Murray, Andrew - Nach Jesu Bild - XXIV. In der Ähnlichkeit seines Todes.

Murray, Andrew - Nach Jesu Bild - XXIV. In der Ähnlichkeit seines Todes.

Dass ich Ihn erkenne, und die Kraft seiner Auferstehung, und die Gemeinschaft seiner Leiden, dass ich seinem Tode ähnlich werde. (Phil. 3,10).

Jesu Tod war der Kreuzestod, und wir wissen, dass eben dieser Kreuzestod Ihm zu seinem höchsten Ruhm gereicht; ohne denselben wäre Er nicht unser Erlöser. Das hervorragendste Kennzeichen, das eine Merkmal, wodurch Er sich von allen andern auf Erden und im Himmel unterscheidet, ist dies: Er ist der gekreuzigte Sohn Gottes. Notwendigerweise muss daher auch bei der Umgestaltung in sein Bild unser Augenmerk hauptsächlich auf die Ähnlichkeit seines Todes gerichtet sein.

Wie anziehend war dieselbe für den Apostel Paulus! Worin der Herr Jesus seine Ehre und seine Seligkeit fand, das musste auch sein Ruhm sein; er wusste, dass die innigste Verbindung mit Jesu in der Ähnlichkeit seines Todes besteht. Indem er dazu umgestaltet wurde, da erwies sich der Tod Jesu an ihm gleichermaßen, wie an dem Meister selbst.

Jesu Tod am Kreuze brach der Sünde Gewalt. Während seiner Lebenszeit konnte sie ihn versuchen; aber am Kreuze starb Er der Sünde, jetzt konnte sie Ihn nicht mehr erreichen.

Die Ähnlichkeit des Todes Jesu ist die Macht, die auch uns bewahrt vor der Gewalt der Sünde. Insofern ich durch die Gnade des Heiligen Geistes in meiner Stellung als ein mit Christo Gekreuzigter bewahrt bleibe, insofern der Gekreuzigte in mir lebt und mein ganzes Leben durchdringt, werde ich vor dem Sündigen bewahrt.

Jesu Tod am Kreuz war dem Vater ein unendlich wohlgefälliges Opfer, ein süßer Geruch. O, wenn ich in der Liebe und Gnade des Vaters zu wohnen und Ihm angenehm zu sein verlange, so weiß ich, dass nichts mir hierzu so völlig verhelfen kann, als wenn ich dem Tode Jesu ähnlich gemacht werde. In dem ganzen Weltall erscheint dem Vater nichts so schön, so heilig, so himmlisch, so wunderbar, als der Anblick des gekreuzigten Jesus. Je näher ich daher Ihm komme, je tiefer meine Umgestaltung in die Ähnlichkeit seines Todes dringt, desto gewisser finde ich Aufnahme in dem Liebesschoß des Vaters.

Jesu Tod am Kreuze war der Eingang zu dem Auferstehungsleben, dem unwandelbaren Leben der Ewigkeit. In unserem geistlichen Leben haben wir oft über Unterbrechungen, über Mängel und Unbeständigkeit zu klagen, woraus wir erkennen, dass noch ein Hindernis da ist, weshalb das Auferstehungsleben nicht seine völlige Macht kann zur Geltung bringen. Hierin liegt des Rätsels Lösung: es ist noch ein verborgener Rest unseres eigenen Lebens zurückgeblieben, der noch nicht völlig in die Ähnlichkeit des Todes Jesu gegeben worden ist. Dessen können wir gewiss sein: es bedarf nur einer völligen Gemeinschaft des Kreuzes, um zur vollkommenen Auferstehungsfreude einzugehen.

Jesu Tod am Kreuze war es aber vor allem, wodurch Er das Leben der Welt wurde, und die straft empfing, zu segnen und zu erlösen (Joh. 12,24.25). Durch die Ähnlichkeit des Todes Jesu wird das alte Ich vernichtet; wir geben uns selbst dahin, um für andere zu leben und zu sterben; im Glauben ergreifen wir es, dass der Vater unsere Dahingabe, die Sünde anderer auf uns zu nehmen, gnädig angenommen hat. Aus diesem Tode erstehen wir dann mit der Kraft, andere zu lieben und zu segnen.

Und nun - worin besteht eigentlich diese Ähnlichkeit mit dem Kreuzestode Jesu, woraus solche Segnungen ersprießen? Das Kreuz bedeutet gänzliche Selbstentsagung. Das Kreuz ist der Tod des alten Ich die völlige Hingabe unseres eigenen Willens und Lebens in den Willen Gottes, damit dieser in uns ausrichte, was ihm wohlgefällig ist. Das erfuhr Jesus an seinem Kreuze. Es kostete Ihn einen entsetzlichen Kampf, bis Er sich dazu hingeben konnte. Als Er anfing zu zittern und zu zagen, und seine Seele bis in den Tod. betrübt war, so geschah es, weil sein ganzes Wesen vor dem Kreuze und dessen Fluch zurückbebte. Dreimal musste Er beten, bis Er sagen konnte: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“ Aber Er hat es gesagt; und durch seine Dahingabe an das Kreuz hat Er es bezeugt, dass Er alles erdulden wollte, damit doch nur Gottes Wille geschehen möchte. Er gab alles dahin - aber Gottes Wille musste erfüllt werden.

In die Ähnlichkeit des Todes Jesu umgestaltet zu werden, das heißt, uns und unser Leben auch mit aller Willens- und Tatkraft so an Gott hinzugeben, dass wir es lernen, nichts zu sein, zu wirken und zu tun, als was uns Gott als seinen Willen offenbart. Ein solches Leben ist dem Tode Jesu gleichgestaltet, nicht nur, weil es demselben in etwas ähnlich ist, sondern weil darin Er selbst durch seinen Heiligen Geist alles das wiederholt und ausführt, was Ihn zu seiner Kreuzigung ermutigte. Wäre dem nicht also, so käme der bloße Gedanke an eine solche Gleichgestaltung einer Gotteslästerung nahe.

Durch die Kraft des Heiligen Geistes, der da ist der Geist des gekreuzigten Jesu, weiß jedoch der Gläubige, dass die Kraft und die Herrlichkeit des Auferstehungslebens darin liegt, dass es ein aus dem Kreuz erzeugtes ist. Er gibt sich demselben hin und glaubt, dass es Besitz von ihm ergreift. Da er es erfährt, dass er durchaus keine Kraft hat, etwas Gutes und Heiliges zu denken oder zu tun, ja dass die Macht des Fleisches sich geltend macht und sein Inwendiges verunreinigt, so übergibt er sein ganzes Wesen, soweit er darüber verfügen kann, dem Urteil der Kreuzigung und hält es da fest. Damit überlässt und hält er jede Fähigkeit seines Leibes, seiner Seele und seines Geistes dem HErrn Jesu zur Verfügung. Misstrauen gegen sich selbst, und Selbstverleugnung auf der einen, und vollkommenes Vertrauen auf Jesum, auf der andern Seite kennzeichnen sein Leben. Ja, der Geist des Kreuzes durchweht sein ganzes Wesen.

Es mag scheinen, als gehöre hierzu eine schmerzliche Anspannung, eine ermüdende Anstrengung, diese Kreuzigungsstellung inne zu halten; aber für den, welcher Christum und die Kraft seiner Auferstehung erkennt, - was Paulus der Ähnlichkeit des Todes Jesu vorausschickt ist es im Gegenteil ein Ausruhen, eine Stärkung, ein Sieg. Denn es ist ja nicht das Kreuz an sich, nicht eine Selbstverleugnung, ein Werk, das er in eigener Kraft zu vollbringen hätte, um das es sich für ihn handelt, sondern der auferstandene Jesus ist es, in welchem die Kreuzigung eine bereits vollbrachte und in das Auferstehungsleben übergegangene Tatsache ist. „Ich bin mit Christo gekreuzigt: Christus lebt in mir“; daraus fließt der Mut und die Sehnsucht nach einer stets wachsenden, immer tiefergehenden Umgestaltung in die vollkommene Ähnlichkeit des Todes Jesu.

Wie kann aber diese selige Ähnlichkeit erreicht werden? Paulus gibt uns hierauf die Antwort: „Was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden geachtet. Denn ich achte es alles für Schaden gegen der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines HErrn, dass ich Ihn erkenne und seinem Tode ähnlich werde.“ Die Perle ist sehr köstlich; aber sie ist auch des Preises wert. Lasst uns doch alles, ja alles daran geben, um zu einem Platz mit Jesu an seinem Kreuze zugelassen zu werden.

Erscheint es uns schwer, alles aufzugeben, und als Lohn lebenslang am Kreuze zu hängen, o so lasst uns noch einmal hören, wenn Paulus uns sagt, was ihn so freudig gemacht hat, alles daran zu geben, und das Kreuz so begierig zu erwählen. Es war Jesus Christus Jesus, mein HErr. Am Kreuze konnte er zur innigsten Gemeinschaft mit Ihm gelangen. Ihn zu erkennen, Ihn zu gewinnen, in Ihm erfunden zu werden, Ihm ähnlich gemacht zu sein, dies war das brennende Verlangen, welches es ihm leicht machte, alles andere wegzuwerfen, und dem Kreuze solche mächtige Anziehungskraft verlieh. Alles für Jesum, das war seine Losung. Hierin liegt eine zweifache Antwort auf die Frage, wie man zur Ähnlichkeit des Todes Jesu gelangen kann. Erstens: Wirf alles weg; zweitens: Lasse Jesum ein, Alles für Jesus.

Ja, nur die Erkenntnis Jesu kann die Ähnlichkeit mit seinem Tode überhaupt möglich machen. Aber hat eine Seele Ihn gewonnen, ist sie in Ihm erfunden, erkennt sie Ihn und die Kraft seiner Auferstehung, dann wird es ihr nicht nur möglich, sondern sie erfährt es in der Tat. Darum, geliebte Nachfolger Jesu, blickt auf Ihn, blickt auf Ihn, den Gekreuzigten.

Schaue Ihn so lange an, bis deine Seele ausrufen lernt: O mein HErr, ich muss dir ähnlich werden. Schaue auf Ihn, bis es dir klar wird, wie Er selbst, der Gekreuzigte, in seiner stets gegenwärtigen Allmacht sich dir naht, um in dir zu wohnen, und dein ganzes Wesen mit seinem Kreuzigungsleben zu durchdringen. Durch den Heiligen Geist opfert Er sich selbst Gott; und dieser sein Geist will dir alles, was jener Tod am Kreuze bedeutet und bewirkt, als dein Leben mitteilen. Durch den Heiligen Geist bestätigt Jesus selbst in jeder Seele, die Ihm dies zutrauen kann, die Kraft des Kreuzes, als ein bleibendes der Sünde und dem eigenen Ich Gestorbensein, und als eine unversiegbare Quelle von Auferstehungs-Leben und -Kraft. Darum noch einmal, blicke auf Ihn, den lebendigen, gekreuzigten Jesum.

Aber, obwohl du mit aller Macht nach dem Besten und Höchsten jagen sollst, so bedenke doch, dass die Fülle des Segens nicht eine Frucht deiner eigenen Anstrengung ist, sondern dass sie als freie Gnadengabe von oben kommt. Je nachdem es dem Herrn Jesu gefällt, sich uns zu offenbaren, werden wir seinem Tode ähnlich gemacht. Darum erbitte und erwarte es von Ihm selbst.

HErr, solche Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch, ich kann es nicht begreifen. Dich zu erkennen und die Kraft deiner Auferstehung, und deinem Tode ähnlich zu werden: dies ist den Weisen und Klugen verborgen und den Unmündigen offenbart, jenen auserwählten Seelen, welchen allein es gegeben ist, die Geheimnisse des Himmelreichs zu verstehen. O mein HErr, mehr denn je sehe ich es ein, wie töricht es ist, zu wähnen, dass ich durch eigene Anstrengung zu einer Ähnlichkeit mit dir gelangen könnte. Ich werfe mich auf deine Barmherzigkeit: schaue mich an nach der Größe deiner Langmut, und aus freier Gnade offenbare dich mir. Wenn es dir wohlgefiele, aus deiner himmlischen Wohnung dich zu mir herabzulassen, dich mir zu nähern, mich zuzubereiten und aufzunehmen zu der vollen Gemeinschaft deines Lebens und deines Todes, o mein HErr, dann will ich auch nur für dich leben und sterben, und für die Seelen, welche zu erlösen du am Kreuz gestorben bist.

Teurer Heiland, ich weiß, dass dies dein Wille ist. Du liebst einen jeden deiner Erlösten mit unendlicher Liebe. O lehre mich, mache mich willig alles für dich dahin zu geben, und nimm mich als dein ewiges Eigentum an. Und lass doch auch etwas von der Ähnlichkeit deines Todes in seiner Selbstaufopferung für die Verlornen mein Leben kennzeichnen. Amen!

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