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Muratorischer Kanon

Muratorischer Kanon

unbekannter Verfasser

um 180 in Rom

Drittens nehmen wir das Evangelienbuch nach Lukas auf. Lukas war Arzt, er hat sein Buch nach der Himmelfahrt Christi, nachdem ihn sich Paulus als einen Jünger des Weges zugesellt hatte, in seinem eigenen Namen nach bestem Wissen geschrieben; den Herrn zwar hat er im Fleisch nicht gesehen. Er hat daher, soweit er Gewisses erfahren konnte, von der Geburt Johannes an zu berichten begonnen.

Der Verfasser des vierten Evangeliums ist Johannes. Als ihn seine Mitapostel und Bischöfe aufforderten, es zu schreiben, sagte er: „Fastet mit mir von heute ab drei Tage, und was jedem offenbart wird, wollen wir einander mitteilen.“ In derselben Nacht wurde dem Andreas, einem der Apostel, offenbart, Johannes solle in seinem Namen alles niederschreiben, und alle anderen sollten es überprüfen.

Mag nun in den einzelnen Evangelienbüchern der Eingang verschieden sein, so weicht doch nichts von dem Glauben der Gläubigen ab. denn von dem einen, dem führenden Geiste, ist in allen alles dargestellt; über die Geburt, über das Leiden und über die Auferstehung Jesu, von seinem Verkehr mit seinen Jüngern und von seinem zweimaligen Kommen, wie es das erstemal in Niedrigkeit und verachtet bereits geschehen ist, und wie es das zweite Mal - herrlich in königlicher Macht - noch eintreten wird. Was kann es also verwundern, wenn Johannes auch in seinen Briefen einzelnen so ohne Wanken vorbringt, wenn er von sich selbst sagt: „Was wir mit unseren Augen gesehen und mit unseren Ohren gehört, und was unsere Hände betastet haben, das schreiben wir euch.“ So bekennt er sich nicht nur als Augenzeugen, der alle Wunder des Herrn selbst gesehen und gehört hat, sondern auch als den, der sie aufgeschrieben hat.

Die Geschichte aller Apostel ist in nur einem Buch zusammengestellt. Lukas faßt sie für den trefflichen Theophilus zusammen, weil in seiner Gegenwart das einzelne geschehen ist. Nur dies will er berichten, wie er das durch Auslassen des Martyriums des Petrus und ebenso dadurch beweist, daß er nichts von der Reise des Paulus aus der Stadt nach Spanien berichtet.

Welches die Briefe des Paulus sind, das sagen diese selbst allen denen, welche es wissen wollen, wie sie auch angeben, von welchem Ort und aus welchem Anlaß sie geschrieben sind. Zu allererst hat er an die Korinther geschrieben, denen er die Neigung zu Spaltungen untersagt, dann an die Galater, denen er die Beschneidung verbietet; an die Römer aber hat er ausführlicher geschrieben, hat sie in die Ordnung der Schriften eingeführt und ihnen gezeigt, daß Christus die entscheidende Hauptsache ist. Über das einzelne fügen wir hier keine weitere Erörterungen hinzu, da der selige Apostel Paulus, selbst der Ordnung seines Vorgängers Johannes folgend, nur an sieben Gemeinden namentlich schreibt, und zwar in dieser Reihenfolge: Zuerst an die Korinther, zweitens an die Epheser, drittens an die Philipper, viertens an die Kolosser, fünftens an die Galater, sechstens an die Thessalonicher, siebtens an die Römer. Wenn auch an die Korinther und die Thessalonicher zu ihrer Zurechtweisung ein zweites Mal geschrieben wird, so ergibt doch die Einsicht, daß es nur eine Gemeinde ist, die über den ganzen Erdkreis verstreut ist. Und wenn auch Johannes in der Offenbarung nur an sieben Gemeinden schreibt, so spricht er doch immer zu allen. Aber der eine Brief an Philemon, der eine an Titus und die zwei an Timotheus sind aus Liebe und Zuneigung geschrieben und stehen doch in der Gesamtgemeinde in hohen Ehren und werden zur Ordnung der Gemeindezucht in der Gemeinde heilig gehalten. Es ist auch ein Brief an die Laodicäer und einer an die Alexandriner im Umlauf, beide für die Abspaltung des Marcion unter dem Namen des Paulus ausgedacht, ebenso manches andere, was in die Gesamtgemeinde nicht aufgenommen werden kann; denn Galle mit Honig vermischen geht nicht an. Allerdings haben in der Gesamtgemeinde auch ein Brief des Judas und zwei mit der Aufschrift des Johannes, und die Weisheit Salomo, die zu dessen Ehren von seinen Freunden verfaßt ist, Aufnahme gefunden.

Auch eine Offenbarung des Johannes und eine des Petrus nehmen wir auf; freilich wollen einige der unsern letztere in der Gemeinde nicht verlesen wissen. Den Hirten aber hat ganz vor kurzem zu unserer Zeit Hermas aus Rom geschrieben, als auf dem Stuhl der Gemeinde Roms sein Bruder Pius saß. Und darum soll er wohl gelesen werden. Aber in der Gemeinde kann er bis zum Ende der Tage dem Volk weder unter den Propheten, deren Zahl abgeschlossen ist, noch unter den Aposteln vorgelesen werden.

Von Arsinous aber oder Valentin oder Miltiades nehmen wir überhaupt nichts an, die auch ein neues Psalmenbuch für Markion verfaßt haben zusammen mit dem Kleinasiaten Basilides, dem Stifter der Kataphryger.

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