Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen - Der 64. Psalm.
1. Ein Psalm Davids, vorzusingen. 2. Höre, GOtt, meine Stimme in meiner Klage; behüte mein Leben vor dem grausamen Feinde. 3. Verbirg mich vor der Versammlung der Bösen, vor dem Haufen der Übeltäter, 4. Welche ihre Zunge schärfen wie ein Schwert, die mit ihren giftigen Worten zielen wie mit Pfeilen, 5. Dass sie heimlich schießen den Frommen; plötzlich schießen sie auf ihn ohne alle Scheu. 6. Sie sind kühn mit ihren bösen Anschlägen, und sagen, wie sie Stricke legen wollen, und sprechen: Wer kann sie sehen? 7. Sie erdichten Schalkheit, und halten es heimlich, sind verschlagen, und haben geschwinde Ränke. 8. Aber GOtt wird sie plötzlich schießen, dass ihnen wehe tun wird. 9. Ihre eigene Zunge wird sie fällen, dass ihrer spotten wird, wer sie sieht. 10. Und alle Menschen, die es sehen, werden sagen: Das hat GOtt getan, und merken, dass es sein Werk sei. 11. Die Gerechten werden sich des HErrn freuen, und auf ihn trauen, und alle frommen Herzen werden sich des rühmen.
Der 64. Psalm hat 1) eine Überschrift: Ein Psalm Davids, vorzusingen. Weder aus dieser Überschrift, noch aus dem Psalm selbst ist die nähere Veranlassung desselben zu bestimmen, sondern man sieht eben, dass auch ein Geschäft des Glaubens darunter getrieben wird, die Welt und ihre Tücke, ihre böse Worte und Werke zu überwinden, und sich durch Gebet in GOtt zu stärken. In solcher Absicht kommt 2) vor eine angelegentliche Bitte, V. 3. 3) Sodann eine umständliche Beschreibung von dem bösen Verfahren seiner Feinde, V. 4-7. 4) Ein getroster Ruhm, wie es GOtt mit ihm und seinen Feinden wenden, und was das zur Stärkung aller Gerechten austragen werde, V. 8 - 11. O! wie gewiss ist, was im Buch der Weisheit 1, 6-12. steht: GOtt ist Zeuge über alle Gedanken, und erkennt alle Herzen gewiss, und hört alle Worte. Denn der Weltkreis ist voll Geistes des HErrn, und der die Rede erkennt, ist allenthalben. Darum kann der nicht verborgen bleiben, der das Unrecht redet, und das Recht, so ihn strafen soll, wird sein nicht fehlen. Denn des Gottlosen Anschläge müssen vor Gericht, und seine Reden müssen vor den HErrn kommen, dass seine Untugend gestraft werde. Denn des Eifrigen Ohr hört Alles, und das Spotten der Lästerer wird nicht verborgen bleiben. So hütet euch nun vor dem schädlichen Lästern, und enthaltet die Zunge vor dem Fluchen; denn was ihr heimlich miteinander in die Ohren redet, wird nicht so leer hingehen; denn der Mund, so da lügt, tötet die Seele. Strebt nicht so nach dem Tod mit eurem Irrtum, und ringt nicht so nach dem Verderben mit eurer Hände Werke. O! Schade, dass sich so Viele, die Andern Trübsal anlegen, nicht fürchten! Aber auch Schade, dass Manche, die Trübsal leiden, sich dessen nicht mehr rühmen und freuen, und damit ihre Geduld und Glauben unterhalten.