Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 13. Gehörest du zu ihnen?

Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 13. Gehörest du zu ihnen?

Weiß nicht, bist du ein Deutscher, ein Franzose, oder ein Schweizer, aus dem freien, stolzen Lande, oder Einer aus dem schönen, dem armen Italien, oder aus dem rauhen Norwegen, dort wo der Schnee glänzet? - wo du aber her seiest, ich frage dich: Gehörest du zu jenem Volke, deß sich Jakob freuete der Vater zu werden, - zu dem Volke Gottes? Bist noch jung, und siehest lieber die Blume, die aufgehet, denn die dahin welket, und mit ihrem Laub hinfällt; pflückest in den Trümmern die Rose; - die Rose vergehet, und auch du wirst vergehen; die Staaten vergehen, die Völker vergehen, ein Jedes, wenn seine bestimmte Zeit erfüllet ist: und einst, bald vielleicht, wird von allen diesen Staaten, von ihren stolzen Anstalten, ihren künstlichen Verfassungen, ihren glänzenden Heerschaaren, ihren mächtigen Festungen, ihren ungeheuern Hauptstädten, ihren hohen Namen, ihren Thronen, ihren Kronen, oder von dem noch stolzeren Republiken-Muth, - Nichts überbleiben, denn ein dünner, flüchtiger Staub, und was von ihren offenen oder ihren verborgenen Jahrbüchern, in den Himmeln oder in der Hölle, eingeschrieben ist. - Nur Ein Volk, das Volk Gottes, bleibet; aus allen Völkern, und Geschlechtern, und Zungen, und Heiden heraus erwählet und erkauft (Offenb. 5, 9.), wird dieses Volk Alles und Alle überleben, und wird aufgrünen und blühen, wie die grünenden, blühenden Gefilde, schöner, stärker, mächtiger, je mehr sich die stolzen Trümmer unter ihm zu Hügeln häufen, und die hohen Berge in der Tiefe verschwinden, - ein Sieger über Alles, was dem Tode heimfiel, ein Volk, geboren nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen (1. Petr. 1,23.), für Gottes Ewigkeit. Darum frage ich dich: Gehörest du zu diesem Volk?

Es ist und wächst, sichtbar und unsichtbar, mitten unter allen Völkern der Erde zerstreuet, Niemanden hinderlich noch schädlich; wird groß, und reich und mächtig, auf Niemand's Kosten; macht Niemanden einen Raum, einen Glanz, eine Krone streitig; trägt kein Schwert in der Hand, siehet auch auf seinen Kleidern kein Blut, keine Leiche unter seinen Füßen; höret keinen Seufzer, kein Geschrei, keinen Fluch, ihm nach auf seinem Wege gesendet; weiß von keinem Uebermuth, keiner Ungeduld, keinem Zürnen, noch schelten, noch Poltern und Dreinschlagen; - weiß aber von der edelsten Freiheit, von dem schönsten Frieden, dem sichersten Besitze, und trägt, wie in ihm selbst, an allen seinen Zügen, allen seinen Anstalten und Werken, Pfand und Siegel eines unauflöslichen Segens, der ewiglich bleibet; es ist ja Gottes Volk. Fragest du nach ihm?

Dieses Volk hat keine Gestalt noch Schöne, kein Ansehen noch Aussehen, daß man sich gerne in sein Bürgerrecht aufnehmen ließe; es dränget sich nicht in das Getümmel dieser Welt; man höret nicht sein Geschrei auf den Gassen; es berühret diesen Erdboden nur, als auf dem Wege einem andern Reiche zu; es weinet, als die da nicht weinen; es besitzet, als besäße es nicht; es brauchet dieser Welt, als die ihrer nicht gebrauchen (1. Cor. 7.). Die Welt nimmt wenig von diesem Volke an, und es kann ihr doch Vieles geben; sie spüret wenig von seinem Dasein in ihrer Mitte, und hat doch Vieles von ihm und von seinen einzelnen Gliedern empfangen; sie weiß nicht die Kraft in seiner Schwachheit, die Macht in seiner Ohnmacht, das Licht und die Klarheit in seiner Dunkelheit; - wie es überall unter ihren Wohnungen seine Zelte aufgeschlagen, und hat überall seine heiligen Stätten, von welchen aus Bäche, ja Ströme des Segens, des Friedens, sich über ihre eigenen Wohnungen und ihre Kinder ergießen; - einst wird sie wissen, was sie diesem Volke verdanket, was sie oft und lange beschützt und beschirmet hat, was lange den Einsturz aufgehalten, das Gericht beschworen, den Sturm gestillet; - heute noch nicht. Kennest du das Räthsel?

Dieses Volk gehöret nicht sich selbst, es gehöret Gott, dem Könige der Könige, und Herrn der Herren an, (Offenb. 17,14. 19,16.); es ist nicht seiner selbst, es ist Gottes; Gottes sind seine Farben, seine Waffen, seine Wappen, sein Panier; Gottes, seine Gesetze, seine Kraft, seine Macht, seine Weisheit und sein Ruhm; Gottes, Alles was groß ist in ihm, und edel, und mächtig, und schön. Gott ist unter ihnen der Erste und Höchste; nach Gott schauen alle Blicke; Ihm gehorchen alle Herzen; Ihm heiligen sich alle Gedanken und Kräfte; Ihm beugen sich alle Knie; Ihm dienen alle Namen; Ihm leuchten alle Sterne; Ihm lobsinget Alles, was Odem hat; freudig, selig, Alles von Ihm zu halten, und Ihm wieder darzubringen Alles, mit Dank und Preisgesang. - Dieses Volkes nun, freuete sich Jakob, der Vater zu sein. Er wußte noch nicht, der Mann Gottes, was Alles diesem seinem Volke zugedacht war: die Gaben, die Gnaden, den Segen; auch nicht die Anfechtungen, die Trübsale, die Kämpfe; auch nicht die Siege, die Macht, die Herrlichkeit und die Seligkeit darnach; er ahnete aber Etwas von dieser Hoheit und Größe; er dachte sich seine Kinder unter dem Schatten des Allmächtigen sicher ruhend, willig und heilig dem Gott seiner Väter unterthan, gelagert auf dessen schönsten Weiden, an den Strömen seiner Gerechtigkeit getränket; Gott ihr Schirm und ihr Schild, ihre Freude, ihr Friede, ihr Sieg gegen alle ihre Feinde, und alle Welt einst ihr Erbe, ihnen ewiglich unterthan. Es gelüstete ihn, in diese ihm noch so verhüllte Herrlichkeit zu schauen; die göttliche Verheißung war seines Herzens Augenmerk, seines Lebens Ziel; nur in diesem Lichte hatten alle seine Schicksale, seine Güter, seine Familie, seine Kinder, vor seinen Augen einen heiligen Werth, die Gegenwart, eine Freude und einen Trost; die Zukunft, eine Hoffnung, vor deren Klarheit alle Angst sich legte, alle Schrecken verschwanden, wie der Nebel vor der Sonne vergehet. - Siehe da, darum hatte Jakob so viel auf jenen Segen seines Vaters gehalten, denn bei diesen Knechten Gottes war des Vaters Segen Gottes Segen; und darum war der Erzvater, bei allen seinen Mängeln, Gott so lieb; Gott will Männer haben, denen die Himmel höher denn die Erde stehen, Männer, denen das Heilige heilig ist, die Ihm das Angesicht und nicht den Rücken kehren (Jer. 2,27.), die nach Ihm fragen, und über Alles nach seiner Gemeinschaft und seinem Segen begehren; diesen stehen auch seine Himmel und sein Herz offen; darum heißt es in dem Propheten: Ich habe Jakob lieb, und hasse Esau, und habe sein Gebirge öde gemacht, und sein Erbe den Drachen zur Wüste. Mal. 1,2 f.

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