Müller, Heinrich - Von der Christen Feinden.

Müller, Heinrich - Von der Christen Feinden.

Immer im Streit. Hiob 7, 1.

Krieg ernährt, Friede verzehrt. Wo sind denn die Feinde? Mein Christ, du hast zu kämpfen mit der Sünde, sowohl wenn sie dich anficht, ehe sie begangen wird, als auch, wenn sie dich ängstet, nachdem sie begangen ist. Die Erblust ficht dich immer an, reizt bald zu dieser, bald zu jener Untugend^ fordert deine Glieder zu ihrem Gehorsam. Wider diesen Feind mußt du immer zu Felde liegen, wachen, streiten und beten, damit du nicht in Anfechtung fallest. Wie ermahnt Paulus? Wandelt im Geist, so werdet ihr die Lüste des Fleisches nicht vollbringen. Denn das Fleisch gelüstet wider den Geist, und den Geist wider das Fleisch, dieselben sind wider einander, daß ihr nicht thut, was ihr wollt. Gal. 5, 17. Wenn du im Vorsatz zum Guten oder Bösen begriffen bist, empfindest du streitende Gedanken in dir selbst, etliche rathen zu, etliche halten zurück. Da streitet Geist und Fleisch. Der Geist gibt gute Gedanken ein, zu hindern, daß nicht das Böse, das Fleisch raunt böse Gedanken ein, zu hindern, daß nicht das Gute vollbracht werde. Wenn aber die Sünde vollbracht ist, fängt sie einen neuen Krieg mit dir an, reizt dein Gewissen wider dich, daß es dich anklage, überzeuge, verdamme, und bis auf den Tod ängstige. Wie oft muß deine Seele mit der Sündenangst dermaßen kämpfen, daß es nahe bei der Verzweiflung daher geht! Zu kämpfen hast du mit der Welt, sowohl wenn dich die süße lockt, als wenn dich die bittere schreckt. Sie lockt dich durch ihre Kinder mit verführerischen Worten. Wie manche einfältige Eva wird von der listigen Weltschlange durch vergebliche Worte verleitet! Paulus hats wohl gewußt, drum ermahnt er: Laßt euch Niemand verführen mit vergeblichen Worten! Eph. 5, 6. Sie lockt dich durch ärgerliche Exempel. Wie oft gedenkst du: Wer unter den Wölfen ist, muß mit den Wölfen heulen; weil ich in der Welt lebe, muß ich mich halten, wie sich die Welt hält. Aber was sagt Paulus dazu? Stellt euch der Welt nicht gleich, sondern verändert euch durch Verneuerung eures Sinnes, auf daß ihr prüfen möget, welches da sei der gute, der wohlgefällige, und der vollkommene Gottes Wille. Röm. 12, 2. Sie lockt dich durch ihre Güter, Ehren und Wollüste. Oft gefällt dir der Apfel so wohl, daß du frisch hinein beißt, und das Paradies verscherzest. Ach übler Tausch! Gewonnen eine Hand voller Sand, verloren der Seele Seligkeit. Was lehrt Johannes? Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. So Jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters. Denn alles was in der Welt ist, nämlich des Fleisches Lust, und der Augen Lust, und hoffärtiges Leben, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt, und die Welt vergeht mit ihrer Lust. 1. Joh. 2, l5. 16. Mag die Welt mit ihrem Locken nichts erhalten, fängt sie an dich zu schrecken mit Droh- und Schmähworten, mit Noth und Trübsal. Verschmähst du den Reichthum, so hast du die Armuth zu fürchten; achtest du der Ehre nicht, so folgt dir die Schande auf dem Fuß nach; gelüstet dich der guten Tage nicht, so hast du lauter böse Tage zu erwarten. Wie manchen überwältigt die Furcht, den die Hoffnung nicht konnte überwinden! Fleisch und Blut will nicht gern bei dem armen, elenden, verachteten, geplagten Jesu Fuß halten. Du hast zu kämpfen mit dem Teufel, und mit der Hölle, wenn dich derselbe mit allerhand schwermüthigen zweifelhaften Gedanken, als mit feurigen Pfeilen ängstet; innerliche hohe Anfechtungen, traurige schreckliche Gedanken sind des Teufels Pfeile, mit welchen er die Seele verwundet, und tief in Schrecken setzt, sie sind des Satans Engel, die unsere Seele so jämmerlich zurichten, wie ein Leib durch Faustschläge zugerichtet wird; die unsere Seele dermaßen quälen, als wenn sie an einen spitzigen Pfahl gespießt wäre. Hier muß David klagen: Ich fühle deine Schrecken, daß ich schier verzage. Hier muß Jonas winseln: Meine Seele will in mir verzagen. O ein herber Kampf! Den allerhärtesten Streit hast du anzugehen mit Gott, wie dir solches vorgebildet wird an Jacob, da er mit dem Engel rang, und am Cananäischen Weiblein, da es mit Christo gleichsam stritt. Gott verbirgt sich oft mit seiner Gnade, stellt sich hart und unfreundlich. Betest du? Er hört nicht. Schreist du? Er verstopft seine Ohren. Steckst du in der Noth? Er stellt sich als ein Fremdling im Lande, der von deiner Noth nicht weiß, oder als ein verzagter Held, der nicht helfen kann. Er läßts oft mit dir dahin kommen, daß du weder beten, noch seufzen, noch an ihn gedenken kannst. Seufzest du nach Trost? So kommt doch kein Trost. Trösten dich Menschen? Der Trost will doch weder haften noch saften. Mit den, Hiob ists in diesem Kampf dahin gekommen, daß er im Schrecken diese greuliche Worte ausgestoßen: Die Schrecknisse Gottes sind auf mich gerichtet. Hiob 6, 4. Was etwa den Hiob abmatten, und in seinen Gedanken schrecken könnte, hat Gott alles gleichsam als in einer Schlachtordnung nach einander dahin gestellt, ihn anzugreifen. Meine Seele wünscht erhangen zu sein, und mein Gebein den Tod. Ich begehre nicht mehr zu leben. Hiob 7, 15. 16. Tausendmal lieber will die Seele erhängt oder ertränkt, oder auf eine andere Weise vom Leib geschieden sein, als den Kampf mit Gott lang aushalten. Wenn ich schon anrufe, und er mich erhört, so glaub ich doch nicht, daß er meine Stimme höre. Cap. 9, 16. So schwach ist oft der Glaube bei dem, den Gott etwas hart angreift. Warum verbirgst du dein Antlitz, und hältst mich für deinen Feind? Cap. 13, 24. Wenn Gott mit den Gläubigen kämpft, verbirgt er alle Gnade, Trost, Licht, Leben vor ihnen, und geht nicht anders mit ihnen um, als wären sie seine abgesagten Feinde. Höre auch, wie David klagt: Meine Seele will sich nicht trösten lassen. Ps. 77, 3. 5. 8. 9. 10. Weil die Seele nach Gott gebildet ist, hat sie allein in Gott ihren Trost; tritt Gott zurück und verbirgt sich, so muß sie trostlos sitzen, wie eine Wittwe, die keinen Mann hat. Meine Augen hältst du, daß sie wachen; ich bin so ohnmächtig, daß ich nicht reden kann. Das heißt sich müd und matt ringen. Dem matten Leibe gönnt man noch eine Erquickung im Schlaf; aber Gott gönnt den Angefochtenen keine Ruhe, sondern hält ihre Augen durch immer quillende Thränen offen, daß kein Schlaf hinein kommt. Wird denn der Herr ewiglich verstoßen, und keine Gnade mehr erzeigen? Ists denn ganz und gar aus mit seiner Güte, und hat die Verheißung ein Ende? Hat denn Gott vergessen gnädig zu sein, und seine Barmherzigkeit vor Zorn verschlossen? Sind höllische Gedanken. Ach Gott, wie müssen sie Davids fromme Seele gekränkt haben! Siehe, mein Christ, da hast du dein Leben. Fürsten und Herren haben zuweilen Frieden. Mit dir aber heißt es: Immer im Streit. Ich will nicht sicher sein, weil nichts Betrüglicheres als der Friede; auch nicht verzagen. Der mich hat heißen kämpfen, wird mir Muth und Kraft geben zu überwinden.

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