Schlachter, Franz Eugen - Die erste Sabbatfeier im Paradies

Schlachter, Franz Eugen - Die erste Sabbatfeier im Paradies

Siehe 1. Mose Kapitel 2

Es ist gewiß nicht von ungefähr, daß die biblisch Schilderung des Paradieses mit der Erzählung von Gottes Sabbatruhe eingeleitet wird. Soll damit nicht gesagt werden, daß die Sabbatruhe etwas Paradiesisches ist? Kein Wunder, sieht die Erde an einem schönen Sonntagmorgen oft so paradiesisch aus, wenn der Sabbat aus dem Paradiese stammt! Der Mensch ist längst vertrieben aus dem Paradies, es selbst ist von der Erde spurlos verschwunden, aber Gott gab ihm als Erinnerung an dasselbe den Sabbat mit, der noch heute eines der herrlichsten Kleinode und der größten Wohltaten für den Menschen ist.

Der paradiesische Ursprung des Ruhetages erinnert uns vor allem daran, daß derselbe keine bloß jüdische Einrichtung, sondern eine Schöpfungsordnung Gottes ist. Man entschuldigt seine Sonntagsentheiligung unter den Christen zuweilen mit der Ausrede, der Sabbat sei etwas Gesetzliches. Es ist wahr, das Gesetz hat die strenge Sabbatfeier geboten, aber Gott hat den Ruhetag nicht erst am Sinai, sondern schon im Paradies eingesetzt. Und Er hat ihn dort nicht nur den Juden, sondern der ganzen Menschheit geschenkt. Also ist der Ruhetag auch ein göttliches Geschenk, das der ganzen Menschheit gehört. Also ist der Ruhetag auch ein göttliches Geschenk, das der ganzen Menschheit gehört. Jeder Mensch hat ein Recht auf den Ruhetag. Und zwar erlaubt ihm Gott, daß er nicht nur alle 14 Tage, sondern alle 7 Tage Sabbat feiern darf. Der siebentägige Ruhetag ist ein von Gott verordnetes allgemeines Menschenrecht, das jedermann sich selbst und andern gönnen soll und das keine dem andern verkürzen darf.

Wenn der Schöpfer diese Einrichtung traf, so wußte Er warum. Regelmäßige Ruhe ist eine Notwendigkeit für den Menschen, für Leib, Seele und Geist. Der Mensch sollte darum den Ruhetag nicht als eine Last empfingen, sondern als eine Lust; der Sabbat ist nicht eine gesetzliche, sondern eine gnädige Einrichtung. Er soll eine Wohltat für den Menschen sein. Wenn der Mensch daher diese Schöpferordnung übertritt, so schädigt er sich selbst. Der Leib des Menschen bedarf alle 7 Tage einer Ruhezeit. Zur Zeit der Französischen Revolution verwandelte man die Gottesordnung und setzte einen Ruhetag auf je 10 Tage fest. Aber diese eigenmächtige menschliche Einrichtung bewährte sich nicht; das Bedürfnis des Menschen nach dem Ruhetag stellte sich nach 7 Tagen schon wieder ein. Und so sehen wir, daß, wo man Sonntags arbeitet, da wird oft Montags „Blau“ gemacht. Die Schöpferordnung ist eben der menschlichen Natur eingepflanzt. Der Ruhetag aber ist nicht nur dem leiblichen Bedürfnis angepaßt, sondern eine Einrichtung, ohne welche das geistliche Leben nicht gedeihen kann. Wir bedürfen eines Tages, an dem wir von der Arbeit, die uns oft so sehr in Anspruch nimmt, zu uns selbst kommen können, um ungestört uns zu versenken in die Gemeinschaft mit Gott. Ohne das entfernt sich der Mensch immer mehr von der lebendigen Quelle, wird entfremdet von dem Leben, das aus Gott ist und bekümmert sich schließlich gar nicht mehr um sein Seelenheil. Darum kann man wohl sagen: Kein Sonntag, kein Mensch und noch viel weniger ein Christ.

Die Menschen brachten ihren ersten Sabbat im Paradiese zu. Ist das vielleicht ein Wink für uns, wo man den Ruhetag am besten feiern kann? Jedenfalls im Paradies; so sehen wir denn noch heute, wie ein Jeder den Ruhetag möglichst in seinem Paradiese zubringen will. Da fragt es sich aber nun, worin das Paradies eines Menschen besteht. Du kannst ziemlich sicher sein, da wo du einen Menschen den Sonntag zubringen siehst, da findet er sein Paradies. Kein Wunder, sind an den Sonntagen die Wirtshäuser so angefüllt, denn diese gelten in der Tat vielen als das Paradies, höher hinauf als über den Wirtstisch geht ihr Verlangen nicht. In China steht ein Wirtshaus, das den Namen „Gasthaus zur himmlischen Glückseligkeit“ trägt, aber man braucht nicht bis in den fernen Osten zu gehen, man findet auch bei uns Wirtshäuser, die man „Paradies“„ nennt. Warum denn nicht? Auch dort fließen ja Ströme wie im Garten Eden und für Schatten ist ebenfalls gesorgt, für Bäume und Menschen, die lustig anzusehen sind; Herz, was begehrst du mehr? Aber nein, es gibt doch auch noch Leute mit besserem Geschmack; sie finden ihr Paradies in Gottes freier Natur; da bringen sie denn auch ihren Sonntag zu, muß man nicht sagen, daß diese Leute der ursprünglichen Sabbatfeier am nächsten stehen? Ja, wäre nur die Erde ein Paradies, dann möchte es also sein. Aber wo ist der Wald, wo ist die Flur, wo ist der Garten, und wäre es auch der herrlichste Park, den man ein Paradies nennen darf? Man muß doch sehr oberflächlich urteilen, wenn man irgend einen schönen Park mit dem Garten Eden vergleichen will. Das Paradies war eben nicht nur ein schöner Garten, sondern eine Pflanzung des Herrn. Gott der Herr pflanzte einen Garten in Eden gegen Morgen, da aber dieser Garten nicht mehr vorhanden ist, müssen wir uns fragen: welches ist nun die Pflanzung Gottes in welcher man am besten den Sabbat zubringen kann? Der Apostel schreibt der christlichen Gemeinde zu Korinth: „Ihr seid Gottes Ackerwerk“ (1. Kor 3.9). Und wir dürfen wohl sagen, auch wenn die Zustände der christlichen Gemeinde gar nicht immer paradiesische sind, daß die wahre Gemeinde Christi doch der Garten Gottes auf Erden ist. Sie besteht aus den Pflanzen, die der himmlische Vater gepflanzt hat, sie ist wie einst das Paradies abgegrenzt von der übrigen Welt, sie soll es wenigstens sein, und auch in ihrer Mitte, wie einst im Paradies steht der Lebensbaum, Jesus Christus der Gekreuzigte und Auferstandene und Sein Wort. Durch sie fließt der Strom, der diesen Garten tränkt, der Strom des Geistes, von welchem Jesus spricht, daß er vom Leibe derer, die an ihn glauben, fließt. Gibt es einen besseren Ort für das Gotteskind, wo es seinen Sabbat zubringen kann, als die Gemeinde des Herr, die Sein Garten ist? Zwar ja, wir sehen noch nicht aus wie ein Garten Gottes, gerade darum ist es aber nötig, daß jede einzelne Pflanze in die göttliche Pflege kommt, damit sie dann einst fähig sei, versetzt zu werden in das himmlische Paradies.

Die Menschen nahmen bei ihrer ersten Sabbatfeier an der Ruhe Gottes teil. Man kann nicht sagen, sie hatten die Ruhe verdient, denn sie hatten noch nichts getan. Sie ruhten mit Gott im Anblick seiner Werke aus. Das soll uns daran erinnern, daß es auch für uns eine noch viel bessere Ruhe als diejenige von unseren Werken gibt. Wohl ist es wahr, daß nur der Mensch den Sabbat recht zu würdigen weiß, der die Woche hindurch seine sechs Tage gearbeitet hat; aber wir wollen daran denken, daß es noch eine andere Ruhe gibt, die man sich nicht durch seine eigenen Werke erwirbt, die man vielmehr nur im Anblick der Werke Gottes oder genauer gesagt, des Werkes Christi finden kann. Denn Jesus ruft uns zu: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen sei, ich will euch erquicken und so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen“. Freilich nicht in Gottes Schöpfungswerken mehr kann der Sünder Ruhe finden, aber in dem vollbrachten Erlösungswerk. Ruhe findet hier unser Gewissen, das durch eigenes Wirken niemals befriedigt worden ist. Wie die ersten Menschen an der Ruhe Gottes nach dem vollbrachten Schöpfungswerk unverdienten Anteil nahmen, so nehmen auch wir nun durch den Glauben an der Ruhe teil, die aus dem vollbrachten Erlösungswerk fließt. Ja, diese Seelenruhe, die uns in der Gemeinschaft mit Christo verliehen wird, ist doch nicht einmal alles, was uns unverdienterweise von der Ruhe Gottes bereitet ist, nein, wir wissen gewiß, daß dem Volke Gottes noch eine ewige Sabbatruhe aufbehalten wird, bei welcher es auch von seinen Werken ruhen wird, gleichwie Gott von den Seinigen. Dieser ewige Ruhetag bricht an, wenn wir mit Jesu, wie der Schächer, zum Paradiese gehen. Der hatte die ewige Ruhe auch nicht verdient; im Gegenteil hatte er viel verübt, was die Ursache ewiger Gewissensunruhe für ihn zu werden drohte. Aber Christi Blutvergießen macht ihn schuldenfrei, und Christi Werk, das Er für die Sünder vollbrachte, tat ihm die Pforte des Paradieses auf. es erfüllte sich an diesem Räuber, daß dem, der keine Werke verrichtet, glaubt aber an den, der die Gottlosen gerecht macht, sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet wird. Durch diesen Glauben an Christi vollbrachtes Werk gehen wir zur Ruhe ein, zur Seelen- und Gewissensruhe schon jetzt, zur ewigen Ruhe von Leib, Seele und Geist dereinst, wenn für uns die Zeit unserer irdischen Pilgrimschaft1)) ein Ende hat und der ewige, nie endende Sabbat anbrechen wird.

So laßt uns nun Fleiß aufwenden, um zu dieser Ruhe einzugehen. Geben wir Acht, daß uns die irdische Sabbatruhe weder durch Jagen nach eitlem Gewinn, noch durch zerstreuende Vergnügungssucht verkümmert wird, aber fürchten wir noch viel mehr, daß keines von uns bei Jesu die Seelenruhe zu suchen versäumt und endlich gar der ewigen Ruhe verlustig geht.

Artikel in den „Brosamen“ Nr. 8 vom August 1890 © 2005 Karl-Hermann Kauffmann, Albstadt

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d.h. Wand- oder Fremdlingsschaft (KHK
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