Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 10. Ps. 27, 8.

Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 10. Ps. 27, 8.

V. 9. Gott meines Vaters Abraham, und Gott meines Vaters Isaak, Herr, der du zu mir gesagt hast: Ziehe wieder in dein Land, und zu deiner Verwandtschaft; Ich will dir wohl thun. -
V 11. Ich bitte, errette mich von der Hand meines Bruders Esau, denn ich fürchte mich vor ihm, daß er komme und erschlage mich, die Mutter sammt den Kindern. V. 12. Du hast gesagt: Ich will dir Wohl thun, und will deinen Namen machen wie den Sand am Meer, den man nicht zählen kann vor Menge.

Muß mich immer wundern, wie der Erzvater das Beten verstehet, so demüthig, so gebeugt und dankbar, Staub und Asche, wie sein Vater Abraham, vor dem Allmächtigen, dem drei Mal Heiligen; voll Staunen und Scham über Allem, was Gott an ihm gethan: Herr, ich bin zu gering aller Barmherzigkeit und Treue, die du an mir gethan hast; - und dabei so frei, so munter, so kühn! er hält Gott sein Wort vor; er erinnert Ihn an das, was Er seinem Knechte versprochen; er bindet Ihn an sein Wort, und macht sich aus diesem Worte des Treuen und Wahrhaftigen ein Recht und einen Rechtstitel: Du hast’s gesagt, Du mußt es halten! - Und der Mann Gottes wußte doch zu welch einem Gott er also sprach: Alle Heiden, alle Völker vor Ihm, wie ein Tropfen, so am Eimer fleußt, und wie ein Stäublein in der Wage (Jes. 40, 15.); seiner Heiligen vor Ihm Keiner ohne Tadel; seine Knechte, Leute, auf die Er sich nicht verlassen kann (Hiob 4,18. 15,15.); alle seine Verheißungen, unverdiente Freundlichkeit; alle seine Gaben, reine, unverdiente Gnade; - ein Gott, wie's Jakob wohl bekannte, vor dessen Heiligkeit und Klarheit er nicht einen Augenblick bestehen könnte. Er stellet sich aber vor dieses Gottes Gnade hin; er läßt alle anderen Gedanken, alle Ansprüche, alle Titel, alle Verdienste, weit hinter sich; er beuget sich, er kniet nieder, weiß nichts von irgend einer Gerechtigkeit, einer Tugend, einer Frömmigkeit, einem Recht, einem Lob, deren er sich rühmen könnte; siehet und weiß nichts, hat nichts, denn seine Armuth, und seines Gottes Gnade, Güte und Treue; das gibt ihm aber ein kindliches Vertrauen, völlig, unbedingt, fröhlich; das machet ihm einen freien, tapferen Muth; und so tritt er getrost und freudig vor seinen Gott hin, stark auf seine Gnade und auf seinen Namen gestützt: Du hast's gesagt!

Siehe, darum heißt Jakob ein Mann Gottes; ein Mann, der da wohl weiß, mit Wem er es zu thun hat; ein Mann, der seinen Gott kennet und Ihn verstehet; der bei Ihm gut angeschrieben ist, und hat freien und freudigen Zugang zu Ihm, und kehret nie unverrichteter Dinge von seinem Gott zurück, und freuet und rühmet sich seines Herrn und Heilandes allezeit. Seine ganze Kunst dabei, sein Geheimniß, stehet in jenen Worten: Ich bin zu gering.

Du staunest? Es ist wahr, das sind wunderliche Sachen, vielleicht auch wunderbar. So stehet's aber zwischen Gott und den Menschen, wenn einmal die Scheidewand gebrochen wird, welche sie so lange von Gott trennt, die Erde von den Himmeln, die Kinder von ihrem Vater, - und Beide begegnen einander hienieden; - wobei Gott, der Herr, immer die ersten Schritte thut, ob wir Ihn erkennen und fühlen, Ihm vertrauen und uns zu Ihm nahen möchten. Und so wir uns nahen zu Ihm, und bringen Ihm Glauben, Gehorsam, ein kindliches Vertrauen, und erkennen und bekennen es in Demuth, wie die Kinder, daß Er allein all unseren Glauben, allen Dank und alle Ehre verdienet; daß Er Alles uns gibt, und wir Ihm nichts geben; daß Er Alles ist, und wir nichts, - dann hat Er uns, und wir haben einen Gott; dann machet Er seinen Bund mit uns, und wir mit Ihm, wie es in seinem Worte heißt: Gott hat sein Geheimniß mit denen, die Ihn fürchten, und seinen Bund läßt Er sie wissen (Ps. 25,14,). - Dann können sie sich seine Worte merken, seine Versprechen als ihr Recht, ihr Gut und Erbe, aufschreiben; können Ihn daran erinnern, dürfen es Ihm Alles zu seiner Zeit vorhalten, es Ihm als ihre gültigen Titel und seine Schuldbriefe vorweisen: Mein Herz hält dir vor dein Wort: Ihr sollt mein Antlitz suchen. Darum suche ich auch, Herr, dein Antlitz. Ps. 27, 8. Du hast es gesagt: Ihr werdet mich anrufen, und hingehen, und mich bitten; so will Ich euch erhören. Ihr werdet mich suchen und finden. Denn so ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will Ich mich von euch finden lassen. Jer. 29. Du hast es gesagt: Wohlan, Alle, die ihr durstig seid, kommet her zum Wasser; und die ihr nicht Geld habt, kommet her, kaufet und esset. Ja, kommet her, und kaufet ohne Geld und umsonst, beide Wein und Milch. Jes. 55. - Du hast es gesagt: Israel, fürchte dich nicht, denn Ich habe dich erlöset; Ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein. So du durch's Wasser gehest, will Ich bei dir sein, daß dich die Ströme nicht sollen ersäufen; und so du in's Feuer gehest, sollst du dich nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht anzünden; denn Ich bin Jehova, dein Gott, der Heilige in Israel, dein Heiland… - Jes. 43. - Du hast es gesagt: Ich will euch trösten, wie Einen seine Mutter tröstet…. - Jes. 66,13. Du hast es gesagt: Ich will euch nicht Waisen lassen; Ich komme zu euch… - Ich lebe, und ihr sollt auch leben. Joh. 14, 18.f. Du hast es gesagt: Wer zu mir kommt, den werde Ich nicht hinaus stoßen. Joh. 6, 37. Nun, Herr, ich komme zu dir.

Nicht wahr, es ist nicht immer also unter den Menschen, daß man Diesen und Jenen an sein Versprechen erinnern darf, und ihm sein Wort vorhalten, und wenn er etwas höher stehet, denn Andere stehen, zu ihm sprechen: Du hast es gesagt! Gott aber ist kein Mensch, und das ist unser Trost; Er ist höher, größer, denn alle Menschen sind, und das ist unsere Stärke; Er hat mehr Freundlichkeit und Güte, mehr Liebe und Treue, denn alle Menschen zusammen, und das macht oft seine Leute, die Ihn kennen und auf Ihn trauen, so getrost, ja, munter und stark, stärker, denn das Leben und der Tod. Wo ist ein Gott wie du (Mich. 7, 18.)? - Aber einen solchen Gott brauchen wir.

In dieser Welt der Eitelkeit, der Heuchelei, der Lügen, wo Treue und Treulosigkeit, freundliches und unfreundliches Wesen, Edles und Unedles, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, einander überall begegnen, und ein Jeder meistens das Seine suchet; - in dieser Welt, wo Großes und Kleines so oft sich in Tand und Sand berühret, oft sich im Koth, oder in dem Abgrund unserer Thorheit und Ohnmacht verlieret, brauchen wir einen lebendigen Gott, so freundlich, so leutselig, so geduldig, so groß; - einen Gott, der sich sagen läßt; einen Gott für unsere Schwachheit, für unsere Eitelkeit, unseren Unverstand; einen Gott für unsere Verlegenheiten, unser Zagen und Verzagen in den Anfechtungsstunden; immer gnädig und freundlich, immer groß, immer wahr, immer treu, wenn auch seine Donner brüllen, seine Blitze drein schlagen, und seine Himmel nur Finsternis und Schrecken über uns her verbreiten. Er hat allerdings auch seinen Ernst und seine Schrecken; Er kann sich in Finsterniß einhüllen und im Dunkel verbergen; Er kann sich entfernen, verschwinden, und schweigen; Er kann die Himmel wie Erz machen, und die Erde wie Eisen (5. Mos. 28, 23.). daß das Land trauert, und auch die Gesunden und die Starken schmachten, als wäre kein Gott mehr da. - Weißt du warum?

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/p/passavant/jakobs_kampf/passavant_jakobs_kampf_10.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain