Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 18. Ein Bruder.

Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 18. Ein Bruder.

Das Geschenk des Menschen macht ihm Raum, und bringet ihn vor die Großen (Spr. 18,16.). Dies ist die Gefahr oder der Mißbrauch der Sache, davor Gott sein Volk, Jakob's Kinder, und unter ihnen die Richter und Amtsleute besonders, so häufig gewarnet. Der Geschenke bringet, ist oft ärger noch, als der sie annimmt, um so viel als der da verführet, ärger sein mag, als der sich läßt verführen; die Geschenke machen die Sehenden blind, und verkehren die Worte der Gerechten. 2 Mos. 23,8. 5. Mos. 16,19.

Eine heimliche Gabe stillet den Zorn, und ein Geschenk in den Schooß, den heftigen Grimm (Spr. 21,14.). Dies wäre in gewissen Fällen die schönere Seite; obwohl es Einem immer bange sein darf um ein Gemüth, dessen Versöhnlichkeit oder Vergebung mit irgend einem Preise, einem Geschenke, erkauft werden muß; ein solcher Mensch hat Gott wenig verstanden; - oder wer wird sein Gott sein?

Ich weiß einen Freund, Einer aus Jakob's Söhnen; der sich nicht schämet, uns Brüder zu heißen (Hebr. 2,11,); mächtiger denn Esau, stärker denn seine vier hundert Männer Schaar, größer denn die Starken, herrlicher denn die Großen und die Größesten Alle sind. Die Herrschaft ist auf seiner Schulter, und sein Name heißt Wunderbar (Jes. 9,6.); viele Diademe krönen seine Stirn; seine Augen sind wie eine Feuerflamme; sein Angesicht leuchtet wie die Sonne in ihrer Kraft (Offenb. 19,12. 1,14. f.); alle Völker sind vor ihm wie ein Tropfen, so vom Eimer fleußt, und wie ein Stäublein in der Wage; sie sind vor ihm Nichts, und minder denn Nichtiges und Eitles geachtet (Jes. 40.). Er kann mit dem Stabe seines Mundes die Erde schlagen, und mit dem Odem seiner Lippen den Gottlosen tödten (Jes. 11.) Er will geben seinen Brüdern von seinem Reichthum; Er will sie aufnehmen in seine Herrlichkeit; Er will austheilen unter sie den Glanz seiner Kronen; sie sollen mit ihm leben von seinem Leben, siegen in seiner Kraft, herrschen mit seiner Macht, und seine Scepter tragen; ihrer Seligkeit zu seiner Rechten soll kein Ende sein (2. Tim. 2. Joh. 17. Offenb. 2.3. u. s. w.).

Wie oft haben seine Brüder sich gegen Ihn verfehlet, seine Größe nicht geachtet, seine Allmacht verachtet, seine Stimme verhöret, seiner Güte vergessen, seinen wunderbaren Namen gelästert, seine seligen Gaben mit Füßen getreten, oder mit immer neuem Leichtsinn und Undank sie von sich gestoßen! Sie kehren das Angesicht von Ihm weg; sie wollen Ihn nicht für ihren Bruder halten, sie gewähren Ihm keinen Theil an ihren Sachen, keinen Rath, kein Wort, keinen Blick, in ihr Leben hinein. Weinet Er über sie, sie kümmern sich nicht um seine Thränen; will Er sein eigen Blut für sie geben, sie wollen nicht davon; sie zürnen oft seiner Liebe, und fluchen seinem Liebes-Erbarmen; der Unwertheste der Menschen hat für sie größeren Werth; der Schlechteste ihrer Brüder scheinet oft mehr vor ihren Augen zu gelten.

Hat aber seiner Brüder Einer sein Unrecht erkannt, und fürchtet sich, schämet sich, möchte weinen reuige Thränen, sich mit Ihm versöhnen, und seufzet wie Jakob: vielleicht wird er mich ansehen mögen; - da braucht s keine Furcht und Angst, und auch keine Geschenke; und wofür. wenn sie's hernehmen, Ihm Geschenke zu geben? Er gibt ihnen Alles; Alles, was Er hat ist ihr; - Er hat selbst für sie sein Leben gelassen; längst hieß es laut in diesem Herzen: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun (Luk. 23,24.). Sie werden freilich staunen und erschrecken vor seinem Angesichte, wenn Er zu ihnen sagen wird: Ich bin Jesus, euer Bruder, den ihr zerstochen habt. Und nun bekümmert euch nicht, und zürnet nicht, daß ihr mich also verkaufet habt; denn zu euers Lebens Rettung hat mich Gott vor euch her gesandt (1. Mos. 45. Offenb. 1,7.). Sie werden zürnen ihnen selbst, und an ihre Brust schlagen, wenn sie dieses Gottes Stimme vernehmen: Mir hast du nicht gebracht Schafe deines Brandopfers, noch mir geehret mit deinen Schlachtopfern; mich hat deines Dienstes nicht begehret mit Speisopfer; Ich habe dir nicht Mühe gemacht mit Weihrauch. Mir hast du nicht um Geld Calmus gekauft; du hast mich nicht mit dem Fett deiner Opfer gesättigt. Ja, mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden, und hast mir Mühe gemacht mit deinen Missethaten. Ich, Ich tilge deine Uebertretungen um Meinet Willen, und gedenke deiner Sünden nicht. Jes. 43.

Ich weiß, o mein Herr und mein Gott, was wir allein dir darbringen können, denn wir sind sehr arm und ohne Güter, ohne Gutes, vor dir; - die Opfer, die dir gefallen, sind ein zerbrochener Geist; ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du nicht verachten. Ps. 51,19. Es ist aber schwer den Menschenkindern, dir Solches zu geben; sie bringen dir's erst, wenn sie alles Andere, Alles, eingebüßt und verloren haben, oder wenn kein Reichthum ihnen mehr frommt, kein Ruhm ihnen mehr genüget, kein Köstliches mehr ihnen köstlich sein will. Das ist dein Werk, und deine Macht allein. O mein Gott, wie können wir so zerschlagen und zermalmet uns zu Menschen nahend vor dir will es uns lange nicht gelingen, es ist dein Werk allein.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/p/passavant/jakobs_kampf/passavant_jakobs_kampf_18.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain