Müller, Heinrich - Von der Abgötterei des Geizigen.

Müller, Heinrich - Von der Abgötterei des Geizigen.

Gold ist der Christen Gott.

Sagten die wilden Leute in der neuen Welt, da die Hispanier so kümmerlich nach dem americanischen Golde fragten. Du jagst nur dem Golde nach, hast du Gott, so hast du Muth, denn dein Gott lebt; fällt Gut hin, fällt Muth hin, denn dein Gott ist todt. Sag mir, ist nicht Gold dein Gott? Wem du dein Herz gibst, den machst du zu deinem Gott. Dein Herz fällt mit seiner Zuversicht, Liebe, Freude aufs Geld; ist nicht Gold dein Gott? Du sollst zur Kirche gehn, Gottes Wort zu deinem Trost hören, bleibst du zu Haus, weil ein Gulden zu gewinnen; setzest du nicht Gold über Gott? Machst du nicht den Goldklumpen zu deinem Trost? Du suchst durch Fluchen, Lügen, Trügen dich zu bereichern. Was verlierst du? Gott und seine Gnade. Was gewinnst du? Ein Stücklein Goldes. Hast du nicht Gold lieber als Gott? Du hact gesündigt, Gottes Gnade ist hin, doch seh ich dich kein Thränlein weinen über deine Sünde. Du hast eingebüßt, willst vor Gram vergehen, ist nicht Gold dein Gott? Ein Lazarus kommt vor deine Thür, ist hungrig, will sich mit deinen Brocken sättigen; du sprichst: Gott tröste dich, und giebst ihm keinen Heller. Ist dir nicht ein Pfennig lieber als Gott? Was gilts? Wenn du Gott in der einen Hand trügst und den Heller in der andern, ob du nicht lieber Gott als den Heller ließest. Wie kommts? Gold ist dein Gott. O, daß du verflucht seist mit deinem Dreckgötzen, mit deinem Golde. Höre was Dr. Luther in der Kirchenpostille schreibt: Wie geht das zu, daß der Geiz am allermeisten eine Abgötterei genannt wird und andere Sünde nicht? Und zu großer Schande geschiehts; darum daß Gold unser Gott ist, dem wir dienen und auf den wir uns verlassen, der uns doch nicht erhalten, noch erretten kann; ja, selbst weder stehen noch gehen, der weder hört noch sieht, keine Kraft noch Macht hat, bei dem weder Trost noch Hilfe ist. Es ist ein schändlicher, häßlicher, ohnmächtiger Gott, der auch einem an einem Schweren nicht helfen kann, ja, der sich selbst nicht bewahren kann. Da liegt er im Kasten und läßt sein warten, als ein kraftlos, todt Ding. Wer ihn hat, muß Tag und Nacht drauf sehen, daß ihn die Diebe nicht stehlen, oder er sonst umkomme. Pfui dich, des ohnmächtigen, todten Gottes, der doch in dem geringsten nicht helfen kann. Und ist doch so ekel und köstlich, läßt sein aufs Herrlichste warten und sich mit großen Kasten und Schlössern verwahren. Ist solcher Schatz an Kleidern, so muß man ihn schützen vor den allergeringsten Würmlein, vor den Motten, daß ihn die nicht verzehren. Sollten uns doch die Wände anspeien, daß wir mehr trauen auf den Gott, den die Motten fressen, und der Rost verdirbt, als auf den Gott, der alles schafft und giebt, Himmel, Erde und alles was drinnen ist. Andere Sünden geschehen doch also, daß der Mensch die Creatur braucht und hat des Fleisches Lust davon; allein im Geiz muß sich der Mensch selbst martern und plagen mit Sorgen und hat keinen Nutzen davon. Da liegt das Geld auf einem Haufen und läßt sich dienen, und der Geizwanst, der es hat, darf es nicht angreifen, noch zur Lust brauchen, daß er seinen Gott nicht erzürne. Also gehts denen, die diesem Götzen dienen. Der wahre Gott läßt sein doch gebrauchen, dient den Leuten; das thut der Mammon nicht, der will still liegen und ihm gedient haben. Wer von dieser Abgötterei nicht roth wird, der hat eine eiserne Stirn. Gott soll mein Herr, Geld mein Knecht sein; jenem will ich gehorchen, diesem gebieten; jenem anhangen, diesen verachten. Laß dir rathen mein Christ, und folge. Gott bleibt dir, wenn Gold dich läßt.

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