Müller, Heinrich - Die Geschichte der Leiden Jesu - 3. Jesus vor dem Hohenrathe.

Müller, Heinrich - Die Geschichte der Leiden Jesu - 3. Jesus vor dem Hohenrathe.

Die Schaar aber und der Oberhauptmann und die Diener der Juden nahmen Jesum und bunden ihn und führeten ihn aufs Erste zu Hannas, der war Kaiphas Schwäher, welcher des Jahrs Hoher-Priester war. Es war aber Kaiphas, der den Juden rieth, es wäre gut, daß Ein Mensch würde umgebracht für das Volk. Und Hannas sandte ihn gebunden zu dem Hohenpriester Kaiphas, dahin zusammenkommen waren alle Hohepriester und Aeltesten und Schriftgelehrten. Aber der Hohepriester fragte Jesum um seine Jünger und um seine Lehre. Jesus antwortete: Ich habe frei öffentlich geredet vor der Welt. Ich habe allezeit gelehret in der Schule und in dem Tempel, da alle Juden zusammenkommen, und habe nichts im Verborgenen geredet. Was fragest du mich darum? Frage die darum, die gehöret haben, was ich zu ihnen geredet habe; siehe, dieselbigen wissen, was ich gesagt habe. Als er aber Solches redete, gab der Diener einer, die dabei stunden, Jesu einen Backenstreich und sprach: Sollst du dem Hohenpriester also antworten? Jesus antwortete: Habe ich übel geredet, so beweise es, daß es böse sey: habe ich aber recht geredet, warum schlügest du mich? - Die Hohenpriester aber und die Aeltesten und der ganze Hoherath suchten falsch Zeugniß wider Jesum, aus daß sie ihn zum Tode brächten; und funden keines. Und wiewohl viele falsche Zeugen hinzutraten, funden sie doch keines: ihr Zeugnis stimmte nicht überein. Zuletzt traten herzu zween falsche Zeugen und sprachen: Wir haben gehöret, daß er sagte: Ich will den Tempel, der mit Händen gemacht ist, abbrechen und in dreien Tagen einen andern bauen, der nicht mit Händen gemacht ist. Aber ihr Zeugniß stimmte noch nicht überein. Da stund der Hohepriester aus unter sie und fragte Jesum und sprach: Antwortest du Nichts zu dem, was diese Wider dich zeugen? Aber Jesus schwieg stille und antwortete Nichts. Und die Aeltesten des Volts, die Hohenpriester und Schriftgelehrten sprachen: Bist du Christus? sage es uns! Er aber sprach zu ihnen: Sage ich es euch, so glaubet ihrs nicht: frage ich aber, so antwortet ihr nicht und lasset mich doch nicht los. Da fragte ihn der Hohepriester abermal und sprach: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, daß du uns sagest, ob du setzest Christus, der Sohn Gottes, des Hochgelobten? Jesus sprach zu ihm: Du sagst es, denn ich bins! Doch ich sage euch, von nun an wirds geschehen, daß ihr sehen werdet des Menschen Sohn sitzen zur rechten Hand der Kraft Gottes unv kommen in den Wolken des Himmels. Da zerriß der Hohepriester seine Kleider und sprach: Er hat Gott gelästert! Was bedürfen wir weiter Zeugniß? Siehe, jetzt habt ihr seine Gotteslästerung gehört. Was dünket euch? Sie aber verdammten ihn Alle und sprachen: Er ist des Todes schuldig! Matth. 26, 59 - 66. Mark. 14, 55-64. Luk. 22. 67-71.

Die Kriegsknechte führeten den Heiland aufs Erste zu Hannas, dann zu Kaiphas, später zu Pilatus und von dem zu Herodes; also gieng er einen Kreuzgang nach dem andern. Daran gedenke, daß du nicht meinest, es sey genug, wenn ein Kreuz ausgestanden ist. Nein! auf dem engen Wege, der zum Leben führt, muß man oft einen Kreuzgang nach dem andern machen„ Kaum ist ein Kreuz überwunden, so stellt sich oft ein neues ein. Aber furchte dich nicht! Mit dem Kreuze stellt sich auch der Herr ein und hilft tragen und ausharren bis ans Ende.

Bei Kaiphas kam der ganze Hoherath zusammen, und da stand nun Jesus vor ihnen, an den Händen gebunden, ein armer gefangener Mann. Um ihn her saßen die siebenzig Aeltesten, Hohenpriester und Schriftgelehrten. Der Fürnehmste unter ihnen war der regierende Hohepriester, Kaiphas; der fraget Jesum zuerst um seine Jünger und um seine Lehre. Auf die Frage von den Jüngern antwortet Jesus nicht. Weil die Jünger noch blöde, furchtsam und schüchtern waren, wollte er sie nicht in sein Leiden hineinziehen. Ihre Zeit war noch nicht kommen. Der Lehre wegen spricht er dagegen, er habe frei öffentlich geredet, Nichts im Verborgenen gethan; wenn es eines Zeugnisses bedürfe, so solle Kai“ phas die fragen, so ihn gehört; diese würden, so sie nach dem Gewissen zeugen, ihm sagen, daß er keine Ketzerei und keinen Aufruhr geprediget habe. Lerne: Du sollst so leben, daß du dich mit Christo berufen könnest auf die, welche es gesehen haben, daß du auch sagen könnest: Fraget die darum, die gesehen, wie ich gelebt! Niemand thue Etwas im Dünkel, daß er sich hernach schämen müsse vor Allen.

Obwohl der Heiland mit sanftmüthigen Worten und bescheidenen Gebärden geredet, erreget sich doch in einem Knechte solche Ungeduld, daß er dem Herrn einen Backenstreich giebt und spricht: Sollst du dem Hohenpriester also antworten? Schrecklich ist es und gräulich, daß man einen armen gefangenen Mann, der sich nicht wehren kann, ins Angesicht schläget; hier aber schläget sogar der Knecht den Herrn der Herrlichkeit, schlägt in das Angesicht, das aller Engel und Auserwählten Lust und Freude ist. Es ist ein Wunder, daß diesen gottlosen Menschen nicht der Blitz und Donner hat zerschmettert, daß nicht die Erde sich aufgethan und ihn verschlungen hat. Aber das ist Gottes Langmuth, die noch auf Besserung wartet. Mein Herz, das hat der Heiland, Jesus, um deinetwillen erlitten. Wie oft, wenn du nur mit einem üblen Wörtlein angefochten wirst, verstellest du dein Angesicht; bald blicket heraus der Fluchteufel, bald der Mörder und Basiliske. Das muß hier dein Jesus büßen, da sein ehrwürdig Angesicht so jämmerlich wird geschlagen. Siehe aber zu, daß du nicht in die Fußstapfen des Knechts tretest und Christum lästerst. Wer seine heiligen Wunden und Sakramente mißbrauchet zum Fluchen, der schläget ihn ins Angesicht. Jede Gotteslästerung ein Backenstreich - Weiter, wer unschuldige Christen verläugnet, der schlägt den Herrn ins Angesicht, denn die Worte des Verläumders sind Schläge und gehen durchs Herz. Spr. 18, 8. Ueberhaupt: was du dem Geringsten unter seinen Brüdern thust, das hast du dem Herrn gethan, Uebels, wie Gutes.

Da der Herr von dem Knechte geschlagen worden, vertheidigte er sich gegen denselben mit sanftmüthigen Worten. Mein Herz, mache du es, wie der Heiland. Wenn dir Unrecht geschieht, so räche dich nicht selbst, lieber gieb deine Unschuld zu erkennen mit ruhiger, sanfter Rede. Man muß der Welt sagen, daß sie Unrecht habe, ob sie sich bekehren und vom Uebel lassen wolle; das rhuc und sage der Welt: Du thust mir Unrecht! Das Uebrige stelle dem Herrn anheim, der wird recht richten.

Da sie dem Herrn nichts können angewinnen, stellen sie falsche Zeugen wider ihn auf. Zwei von diesen verdrehen die Worte Jesu, die er zu den Juden gesagt: Brechet diesen Tempel ab, in dreien Tagen will ich ihn wieder bauen! Was der Heiland hatte von den Juden gesagt, das sprechen sie, habe er von sich geredet. Wer Zeugniß ablegt, muß genau beim Worte bleiben! Was Jesus verstanden von dem Tempel seines Leibes, darinnen die Fülle der Gottheit, als im Tempel, leibhaftig wohnte, das legten sie aus von dem Tempel in Jerusalem. Alle Menschen sind Lügner; das hat hier der Heiland müssen büßen, da er sich hat fälschlich verklagen. lassen. Mein Herz, hüte dich, daß du nicht seyst ein falscher Zeuge. Leget die Lügen ab und redet die Wahrheit, ermahnt Paulus Eph. 4, 25. Wer Lügen redet im Gericht, der unterstehet sich, 'Gott zu betrügen. Irret euch nicht, Gott lässet sich nicht spotten! Gal. 6, 7. Was aber den Herrn hat getroffen, das wird dich auch treffen. Du wirst auch müssen mit David klagen: Es treten frevle Zeugen auf und zeihen mich, deß ich nicht schuldig bin. Ach, wie Manchen hat falsches Zeugniß um Gut und Blut gebracht. Das laß aber deinen Trost seyn, was hier die Evangelisten berichten: Ihr Zeugniß stimmte nicht überein. Lügen müssen sich endlich doch selbst verrathen. und die Lügner werden zu Schanden. Das schicket Gott also.

Zu dem falschen Zeugniß schweiget Jesus stille. Der Prophet Jesajas (53, 8.) hat von ihm geweissaget, „daß er würde verstummen, wie ein Schaaf vor seinem Scheerer, und seinen Mund nicht aufthun.“ Das hat er hier erfüllet. Er schweiget stille, unsere unnutzen und überflüssigen Worte zu büßen. Verantworten hat seine Zeit; Schweigen hat auch seine Zeit. Lerne von Jesu Stille und Schweigen im Leiden.

Da die Hohenpriester durch die falschen Zeugnisse nichts können erhalten, fordern sie Jesum auf, zu. sagen, ob er Christus sey oder nicht; und Kaiphas, als der Fürnehmste besonders, beschwört ihn bei dem lebendigen Gott, wie das bei eidlichen Zeugnissen üblich war. Er will so viel sagen: Ich will, als ein von Gott bestellter Priester, kraft meines Amtes, daß du es sagest. Sage uns, so wahr der Herr im Himmel lebet, und so wahr er dir helfen soll an Leib und Seele, ob du seyest Christus, der Sohn Gottes? Dergleichen Worte gebraucht man noch heute bei den Eidschwüren und sagt: So wahr mir Gott helfe und sein heiliges Wort. Das schwöret Mancher und weiß nicht, was es bedeutet. Mein Herz, hilft dir Gott und sein heiliges Wort nicht, sonderlich in der Todesstunde, so bist du verloren. Bedenk, was es mit einem Eide auf sich hat. Wer einen Eid gethan hat mit diesen Worten, mag sich dessen wohl täglich recht erinnern. Hält er den Eid nicht, thut er mit Wissen und Absicht gegen denselben, so hat er verschworen Gott und alle Hülfe. Wer soll dann helfen? Zwar ist bei Christus Hülfe für alle Sünde, so in wahrer Buße erkannt und bekannt wird, aber beim Meineid hält die Buße gar schwer. Es ist leichter, den Meineid meiden, als ihn bußfertig bekennen.

Weil nun der Herr also gefragt wird, thut er ein rundes, öffentliches Bekenntniß und spricht: Du sagest es, ich bin es. Ich bin Gottes Sohn. Ihr glaubet es zwar jetzt nicht, da ich vor euch stehe, als ein armer, gefangener Mann, und lasse mich von euch richten und verdammen. Doch es wird die Zeit kommen, daß ihr werdet glauben müssen; denn von nun an werdet ihr sehen des Menschen Sohn sitzen zur rechten Hand der Kraft und kommen in den Wolken des Himmels. Damit bezeuget der Heiland, daß er wahrer Gott und Gottes Sohn sey. Wer zur Rechten Gottes sitzet, der ist göttlicher Natur; er hat und übet die Gewalt Gottes, und diese kann nur Gott selbst haben und üben. Da Jesus also geantwortet hatte, zerriß der Hohepriester seine Kleider, als ob Jesus Gott gelästert hätte, und er, Kaiphas, darüber voll Entsetzens wäre. Die Andern aber verdammten ihn alle und sprachen: Er ist des Todes schuldig! - Wir hatten das Unheil verdienet, das Gott über uns in Adam gesprochen: Du sollst des Todes sterben! 1. Mos. 2, 17. Aber Christus trat an unsere Stelle, wird unser Bürge und lasset das Urtheyl des Todes über sich ergehen. Er war an unserer Statt zur Sünde gemacht und mußte darum auch an unserer Statt den Tod, der Sünden Sold, leiden.

Als das Todesurtheil gesprochen war, gieng der jüdische Rath aus einander; Jesum aber ließen sie in den Händen der Kriegsknechtc, die verspotteten ihn, speieten in sein Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Etliche aber schlugen ihn ins Angesicht, verdeckten ihn und sprachen: Weissage uns, Christus! wer ists, der dich schlug? Und viel andere Lästerungen sagten sie wider ihn. Dabei gedenke: Wir hätten solche Schmach und Schande verdient, aber Christus hat sie für uns erduldet, die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Friede hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilet. Weiter gedenke: Der Knecht ist nicht über den Herrn. Haben sie es dem Meister also gemacht, so darf es der Jünger nicht anders erwarten. Der Gerechte und Fromme muß verlacht seyn und ist ein verachtetes Lichtlein vor den Gedanken der Stolzen. Hiob 12, 5. 6. Dessen erinnere dich, wenn dich die Welt um deines Christenthums willen verlacht und verfolgt. Vergiß auch nicht: Jesus schalt nicht wieder, da er gescholten wurde, er drohete nicht, da er litte; es stellete es dem anheim, der recht richtet. Folge ihm hierin; alsdann wird schon die Zeit kommen, da deine Spötter und Verfolger sprechen: Das ist Der, den wir für einen Gott hielten und für ein höhnisch Beispiel. Wir Narren hielten sein Leben für unsinnig und sein Ende für eine Schande; wie ist er nun gezählet unter die Kinder Gottes und sein Erbe unter den Heiligen. Hab' deinen sanftmüthigen Jesus stets vor Augen und sprich:

Ich will an dir erblicken,
Wie sich mein Herz soll schmücken
Mit stillem, sanftem Muth:
Und wie ich die soll lieben,
Die mich so sehr betrüben
Mit Werten, so die Bosheit thut.

Wenn böse Zungen stechen,
Mir Glimpf und Namen brechen,
So will ich zähmen mich;
Das Unrecht will ich dulden,
Dem Nächsten seine Schulden
Verzeihen gern und williglich.

Ich will an's Kreuz mich schlagen
Mit dir und dem entsagen,
Was meinem Fleisch gefällt:
Was deine Augen hassen,
Das will ich flieh'n und lassen,
Gefiel es auch der ganzen Welt.

Simon Petrus aber folgete Jesu nach und ein anderer Jünger. Derselbige Jünger war dem Hohenpriester bekannt und gieng mit Jesu hinein in des Hohenpriesters Palast. Petrus aber stund draußen vor der Thüre. Da gieng der andere Jünger, der dem Hohenpriester bekannt war, hinaus und redete mit der Thürhüterin und führete Petrum hinein. Und er gieng hinein und setzte sich bei den Knechten, auf daß er sähe, wo es hinaus wollte. Da sprach die Magd, die Thürhüterin, zu Petro: Bist du nicht auch dieses Menschen Jünger einer? Er läugnete aber und sprach: Ich bins nicht! Ich kenne Ihn nicht, weiß auch nicht, was du sagest. Und er gieng hinaus in den Vorhof und der Hahn krähete. Es stunden aber die Knechte und Diener und hatten ein Kohlfeuer gemacht mitten in dem Palast, denn es war kalt, und wärmeten sich. Petrus aber stund bei ihnen und wärmete sich. Da sah ihn eine andere Magd und sprach zu denen, die da waren: Dieser war auch mit dem Jesu von Nazareth. Da sprachen sie zu ihm: Bist du nicht auch seiner Jünger einer? Er läugnete aber und schwur dazu: Ich kenne den Menschen nicht. Und über eine kleine Weile traten hinzu, die da stunden, und sprachen zu Petro: Wahrlich, du bist auch einer von denen, ein Galiläer, denn deine Sprache verräth dich und lautet gleich also. Spricht des Hohenpriesters Knechte einer, ein Gefreundter deß, dem Petrus das Ohr abgehauen halte: Sah ich dich nicht im Garten bei ihm? Da verleugnete Petrus abermal, hub an, sich zu verfluchen und zu schwören, und sprach: Ich kenne den Menschen nicht, von dem ihr saget! Und alsbald krähete der Hahn zum andernmal. Und der Herr wandte sich und sahe Petrum an. Da gedachte Petrus an die Worte Jesu, da er zu ihm sagte: Ehe der Hahn zweimal krähet, wirst du mich dreimal verläugnen. Und Petrus gieng hinaus, hub an zu weinen und weinete bitterlich. Joh. 18, 15 - 18. 25 - 27. Luc. 22, 54-62. Mark. 14, 66 - 72. Matth. 26, 69 - 75.

Die Geschichte von Petrus soll uns seyn ein Schreckbild und diese Regel geben: Wer da stehet, der sehe wohl zu, daß er nicht falle. Petrus war Christi eifrigster Jünger, hatte des Herrn Predigten gehört, seine Wunder gesehen, war mit ihm auf dem Meere gewandelt; aber da er vermessen ward, fiel er ab und verläugnete Christum, ja, er schwur, daß er ihn nicht kenne. Das hat Petrus vor Angst und Schrecken gethan. Aber wie Mancher ist noch heute unter uns, der Christum verläugnet mit Lust! Dahin gehören Die, von welchen der Apostel 2 Tim. 3, 5. sagt: Sie haben den Schein der Gottseligkeit, aber die Kraft verläugnen sie. Sie sagen zwar, sie erkennen Gott, aber mit den Werken verläugnen sie es. Tit. 1, l6. Dahin gehören auch Diejenigen, welche sich schämen des armen und elenden Jesu und sagen: Ich kenne sein nicht! oder mögen doch vor den Menschen sich nicht zu ihm bekennen, schweigen, wo sie zu seiner Ehre reden sollten, oder stimmen gar mit ein in Spott und sonstiges Gerede des Unglaubens. Wiederum wird Christus oft verläugnet in seinen Gliedern. Wie oft kommts, wenn es dem Nächsten übel gehet, daß man sich seiner schämet und sagt: Ich kenne ihn nicht, was gehet mich der Mensch an? Er ist mein Freund nicht. - Das meide! Es stehet aber Niemand so fest, daß er nicht fallen könnte; darum Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet!

Weiter soll uns Petrus seyn ein Bußbild und diese Siegel geben: Wer gesündiget hat, der thue Buße! Wer gefallen ist, der stehe wieder auf! Der Herr Jesus wollte Petrus nicht im Elend seiner Sünde lassen; er wandte sich und sahe ihn an, als wollte er sagen: Das thust du, Petrus? Das ist deine Treue? Weißest du nicht mehr mein Wort: Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater; wer mich aber verläugnet vor den Menschen, den will ich auch verläugnen vor meinem himmlischen Vater? Matth. 10, 32. 33. Du hast gesagt: Ich kenne ihn nicht! Wie, wann ich am jüngsten Tage wieder sagen würde: Ich kenne sein nicht! Aber immer noch ist mein Herz voll Liebe zu dir. Ich büße deine Sünde; schaue mich an, den freundlichen Hirten, der dich wieder suchet, da du verloren. Laß dich finden, mein Sohn! gieb mir aufs Neue dein Herz! - Also sprach der liebreiche Heiland durch den einzigen Blick, mit dem er Petrus ansahe, und es fieng an, Petro das Herz zu schmerzen, zu wallen und klagen; er gieng hinaus und weinte bitterlich. Das thue auch, so oft du gefallen bist. Beweine, daß du einen so frommen Gott beleidiget hast durch deine Sünde, da er dir doch so viel Gutes thut an Leib und Seele. Beweine, daß du mit deinen Sünden Gottes Gnade und das Himmelreich verscherzet und hingegen nichts Anderes, als Gottes Zorn und die Hölle verdienet hast.

Wo soll ich fliehen hin,
Weil ich beschweret bin
Mit viel und großen Sünden?
Wo soll ich Rettung finden?
Wenn alle Welt herkäme,
Mein' Angst sie nicht wegnähme!

Doch unverzagt! Da stehet der Herr, der Petro so einen Gnadenblick zuwirft. Der hat gesagt: Petre, ich habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre. Petrus weint, aber er verzweifelt nicht; im Glauben hofft er. Halte auch du den Glauben: Der aller Welt Sünde trug, trägt auch meine Sünde. Petrus soll dir auch noch ein Trostbild seyn und dir die Regel geben: Niemand verzage in seinen Sünden! Der Jesus, der Petrum wieder zu Gnaden hat angenommen, wird auch dich in deiner Buße nicht verstoßen. Dr. Luther sagt: Wenn ich Petrum sollt abmalen, so müßt ich ihn malen auf ein jedes Häärlein Vergebung der Sünden, denn es ist kein tröstlicher Giempel in der ganzen Schrift für ein Herz, das bekümmert ist wegen seiner Sünden, als Petrus. Wolltest du sagen: Ich habe vielmal gesündigt! Petrus fiel auch nicht nur einmal, sondern immer tiefer hinein. Wolltest du sagen: Meine Sünde ist gar zu groß! könnte wohl ein größerer Fall seyn, als Petri, da er Christum verläugnet? Diesen Trost aber laß dir nicht ein Anlaß seyn zu weiteren und tieferen Sünden, daß du wolltest denken: Siehe, Petrus hats gewagt, ich will's auch wagen. Nein! es muß so heißen, wie David (Ps. 130, 4.) saget: Bei dir ist die Vergebung der Sünden, daß man dich fürchte, nicht daß man fortfahre in Sünden, sondern daß man aufhöre zu sündigen und Gott fürchte. Petrus gieng hinaus. Das thue du auch. Bist du eingegangen auf den Sündenweg, so gehe wieder hinaus, von dem breiten Weg auf den schmalen!

O Jesu voller Gnad',
Auf dein Gebot und Rath
Kommt mein betrübt Gemüthe
Und flieht zu deiner Güte:
Laß, Herr! auf mein Gewissen
Der Gnade Trost doch fließen!

Ich, dein betrübtes Kind,
Werf alle meine Sünd'
In deine tiefen Wunden,
Da wird das Heil gefunden.
Die Sünden sind vergeben!
Dir, Jesu, will ich leben!

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