Müller, Heinrich - Vom Gebet im Kreuz.

Müller, Heinrich - Vom Gebet im Kreuz.

Dies Kräutlein hilft.

Probatum est, sprechen alle Heiligen. Diese Kunst ist gut, die Probe richtig, versuchs nur. Was denn? Wenn du betrübet bist, so bete. Frage Hiskias: Was soll ich machen, wenn ich Seelen- und Leibesschmerzen fühle? Er wird antworten: Bete. Frage Jonas: Wie greif ichs an, wenn meine Seele in mir verzagen will? Er wird antworten: Bete. Frage David: Was thue ich, wenn ich traurig bin, womit labe ich mein mattes Herz? Die Antwort findest du im 42. Psalm. Mein Gott, betrübt ist meine Seele in mir, darum gedenke ich an dich. Der Herr hat des Tages verheißen seine Güte, und des Nachts singe ich ihm, und bete zu Gott meines Lebens. Ich sage zu Gott, meinem Fels: Warum hast du mein vergessen? Warum muß ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget? Probatum est, sprechen alle Heiligen. Gott will nicht, daß wir in Nöthen uns selbst quälen und das Herz wegfressen sollen. Damit richten wir nichts aus. Beten sollen wir, und ihm die Noth vortragen. Zwar der alles weiß, weiß auch unser Anliegen wohl. Der die Tropfen im Regen, die Sandkörnlein im Meer, die Tage im Jahr zählt, der zählt auch unsere Thränen. Wie sollt er nicht wissen, was uns drückt? Legt ers doch selber auf, und hilfts tragen. Er sahe die Drangsal der Kinder Israel in Egypten, er stehet auch meinen Jammer, und weiß meine Trübsal. Dennoch will er, daß wir ihm die Noth klagen sollen, denn durchs Beten wird in uns der Eifer zum Gebet immer mehr und mehr angezündet; je mehr Kohlen man aus Feuer legt, desto heller brennts; durchs Gebet offenbaren wir unser Vertrauen gegen Gott; denn vor keinem schüttet man das Herz aus, als vor einem vertrauten Freund; durch Gebet erleichtern wir uns selbst das Herz; so lange die Noth nicht abgeklagt wird, liegt sie als ein schwerer Stein auf unserm Herzen. Nun mag Gott nicht, daß wir schweren Herzens sind, drum hat ers gern, daß man die Noth vom Herzen abklagt, abschüttet, abweint; durch Gebet wird Gottes Herz bewegt, daß er helfen und retten muß; deckt man die Wunden vor ihm auf, er kanns nicht über sein Herz bringen, er muß ein Pflaster drauf legen. Aber, ach, sagst du, wer nur beten könnte! Ja, mein Herz, wie Gott dann am kräftigsten tröstet, wenn du keinen Trost empfindest; so betest du eben dann am heftigsten, wenn dich dünkt, du könntest vor Angst nicht beten; nicht beten können, und doch gern beten wollen, ist das allerbrünstigste Gebet. Kann ich nicht beten, will ich doch seufzen, kann ich nicht seufzen, will ich doch an Gott denken; kann ich nicht an Gott denken, wird doch Gott an mich denken, und die Angst meines Herzens in Gnaden ansehen. Er wirds thun. Ich glaubs festiglich.

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