Müller, Heinrich - Von den Bußthränen.

Müller, Heinrich - Von den Bußthränen.

Warme Luft, nasses Wetter.

Warme Zeiten, nasse Brüder; warmes Herz, nasse Augen. Ich sehe dich weinen über deine Sünde. Ach köstliche Thränen, die Jesus selbst mit seinen Thränen hat geheiligt; ohne Zweifel hat die Liebe Jesu dein Herz erwärmt. Leg Eis an die Sonne, so zerschmilzt es; leg Wachs ans Feuer, so zerrinnts; gibt Jesus einen Liebesblick, so zerfließt das Herz und die Augen stehen in vollem Wasser, Jesus blickte Petrum an, Petrus weinte bitterlich. Wie ich mehr halte vom Regen, der bei stillem Wetter allmählich herab tröpfelt, als der unter vielem Blitz und Donner haufenweise herabfällt; so halt ich mehr von den Thränen, welche die Liebe Jesu tropfenweis herauslockt, als welche Moses mit seinem Fluch stromweise herausschreckt; jene sind dauerhaft, und halten das Herz in steter Buße; diese trocknen ab, sobald Moses aufhört zu donnern. Ein Tropfregen hält länger als ein Platzregen. Diese fließen auch wohl aus einem verstockten Herzen, das nach wie vor ein Stein bleibt. Klopft nicht Moses Wasser aus dem Felsen? Jene aber fallen nur aus dem Herzen, das Jesus durch seinen Trost schon erweicht hat. Bußthränen müssen Liebesthränen sein, sonst sind sie Gott nicht lieb. Bewein ich nur den Schaden, und nicht die Schuld, die Strafe, und nicht die Sünde, so fallen meine Thränen auf die Erde, und nützen nichts; bewein ich aber nicht so sehr das Leid, das mir geschehen ist durch Gottes Züchtigung, als das Gott ist zugefügt durch meine Sünde, so fallen sie in Gottes Sack, und werden mir zur Vergeltung im Himmel beigelegt. Dr. Luther sagt: Es ist eitel verführerische Heuchelei, daß man Reu bereiten lehrt allein durch Betrachtung der Sünden und ihres Schadens; man soll zuvor Christo in seine Wunden sehen, und aus denselben seine Liebe gegen uns, und alsdann unsere Undankbarkeit erwägen, und also aus herzlicher gründlicher Gunst zu Christo und Ungunst auf uns selbst die Sünde beweinen. Ich will nicht darüber weinen, daß mich Gott züchtiget, ists doch wohl verdient; sondern darüber, daß ich meinen frommen Gott oft erzürnet, den Vater, der mir so viel Gutes thut an Leib und Seele; den Jesum, der sichs so sauer um mich hat werden lassen, und mich so theuer erkauft mit seinem Blute; den werthen heil. Geist, der mein Herz in Nöthen tröstet, und mir das Zeugniß göttlicher Kindschaft gibt. Ich weiß, solche meine Thränen werden Gott gefallen.

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