Murray, Andrew - Wachset in der Gnade - Ein Wort zuvor zum Verständnis dieses Büchleins.
Dieses Büchlein ist eine Frucht der Konferenz, welche am 14. und 15. Juni des Jahres 1876 zu Tulbagh gehalten wurde. Auf dieser Konferenz beschäftigte uns nämlich das Wort: „Wachset in der Gnade!“ Wir durften es erfahren, wie durch den Umgang der Kinder Gottes mit ihrem Herrn und unter einander die Herzen zu brennen anfingen und mehr als einem, auch den Verfasser, gegeben wurde, die Herrlichkeit der Gnade Gottes so wie nie zuvor zu schauen.
„Ich wusste nicht, dass es so viel Gnade gibt,“ sagte bei ihrer Abreise eine Schwester, welche noch am Abend zuvor länger geblieben war, um ihre Not zu klagen. Und unwillkürlich floss dieses selbe Wort aus manchem Mund: „Ich wusste nicht, dass es einen solchen Überfluss an Gnade gibt.“ Der Segen aber, welchen wir bei der Betrachtung der wunderbaren Gnade Gottes empfangen, erregte in mir das Verlangen, auch Anderen etwas von demselben mitzuteilen und sie zu dem Zweck mit dem bekannt zu machen, was die Schrift über dieses Wort lehrt. Mit diesem Verlangen aber verband sich noch ein anderer Gedanke.
Das Thema unserer Betrachtung zu Tulbagh: „Wie kann man in der Gnade wachsen und zunehmen?“ war nämlich im Hinblick auf die gewählt worden, welche dort im Jahr zuvor, während einer Zeit der Erweckung, zu dem Herrn gebracht waren.
Auch dachte ich an andere Orte, an denen ich in den beiden letzten Jahren, im Verein mit anderen Brüdern, in besonderer Weise arbeiten durfte, an denen wir die große Freude hatten, dass nicht Wenige zu dem Herrn gebracht wurden. Vor allem denke ich an Graaff-Reinet, Worcester, Robertson, Kapstadt, Stellenbosch und Wellington. Allen jungen Christen an diesen und anderen Orten, von denen uns die Freudenbotschaft einer Neubelebung zugegangen war, wünschte ich etwas von dem Segen mitzuteilen, den der Herr uns zu Tulbagh schenkte.
Das Wachsen in der Gnade ist einer der schwächsten Punkte in dem Leben manches wahren Christen. Zwar denkt er oft daran, er verlangt danach, ja er betet darum, aber es ist, als wolle es ihm nicht glücken. Und diese Tatsache erklärt sich vor allem daraus, dass er nicht weiß, von wem er das Wachsen erwarten und wie er der Zunahme teilhaftig werden kann.
Nichts geht so leicht vor sich als das Wachsen, wenn nur die Bedingungen dazu vorhanden sind.
Sieh nur einmal auf ein Kind! Ohne alle Mühe, ganz von selbst wird es groß. Es ist gesund, hat Speise, um zu essen, atmet die frische Luft ein, spielt und bewegt sich den ganzen Tag, schläft, wenn es müde ist und wächst, ohne dass jemand für sein Wachsen etwas tut. Ein gesundes kräftiges Leben ist die erste Vorbedingung jeglichen Wachstums. Und da kein Leben so gesund und kräftig ist, als das Gnadenleben denn es ist Gottes Leben in uns sollten und müssten eigentlich keine Kinder so gesund und kräftig wachsen, als Gottes Kinder. Ihr Leben ist ja ein Leben, welches mit göttlicher Kraft wächst und zunimmt.
Nun ist es offenbar dringend nötig, dass jeder Christ dies wisse, damit er sich nicht vergeblich abmühe, durch seine eigene Tätigkeit innerlich zu wachsen, vielmehr freudig der Gnade sich anvertraue in der Gewissheit, dass sie sein Wachstum bewirken will. Je mehr er mit dem bekannt wird, was Gnade ist und tun will mit ihrer freien freundlichen Güte, welche niemals nach Würdigkeit fragt, mit ihrer göttlichen Allmacht, welche alles in uns vermag, mit ihrer treuen Ausdauer, welche nicht eher ablassen will, als bis ihr Werk vollbracht ist, desto mehr wird er ihr alles überlassen und durch diesen Glauben wachsen und zunehmen. Die erste Vorbedingung alles Wachstums ist ein gesundes kräftiges Leben. Nur wo sich dieses findet, kann von den anderen Bedingungen die Rede sein. Wir kennen dieselben. Es sind: Speise, Luft, Bewegung und Ruhe.
Das Gnadenleben muss seine Speise haben: das Wort der Gnade und in demselben den Herrn Jesus selbst, das Wort des Lebens.
Es muss seine frische Luft haben. Im Gebet, durch welches es dem Thron der Gnade naht, und durch den Geist der Gnade muss es die reine Luft des Himmels einatmen.
Es muss Bewegung haben. Das Gnadenleben darf nicht untätig bleiben, sondern muss sich in Gehorsam gegen Gottes Willen, in der Arbeit seines Dienstes üben.
Gesundes Leben bedarf weiterhin der Ruhe nicht weniger, als der Bewegung. Das Gnadenleben findet die Kraft zum Wachsen vor allem in dem Frieden und in der Ruhe, welche der Glaube uns gibt, durch welche wir frei von Furcht und Sorge sind.
Rechnet man nun zu diesen Bedingungen noch die Pflicht, abzuwehren, was schaden kann und sich von allem rein zu halten, was der Gesundheit nicht zuträglich ist, so hat man alles, was zum Wachsen nötig ist. Von dem Einen und Andern hoffen wir in unserem Büchlein auf Grund des Wortes Gottes noch näher zu reden.
Die Hauptsache ist und bleibt indessen die Tatsache, dass die Grundursache alles Wachstums ein gesundes und kräftiges Leben ist. So ist denn auch die Grundursache alles geistlichen Wachstums, die Kenntnis des gesunden, kräftigen, göttlichen Lebens, welches die Gnade uns übermittelt hat und selbst in uns erhalten will.
Liebe junge Christen, an deren Herzen ich in den verflossenen Jahren arbeiten durfte, und ihr alle, die ihr in letzter Zeit euren Heiland kennen gelernt habt, ich bringe euch eine herrliche Botschaft: Die Gnade ist weit reicher, als wir geahnt haben. Darum kommt und lernt sie kennen! Geht mit mir zu Gottes Wort, um aus demselben zu entnehmen, was sie für uns tun will!
Entsagt aller Anspannung eigener Kraft, aller Sorge, aller Furcht und allem Zweifel! Und überlasst das Wachstum eures inneren Lebens fröhlich der unendlichen Gnade, welche alles in uns vollbringen will.
Meine Lieben! Ich reiche euch dieses Büchlein mit herzlichem Brudergruß und dem feurigen Gebetswunsch, dass Gott in euch und Seinem Volk Seine Gnade reichlich offenbare!
Andreas Murray.