle;“ doch ist nicht von einer völligen Vernichtung derselben, sondern blos von ihrer Peinigung die Rede. Denn es heißt ferner: „Die Gottlosen werden in die ewige Pein gehen; aber die Gerechten in das ewige Leben.“ Der Seele Verderben ist der andere Tod, oder die Qual in der Hölle. - Jesus versprach dem Schächer am Kreuze, daß er noch au demselben Tage mit ihm im Paradies seyn solle; dieß konnte sich aber nur auf die Seele beziehen, wie das, was er von dem armen Lazarus sagt: „Er sey getragen worden von den Engeln in Abrahams Schooß.“ - Endlich wünscht auch der Apostel Paulus, blos der Seele nach bei Christo zu seyn, und Stephanus bittet: „Herr Jesu, nimm meinen Geist auf“ - Ueberhaupt ist die ganze heilige Schrift voll von Zeugnissen, daß es ihr hauptsächlich um unsere edle Seele zu thun sey. Würde der Mensch vergehen wie das Thier, und würde sein Geist wie ein Nebel verschwinden vor der Sonne Glanz, so wäre nicht so viel Eifer und Ernst nöthig gewesen, als wir in Gottes Wort finden. Wie hätte der Allerhöchste von etwas Vergänglichem so viel Aufhebens machen können, als er zu allen Zeiten von der menschlichen Seele gemacht hat? Zum Beweis nur einige Hauptstellen der heiligen Schrift, die davon handeln. Wenn Moses die Schöpfung beschreibt, so sagt er: Die Erde mußte auf Gottes Befehl allerlei Thiere hervorbringen rc.; von dem Menschen aber sagt er: „Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ Er sagt aber wohl nicht ohne Grund das Nämliche zweimal; er will darauf hindeuten, daß der Mensch einen großen Vorzug vor den Thieren habe, weil er ein sichtbares Ebenbild des unsichtbaren Gottes geworden sey. Ferner: „Gott machte den Menschen aus einem Erdenkloß, und blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase, und also ward der Mensch eine lebendige Seele.“ Diese ist nun zwar kein Theil des göttlichen Wesens, weil sich dieses nicht theilen läßt, doch gehört sie nicht unter die Zahl der thierischen Seelen, da Gott sie besonders erschaffen und mit dem Leibe verbunden hat. Ist aber ihr Ursprung so wunderbar, und ist sie ein Bild des unsterblichen Gottes, so kann es ihr auch an Unsterblichkeit nicht fehlen. Ebenso folgt dieß aus den Worten des Predigers: „Der Staub muß wieder zur Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.“ Unser Leib muß als ein irdenes Gefäß zerbrochen und wieder zu Staub werden; die Seele dagegen wird nicht vernichtet, sondern durch das Blut Jesu Christi gereinigt und aufgenommen in des Vaters Haus. Daher sagt die Schrift von den abgeschiedenen Seelen, daß sie versammelt werden zu ihren Vätern, daß sie zu Jesu kommen, und bei ihm seyen, daß sie ihm dienen Tag und Nacht, und daß ihre Werke ihnen nachfolgen in die Ewigkeit. - In diesem Sinn nennt sich auch Gott einen Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, obgleich ihr Leib schon lange verwest und zu Staub und Asche geworden war. Nun aber ist Gott nicht ein Gott der Todten, sondern der Lebendigen. Also müssen die Seelen der Erzväter und aller andern Menschen, die ihren Glauben gehabt haben, leben und in der seligen Gemeinschaft Gottes stehen. Gott theilt sich ihnen mit und läßt sie seine unendliche Gnade genießen, dessen die Todten nicht mehr fähig wären. Wenn es aber von Christus heißt: Er sey ein Herr über die Todten, so liegt hierin kein Widerspruch; denn der Apostel redet von denen, welche zwar dem Körper nach gestorben sind, aber der Seele nach leben. Christus ist ihr Herr, ihre Seelen sind und leben bei Ihm, sie sehen seine Herrlichkeit, werden von Ihm geführt und mit himmlischem Troste erfüllt. - Damit läßt sich nun ein gottseliges Herz, welches die heilige Schrift für himmlische Wahrheit hält, gerne genügen; doch ist es ihm um der Spötter und Ungläubigen willen erwünscht, wenn noch andere Gründe hinzu gefügt werden. Betrachtet sich die Seele nach ihren Kräften und Wirkungen, so muß sie sich selbst für ein hohes und himmlisches Wesen halten. Sie schwingt sich auf zum Himmel und wandelt mitten unter den Sternen, sie erforscht die Tiefen der Erde und des Meeres, sie betrachtet und versteht die himmlischen Dinge. Sie durchsucht die ganze Natur oft ohne Zuthun des sterblichen Leibes, sie wird bisweilen entzückt und sieht, was leibliche Augen nicht sehen, hört, was leibliche Ohren nicht hören. Will sie strenge nachdenken, so entzieht sie sich eine Zeitlang den äußerlichen Sinnen. Daher wissen die Gelehrten, wenn sie in ihren Betrachtungen vertieft sind, manchmal nicht, was um sie her vorgeht. - Einst vertiefte sich ein großer Gelehrter so sehr, daß er drei volle Tage lang an seinem Arbeitstische ohne Speise und Schlaf, auf den Arm gestützt, zubrachte. Auch im gemeinen Leben kommt es häufig vor, daß der Mensch, wenn er über etwas ernstlich nachdenken will, Augen und Ohren verschließt, wie ein Hausvater seine Thüre, wenn er allein seyn will und etwas Wichtiges abzumachen hat. - Dahin gehören auch die Träume, das Reden und Wandeln im Schlaf. Gott selbst und seine Engel redeten mit den Heiligen und unterrichteten dieselben von wichtigen Dingen. Obgleich ihr Auge nichts sah, und ihr Ohr nichts hörte, so unterhielten sie sich doch mit ihnen. - Die Beispiele der Schrift davon sind bekannt; aber wir können nicht unberührt lassen, was der heilige Augustin von einem Arzt zu Karthago erzählt. Dieser war von Jugend an ein Wohlthäter der Armen und gerieth einst in Zweifel darüber, ob auch nach dem Tode ein anderes Leben zu hoffen sey? Bald darauf erschien ihm im Traum ein schöner Jüngling, der ihn aufforderte, ihm zu folgen. Er führte ihn in eine Stadt, wo er eine sehr liebliche Musik hörte. Als dieser sich darüber verwunderte, sagte ihm sein Führer: Dieß sey der Gesang der Heiligen und Seligen im Himmel. Darüber erwachte er und dachte weiter nicht über seinen Traum nach. Später erschien ihm der gleiche Jüngling wieder, und fragte ihn: ob er ihn kenne? Als dieser es bejahte, so fragte er ihn, woher, und da er sich auf den frühern Vorfall berief und bemerkte: Dieß sey ihm im Schlaf begegnet, so versetzte der Jüngling: Es ist recht, aber wisse, daß du jetzt auch im Schlaf bist. Wie nun deine Augen verschlossen sind und mich doch sehen, so wirst du, wenn dein Leib im Tode entschlafen ist, doch ein Leben und eine Kraft haben, daß du sehen kannst. Darum hüte dich, daran zu zweifeln, daß die Seele nach dem Tode fortdaure. - Wie oft geschieht es noch heute, daß die Frommen himmlische Träume haben, in denen sie eine unvergleichliche Freude genießen. So ging einst ein Christ mit vielen schwermüthigen Gedanken zu Bette und seufzte zu seinem Gott. Im Traum erschien ihm ein glänzender Jüngling und führte ihn einen hohen Berg hinan, auf welchem ein prächtiger Palast mit einer außerordentlich schönen Pforte war. Dieses Thor hatte doppelte Thüren, eine vor der andern. Als der Jüngling die vorderste ein wenig öffnete, hörte sein Begleiter einen lieblichen Gesang, und war so voll Freuden, daß er ganz hinein zu gehen wünschte; der Jüngling aber hielt ihn zurück und sagte: Freund, es ist noch nicht Zeit, du mußt dich noch eine Weile gedulden. - Was anders können wir daraus schließen, als daß die Seele ohne die äußeren Sinne sehen, hören, reden, sich freuen, und auch außer dem Leibe leben und wirken kann? So sagt auch Paulus: er sey bis in den dritten Himmel entzückt worden und habe unaussprechliche Worte gehört; aber nur Gott sey es bekannt, ob er in oder außer dem Leibe gewesen sey. - Demnach kann gottergebenen Seelen Manches widerfahren, was sie nicht begreifen können, und sie erhalten schon hier einen Vorschmack von der Herrlichkeit Gottes, wie viel mehr nach diesem Leben, wenn sie befreit seyn werden von den Banden dieses Leibes. - Auch die Heiden redeten von der Unsterblichkeit der Seele, und selbst unsere Vorfahren, die alten Deutschen, so unwissend sie sonst waren, haben an die Unsterblichkeit der Seele und an ein anderes Leben gedacht, woraus man sieht, wie tief der Schöpfer dem menschlichen Herzen diesen Glauben eingeprägt hat, so daß er selbst in der größten Blindheit nicht ausgetilgt werden kann. - Mithin sind die heutigen Spötter und Gottesläugner ärger als die Heiden, und wollen aus vorsätzlicher Bosheit das helle Licht nicht sehen, welches doch in die finstern Herzen derer, die von Gott nichts wissen, gedrungen ist. Sie haben sehr alte Vorgänger; denn der Satan bemüht sich von jeher, alle Hoffnung eines Lebens nach dem Tode aus den Herzen der Menschen zu nehmen, damit sie desto sicherer leben und gleichsam mit verbundenen Augen in die Hölle rennen möchten. Das Buch der Weisheit weiß schon von diesen Menschen zu sagen: „Es ist ein kurzes und mühseliges Leben, und wenn ein Mensch dahin ist, so ist es aus mit ihm; von ungefähr sind wir geboren und fahren wieder dahin, als wären wir nie gewesen.“ - Dieser Glaube verbreitete sich so unter den Juden, daß es zu Christi Zeiten eine eigene Sekte unter dem Namen Sadducäer gab, welche die Auferstehung der Todten läugneten; sie richteten auch darüber mehrmals Fragen an Jesu. Nachfolger derselben sind die heutigen Gottesverächter, welche von keinem Leben nach dem Tode etwas wissen wollen. - Wie ist es aber möglich, daß die Menschen, welche Gott mit einer vernünftigen, unsterblichen Seele begabt hat, sich mit Gewalt zum Thiere herabwürdigen wollen?! O ihr tollen Christen, ihr verblendeten Leute! Wie gering achtet ihr euch selbst, da doch Gott euch so hoch geachtet, daß er euch mit dem theuern Blute seines Sohnes aus des Teufels Gewalt erlöst hat! Wie gering haltet ihr eure Seele, die Jesus der ganzen Welt und Allem, was darin ist, vorzog! - Von euch kann man sagen: „Wie bist Du vom Himmel gefallen, Du schöner Morgenstern“ Ihr gleichet dem verlornen Sohne, der seines Vaters Haus muthwillig verließ und durch Schwelgerei in die größte Noch gerieth. O wie schwer und schrecklich wird eure Verdammniß seyn! Denn so die Heiden keine Entschuldigung haben, weil sie die Wahrheit aufhielten, das Licht der Natur unterdrückten und ihm nicht folgten, wie wird es euch ergehen, die ihr ärger seyd als die Heiden, und muthwillig nicht sehen, noch glauben wollt, was Gott selbst gelehrt und mit vielen Wundern bestätigt hat, und was so viele tausend Fromme mit ihrem Blut und Leben versiegelt haben! - Hütet euch also, ihr christlichen Seelen, vor dieser schädlichen Lehre, die aus der Hölle stammt und bis jetzt so viele Köpfe und Herzen eingenommen hat. Verwahret euch täglich mit Gebet und bittet Gott, daß er solche gottlose Gedanken nicht in euren Herzen Wurzel fassen lasse. Meidet die Gesellschaft dieser Leute, denn sie gleichen tollen Hunden, deren Biß nicht allein, sondern deren Odem und Speichel sogar giftig ist. Bewahret euer Herz mit allem Fleiß und lasset die Lästerzungen ferne von euch seyn; lasset eure Augen gerade vor euch sehen und wanket weder zur Rechten noch zur Linken. Setzet der Lüge des Teufels die Wahrheit Gottes entgegen, und haltet es für Satans-Stimme, wenn man fragt: Ist es auch wahr, daß Gott Dieses oder Jenes geoffenbart hat; ist es wahr, daß die Seele unsterblich ist, daß es ein jüngstes Gericht, eine Hölle und einen Himmel giebt? So hat der Teufel von jeher gesprochen, so spricht er noch. Zuerst hat er sich in einer Schlange verborgen, jetzt wohnt er in den Herzen der Gottesläugner, welche manchmal hohe, weise und große Männer vor der Welt sind. Erbietet sein Gift den Einfältigen dar, nicht in irdenen, schmutzigen Töpfen, sondern in goldenen Bechern. Lasset euch dieß nicht irren und blenden, lasset euch die Menge der Spötter von der himmlischen Wahrheit nicht abbringen. Weil jetzt so Viele aus diesem Giftbecher trinken und aus Christi Nachfolgern seine Spötter werden, so wisset, daß Er auch euch frage: wollt ihr mich auch verlassen, wollt ihr auch weggehen? - Antwortet dann mit Freudigkeit: „Herr, wohin sollten wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens und wir haben es erkannt und geglaubt, daß Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ - Sehet! Auf der einen Seite steht Jesus, die ewige Wahrheit und alle heiligen Männer Gottes, alle seine Blutzeugen und Bekenner, alle gottseligen, frommen Herzen, aus deren Reden und Thun man deutlich erkennen kann, daß Gottes Geist in ihnen wohnet, und zeugen, daß die Seele unsterblich, daß aller Welt Schätze gegen sie für nichts zu achten, daß ihr Verlust mit nichts in der Welt zu vergleichen sey. Auf der andern Seite ist der Vater der Lügen und eine Menge gottloser, fleischlich gesinnter, ungerechter Leute, deren Gott der Mammon ist, und die ihr Gewissen mit vielen Sünden befleckt haben und sprechen: Die Seele ist blos ein Hauch, welcher mit dem Leib entsteht und vergeht, man muß also dieses Leben gebrauchen und in den irdischen Dingen sein Vergnügen suchen, weil sonst nichts zu hoffen ist. - Wem wollet ihr nun glauben, mit welcher Partei es halten? Ohne Zweifel werdet ihr auf die Seite des Herrn Jesu treten, in dessen Mund nie ein Betrug gefunden worden ist. - Jesus ermahnt uns zu einem heiligen und gottseligen Leben, und lehrt uns einen rechtschaffenen Wandel führen, daß wir Gott wohlgefallen. Der Satan aber verleitet uns zur Ungerechtigkeit und zur Sünde, und flehet nichts lieber, als daß der Mensch dem Thiere gleich werde und sich durch Schandthaten und Laster verderbe. Jesus treibt uns zur, Sanftmuth, Freundlichkeit, Demuth, Keuschheit, Milde, Gerechtigkeit und Wahrheit; der Satan aber zur Unbarmherzigkeit, Grausamkeit, Feindseligkeit, zum Hochmuth, zur Unkeuschheit, zum Geiz und zur Ungerechtigkeit, wie man dieß täglich sehen kann. Welcher Vernünftige aber wollte das Letzte erwählen und die Tugenden fahren lassen, die er in der Schule seines Heilandes lernt? - Zu allen Zeiten aber hat man gefunden, daß Niemand die Unsterblichkeit der Seele und das jüngste Gericht läugnet, als derjenige, dem damit gedient ist. Dem, die Gottlosen, welche Feinde Gottes sind, wollen freilich, daß kein Gott wäre, und weil sie ihre Seele dem Satan übergeben haben, so wünschen sie, daß sie vergänglich sey, und was sie wünschen, das glauben sie gerne. - Doch kann man an ihnen bemerken, daß sie nicht in der That glauben können, was sie gerne glauben möchten. Denn, ob sie gleich darauf ausgehen, daß sie alle Furcht vor Gott, alle Gedanken von dem Weltgericht und von der Unsterblichkeit, von Himmel und Hölle ganz aus ihrer Seele vertilgen und wegschaffen wollen, so können sie es doch nicht dahin bringen. Daher reden sie so gerne mit Andern darüber, behaupten und vertheidigen ihre Meinung, weil sie sich selbst nicht trauen und doch wegen der ewigen Vorwürfe ihres Gewissens durch den Beifall Anderer zu einer Gewißheit kommen möchten. Wenn es übrigens solche geben würde, die in ihrer Meinung ganz fest geworden sind und sich der Gewißheit rühmen wollten, so ist dieß nichts anders, als eine Wirkung des Teufels, der sie in ihrer Bosheit stärkt und sie gleichsam schlafend zur Hölle führen will. - Solche muß man zwar etlichemal warnen und ermahnen, dann aber fliehen und meiden, wie Jesus sagt: „Werfet eure Perlen nicht vor die Schweine und das Heiligthum nicht vor die Hunde, ihr schadet dadurch der guten Sache nur um so mehr, und gebet Raum dem Lästerer.“ Weil sie des Herrn Wort verwerfen, so dürfen wir keine Gemeinschaft mit ihnen haben. - Es ist zwar löblich, daß manche Gelehrte mit allerlei vernünftigen Gründen jene gottlosen Menschen auf den Weg der Wahrheit zurückzubringen suchen; aber es dürfte noch besser seyn, wenn man ihnen mit jenem frommen Mann auf der Kirchenversammlung zu Nicäa, mit Eifer und Freudigkeit des Geistes das schlichte Bekenntniß aus Gottes Wort entgegen hielte: „Ich glaube von Herzen, daß der ewige, heilige und gerechte Gott einen Tag gesetzt hat, an welchem er richten will den Kreis des Erdbodens durch einen Mann, in welchem er's beschlossen hat. Ich glaube, daß Jesus Christus wiederkommen wird vom Himmel, zu richten die Lebendigen und die Todten; ich glaube, daß die Seele unsterblich ist und nach dem Tode fortlebt; ich glaube eine Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben, und dieß glauben mit mir alle Kinder Gottes und freuen sich dessen, die Teufel aber und ihre Genossen zittern davor. Wer diesen Glauben verlacht, den lasse man einen Spötter seyn und bleiben, bis er dahin gelangt, da er erfahren wird, was er nicht glauben wollte. - Und so ist es diesen auch am liebsten, sie wollen gemeiniglich unbelästigt auf dem breiten Wege fortgehen und lassen sich nicht gerne einreden. Einst kam ein Mönch zu dem Pabst Paul III., um ihn auf seinem Krankenbette zu trösten und ihn auf die Hoffnung eines besseren Lebens hinzuweisen. Als der Pabst fragte: gibt es denn wohl auch ein solches, antwortete Jener in aller Bescheidenheit: das werde er wohl am besten wissen, - und fuhr in seinem Zuspruche fort. Der Kranke aber wurde zornig und sagte: Mach‘ mir den Kopf mit solchem Geschwätz nicht irre, ich werde es bald erfahren. - Doch genug hievon; ich will lieber noch einen Einwurf beantworten, der mir einmal von einer einfältigen Person gemacht wurde. - Wenn man bei Sterbenden ist, sagte sie: so sieht man nichts, wenn die Seele weggeht, und es scheint, als sey mit dem letzten Odem Alles aus. - Der Odem, lieber Christ, ist nicht die Seele, sondern blos eine Wirkung derselben, der letzte Odem verschwindet in der Luft, die Seele aber geht mit dem letzten Seufzer zu dem, der sie gegeben hat, sie ist ein Geist, dessen Weggehen man mit leiblichen Augen nicht sehen kann. Die Seele wird überhaupt nur aus ihren Wirkungen erkannt und nicht gesehen, daher der Schluß falsch ist: ich sehe die Seele nicht; also ist sie auch nicht. Wenn man ein Fläschchen mit Rosenwasser öffnet, so sieht man nichts herausgehen, und doch zeugt der liebliche Geruch, den wir empfinden, daß eine große Kraft daraus komme. Wenn der Magnet das Eisen anzieht, oder in Bewegung setzt, so sehen unsere Augen die Kraft nicht, die solches thut, aber sie sehen ihre Wirkung, - so ist es auch bei der Seele. - Eben so falsch ist auch der Schluß: Die Seele ist vom Körper geschieden; darum verschwindet sie. Es kann ja durch die Scheidekunst die Kraft eines Krautes - also gleichsam dessen Seele - so abgesondert werden, daß nur Asche und Koth zurückbleibt, die Kraft aber in die Höbe steigt und in einem besondern Gefäße aufgefangen wird. Warum sollte nun Gott nicht auch die Seele vom Leibe absondern, diesen in Staub und Asche verwandeln, den Geist aber in seiner Hand bewahren können? Lasset uns aber nun sehen, was wir aus dem Bisherigen lernen können. - Wenn die Seele mit dem Leibe sterben würde, so hätten die wohl den besten Theil erwählt, die dieses Leben nach Herzenslust gebrauchen, und mit dem reichen Mann alle Tage herrlich und in Freuden leben, wie die Spötter sagen: lasset uns essen und trinken; denn morgen sind wir todt. Wozu so viel Mühe und Sorge für eine Sache, die wie ein Schatten verschwindet? Weil aber die Seele nach dem Tode in die Ewigkeit versetzt wird, um ihren Lohn zu empfangen, je nachdem sie gehandelt hat bei Leibesleben, weil sie eine schwere Rechenschaft abzulegen hat vor Gott über die Anwendung ihrer Zeit, so ist es sehr zu beklagen, daß die Menschen so leichtsinnig damit verfahren, und um einer vergänglichen Lust willen sich in ewige Unlust stufen. - Bedenket also den unwiederbringlichen Schaden, welchen das gottlose Wesen mit sich bringt. Befleckt sich die Seele mit muthwilligen Sünden und verwickelt sich in den Stricken des Satans, so muß sie einst ewig seine Sklavin bleiben. Dort aber wird er ihr nicht mehr schmeicheln wie in diesem Leben, sondern sie immerdar quälen und peinigen. Der Satan ist einem Wolfe gleich, der ein geraubtes Lamm unbeschädigt trägt, so lange der Hirte ihm nacheilt; wenn er es aber in den Wald gebracht hat und ungestört ist, so erwürgt und verzehret er dasselbe. Die Qual einer verdammten Seele wird also unendlich und ewig seyn. - Kommt der Mensch auch in Sklaverei und sieht sich aller Hoffnung beraubt, frei zu werden, so ist es doch der Tod, der ihn auch von dem grausamsten Herrn frei macht; damit aber kann sich die Seele nicht trösten in der Hölle. Sie wird zwar zu sterben wünschen, wird mit Heulen und Wehklagen bitten: ihr Berge fallet über mich, ihr Hügel decket mich; sie wird verlangen, daß das Meer sie verschlinge, das Feuer sie verzehre, daß Gottes Allmacht sie vertilge; aber Alles umsonst, sie wird im Tode leben müssen, ihr Wurm wird nicht sterben und ibr Feuer wird nicht verlöschen. - Die Geschichte liefert schreckliche Beispiele von der Grausamkeit der Menschen gegen einander; aber was ist das gegen die ewige Pein? Der Tod oder eine andere günstige Schickung Gottes macht der größten Qual oft schnell ein Ende. - Ein Kaufmann zu Mailand gerieth einst mit einem vornehmen Mann in Feindschaft. Als er auf der Reise war, wurde er aufgefangen und auf das Schloß seines Feindes gebracht; sein Pferd aber ließ man mit Blut bespritzt laufen, um die Leute glauben zu machen, daß er ermordet worden sey. Der Schloßbesitzer begehrte ihn nicht zu tödten, sondern ihn in einem solchen Leben zu lassen, welches ärger wäre, als der Tod. Er ließ ihn deßhalb in ein kleines, finsteres Gefängniß bringen und ihm täglich hartes Brod und stinkendes Wasser reichen. In diesem schaudervollen Zustand mußte der Kaufmann 19 Jahre lang zubringen, sah weder Sonne noch Mond und konnte seine Kleider nicht wechseln. Wie viel tausendmal mag er sich den Tod gewünscht haben, bis ihm endlich die gnädige Schickung Gottes unvermuthet die Freiheit wieder gab. Sein Peiniger starb und als dessen Sohn an dem Schlosse etwas ändern ließ, wurde der Aufenthalt des Gefangenen entdeckt, und sein langwieriges Elend geendigt. - So lesen wir von Andern, daß sie um des Glaubens willen auf die schrecklichste Weise gemartert wurden, bis endlich der Tod ihrem Jammer ein Ende machte; aber die verdammte Seele wird aus ihrer Pein in Ewigkeit nicht entrinnen.

So lang ein Gott im Himmel lebt,
Und über alle Dinge schwebt,
Wird solche Marter währen;
Es wird sie plagen Kalt und Heiß,
Angst, Trübsal, Schrecken, Feuer und Blitz,
Und sie doch nicht verzehren;
Dann wird sich enden ihre Pein,
Wenn Gott nicht mehr wird ewig seyn.

O wie kläglich ist es, wenn ein Mensch lange im Todeskampf liegt und weder leben noch sterben kann; wie pflegt er selbst und seine Freunde mit ihm zu beten, daß Gott seine Pein abkürzen und durch ein seliges Ende von aller Angst befreien möge. Wie lange dünket den Sterbenden eine Nacht, wie ängstlich zählen sie die Stunden, in welchen ihnen, wenn sie auch noch so schmerzlich sind, doch der Trost bleibt, daß sie nicht ewig währen. Wie schrecklich aber ist es, von Gottes Angesicht verstoßen, von der Gesellschaft der Engel und aller Seligen ausgeschlossen, ohne allen Trost und Hoffnung unter den Verdammten leben zu müssen in ewiger Qual und Pein! Wen dieß nicht rührt, dessen Herz muß verhärtet seyn. Darum sage ich von Grund meiner Seele: Herr Jesu, mein Erlöser, thue mit mir, was Dir wohlgefällt, laß mich in's Elend gerathen, laß mich arm werden, laß eine schmerzliche Krankheit mich plagen mein Lebenlang, laß mich geschmäht, beschimpft, verachtet und gelästert werden, laß mich des Satans Engel mit Fäusten schlagen, laß mich von wilden Thieren zerrissen, oder von grausamen Menschen unter entsetzlichen Martern hingerichtet, laß meinen Leib zu Asche verbrannt werden, oder verfüge sonst über mich, was Du willst; nur laß meine arme Seele nicht verloren gehen, laß mich von Deinem heiligen Angesicht nicht verstoßen werden. Mach's wunderbar, nur seliglich! Besser nie geboren, als ewig verloren. Besser durch viel Trübsal in's Reich Gottes eingehen, als durch viel Freude und zeitliches Glück in die Hölle rennen. Ich frage nach Allem nichts, ich achte Alles für Koth, nur daß ich Theil an dem Herrn Jesu und seinem Reiche haben und meine Seele erretten möge. - Diese Gesinnung wünsche ich auch Allen, die dieß lesen. Ach, liebe Christen, thut, was ihr möget; aber bedenket es wohl und rettet eure Seele! -

Ein gottseliger Mann machte einst den Vorschlag, der mir sehr gefiel, daß man alle Tage sich einen Denkspruch wählen und denselben vor Augen haben solle, z.B. „Christus hat mich geliebt und sich selbst für mich gegeben.“ - „Christus meine Liebe ist gekreuzigt.“ - „Du mußt sterben.“ - „Dem Menschen ist gesetzt, einmal zu sterben, darnach aber das Gericht.“ - „Die Gottlosen werden geben in die ewige Pein, aber die Gerechten in das ewige Leben.“ - „Wisse, daß dich Gott um dieß Alles wird vor Gericht führen.“ - „Das Ende kommt, es kommt das Ende.“ - „Du Thor, diese Nacht wird man deine Seele von dir nehmen, und wessen wird seyn, das du gesammelt hast?“ rc. rc. - O gewiß ein guter Vorschlag! Ach daß er von uns Allen angenommen und befolgt würde! O daß ich doch alle eure Thüren, Wände, Fenster, Tische mit ähnlichen Erinnerungen überschreiben, ja daß ich sie tief in eure Herzen graben könnte! Wollte Gott, daß alle Steine und Balken reden und uns ohne Unterlaß zurufen könnten: Hier zeitlich, dort ewig, darnach richte Dich. - Wem also seine Seele lieb und wem es um die Seligkeit zu thun ist, der wird solche Erinnerungen überall suchen, finden und in Acht nehmen, und wird um eitler sündlicher Vergnügungen willen seine edle Seele und deren ewiges Heil nicht verscherzen. Die Welt bietet uns einen Strohhalm für eine goldene Kette, einen Rechenpfennig für ein Goldstück, ein Stück Glas für einen Diamant, - sie bietet uns die Eitelkeit für die Ewigkeit, und wir wollten unsere unsterbliche Seele für ihre unsinnigen Scherze und scheinbaren Ergötzlichkeiten hingeben? Wären wir nicht die größten Thoren, wenn wir darein willigten? - Doch leider finden sich nur allzu Viele, die sich diesen Tausch gefallen lassen. Ich entsetzte mich über die Nachricht, daß früher ein Zauberer nach Venedig gekommen sey, welcher den Galeeren-Sklaven ihre Seelen mit dem Versprechen, ihnen die Freiheit zu verschaffen, abkaufte. Er gab Jedem für seine Seele 10 Dukaten, worüber sie ihm einen Schein, mit ihrem Blut unterschrieben, ausstellen und darin dieselbe ihm und dem Satan verschreiben mußten. Sobald dieser schreckliche Kauf abgeschlossen war, berührte er sie mit einem gewissen Gift, daß sie plötzlich starben. Dieß und Anderes kann man freilich nicht ohne Schauder lesen, muß sich aber herzlich darüber betrüben, daß Viele das, was Jene öffentlich thaten, heimlich thun und um der Welt tust, um Ehre und zeitlichen Gewinns willen ihre Seele der ewigen Verdammniß übergeben. - Nimm dieß zu Herzen, o Christ, und prüfe dich wohl, wie du bisher deine Seele geachtet hast? Sey nicht sicher bei einer so wichtigen Sache. Verschiebe deine Buße nicht von einem Tage zum andern, eile zu Gott und seinem Gnadenschooß, eile zu den Wunden Jesu Christi, welche dir jetzt noch offen stehen. Später möchte vielleicht kein Wiederkehren seyn; es kann geschwind kommen, daß das zeitliche Lachen in ewiges Weinen, die Freude in Leid, die vergängliche Lust in ewige Unlust verkehrt wird. Jetzt heißt es bei Manchen: fein lustig und liederlich; bald möchte es heißen: ach, ach, weh, weh meiner armen Seele in Ewigkeit! Ist aber die Seele einmal verloren, so ist sie ewig verloren, wie der Erlöser sagt: „Was kann der Mensch geben, seine Seele wieder zu lösen?“ Silber und Gold mag sie nicht erretten am Tage des Zorns, aus der Hölle ist keine Erlösung. - Wer von einem Thurm herabfällt, der hat nichts, woran er sich halten kann, er fällt fort, bis er die Erde erreicht und zerschmettert; also ist es mit dem, der in seinen Sünden stirbt und aus der Zeit in die Ewigkeit fällt, da ist kein Aufhalten, keine Hülfe, kein Mittel, bis er die Hölle erreicht. Wer eine Reise macht und etwas vergessen bat, oder wem auf dem Wege etwas Widriges begegnet, der kann umkehren, auch wenn er noch so weit gegangen ist; aber die Seele kann nicht zurück, wenn die von Gott bestimmte Zeit da ist, und wenn sie auch die Hölle vor sich sieht, die Gnadenzeit ist aus, es heißt: fort, fort du Unglückselige, nach was du gerungen, das ist dir gelungen rc. rc.

So ernst und ergreifend aber die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele ist, so tröstlich ist sie auch für uns. Sie zeigt uns Gottes unbegreifliche Güte, der uns zu Gefäßen seiner ewigen Barmherzigkeit bereitet hat. Er ist zwar der allein selige und gewaltige Gott, der Unsterblichkeit hat, der da wohnet in einem Licht, dazu Niemand kommen kann; doch wollte er auch unsern Seelen die Unsterblichkeit aus Gnaden geben und sie Theil nehmen lassen an seiner ewigen Herrlichkeit, wie die Schrift sagt: „Gott hat uns nicht gesetzt zum Zorn, sondern die Seligkeit zu besitzen durch unsern Herrn Jesum Christum.“ So bat nun zuerst unsere Seele und hernach der wieder erweckte, verklärte Leib ein ewiges Leben bei Gott zu hoffen, und dieß mag hinreichen, um die Bitterkeit dieses Lebens zu versüßen. Unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schaffet eine ewige und über alle Maaß wichtige Herrlichkeit uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare; denn was sichtbar ist, das ist zeitlich, was aber unsichtbar ist, das ist ewig.“ Müssen wir gleich manchmal klagen mit Hiob: „Ich will reden von der Angst meines Herzens;“ mit David: „Mein Gott! betrübt ist meine Seele in mir;“ mit Jesu: „Meine Seele ist betrübt bis in den Tod;“ so wissen wir doch, daß Gott unsere Seele vom Tode erretten und unsere Augen von den Thränen befreien wird; wir wissen, daß unsere Trübsal aufhören, die Seele aber mit einem unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbe im Himmel beglückt werden soll. Dort wird sie leben und ihren Schöpfer lieben und loben in Ewigkeit. Gott sey gedankt, der aus lauter Gnade unsere Seele der Unsterblichkeit fähig gemacht hat, Ihm sey Ehre und Preis immer und ewiglich! Amen.

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