Müller, Heinrich - Von der ungeordneten Liebe.

Müller, Heinrich - Von der ungeordneten Liebe.

Personfreund, Sachenfeind.

So sollts sein. Aber wo geschieht? In der Welt verändern sich die Sachen mit den Personen. Wie rauh fuhr Eli die Hanna an aus einem bloßen Argwohn, aber wie lind war er über die offenbare Greuel seiner Söhne! Warum thut ihr solches? sprach er; das ist nicht ein gut Geschrei, das ich höre. Nicht, meine Kinder. Du hörst deinen Knecht schwören, wirst entrüstet; dein Kind flucht und geht dir nicht aus Herz; entweder bist du deines Kindes Freund nicht, oder kein Feind seines Fluchens. Sünde ist Sünde, es begehe sie Freund oder Feind, Kind oder Knecht. Dein Freund sündigt und hältst es heimlich und deckst es zu; ein anderer thut eben dieselbe Sünde, du breitest es aus, und bringst ihn in böses Gerüchte. Warum? Du bist nicht so sehr der Sache als der Person feind. Die Liebe deckt zu der Sünden Menge. Liebtest du den Sünder, würdest du die Sünde zudecken, ob er gleich dein Freund nicht wäre. Die Liebe stückt und theilt sich nicht auf Freund oder Feind, sondern umfängt Alle, weil in Adam alle Menschen nach dem Fleisch und in Christo nach dem Geist uns gleich nah sind. Du freust dich über die Strafe, die deinen Beleidiger trifft, gibst an den Tag, daß du nicht allein der Sache, sondern auch der Person feind seist. Christliche Seelen empfinden Pein über die Sünde, nicht aber Lust über den Schmerz ihres Beleidigers; Gott selbst hat keinen Gefallen am Tod des Sünders, ob er gleich die Sünde haßt und straft. Ein guter Vater züchtigt sein Kind wohl, und weint doch im Herzen mehr selbst darüber als das Kind. Der Arzt ist nicht dem Kranken feind, sondern der Krankheit; den Kranken sucht er zu erhalten, die Krankheit zu vertreiben. Der Sünde will ich feind sein, denn sie ist vom Teufel. Ich finde sie, wo ich sie finde, bei Freund oder Feind, will ich sie hassen; denn die Person macht die Sünde nicht gut, sondern die Sünde macht die Person böse. Des Sünders Freund will ich sein, denn er ist von Gott. Sollte ich den hassen, den Jesus so hoch geliebt, daß er auch sein Leben für ihn gelassen? Nein, aus Liebe will ich mit ihm umgehen und seine Besserung suchen. Gott wird sie geben.

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