Müller, Heinrich - Vom Verlangen nach dem Himmel.

Müller, Heinrich - Vom Verlangen nach dem Himmel.

Ach, nimm mich in den Himmel!

Herr Jesu, bald. Die Erde ist mir gram, der Himmel hold; die Erde bitter, der Himmel süß; die Erde meine Last, der Himmel meine Lust; die Erde mein Kerker, der Himmel meine Freiheit; die Erde mein Babel, der Himmel mein Jerusalem. Ach, nimm mich in den Himmel, Herr Jesu, bald! Ich bin ein Schaflein, mein Hirt ist im Himmel; ich bin ein Küchlein, meine Gluckhenne ist im Himmel; ich bin eine Braut, mein Bräutigam ist im Himmel. Wo find ich Weide, Schutz, Erquickung? Im Himmel. Ach, nimm mich in den Himmel, Herr Jesu, bald! Wo ist mein Freund? Im Himmel. Wo ist mein Schatz? Im Himmel. Wo ist meine Freude? Im Himmel. Wo ist mein Haus? Im Himmel. Wo ist mein einigs? Im Himmel. Wo ist mein Alles? Im Himmel. Ach, nimm mich in den Himmel, Herr Jesu, bald! Mein Herz seufzet, mein Auge thränet, mein Mund wünschet, mein Ohr höret, meine Hand greifet; wonach? Nach dem Himmel. Ach, nimm mich in den Himmel, Herr Jesu, bald! Ich schmecke was Süßes, ich sehe was Schönes, ich höre was Liebliches, ich rieche was Anmuthiges, ich halte was Köstliches; was denn? Den Himmel. Ach nimm mich in den Himmel, Herr Jesu, bald! Ich werde gerufen, die Stimme kenn ich; ich werde gezogen, den Zug empfind ich; wohin? Hinauf, hinauf. Ach, nimm mich in den Himmel, Herr Jesu, bald! Was hab ich? Mühe, Unruhe, Gefahr, Noth und Tod. Was sind ich dort? Ruhe, Sicherheit, Lust, Leben; mehr gewonnen, als verloren. Wo denn? Im Himmel. Ach, nimm mich in den Himmel, Herr Jesu, bald! Die Erde vergißt, der Himmel denkt mein; die Erde verläßt, der Himmel schützt mich; die Erde drückt, der Himmel erquickt mich; die Erde dräuet, der Himmel hilft mir; die Erde verstößt, der Himmel nimmt mich auf. Ach, nimm mich in den Himmel, Herr Jesu, bald! Wie müde bin ich der langen Reise! Wie satt bin ich der sauren Speise! Schwach sind die Beine, zart ist die Zunge; der Himmel ist mein Vaterland, der gibt das Süßeste. Ach, nimm mich in den Himmel, Herr Jesu, bald!

Ich bin des Lebens satt,
Von vielen Aengsten matt,
Auf Erden wird mir bange;
Mein Jesu, wie so lange?
Ach nimm mich aus der Welt
Ins güldne Himmelszelt!

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