Schlatter, Adolf - Einleitung in die Bibel - Das Buch Esra

Schlatter, Adolf - Einleitung in die Bibel - Das Buch Esra

Der Bau des zweiten Tempels. Esra 1-6.

Cyrus befiehlt denselben, erlaubt darum jedermann die Rückkehr und erstattet die Tempelgeräte an Serubabel. 1.

Darauf folgt die Liste der 42000 Heimziehenden nach ihren Geschlechtern und Dorfschaften. 2,1-67.

Dieselben legen eine beträchtliche Steuer zusammen, damit der Bau begonnen werden kann. Zunächst wird der Altar errichtet und im folgenden Jahr das Fundament des Tempels gelegt. 2,68-3,13.

Aber nun stellen sich Schwierigkeiten ein. Die früheren Ansiedler fremder Herkunft wollen auch zum Tempel Zutritt haben, werden abgewiesen, und machen nun, daß der Bau stille steht. 4,1-5.

Daran sind weitere Belege der Feindschaft der Samaritaner gegen die Heimkehrenden aus späterer Zeit angereiht. Sie werden von denselben bei Xerxes verleumdet, und wiederum bei Artaxerxes, als sie die Mauern auszubauen versuchten. Artaxerxes gibt Befehl, den Bau gewaltsam zu unterdrücken. Diese Nachrichten sind wohl vollständig zutreffend; nur sagen sie uns nicht direkt, was unter Cyrus gegen die heimkehrenden Juden geschah. Sie lassen uns die damaligen Vorgänge an ähnlichen späteren erraten. 4,6-24.

Auf den Antrieb der Propheten Haggai und Sacharja wird der Tempelbau nach dem Regierungsantritt des Darius a. 520 wieder aufgenommen. Der persische Statthalter von Syrien eilt auf die Nachricht herbei, unterdrückt aber den Bau nicht, sondern fragt bei Darius an, ob wirklich Cyrus den Bau befohlen habe. In Ekbatana findet sich ein Bericht über das Edikt des Cyrus und die Antwort des Darius gestattet den Bau und unterstützt den Opferdienst durch königliche Beiträge. Darauf wird das Haus a. 516 vollendet, eingeweiht, und das erste Passa gehalten. 5 u. 6.

Diese Ereignisse liegen vor der Zeit Esra's, und die Dokumente, namentlich die Liste Ap. 2, die auch schon Nehemia vorgewiesen worden ist Neh. 7,5, und der Bericht Ap. 5 und 6 sind den Ereignissen offenbar gleichzeitig. Andrerseits zeigt die Einschiebung der Aktenstücke aus der Zeit des Artaxerxes Ap. 4, daß der Ordner dieser Berichte über den genauen Hergang der Dinge in der Zeit des Cyrus keinen Bericht mehr hatte. Es spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Zusammenstellung der Nachrichten das Werk des Chronisten ist. Dazu hat er nun im folgenden die eigenen Aufzeichnungen Esras gefügt; nur die Einleitung zu denselben, 7, 1-10, ist vom Chronisten etwas überarbeitet.

Esra's Zug nach Jerusalem und die Reformation der Gemeinde. 7-10.

Reichlich 50 Jahre nach der Einweihung des Tempels a. 458 wandert Esra, der wegen seiner Kenntnis des Gesetzes und seinem Eifer für dasselbe in Israel Ansehen besaß, nach Jerusalem mit königlichen Geschenken für den Tempel und einem Brief des Artaxerxes, der für die Opfer königliche Gelder anwies und den Priestern und Leviten Steuerfreiheit gab. 7.

Esra gibt die Liste der Karawane, die auf mehr als 1700 Mann ansteigt, nachdem es ihm noch gelungen ist, nicht bloß Priester, sondern auch Leviten zur Heimkehr zu bewegen. Nach einem Fasttage zur Anrufung des göttlichen Schutzes, da sie keine Bedeckung mitnehmen wollten, langen sie glücklich in Jerusalem an. 8.

Der Zustand der Gemeinde erschreckt Esra tief, weil sie Ehen mit den halb oder ganz heidnischen Nachbarn geschlossen hat. Er wirft sich darob vor Gott nieder mit einem ernsten Bußgebet. Das Volk nimmt teil an seiner Trauer. Eine große Volksversammlung wird berufen, die zur Absonderung der fremden Frauen willig ist, und eine richterliche Kommission führt die Reinigung der Gemeinde durch. 9. u. 10.

Die Aufzeichnungen Esras zeigen und die innern Kräfte höchst lebendig, welche die neue Gemeinde erhielten und sie mit steigender Macht durchdrangen. Esra's Liebe, Freude und Ehre ist das Gesetz. Vor jeder Verletzung desselben erschrickt er in tiefer Trauer. Nun endlich nach all der langen Untreue und Bundbrüchigkeit muß Israel rund und ganz dem Gesetz gehorchen! Darum erbaut er die Mauer, die Israel von den Heiden abscheidet, möglichst hoch und gibt deshalb den Verordnungen des Gesetzes die schärfste Auslegung. Man kann nicht zuviel thun in der sorgsamen Treue gegen die Satzung. Je schärfer das Gesetz gehandhabt wird, um so sicherer ist, daß ihm Genüge geschieht.1)

Ganz ähnliche Aufzeichnungen, wie sie Esra hinterlassen hat, blieben auch von seinem Zeitgenossen Nehemia, der mit ihm an der Aufrichtung Jerusalems nach innen und außen arbeitete, erhalten, und der Chronist hat sie dem Bericht Esras mit einigen Zugaben beigefügt.

1)
Es wechselt im Buche das Aramäische mit dem Hebräischen. Im ersten Teil ist 4, 8-6, 18 aramäisch, im zweiten 7, 12-26. Das aramäische war in ganz Vorderasien mit seinem bunten Völkergemisch die einheitliche Verkehrssprache, der auch die Juden sich nicht entziehen konnten. Das Hebräische lebte nur noch im Innern des jüdischen Hauses fort, während nach außen im Handel, im Verkehr mit den Beamten u. s. w. aramäisch gesprochen wurde, ähnlich wie bei uns Volks- und Schriftsprache neben einander stehen, wie denn auch der Unterschied zwischen beiden Dialekten kaum größer ist. Der Wechsel ist dadurch veranlaßt, daß die Briefe an den persischen Hof in der üblichen Verkehrssprache gegeben wurden, weshalb der Chronist dieselbe auch für die erläuternden Bemerkungen, wahrscheinlich in Anschluß an seine Quelle, verwendet. Bei Esra ist nur das amtliche Dokument aramäisch. Er selbst schreibt hebräisch.
Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/s/schlatter_a/einleitung_in_die_bibel/schlatter_eidb_esra.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain