Schlatter, Adolf - Einleitung in die Bibel - Der 1. Korintherbrief.

Schlatter, Adolf - Einleitung in die Bibel - Der 1. Korintherbrief.

Er beginnt mit dem Dank für den Reichtum der Gemeinde an Wort und Erkenntnis. Gerade diese Gaben schätzt er nicht gering. Sein Dank vollendet sich in der Zuversicht, daß Gott sie durch alle Gefahren hindurch bewahren wird. 1,4-9.

Zuerst zeigt er ihnen:

wie die Gemeinde wieder zur Einigkeit gelangen kann. 1,10-4,21.

Sie müssen zunächst das Ungebührliche solcher Parteiung einsehen, die sich an die Lehrer hängt und ihnen gibt, was Christo allein zukommt. 1,11-16.

Darauf schlägt er ihren Weisheitsdünkel nieder, denn dieser ist's, der sie gegen ihn aufbläht. Sein Auftrag geht dahin, das Kreuz Christi zu predigen, und damit hat Gott alle Weisheit der Menschen zu Schanden gemacht. Auch in der Sammlung seiner Gemeinde stellt Gott die Weisen hintan. Dadurch ist Paulus gerechtfertigt, wenn er ihnen einzig den Gekreuzigten vorhielt, und damit ihren Glauben nicht auf Menschenweisheit gründete, sondern auf Gottes Kraft. 1,17-2,5.

Den Weg zur Weisheit hat er ihnen dadurch nicht verschlossen, im Gegenteil aufgethan. Denn sein Evangelium führt sie in den Besitz des Geistes, durch welchen allein Erkenntnis Gottes, die alles erforscht, empfangen wird. 2,6-16.

Aber diese innere Bedingung der Erkenntnis fehlt den Korinthern, wie gerade ihr Streiten um die Weisheit und ihre Lehrer beweist. 3,1-4.

Und nun reißt er sie aus ihrer unlautern Hingebung an diese oder jene menschlichen Lehrer dadurch heraus, daß er die Stellung derselben in der Gemeinde fest umgrenzt. Es gibt rechtschaffne Lehrer, die Gottes Mitarbeiter sind, und darin ihre unvergleichliche Ehre haben, die aber nicht an ihrer eigenen Person hängt. Es gibt irrende Lehrer, die zwar die Gemeinde auf Christum bauen wollen, aber in untüchtiger Weise, deren Werk darum in Christi Gericht untergeht. Und es gibt bösartige Lehrer, die den Tempel Gottes durch falsche Weisheit verderben, die Gott auch verderben wird. Allen gegenüber ist die Gemeinde frei, da sie alle rechtschaffenen Lehrer als Gabe Gottes schätzen und benutzen darf, aber niemandem unter ihnen, sondern nur Christo untergeben ist. 3,5-23.

Darauf bespricht Paulus ihr persönliches Verhältnis zu ihm. Ihr Tadel hat für ihn keine Bedeutung; nur Jesu Urteil ist für ihn bedeutungsvoll. Aber ihrer Aufgeblasenheit sollen sie sich schämen lernen, und darum hält er ihrem satten Übermut seinen Leidenslauf entgegen. Doch sofort wendet er sich wieder zum herzlichen Ton. Er allein ist ja ihr Vater, kein andrer Mann; darum hat er ihnen jetzt den Timotheus gesandt und wird später selber kommen. 4. .

Diese Antwort des Paulus an die gegen ihn eingenommene Gemeinde ist ein großer Beweis seiner apostolischen Lehrweisheit. Sie ist voll Schonung gegen die Gegner, denen er nur mit dem Schlußwort andeutet, daß er sie durchschaut. Auch dem Schimmer von Wahrheit, der in den Klagen der Gemeinde war, kommt er entgegen. Es ist wahr: Weisheit hat er ihnen nicht gebracht und sie zu regieren ist er nicht befugt. Und doch gibt er nicht das mindeste preis von der Kraft seines Evangeliums und der Hoheit seines Amts. Er leitet sie auf die Höhe der göttlichen Weisheit und hat die erhabenste Würde, Knecht und Gehilfe Gottes zu sein auf seinem Acker und bei seinem Bau. Aber er hat nichts für sich selbst gesucht, und ist nur darauf bedacht, der Gemeinde den Weg in die wahre Weisheit offen zu halten und ihre Freiheit zu retten vor der Menschenknechtschaft, in die sie sich hineinstürzen will.

Die sittlichen Schäden der Gemeinde. 5. u. 6.

Von ihren hohen, dünkelhaften Worten geht er sofort mit einem raschen, die Leser demütigenden Übergang zum Mangel an sittlichem Ernst vorwärts, der bei ihnen zu Tage tritt. Ihre geistige Höhe erträgt einen Blutschänder in ihrer Mitte. Wenn sie zu schlaff zum Handeln sind, so handelt er: er hat ihn dem Satan übergeben. 5,1-6.

Er schärft ihnen aufs neue die Mahnung seines frühern Briefes ein, welcher die Reinhaltung der Gemeinde forderte. 5,7-13.

Darauf wird der Streit der Christen vor den heidnischen Richtern verworfen. 6,1-11.

Dann kehrt er nochmals zur Unzucht zurück, um das sündliche derselben ihnen fühlbar zu machen, und zu verhüten, daß sie nicht als etwas Gleichgültiges zum Bereich der Freiheit gerechnet werde. 6,12-20.

Nun erst, nachdem diese Vorgänge besprochen sind, von denen ihr Brief nichts sagte, die ihm aber wichtiger sind als alles andre, geht er auf ihre eigenen Fragen ein.

Über die Enthaltung von der Ehe. 7.

Bestehende Ehen dürfen nicht aufgelöst werden, auch nicht die gemischten, wenigstens nicht durch den christlichen Teil. Sonst aber empfiehlt er den Verzicht auf die Ehe, vorausgesetzt daß die innere Kraft zu demselben vorhanden sei, da sie den ungebundenen, jeder Not gewachsenen Streiter Christi schafft.

Das Verhalten gegenüber dem Opferfleisch. 8-10.

Die richtige Lösung solcher Fragen trifft nur die Liebe, und nicht die Erkenntnis allein. Am Fleisch haftet keine Gefahr; es steht nicht in der Götter Gewalt, denn diese sind nichts. 8,1-6.

Aber damit ist die Frage noch nicht beantwortet, weil es Schwache gibt, welche die Freien durch ihr Beispiel nicht dazu reizen dürfen, solche Opfer zu essen, obwohl sie in ihren Gedanken vom Götzen nicht loskommen. 8,7-13.

Die zarte schonende Rücksicht, wie er sie hiemit von ihnen fordert, hat er ihnen an sich selbst gezeigt dadurch, daß er keine Geschenke von ihnen nahm. Er hat damit freiwillig auf sein gutes Recht verzichtet, um dem Evangelium jedes Hindernis wegzuräumen. Er hat die Erläuterung dieses Vorwurfs absichtlich gerade an dieser Stelle eingefügt. Kein Wunder, daß sie sein Verhalten nicht verstehen, da sie auch in der Opferfrage zeigen, wie sehr ihnen der zarte Sinn der um die Schwachen besorgten Liebe fehlt. 9,1-18.

Diese Hingabe an die andern, die allen alles wird, ist das Herz seines ganzen apostolischen Handelns. Er bleibt auf diesem Wege nicht nur der andern, sondern seiner selbst wegen, damit er des Reiches nicht selbst verlustig gehe. 9,19-27.

So kommt er von einer neuen Seite zur Opferfrage zurück. Mit übermütiger Teilnahme am Heidentum verderben sie nicht nur die Schwachen, sondern auch sich selbst, wie ihnen der Untergang Israels in der Wüste warnend zeigt. 10,1-13.

Damit sind die abschließenden Regeln nach allen Seiten vorbereitet. Was wirklich Götzendienst ist, daran darf ein Christ nicht teilnehmen. Handelt es sich aber nur um Fleisch, dann ist sein Genuß nur aus Schonung für die Schwäche anderer unstatthaft. 10,14-11,1.

Auch hier spricht Paulus höchst schonend und vorsichtig und kommt den Gegnern so weit als möglich entgegen. Wenn sie die Ehelosigkeit preisen, so lobt er sie auch, nur daß sie nicht als Joch auf die Gewissen gelegt werde und nicht zu naturwidrigen Sünden führe. Verabscheuen sie das heidnische Opfer, so warnt auch er vor der Überspannung der Freiheit in Übermut und Lieblosigkeit, nur daß die Freiheit gewahrt bleibt. Er schrieb zum Frieden, nicht zum Kampf.

Die gottesdienstlichen Ordnungen. 11-14.

Die Frauen sollen in den Versammlungen den Schleier behalten als Zeichen ihrer Untergebenheit unter ihre Männer. 11,2-16.

Beim Abendmahl hat die Gemeinde den Ernst der Stiftung Christi zu bedenken, und die vorangehende Mahlzeit, wenn sie nicht mehr gemeinsam ist, abzuschaffen. 11,17-34.

In Bezug auf die Geistesgaben wird vor allem dargethan, daß deren Verschiedenheit die Einheit und Eintracht der Gemeinde nicht stören soll, da alle Gaben aus derselben Wurzel, vom selben Gott, vom selben Herrn und selben Geiste stammen und demselben Ziele dienen, der Förderung aller durch wechselseitigen Dienst. 12.

Darum muß er von der Liebe sprechen, der einen und höchsten Gabe, die alle bedürfen, und die an Wert alles andere übersteigt, weil erst sie alle anderen Gaben richtig brauchen lehrt. Dieser Preis der Liebe paßt wunderbar schön zum ganzen Brief, der bei jedem Punkt Schritt um Schritt selbst ein Beweis und Beispiel der selbstverleugnenden, zarten und doch starken Liebe ist. 13.

Damit ist wieder für die praktischen Ratschläge der Grund gelegt. Das Reden mit Zungen wird von den Versammlungen ausgeschlossen, falls es nicht hernach in verständliche Rede umgesetzt wird, da es sonst nur für den Wert hat, der diesen Zustand selbst innerlich erlebt. Dagegen mahnt Paulus zur Pflege des Weissagens. 14.

Die Bezeugung der Auferstehung. 15.

Im Zweifel an der Auferstehung sieht Paulus eine Leugnung des ganzen Evangeliums. Er stellt zuerst die Auferstehung Jesu fest, der von vielen Zeugen gesehen worden ist. 15,1-11.

Ohne Christi Auferstehung wäre die Predigt des Apostels und der Glaube der Gemeinde nichtig und leer. 15,12-19.

Mit Jesu Auferstehung ist dagegen auch unser Auferstehen und Christi vollkommener Sieg über den Tod angebahnt. 15,20-28.

Nun hat das christliche Hinwegsehen über den Tod und der Heldenmut des Martyriums guten Grund. 15,29-34.

Erst jetzt, nachdem er die Gewißheit der Auferstehung begründet hat, geht er auf die Beschaffenheit des Auferstehungsleibes ein. Derselbe ist nicht nur eine Wiederherstellung des gegenwärtigen Zustandes, sondern Verwandlung und Erhöhung unseres Leibes aus Adams Bild in Christi Gestalt. 15,35-49.

Dies zeigt sich auch darin, daß die, welche Christum bei seiner Erscheinung sehen werden, nicht ohne weiteres in sein Reich eingehen, sondern zuerst verwandelt werden müssen. Denn Christi Gabe ist die vollkommene Überwindung aller Verderbnis und Sterblichkeit. 15,50-58.

Den Schluß des Briefes bildet die Besprechung einiger kleinerer Anliegen, wie der Kollekte und der Reisepläne. Unter die Segensworte stellt er aber auch den Fluch für jeden, der den Herrn Christus nicht lieb hat, den jüdischen Männern zum Wink, wo für ihn die Richtschnur seines Verhaltens liegt. 16.

Auch die Gegner des Apostels sagten: die Briefe sind schwer und stark, 2 Kor. 10,10. Allein zu gewinnen waren sie nicht mehr, und die Gemeinde hatte nicht mehr die Kraft, sie aus ihrer Mitte zu entfernen. Nicht einmal die Verdächtigungen in der Besoldungsfrage verstummten nach dem ersten Brief, vgl. 2 Kor. 11,7-12. 12,16-18. Was aber weiter geschah, darüber gibt uns der zweite Brief nur Andeutungen, die verschiedene Auffassungen zulassen. Paulus erklärt im zweiten Briefe wiederholt, er sei nun schon zweimal in Korinth gewesen, 2,1. 12,21. 14. 13,1. Von diesem zweiten Besuche haben wir im ersten Briefe noch nichts gehört. Weiter sagt Paulus, jener Besuch sei für ihn betrübend gewesen. Dieser Schmerz wird mit der Verwirrung in der Gemeinde in Zusammenhang stehen. Paulus ist also während seines Aufenthaltes in Ephesus einmal nach Korinth hinübergefahren, ob vor, ob nach dem ersten Brief, darüber können die Meinungen sich teilen. Es ist keineswegs unwahrscheinlich, daß Paulus erst nach dem ersten Brief, etwa durch die Nachrichten, die ihm Timotheus brachte, bewogen, den Entschluß faßte, persönlich auf die Gemeinde einzuwirken, ohne daß dieser Schritt die Dinge zur Entscheidung brachte, so daß es Paulus vielmehr für richtig hielt, nochmals den Weg des geduldigen Wartens einzuschlagen, so sehr derselbe, äußerlich angesehen, für ihn eine Demütigung bedeutete. In Wahrheit ist sein geduldiges Warten sein heller Ruhm. Das ist der Mann, wie wir ihn im Römerbrief kennen lernten, mit der tiefen Überzeugung, daß das Gesetz nur Zorn anrichte und töte. Er hat die Leute in Korinth nicht niedergeschlagen mit seiner Autorität und nicht mit ihnen gehandelt in des Gesetzes Namen. Er wollte ihnen helfen, und bis sie sich helfen ließen, wartete er in Geduld.

Er blieb deshalb nicht unthätig, sondern stand fortwährend mit der Gemeinde in Verkehr. Sie hatte von ihm inzwischen das Versprechen erhalten, sowie er Ephesus verlasse, noch bevor er nach Macedonien reise, werde er zu ihnen kommen, so daß der Gemeinde ein doppelter Besuch des Paulus in Aussicht stand, der eine vor, der andere nach seinem Aufenthalt in Macedonien, 2 Kor. 1,15.16. Dieses Versprechen hat er jedoch nicht ausgeführt, sondern statt seiner Titus hingesandt, während er selbst der Küste Kleinasiens entlang nach Troas ging. Titus hatte die Anweisung, ihm sofort wieder entgegen zu reisen und in Troas mit ihm zusammenzutreffen, 2 Kor. 2,13. 7,5-7. Was Paulus zu diesem Entschluß bewog, sagt er selbst 2 Kor. 1,23-2,2. Damals konnte er noch nicht als der Gehilfe ihrer Freude kommen, sondern nur strafend und richtend, ihnen und sich selbst zur Betrübnis. Er entschloß sich auch in diesem Moment nochmals zur Schonung und Geduld und nahm die Mißdeutungen seines Schrittes durch die Korinther als das kleinere Übel in den Kauf.

Sodann ist im zweiten Brief zweimal von einem Schreiben die Rede, „das er aus großer Trübsal und Angst des Herzens unter vielen Thränen“ geschrieben habe, und das als ernst und drohend beschrieben wird. 2,3.4.9. 7,8-12. Über dessen Wirkung erwartete er durch Titus Bericht. Es war darin von einem Fehltritt eines einzelnen Gemeindegliedes die Rede, dessen Bestrafung Paulus forderte. Man hat früher hiebei stets an den ersten Brief gedacht und an dessen Urteil über den Blutschänder. Allein da Paulus in Bezug auf den Blutschänder nichts von der Gemeinde gefordert, sondern ihm selbst das Urteil gesprochen hat, dessen Bestätigung er nicht von Menschen erwartete, sondern von Gott, und da inzwischen jedenfalls mancherlei Neues geschehen war und Paulus sicher einen sehr bestimmten Grund hatte, weshalb er sein Versprechen zurücknahm und von Korinth noch ferne blieb, ist es wahrscheinlicher, daß hier von einem neuen schlimmen Vorfall geredet wird, der vielleicht direkt gegen Paulus und seine apostolische Autorität gerichtet war.

Der strenge Brief, der die Bestrafung des Sündigenden forderte, wurde aller Wahrscheinlichkeit nach erst durch Titus nach Korinth gebracht.

All dies rüttelte endlich die Gemeinde auf. „Fleiß, Verantwortung, Zorn, Furcht, Verlangen nach Paulus, Eifer für ihn, Ahndung des Geschehenen“ waren erwacht, als Titus von Korinth wieder abreiste, 7,11. 7. Der Fehlbare war von der Mehrzahl der Gemeinde bestraft und bereute selbst seinen Schritt in tiefer Traurigkeit, 2,6. 7. Aber die Reise des Titus hatte sich verzögert, so daß Paulus ihn in Troas noch nicht fand. Dies ängstete ihn, so daß er ihm sofort nach Macedonien entgegenreiste. Die Sorge um Korinth überwog ihm in diesem Moment alle anderen Anliegen, 2,12.13. In Macedonien traf nun Titus mit seinem erfreulichen Bericht bei ihm ein. Er sandte ihn mit zwei anderen Christen, die Paulus der Kollekte wegen begleiteten, sofort wieder nach Korinth zurück mit unserem zweiten Korintherbriefe.

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