Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 28. Der Name

Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 28. Der Name

V 29. Und Jakob fragte und sprach: Sage doch, was ist dein Name? Und Er sprach: Warum fragest du so nach meinem Namen? Und Er segnete ihn daselbst.

Auch ich möchte Dich oft nach deinem Namen fragen, denn er ist mir heilig, und ist so groß; muß immer noch daran buchstabieren, und lernen, und ablernen; und je inniger ich diesen Namen erkenne, mein Licht und meine Hülfe, mein Hoffen und mein Leben, - je inniger und sehnlicher spreche ich zu Dir: Offenbare mir deinen großen Namen, offenbare Dich mir! O wenn sie nur Alle redlich fragten nach Dir, denen Du so oft und auf so mancherlei Weise in ihrem Leben erschienest! Du offenbarest dich ja so gerne Jedem, der Dich fragen will; willst ja kein Fremder unter ihnen sein.

Sage doch, Wer bist Du? Du hast eine Sprache wie die Menschenkinder, und hat doch nie ein Menschenkind geredet, wie Du thust. Du sagst, was Du weißest, und zeugest davon, das Du gesehen (Joh. 3,11.); so freundlich und ernst, so demüthig und scharf, so klar und so dunkel; ein Kind hat seine Lust daran, und ein Alter fühlet sich wie ein Kind davor. Deine Worte sind uns so lange, so oft, wie unverständliche Worte; deine Rede dünket uns oft hart zu sein (6,60.); sie sind so oft in Widerspruch mit unseren höchsten Gedanken; ihr Licht thut oft unseren Augen, unseren Herzen, so weh; sie richten oft Unzufriedenheit in uns an, Unmuth, und Aerger, und Zorn, und wir haben doch keine rechte Ruh, wenn wir sie einmal vernommen; sie werden uns wie der Freund, der uns wieder und wieder nachrufet, oder wie der Feind, der uns überall verfolget; wie Stacheln und eingeschlagene Nägel, ein brennend Feuer in unseren Gebeinen, ein Hammer, der die Felsen zerschmeißt (Pred. 12,11. Jer. 20,9. 33,29.). Sage ihnen doch, was dein Name ist.

Wer bist Du? Im Schauer der Nacht, in der Hitze des Tages, im Kampfe mit den Leiden, in den düsteren Stunden, bist Du ihnen so nahe; je größer die Verlegenheit, je tiefer die Noth, um so näher, ernster, liebender, nahest Du ihnen, und sie wissen es nicht. Je banger die Schuld ihr Gewissen beweget und ihre Seele beuget, um so reichlicher bringest Du ihnen Vergebung und Frieden, und sie achten es nicht. Wenn unsere Lieben dahin sterben, stirbst Du uns nicht; wo wir keine Hülfe sehen, bist Du leibhaftig da; deine Hand ist nie zu kurz, daß Du nicht helfen könnest, und deine Ohren sind nie dicke geworden, daß Du nicht hörest (Jes. 59,1.); wo wir mit Feinden ringen, haben wir Dich zum Freunde; so wir mit dem Tode ringen, wirst Du unser Leben; Du machest uns stärker denn der Tod; er muß vor Dir erblassen; Du lebest, und wir sollen leben (Joh. 14,19.); wer Dich ergreifet und ringet mit Dir, hat den Tod überwunden, und das Leben wird mächtig in ihm. Sage ihnen doch, was dein Name ist.

Wer bist Du? Wenn uns die Welt zu schwer werden möchte, zu schwer das Leben, das Gedränge in der Welt, der Menschen Wesen und Unwesen, ihr Dichten und Treiben; zu schwer der Beruf, unsere Stellung, sie sei hoch oder niedrig hienieden, und wir uns überall durchkämpfen und durchretten müssen, überall auf unserer Hut sein, gerüstet gegen Alle, trauen und nicht trauen, folgen und nicht folgen, Rath geben und nehmen, weichen und uns wehren, Alles und immerdar mit jener Liebe, die da verträgt Alles, und glaubet Alles, und hoffet Alles, und duldet Alles (1. Cor. 13.); - müssen uns und den Unsern den Weg suchen und die Bahn brechen, als müßten wir durch des Jordan Fluten, da sie sich vor uns freundlich spalten, und sich wieder feindlich gegen uns schließen, und über uns aufthürmen, mit ihrer ganzen Macht und Schwere plötzlich über uns fallen, und uns in ihr Wirbeln und Schäumen mit hereinnehmen und ersticken möchten, - bist Du dann auch in der Menge, in der Wogen Gedränge, und kannst uns wieder aus dem Strudel heraus und empor helfen, kannst Einem Brust und Herz so frei machen, und eine solche Zuversicht in's Herz hinein hauchen, daß man fröhlich athmet, und getrost da stehet, wachet oder schläft, als mit Dir in der Welt allein, weil Du dem Meere und den unruhigen und trüben Wassern gebietest (Luk. 8,23. f.). O, darum sage ihnen doch, was dein Name ist.

Und wenn's Einem, mitten durch alles Kämpfen und Ringen mit den Wellen, durch alles Widerspruch-Erfahren und Widerstand-Leisten, endlich gelingt sein Haus zu bauen und sein Feld zu ernten, oder man ohne Kampf bis aufs Blut, ohne Sturm und Gefahr, fröhlich auf den glatten Wellen im Hafen einläufet; - wenn man Alles erhalten und Alles gewonnen, und sein armes Gewissen so ziemlich gerettet, und sein Glück und irdisches Gut in der Stille genießt, und wird von all seinem Gut nicht satt, und hat in aller Stille keine Ruh, und sucht immer wieder Altes und Neues, immer wieder durstig und hungrig, als die ihr Geld darwägen für das, das kein Brot ist, und ihre Arbeit, da sie nicht satt von werden können (Jes. 53,2.); - so bist Du auch da, und trittst uns entgegen, als der allein weiß, was Alles ein Menschen-Leben, eine Menschen-Seele braucht, und hat alle Fülle allein, und kann allein allen Durst löschen, allen Hunger stillen; - und wir nehmen aus deiner Fülle Gnade um Gnade (Joh. 1,16.), und es dürstet uns nicht mehr, und wir haben Alle, Reiche und Arme, volle Genüge (Joh. 4,13. f. 10,11.); - o, darum sage ihnen doch, wie dein Name heißet.

Und wenn Mancher den schwersten Kampf nicht mit Welt und Menschen führet, sondern mit ihm selbst, und dem, was in ihm ist; oder wenn er nicht genug gewacht und gekämpft, sondern nach dem Lauf der Welt oder seiner eigenen Lust, nach dem Willen des Fleisches und seiner Gedanken, sein Schifflein leicht hin wogen ließ, und wird nun in der wilden Strömung mit Schiffbruch bedrohet, und ihm dann bange wird; - wenn unser Gewissen uns verdammt, und unser Leben sich wider uns erhebet, und alle Welt uns trösten und fröhlich machen möchte, alle ihre schönsten Stimmen uns freisprechen und loben, und ihr Lob prallt eitel zurück, und das Gericht hebet immer von Neuem wider uns an, und wir möchten an uns selbst verzagen und verzweifeln; - dann bist Du auch da unsere Hülfe, unser Friede; Du sprichst ein Machtwort, und es wird Alles stille; die Wogen legen sich, das Gericht schweiget; es ist über uns, in uns, kein Verdammen mehr; Wo sind deine Verkläger? Verdammet dich Niemand? - Herr, Niemand. - So verdamme Ich dich auch nicht; gehe hin, und sündige hinfort nicht mehr. Joh. 8,10. f. Röm. 8,1. f. O sage ihnen doch, wie dein Name heißet.

Was fragen sie so nach meinem Namen?

Es ist wahr, Du bist was Du redest, was Du thust, was Du gibst, der Du bist der Ewige, der Allmächtige, der Wahrhaftige, das Licht der Welt, unser Leben.

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