Müller, Heinrich - Von der göttlichen Abwechselung.

Müller, Heinrich - Von der göttlichen Abwechselung.

Eins ums ander.

Bald gewonnen, bald verloren. Gott wechselt ab. Er spielt mit dir nicht immer auf Gewinn; auch nicht immer auf Verlust, sondern eins ums ander. Heute gibt, morgen nimmt er; heute vollauf, morgen nichts; heute weinst du, morgen lachst du; heute gesund und roth, morgen krank und todt; bald sitzest du im Himmel, und jauchzest mit den Engeln; bald in der Hölle, und heulest mit den Teufeln. Dies Leben, spricht jener Heide (Stobäus), ist einem Würfelspiel gleich. Denn wie die Würfel nicht immer einmal wie das andere fallen: so ist der Zustand dieses Lebens auch nicht jederzeit einerlei. Siehe, wie die Natur spielt in der großen Welt: da ist bald Licht, bald Finsterniß, jetzt Wärme, jetzt Kälte, bald Tag, bald Nacht; so spielt Gott in der kleinen Welt dem Menschen. Schicke dich in dies Spiel. Gehts heute wohl, morgen kanns übel gehen. Drum erheb dich nicht. Gehts heut übel, morgen kanns wohl gehen. Drum verzage nicht. Du zürnest, wenns einmal widerlich geht, gleich dem, der unmuthig wird, wenn die Würfel nicht immer glücklich fallen. Würfel sind Würfel, alle Würfe sind nicht gleich, so auch nicht alle Tage; jetzt ein guter, dann ein böser, heut ein trauriger, morgen ein fröhlicher Tag. Gute Tage, schwere Beine. Wer kann sie lange tragen? Drum muß Gott abwechseln. Die Philosophen sagen: Gegensätze neben einandergestellt treten mehr ins Licht. Wenn man das Licht allein betrachtet, kann man seine Tugend und Herrlichkeit nicht recht erkennen; stellt man aber die Finsterniß daneben, so erscheint am besten, wie herrlich und nützlich es sei. Daher kommt das Sprüchwort: Eins ist gegen das andere wie Tag und Nacht.

Ließe dich Gott nimmer krank werden, würdest du nicht erkennen, was Gesundheit für ein Kleinod wär, würdest auch nicht recht von Herzen Gott drum bitten; drum wechselt Gott ab, daß du erkennest, es sei viel besser, gesund als krank sein. So schmeckt auch nicht immer einerlei Speise. Der guten Tage wird man endlich müde. Abwechselung bringt Anmuth. Gott will beides erkannt haben, seine Güte und seine Gerechtigkeit; seine Güte zum Vertrauen, seine Gerechtigkeit zur Furcht; drum küßt und stäupt er nach einander. Ich will zufrieden sein mit dem, was die Würfel geben, es sei liebes oder leides, es ist beides gut, Gott machts nicht böse. In allem Zustand will ich gleichen Muth behalten, nicht kleinmüthiger werden, wenn ich wenig, als wenn ich viel; und nicht stolzer, wenn ich viel, als wenn ich wenig habe. Ich will allezeit mit Hiob sagen: Haben wir Gutes empfangen von Gott, und sollten das Böse auch nicht annehmen? Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen, der Name des Herrn sei gelobet! Hiob 1, 2l. - 2, 10.

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