Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen – Der 104. Psalm.

Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen – Der 104. Psalm.

1. Lobe den HErrn, meine Seele. HErr, mein GOtt, du bist sehr herrlich; du bist schön und prächtig geschmückt 2. Licht ist dein Kleid, das du anhast; du breitest aus den Himmel wie einen Teppich. 3. Du wölbst es oben mit Wasser; du fährst auf den Wolken, wie auf einem Wagen; und gehst auf den Sittigen des Windes; 4. Der du machst deine Engel zu Winden, und deine Diener zu Feuerflammen; 5. Der du das Erdreich gründest auf seinen Boden, dass es bleibt immer und ewig. 6. Mit der Tiefe deckst du es, wie mit einem Kleide, und Wasser stehen über den Bergen. 7. Aber von deinem Schelten fliehen sie, von deinem Donner fahren dahin. 8. Die Berge gehen hoch hervor, und die Breiten sehen sich herunter, zum Ort, den du ihnen gegründet hast. 9. Du hast eine Grenze gesetzt, darüber kommen sie nicht, und müssen nicht wiederum das Erdreich bedecken. 10. Du lässt Brunnen quellen in den Gründen, dass die Wasser zwischen den Bergen hinfließen, 11. Dass alle Tiere auf dem Felde trinken, und das Wild seinen Durst lösche. 12. An denselben sitzen die Vögel des Himmels, und singen unter den Zweigen. 13. Du feuchtest die Berge von oben her; du machst das Land voll Früchte, die du schaffst. 14. Du lässt Gras wachsen für das Vieh, und Saat zu Nutz den Menschen, dass du Brot aus der Erde bringst; 15. Und dass der Wein erfreue des Menschen Herz, und seine Gestalt schön werde vom Öl; und das Brot des Menschen Herz stärke; 16. Dass die Bäume des HErrn voll Saft stehen; die Zedern Libanons, die er gepflanzt hat, 17. Daselbst nisten die Vögel, und die Reiher wohnen auf den Tannen. 18. Die hohen Berge sind der Gämsen Zuflucht, und die Steinklüfte der Kaninchen. 19. Du machst den Mond, das Jahr danach zu teilen; die Sonne weiß ihren Niedergang. 20. Du machst Finsternis, dass es Nacht wird; da regen sich alle wilde Tiere; 21. Die jungen Löwen, die da brüllen nach dem Raube, und ihre Speise suchen von GOtt. 22. Wenn aber die Sonne aufgeht, heben sie sich davon, und legen sich in ihre Löcher. 23. So geht dann der Mensch aus an seine Arbeit, und an sein Ackerwerk, bis an den Abend. 24. HErr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weislich geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter. 25. Das Meer, das so groß und weit ist, da wimmelt es ohne Zahl, beides große und kleine Tiere. 26. Daselbst gehen die Schiffe; da sind Walfische, die du gemacht hast, dass sie darinnen scherzen. 27. Es wartet Alles auf dich, dass du ihnen Speise gibst zu seiner Zeit. 28. Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie; wenn du deine Hand auftust, so werden sie mit Gut gesättigt. 29. Verbirgst du dein Angesicht, so erschrecken sie; du nimmst weg ihren Odem, so vergehen sie, und werden wieder zu Staub. 30. Du lässt aus deinen Odem, so werden sie geschaffen, und erneuerst die Gestalt der Erde. 81. Die Ehre des HErrn ist ewig; der HErr hat Wohlgefallen an seinen Werken. 32. Er schaut die Erde an, so bebt sie; er rührt die Berge an, so rauchen sie. 33. Ich will dem HErrn singen mein Leben lang, und meinen GOtt loben, so lange ich bin. 34. Meine Rede müsse ihm wohlgefallen. Ich freue mich des HErrn. 35. Der Sünder müsse ein Ende werden auf Erden, und die Gottlosen nicht mehr sein. Lobe den HErrn, meine Seele. Hallelujah.

Der 104. Psalm hat keine Überschrift, schließt sich aber ganz wohl an den 103. an, und seht nun die Erweckung zum Lob GOttes fort, aus einem neuen Grund, nämlich aus der Betrachtung Seiner Werke in der Schöpfung und Erhaltung der Welt. Die Ordnung gibt zu erkennen, dass wenn man nach dem 103. Psalm die Gnade des HErrn in Vergebung der Sünden und Heilung aller Gebrechen hat kennen lernen, und zum demütigen Wandel vor GOtt in Seiner Furcht gekommen ist; so kann man erst auch das Reich der Natur und die Werke GOttes darin fruchtbar betrachten. Das hat auch der sel. Arndt in seinen Büchern vom wahren Christentum so wohl beobachtet, und hat im 1. Buch angefangen zu zeigen, wie in einem wahren Christen der alte Adam sterben, Christus aber in ihm leben soll, und wie er nach dem Bilde GOttes täglich erneuert werde, und in der neuen Geburt leben müsse. Hernach im 2. Buch, wie Christi Menschwerdung, Liebe, Demut, Sanftmut, Geduld, Leiden, Sterben, Kreuz, Schmach und Tod, unseren Seelen Arznei und Heil bringe, aber auch unser Spiegel und Vorbild sei, dem wir nachfolgen sollen, und wie ein wahrer Christ die Sünde, Lod, Teufel, Hölle, Welt und alle Trübsal durch Glauben, Gebet, Geduld und himmlischen Trost überwinden solle, und das Alles in Christo JEsu, durch desselben Kraft Stärke und Sieg in uns; und im 3. Buch, wie GOtt den höchsten Schatz, Sein Reich ins Menschenherz gelegt, als einen verborgenen Schatz im Acker, als ein göttliches inneres Licht der Seele, und wie dasselbe in uns zu erwecken und zu suchen sei. Und dann kommt er erst im 4. Buch darauf, wie das große Weltbuch der Natur von GOtt zeuge und zu GOtt führe. Arndt sagt: GOtt tut gleich als ein lieber Vater, der ein Kind zu sich ruft, und gewöhnet mit süßen Worten. Wills dann nicht kommen, so gibt er ihm einen Apfel oder Birn dazu, nicht dass das Kind diese Gabe so lieb haben solle, dass es daran hangen bleiben solle, sondern es soll an der Liebe des Vaters hangen, als des Gebers. Also lässt unser lieber Vater im Himmel es nicht dabei bewenden, dass Er uns durch so holdselige freundliche Worte, wie bei den Propheten und Aposteln stehen, zu sich ruft, sondern gibt und wirft uns auch viel gute Gaben zu in der Natur. Eben darum hat GOtt den Menschen so elend, dürftig, mangelhaft, nackend geschaffen, hungrig und durstig lassen geboren werden, dass ihn GOtt mit so vielen Wohltaten, Gaben und Geschenken zu sich ziehen, und der Mensch GOttes Liebe aus allen Dingen schmecken möge. In der übrigen Einteilung des Psalms spürt man, dass der Mann GOttes die Werke GOttes nicht nur nach dem bloßen Aussehen der Natur betrachtet, sondern dass er die Anzeigen und Beschreibungen vor sich gehabt habe, die das Wort GOttes von der Schöpfung der Welt macht. Um so weniger soll man die kurzen Beschreibungen Mosis als verblümte Reden ansehen und entkräften, weil der Heilige Geist auch lange Zeit hernach andere Männer GOttes immer auf dieser Spur der sechs Tagwerke fortgeleitet hat, wie jetzt auch dieser Psalm meist danach eingerichtet ist. Das erste Tagwerk GOttes, als das Licht, wird bemerkt, V. 1. 2. Das zweite Tagwerk, der Bau des Himmels, V. 3. 4. Das dritte Tagwerk, Erde und Meer, wobei zugleich etwas vom fünften und sechsten Tagwerk angebracht wird, V. 5-18. Das vierte Tagwerk, Sonne und Mond, wozu wieder etwas vom sechsten Tagwerk genommen wird, V. 19-23. In der Bewunderung nimmt er Alles, was zur Schöpfung und fortwährenden Vorsorge und Unterhaltung gehört, zusammen, V. 24-30. Den Schluss macht ein freudiger Vorblick auf das, was GOtt noch künftig besonders mit der Erde vorhabe. Hier kommt das Hallelujah im Psalterbuch das erste mal vor, und wenn das, was der Psalm so mit Freuden voraus gesehen hat, in seine Erfüllung gehen wird, so wird im Himmel und auf Erden das Hallelujah, und so manches bisher aufgehaltene und gehemmte Lob GOttes in vollen Schwang kommen. Siehe Offenb. 19. Hallelujah, denn der allmächtige GOtt hat das Reich eingenommen, a wird auf der ganzen Erde das in Christo JEsu hergestellte Wohlgefallen GOttes an Seinen Werken erst recht hoch gepriesen werden.

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autoren/r/rieger_k/rieger-psalmen-psalm_104.txt · Zuletzt geändert: von aj
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